BAUKADER 12/2103

Page 27

Verband

Text: Markus Bischoff, Rechtsanwalt Rechtsdienst Baukader Schweiz

Ältere Poliere und IV-Rente Seit Jahren weht ein rauer Wind in der Invalidenversicherung. Leistungen werden nur noch sehr beschränkt und oft nur über den Prozessweg ausgerichtet. Davon ist auch das Baukader betroffen, wie die folgenden zwei Beispiele zeigen. Alter 63 Ein Baupolier hatte Zeit seines Lebens im Baugewerbe gearbeitet. Im Alter 50 hatte er sich als Kundemaurer selbstständig gemacht. Wegen zunehmender Beschwerden in beiden Knien gingen seine Arbeitsleistung und das Einkommen konstant zurück. Er meldete sich deshalb im Alter 60 bei der Invalidenversicherung an. Die medizinischen Untersuchung ergab, dass er nicht mehr auf dem Bau arbeiten könne. Für leichte Tätigkeiten sei er jedoch ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 Kilogramm und ohne Knie belastende Tätigkeiten voll erwerbstätig. Die IV befand deshalb in einem Vorbescheid, er könne in einer anderen Tätigkeit mindestens den Erwerb erzielen, den er vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erzielt habe. Deshalb sei keine Rente geschuldet. Hierauf wandte sich der Rechtsdienst von Baukader Schweiz an die IV. Dieser machte geltend, wer 47 Jahre im Baugewerbe gearbeitet habe und mittlerweile 62 Jahre alt sei, keine Erfahrung am PC oder in Büroarbeiten besitze, könne angesichts des fortgeschrittenen Alters keinen Berufswechsel mehr vornehmen. Wegen der körperlichen Behinderungen sei er zudem nur beschränkt einsetzbar. Diese Argument fand Gehör. Die IV meinte nun, ein Berufswechsel sei nicht möglich und eine Umschulung sei angesichts des Alters auch nicht erfolgsversprechend. Deshalb wurde ihm eine ganze Rente zugesprochen.

Fünf Jahre Streit mit der IV Eine Baupolier, welcher 26 Jahre im selben Betrieb gearbeitet hatte, meldete sich 2008 im Alter 54 bei der IV an. Wegen Bandscheibenvorfällen war er arbeitsun-

12/2013 Baukader

fähig und musste auch operiert werden. Verschiedene Abklärungen in Eingliederungswerkstätten ergaben, dass er nicht mehr als Polier arbeiten könne, für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten (z. B. Hauswart) aber zu 70% arbeitsfähig sei. Der IV-Arzt meinte hingegen, für behindertenangepasste Tätigkeiten sei er zu 100% arbeitsfähig. Die Eidg. IV errechnete deshalb einen IV-Grad von 34% und wies im Jahre 2011 das Rentenbegehren ab. Dagegen wurde vom Rechtsdienst von Baukader Schweiz Beschwerde an das zuständige kantonale Versicherungsgericht Beschwerde erhoben. Das Gericht liess sich zwei Jahre Zeit. Im Urteil befand es die Schätzung des IV-Arztes für rechtens. Es meinte jedoch, aufgrund des Alters und der langen Betriebstreue seien die Chancen des Poliers auf dem Arbeitsmarkt eingeschränkt, weshalb vom Lohn, den er aufgrund seiner Arbeitsfähigkeit theoretisch erzielen könnte, ein Abzug von 10% zu machen sei. Dies führte zu einem Invaliditätsgrad von 42% und somit zu einer Viertelsrente. Die IV-Stelle liess nicht locker und zog den Fall vor das Bundesgericht. Die IV-Stelle meinte, das Alter und die Betriebstreue seien kein genügender Grund, auf dem Arbeitsmarkt weniger als der Durchschnitt zu verdienen. In der Beschwerdeantwort des Rechtsdienstes von Baukader Schweiz wurde auch darauf hingewiesen, dass der Polier in einer sehr strukturschwachen Gegend lebe und deshalb zusätzlich handicapiert wurde. Das Bundesgericht meinte zwar, Alter, lange Betriebstreue und die strukturschwache Gegend sprächen nicht für einen tieferen Lohn. Weil die Beschwer-

den aber doch ein erhebliche Ausmass aufwiesen, sei der Abzug von 10% doch rechtens. Damit bleib es bei der Viertelsrente. Fünf Jahre nach Anmeldung wird nun der Polier, welcher heute 59 Jahre alt ist, rückwirkend ab 2008 eine Rente der Invalidenversicherung und somit auch eine Invalidenrente der Pensionskasse erhalten.

27


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.