Heinze Marktbericht Juli 2023 (DEMO)

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Marktbericht Aktuelle Baumarktentwicklungen, Genehmigungs- und Fertigstellungsprognose Juli 2023


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© by Heinze GmbH, Juli 2023


Inhalt Allgemeine Wirtschaftsentwicklung .......................................................................................................... 4 Internationale Konjunktur ........................................................................................................................ 4 Deutsche Konjunktur ............................................................................................................................... 11 Entwicklung der Baukonjunktur ................................................................................................................ 19 Bauvolumensrechnung, Übersicht ....................................................................................................... 19 Rahmenbedingungen, allgemein ......................................................................................................... 21 Entwicklung des Baugewerbes: HOCHBAU ....................................................................................... 23 Wohnbau ......................................................................................................................................................... 25 Zusammenfassung Wohnbau ................................................................................................................ 25 Rahmenbedingungen .............................................................................................................................. 26 Wohnungsbau ........................................................................................................................................... 26 Entwicklung des Baugewerbes im Wohnbau .................................................................................... 30 Neubau - Eigenheime .............................................................................................................................. 32 Neubau - Mehrfamilienhäuser .............................................................................................................. 38 Sonstige Wohnungen im Wohnungsbestand und im Nichtwohnbau ....................................... 45 Wohnungsbau insgesamt ....................................................................................................................... 47 Bauvolumen – Wohnbau ........................................................................................................................ 50 Nichtwohnbau ............................................................................................................................................... 52 Zusammenfassung Nichtwohnbau ...................................................................................................... 52 Rahmenbedingungen, Nichtwohnbau ................................................................................................ 53 Auftragseingänge des Baugewerbes im Nichtwohnbau ................................................................ 55 Neubau – Industrielle Betriebsgebäude ............................................................................................. 59 Neubau – Wohnähnliche Betriebsgebäude ....................................................................................... 66 Neubau – Landwirtschaftliche Betriebsgebäude.............................................................................. 73 Neubau Nichtwohnbau insgesamt ...................................................................................................... 77 Bauvolumen – Nichtwohnbau ............................................................................................................... 79 Tiefbau ............................................................................................................................................................. 82 Baugewerbe................................................................................................................................................ 82 Bauvolumen - Tiefbau ............................................................................................................................. 85 Gesamtüberblick ........................................................................................................................................... 87 Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................................................ 91

© by Heinze GmbH, Juli 2023


Internationale Konjunktur

Allgemeine Wirtschaftsentwicklung Internationale Konjunktur Ausblick auf das Jahrzehnt Die Weltbank gibt einen pessimistischen Ausblick auf die globale Wirtschaft. Das durchschnittliche globale Wachstum könnte bis 2030 um etwa ein Drittel schrumpfen, verglichen mit den Jahren 2000-2010. Danach geht man von einer gedrosselten Wachstumsrate von +2,2 % bis Ende des laufenden Jahrzehnts aus. Entwicklungsländer, die in den frühen 2000er-Jahren noch +6,0 % Wachstum verzeichneten, würden nur noch auf +4,0 % kommen. Dafür verantwortlich seien die Folgen der Coronapandemie, die Lieferkettenprobleme und die Energiekrise im Zuge des Ukrainekrieges, aber auch die jüngsten Instabilitäten im Bankensystem. Das IfW geht davon aus, dass die Weltwirtschaft 2023 um +2,8 % und 2024 um +3,0 % wachsen wird. Tendenziell fallen die Prognosen für das laufende Jahr etwas höher (+0,3 Prozentpunkte) und für das Jahr 2024 etwas niedriger (-0,2 Prozentpunkte) aus. Weltwirtschaft im Überblick Veränderungsraten des realen BIP zum Vorjahr in Prozent

2023

2024

1,0 Fortgeschr. Volksw.

1,5

4,5

Schwellenländer

4,2

1,3

Nordamerika

0,8

1,6

Lateinamerika

1,1

5,7

Asien

5,2

3,3

Afrika

3,3

0,7

EU

1,8

2,8

WELT

3,0

0

1

2

3

4

5

6

IfW, Institut für Weltwirtschaft, 15.06.2023

Die Inflation schwächt sich ab, aber bleibt weltweit hartnäckig auf hohem Niveau. Die Inflationsrate liegt 2023 bei +7,8 % und geht 2024 auf +5,8 % zurück. In Regionen © by Heinze GmbH, Juli 2023

mit traditionell hohen Inflationsraten (Lateinamerika, Afrika) ist kaum ein Rückgang zu verzeichnen. In den eher fortgeschrittenen Ländern kann die Inflationsrate in der Folge sinkender Energiepreise und auslaufender Lieferengpässe zwischen 2023 und 2024 nahezu halbiert werden. Inflation der Welt im Überblick Veränderungsraten der Verbraucherpreise zum Vorjahr in Prozent

2023 4,1

2024 U.S.A

1,8

China

2,4

18,5

Lateinamerika

17,8

2,8

Asien

3,1

16,6

Afrika

17,0

6,3

EU

2,7

5,0 Fortgeschritt. Länder

2,7

7,8

5,8

WELT

0 0

1 5 2 10 3

415 5 20 6

2,6

IfW, Institut für Weltwirtschaft, 15.06.2023

Rohstoffpreise nähern sich Vorkrisenniveau „Im Mai setzte sich der fallende Trend des HWWI-Rohstoffpreisindex aus dem ersten Quartal 2023 weiter fort (-10,9 %). Lediglich im April war ein leichter Anstieg (2,9 %) zu verzeichnen. Der Index lag damit im Mai 41 % unter dem Wert des Vorjahresmonats. Alle drei Teilindizes (Energierohstoffe, Industrierohstoffe, Nahrungs- und Genussmittel) sanken im Mai. Am deutlichsten gab der Teilindex für Energierohstoffe nach, der um 12,4 % fiel. Wie bereits in den vergangenen Monaten waren damit die Veränderungen im Gesamtindex maßgeblich auf die Veränderungen im Teilindex Energie zurückzuführen.“ (HWWI) Obwohl die OPEC eine Kürzung der Ölproduktion um eine Million Barrel pro Tag angekündigt hat, blieb der Ölpreis im Mai 4


Internationale Konjunktur unter 80 $/b. Auch für die nächsten Monate wird eine Preisspanne zwischen 70 und 80 $/b erwartet. Sollte sich die Weltwirtschaft 2024 weiter erholen, könnte er jedoch zwischen 80 und 100 $/b liegen. Derzeit drücken eine drohende Rezession und die Angst vor der Bankenkrise den Ölpreis. Auch die chinesische Ölnachfrage steigt langsamer als erwartet. Zur Konjunkturampel Das farbliche Bild der Konjunkturampel geht vom rosaroten Bremslicht zunehmend in die gelbe Warnstufe über. Das Farbbild entspricht weitgehend der Erwartung einer leicht rezessiven Entwicklung im laufenden und einer moderat prosperierenden Entwicklung im Jahr 2024. Ampel der Baukonjunktur im ökonomischen Umfeld 2023/2024 Heinze Marktforschung - Juni 2023 Einfluss auf den BINNENMARKT: Einfluss auf den BINNENMARKT: Weltwirtschaft, nominal 2024 Weltwirtschaft, real 2023 2024 Rohstoffpreise o o Welthandel o Wechselkurse o o Export + Zinsen Import o o

o

Einfluss auf den BAUMARKT: Binnenkonjunktur, nominal Erzeugerpreise o Verbraucherpreise Kapitalzinsen o | | o

Einfluss auf den BAUMARKT: Binnnekonjunktur, real Investitionen o Staatsverbrauch Privater Verbrauch -| -

o

+ + + | +

BAUKONJUNKTUR NACH SEKTOREN BAUVOLUMEN

-

o

WOHNUNGSBAU

-

o

WIRTSCHAFTSBAU

-

o

OEFFENTL. BAU

-

o

o

+

-

o

Baupreise o Hypothekenzinsen Förderung + + Mieten + ++ Nominal, Finanzierung Einfluss auf den BAUMARKT:

Wohnungsbau o Wirtschaftsbau o Öffentlicher Bau o Kapazität / Baustoffe o Real, Bedarf und Kapazität Einfluss auf den BAUMARKT:

Einfluss: ++ = stark positiv; + = positiv; o = neutral; - = negativ; -- = stark negativ.

Im Baubereich wird sich der Übergang in wachstumsfreundlichere Zeiten länger hinziehen. Auch das ist nicht außergewöhnlich, denn beim Übergang in die Rezession verharrt der Baubereich stabiler als andere Wirtschaftsbereiche und beim Übergang in den Aufschwung trottet er hinterher. Das liegt daran, dass im Aufschwung erst Mitarbeiter und Maschinen knapp werden und © by Heinze GmbH, Juli 2023

schließlich Gebäude. Im Abschwung werden Bauvorhaben, die meist längerfristigen Zielen unterliegen, noch abgeschlossen. Atmosphärisches Not erzwingt Rationalität und Wirtschaft basiert auf Vertrauen. Somit sollte man es nicht überbewerten, aber auch nicht kleinreden, dass China und die USA sich wieder vorsichtig annähern. Chinas Wirtschaft kommt kaum in Schwung und die Arbeitslosigkeit der Jugendlichen ist hoch und wächst weiter. Auch für die USA wäre ein Decoupling von China „katastrophal“ (Janet Yellen, US-Finanzministerin). Nicht nur wirtschaftlich, auch geopolitisch ist man bei der Lösung von Konflikten voneinander abhängig. Schließlich möchte man verhindern, dass man bei den Begegnungen in der Straße von Taiwan in einen ungewollten Konflikt stolpert. Die Gegensätze sind nicht gelöst, aber man spricht wieder darüber. Jeder Vertrauensgewinn wirkt sich auf die Weltwirtschaft positiv aus. Xi Jinping fürchtet bei weiteren wirtschaftlichen Rückschlägen innenpolitische Unruhen und Biden möchte im November 2024 wiedergewählt werden. Somit sind beide gut beraten, die Säbel vorerst wieder einzustecken. USA – Zinsen sind entscheidend? Die Inflationsrate in den USA ist im Mai erneut gesunken und lag bei +4,0 %. Damit fiel die Teuerung so niedrig aus wie zuletzt im März 2021. Analysten hatten mit einer leicht höheren Inflation gerechnet. Die Kerninflation, also ohne Preise für Energie und Lebensmittel, sank ebenfalls leicht von +5,5 % auf +5,3 %. Das dürfte die FED veranlasst haben, eine Zinspause einzulegen. Analysten sind sich uneinig über die jüngste Zinspause der

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Internationale Konjunktur FED. Wäre es tatsächlich das Ende der Zinsleiter, sähe man darin einen weitsichtigen, klugen Schritt. Sollte die FED aber erneut aufs Gaspedal treten müssen, könnte das die Konjunktur erheblich belasten und auch den Ausgang der Wahl im Jahr 2024 beeinflussen. Steigendes verfügbares Einkommen und ein Abschmelzen der Ersparnisse haben die Konjunktur im 1. Halbjahr 2023 deutlich gestützt. Der Effekt wird auslaufen, während die Bau- und Ausrüstungsinvestitionen eher rückläufig sein werden. Für das Jahr 2023 erwartet das IfW noch ein Anstieg des BIP um +1,3 %, im Jahr 2024 wird es sich auf +0,8 % abschwächen. Wetter und Wirtschaft Wenn die Passatwinde schwächeln, kommt der kalte Humboldtstrom zum Erliegen und die Temperaturen an der Meeresoberfläche des Pazifiks steigen an. Das als El Niño bekannte Phänomen ändert das globale Wettergeschehen und einige Regionen sind von Dürren und Starkregen betroffen. 2024 könnte das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen werden und manche Konjunkturhoffnungen insbesondere auf der südlichen Erdhalbkugel dahinschmelzen lassen. Die Nahrungsmittelproduktion in Ländern wie Indien, den Philippinen, Australien und Thailand könnte deutlich durch Missernten und Waldbrände eingeschränkt werden. El Niño ist ein altbekanntes Phänomen, das alle paar Jahre auftritt, aber durch den Klimawandel werden die Auswirkungen verschärft. Wasserknappheit ist bereits spürbar und es betrifft auch die Stromversorgung, die bei höheren Temperaturen den Bedarf der Klimaanlagen nicht decken kann. (HB 19.06.2023) China Im I. Quartal 2023 stieg das Bruttoinlandsprodukt Chinas im Vergleich zum Vorjahr © by Heinze GmbH, Juli 2023

um +4,5 %. Angetrieben wurde das Wachstum vom Konsum und den Exporten. Aufgrund des niedrigen Basiseffektes 2022 werden für die nächsten Quartale weiterhin kräftige Zuwachsraten erwartet. Es besteht begründeter Zweifel, dass die rasche Wachstumsdynamik von Dauer sein wird. Hohe Jugendarbeitslosigkeit, schwache Unternehmensinvestitionen, hohe Risiken auf dem Immobiliensektor und die Risiken eines latenten Handelskonfliktes dämpfen die Erwartungen. Experten erwarten im Laufe des bevorstehenden Jahrzehnts deutlich geringere Wachstumsraten. Für 2023 rechnet das IfW mit +5,6 % und für 2024 mit +4,7 %. Vieles deutet darauf hin, dass sich die chinesische Volkswirtschaft langsamer vom Coronachaos erholen wird als erwartet. Insbesondere die Auslandsinvestitionen sinken aufgrund der innen- und geopolitischen Unsicherheiten. Ausgewählte Länder Asiens Veränderungsraten des realen BIP zum Vorjahr in Prozent

2023 5,0

2024 Indonesien

5,1

3,7

Thailand

3,2

5,9

Philippinen

5,6

4,4

Malaysia

4,4

5,6

China

4,7

6,6

Indien

6,9

5,7

Asien

5,2

0

1

2

3

4

5

6

IfW, Institut für Weltwirtschaft, 15.06.2023

Die Stunde Indiens Allein durch seine demografische Entwicklung stürmt Indien in das Zentrum der Weltwirtschaft. Inzwischen ist es das bevölkerungsreichste Land. Bis 2050 wird seine Bevölkerung um weitere 160 Mio. Menschen steigen, während die Bevölkerung Chinas um 200 Mio. sinken wird. Das Medianalter in Indien liegt bei lediglich 28 Jahren. Indien punktet mit der höchsten Nutzung des mobilen Internets, der Verbreitung von jungen Finanzunternehmen, als zweitgrößter Handyhersteller und als das Land mit dem drittgrößten Start-up 6


Internationale Konjunktur Ökosystem. Demgegenüber steht ein GiftCocktail aus hohen Zöllen, Korruption, Bürokratie und Stromausfällen. In dem heillos überlasteten Justizsystem braucht es Jahre, um zum Recht zu kommen. Trotz berechtigter Zweifel könnte das Land dieses Mal die hohen Erwartungen erfüllen. Die Produktivität steigt, die Investitionen in Infrastruktur sind so hoch wie nie. Das Land könnte noch auf Jahre ein zweistelliges Wachstum erreichen. Auch das geopolitische Umfeld spricht für Indien, das sich als Alternative zu China aufstellt. Nur Indien selbst könnte jetzt seinen Aufstieg zur drittgrößten Wirtschaftsmacht nach den USA und China noch verhindern. Auch für deutsche Autobauer ist Indien ein neuer Hoffnungsträger geworden. Massive Produktionsverlagerungen könnten zudem dazu führen, dass 2025 bereits ein Viertel aller iPhones in Indien gefertigt werden. In Bangalore wird die Technologie der Zukunft produziert und neben Bosch setzen weitere Teile der deutschen Industrie auf Forschungs- und Entwicklungszentren in Indien. Aber es gibt auch Zweifler, ob Indien wirklich das bessere China ist. Mit der Rechtssicherheit ist es nicht weit bestellt. Unternehmen, die Mächtige stören, müssen mit Konsequenzen rechnen und fairen Wettbewerb gibt es oft nicht. Nicht zuletzt ist Indien zum Erfolg verdammt, denn wenn es nicht gelingt, die große Zahl junger Menschen in Arbeit zu bringen, könnte das eine tickende Zeitbombe werden. Es fehlt an Personal in öffentlichen Behörden, Krankenhäusern und Bildungseinrichtungen. Auch der religiöse Hass und das Kastenwesen stehen einer prosperierenden Wirtschaft entgegen.

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Japan Das letzte Industrieland mit einer Minuszinspolitik versucht die Wende. Die große Herausforderung besteht darin, trotz Staatsverschuldung von rund 250 % des BIP keine Schuldenkrise auszulösen. Eine Krise des japanischen Finanzsystems könnte japanische Banken und Versicherer zwingen, Kapital aus dem Ausland abzuziehen und damit internationale Zinssteigerungstendenzen weltweit noch verstärken. Im Vergleich zu anderen Industrieländern liegt die Inflation mit +3,3 % relativ niedrig. Im Vergleich zu früheren Deflationstendenzen ist sie jedoch ungewohnt hoch. Vorerst hofft man noch darauf, dass sie sich von allein wieder auf das Inflationsziel von 2,0 % zurückbildet. Lateinamerika Die Konjunktur der lateinamerikanischen Wirtschaft hat sich seit dem letzten Quartal etwas aufgehellt. Statt um +0,8 % wird die Region 2023 um +1,6 % wachsen. Für das Jahr 2024 geht die Erwartung von +1,4 % auf +1,1 % zurück. Lateinamerikanische Schwellenländer Veränderungsraten des realen BIP zum Vorjahr in Prozent

2023 2,6

2024 Brasilien

-4

-2

0

2

4

1,1

2,3

Mexiko

1,4

-3,2

Argentinien

-0,8

2,3

Kolumbien

1,9

0,5

Chile

1,8

1,6

Peru

2,2

1,6

Lateinamerika

1,1

IfW, Institut für Weltwirtschaft, 15.06.2023

Afrika Die Wachstumsprognose für den afrikanischen Kontinent ist weitgehend konstant. Mit einer prognostizierten Wachstumsrate von gut drei Prozent bleibt SubsaharaAfrika im internationalen Vergleich eine Wachstumsregion.

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Internationale Konjunktur Ausgewählte Länder Afrikas Veränderungsraten des realen BIP zum Vorjahr in Prozent

2023

2024

4,2

Ägypten

4,5

2,5

Algerien

2,5

3,0

Nigeria

3,2

6,0

Äthiopien

5,5

1,4

Südafrika

1,2

3,3

Afrika

3,3

0

1

2

3

4

5

6

IfW, Institut für Weltwirtschaft, 15.06.2023

Russland Das Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) erkennt in der russischen Wirtschaft eine gewisse Stabilisierung, die sich vor großen strukturellen Veränderungen abspielt. Während die Autoindustrie (-45 %) und der Einzelhandel (-13 %) eingebrochen sind, florieren die Rüstungsindustrie und die Pharmabranche. Auch die Baubranche und die Landwirtschaft stützen die russische Wirtschaft. In Russland lag das BIP nach offiziellen Schätzungen im I. Quartal 2023 nur noch um -1,9 % niedriger als ein Jahr zuvor, was auf eine weitere Zunahme der Produktion im Verlauf schließen lässt. Dabei toleriert die OPEC offenbar, dass Russland seine Exporte deutlich ausweitet, um dem Einnahmenverlust entgegenzuwirken, der durch die allgemein niedrigeren Ölpreise sowie die weiterhin massiven Abschläge auf den Preis der russischen Referenzsorte Urals entsteht (IfW). Osteuropa Der Ukraine attestiert das WIIW eine bemerkenswerte Widerstandskraft. 2022 ist die Wirtschaftsleistung jedoch um 29 % eingebrochen. Das war aber weniger als erwartet. 2024 rechnet man sogar mit einem Zuwachs von +3,4 %. Insgesamt haben die übrigen Länder Mittel-, Ost- und Südosteuropas den ökonomischen Schock des Angriffskrieges auf die Ukraine größtenteils verdaut. In fast © by Heinze GmbH, Juli 2023

allen Ländern dürfte die Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr wieder wachsen. Die schlimmsten Befürchtungen haben sich somit nicht bewahrheitet. Osteuropäische - EU Mitgliedsländer Veränderungsraten des realen BIP zum Vorjahr in Prozent

2023

2024

2,7

Polen

3,6

0,2

Tschechien

2,6

-0,4

Ungarn

2,9

2,6

Rumänien

3,8

-1,6

Litauen

2,7

2,3

Bulgarien

3,7 2,6

1,5

Lettland

-1,9

Estland

2,6

1,6

Beitrittsländer

3,2

-2 -1 0

1

2

3

4

IfW, Institut für Weltwirtschaft, 15.06.2023

Euro-Länder Die Erwartung für das Jahr 2023 hat sich für den Euroraum von +1,1 % auf +0,6 % deutlich abgeschwächt. Für das Jahr 2024 ist die Perspektive weitgehend stabil geblieben (+1,7 % statt zuvor +1,6 %). EURO - Länder Veränderungsraten des realen BIP zum Vorjahr in Prozent

2023

2024

-0,2

Deutschland

1,9

0,7

Frankreich

1,5

1,1

Italien

0,9

2,1

Spanien

2,1

0,3

Niederlande

1,6

1,1

Belgien

1,3

0,7

Österreich

1,2

-0,8

Irland

4,3

0,0

Finnland

1,3

2,6

Portugal

1,9

1,8

Griechenland

2,7

0,5

Luxemburg

2,0

1,5

Slowenien

2,9

0,6

EUROLAND

1,7

-2 -1 0 1 2 3 4 5 6

IfW, Institut für Weltwirtschaft, 15.06.2023

Musterknabe Griechenland? Die meisten EU-Länder haben ihre Staatsschuldenquoten 2022 deutlich zurückgefahren. Insgesamt sank die Schuldenquote der Eurostaaten 2022 auf durchschnittlich 91,6 % des BIP. Griechenland konnte seine 8


Internationale Konjunktur Schulden fast um ein Viertel reduzieren. Mit 171,4 % liegt die Schuldenquote immer noch sehr hoch. Bis zum Jahr 2026 möchte man die Schuldenquote auf 135,2 % reduzieren und die Schuldenlaterne abgeben. Das Wachstum soll im laufenden Jahr bei +1,8 % liegen und im Folgejahr um +2,7 % zulegen. Risikorepublik Schweiz Mit der Übernahme der insolventen CreditSwiss durch die UBS erhält der Slogan „To big to fail.“ eine ganz neue Dimension „To big to bail.“ Damit beträgt die Bilanzsumme 1.500 Mrd. Franken. Wie soll ein Land mit einem Bruttoinlandsprodukt von 700 Mrd. Franken eine solche Bank jemals retten können? Die Finanzkrise ist schon da Wenn jemand schon seit vielen Jahren davor gewarnt hat, dass der Rückwärtsgang bei der Null- und Negativzinspolitik schwierig bis unmöglich wird, so war das Hans-Werner Sinn. Er sieht den Höhepunkt der Leitzinsanhebung als erreicht an, nicht weil es geldpolitisch sinnvoll wäre, sondern weil Banken höhere Wertverluste nicht mehr verkraften könnten. Diese Wertverluste liegen vor allem im Bereich der Anleihen und Immobilien, deren Preise bei steigenden Zinsen fallen. Wenn man bei den Banken Maßstäbe anlegen würde, die diese bei ihren Kunden anlegen, so sind sie längst alle überschuldet. Es war ein großer Fehler, in der Pandemie so viel Mittel für Nachfrageausweitung auszugeben. Die helfen, wenn Kunden fehlen, aber nicht, wenn Materialien fehlen. Es hat die Inflation nur zusätzlich angeheizt. Weiter ohne Pause Die EZB wird ihr Kaufprogramm (APP) im Juli wie erwartet auslaufen lassen. Die fälligen Anleihen werden dann nicht ersetzt, © by Heinze GmbH, Juli 2023

sodass Marktliquidität entzogen wird. Das Anleihekaufprogramm aus der Corona Pandemie (PEPP) wird man bis mindestens 2024 fortsetzen. Die EZB hob Ende Juni die Zinsen wie erwartet um +0,25 % auf offiziell +4,0 % an. Für Juli wird ein weiterer Zinsschritt erwartet und auf ein Ende wollte man sich noch nicht festlegen. Die Konjunkturexperten der EZB gehen davon aus, dass die Inflation im Jahr 2023 um +5,3 %, 2024 um +3,0 % und 2025 um +2,2 % zulegen wird. Die gefallenen Energiepreise werden mit einer Zeitverzögerung auf das Preisniveau wirken, aber dem wirkt der Ukrainekrieg als Preistreiber entgegen. Entsprechend unzufrieden ist die EZBPräsidentin Lagarde mit der Entwicklung und rechnet mit einem weiter anhaltenden Kampf gegen die Inflation. Ex-EZB-Präsident Trichet zur Inflation Anlässlich des 25-jährigen Bestehens der EZB bewertet Trichet die Entwicklung aus langfristiger Perspektive. Er sieht vier Gründe, weshalb der Inflationsdruck längerfristig sein wird. Die Globalisierung wird nicht mehr für niedrigere Kosten und Preise sorgen. Die Absicherung der Wertschöpfungsketten verursacht Kosten. Die wachsende soziale Ungleichheit sei ein Problem, das die Politik nicht ignorieren kann. Dies wird zu einer Erhöhung der Unterstützungsmaßnahmen oder der Mindestlöhne führen. Die Notwendigkeit, die Wirtschaft klimaneutral zu gestalten, wird dazu führen, dass der bisherige Überschuss an Ersparnissen (Geldangebot) abgebaut und die notwendigen Investitionen finanziert werden müssen (Geldnachfrage). Zinsen Die Notenbankzinsen werden wohl nur noch wenig erhöht. Die Notenbanken in den großen fortgeschrittenen Volkswirtschaften haben auf den starken Anstieg der 9


Internationale Konjunktur Inflation recht spät, dann aber mit einer historisch sehr steilen Anhebung der Leitzinsen reagiert. Möglicherweise kommt es nach Ansicht des IfW noch zu kleineren Zinsschritten, aber der Höhepunkt der Leitzinsanhebung ist weitgehend erreicht. Für den Verlauf des kommenden Jahres sind dann bei nachlassender Inflation und mäßiger konjunktureller Expansion allmähliche Zinssenkungen wahrscheinlich. Euro-Kurs Der Eurokurs bewegt sich aktuell stabil bei knapp unter 1,10 $/€. Die stabilitätsorientierte Zinspolitik der EZB lässt keine wesentlichen Änderungen erwarten. Auch verläuft sie den Umständen entsprechend zeitversetzt und damit im Einklang mit der Geldpolitik der FED. Auch die Wachstumsdynamik entwickelte sich in den USA und im Euroraum weitgehend gleichgerichtet, was ebenfalls eine anhaltendend stabile Kursentwicklung erwarten lässt.

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Wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland

Deutsche Konjunktur Außenhandel – auf Hoch folgt Tief Nach dem Rekordjahr 2022, dessen Zuwächse auch durch Preissteigerungen zustande kamen, folgt Ernüchterung. Die Warenexporte waren im I. Quartal 2023 auf breiter Front leicht rückläufig. Nur aufgrund höherer Dienstleistungsexporte konnten die Exporte im I. Quartal noch Zuwachsraten aufweisen. Die Bundesbank erwartet für das II. Quartal eine Stabilisierung der Exporte. Einerseits erholt sich die Industrie, andererseits fasse die globale Konjunktur wieder etwas Tritt. Für das laufende Jahr 2023 rechnet das IfW real mit einem ähnlichen Ergebnis wie 2022 (+0,1 %). Für 2024 geht man wieder von deutlichen Zuwächsen in Höhe von +2,9 % aus. Eine ähnliche Dynamik erwartet man für die Importe. Sie werden 2023 angesichts der schwachen Binnenkonjunktur im Winterhalbjahr noch um -1,0 % sinken. Im Jahr 2024 legen sie hingegen um +3,7 % zu.

Nach dem rasanten Rückfall der Importpreise im Schlussquartal 2022 sind sie im I. Quartal 2023 erneut um -1,9 % gefallen. Doch gaben auch die Exportpreise um -1,4 % nach. Im II. Quartal dürften die Exportpreise aufgrund der Dienstleistungspreise leicht steigen. Das Austauschverhältnis (Terms of Trade) bewegt sich damit wieder auf das langjährige Mittel zu, nachdem dieses aufgrund der hohen Energiepreise 2022 deutlich unterschritten wurde. Exporterwartungen „Die Stimmung in der deutschen Exportindustrie hat sich merklich verschlechtert. Die ifo Exporterwartungen sind im Mai von +6,5 Punkten im April auf +1,8 Punkte gefallen. Das ist der niedrigste Wert seit November 2022. Die weltweiten Zinserhöhungen schlagen langsam auf die Nachfrage durch. Der deutschen Exportwirtschaft fehlt die Dynamik.“ (K. Wohlrabe, ifo)

Exporte und Exporterwartungen

Export- und Importklima

Exporte real in Prozent (linke Skala); Saldo der Erwartungen

Export- und Importklima, (Veränderung der Indexpunkte) real in Prozent;

60

Exporte

Exporterwartungen

2

40

1

20

0

0

-1

-20

-2

-40

-3

-60

-4

Exportklima Importklima 1/19 7/19 1/20 7/20 1/21 7/21 1/22 7/22 1/23 7/23

1/19 7/19 1/20 7/20 1/21 7/21 1/22 7/22 1/23 7/23

Saldo der Erwartung über die Exporte aus „zunehmend“ und „abnehmend“ ist auf der Nulllinie ausgewogen. Ex- und Importklima: die deutsche Wettbewerbssituation im Verhältnis zu der in Liefer- bzw. Abnehmerländern Quelle: ifo-Institut

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Wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland Geschäftsklima Ifo-Institut „Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich merklich eingetrübt. Der ifo Geschäftsklimaindex ist im Juni auf 88,5 Punkte gefallen, nach 91,5 Punkten im Mai. Ifo-Geschäftsentwicklung der gewerblichen Wirtschaft

Die Erwartungen fielen deutlich pessimistischer aus. Die Unternehmen bewerteten zudem ihre aktuelle Lage schlechter. Vor allem die Schwäche der Industrie bringt die deutsche Konjunktur in schwieriges Fahrwasser.“ (C. Fuest, ifo) Ifo-Geschäftsentwicklung der Branchen der gewerblichen Wirtschaft

40

30

20

10

0

-10

-20

-30

Klima

-40

Lage

Insgesamt Verarbeit. Gew. Einzelhandel

-50

Erwartung

-60 01/21

07/21

01/22

07/22

01/23

07/23

-70 2101

2107

2201

Bauhauptgewerbe Großhandel 2207

2301

2307

Quelle: ifo-Institut, Konjunkturtest

Geschäftsklima Ifo-Institut: Branchen „Im Verarbeitenden Gewerbe hat sich das Geschäftsklima erheblich verschlechtert. Die Erwartungen gaben deutlich nach und fielen auf den niedrigsten Stand seit November 2022. Kaum eine Branche konnte sich dieser Entwicklung entziehen. Auch die aktuelle Lage wurde weniger gut beurteilt. Mittlerweile beurteilen viele Unternehmen ihren Auftragsbestand als zu niedrig. Im Dienstleistungssektor ist der Index gesunken. Die Unternehmen waren unzufriedener mit der aktuellen Lage. Die Erwartungen fielen deutlich pessimistischer aus. Insbesondere Transport und Logistik sind von der negativen Entwicklung in der Industrie betroffen. Im Handel hat der Index nachgegeben. Die Firmen waren etwas weniger zufrieden mit

den laufenden Geschäften. Die Erwartungen verbesserten sich minimal, bleiben aber von großem Pessimismus geprägt. Im Bauhauptgewerbe ist der Geschäftsklimaindikator gesunken. Die Unternehmen waren mit ihrer aktuellen Lage etwas weniger zufrieden. Auch der Ausblick auf die kommenden Monate verschlechterte sich.“ (C. Fuest, ifo) Ifo-Geschäftsentwicklung der Bauwirtschaft 50

30 10

-10 -30

Lage

-50

Klima Erwartung

-70 01/21

07/21

01/22

07/22

01/23

07/23

Quelle: ifo-Institut, Konjunkturtest

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Wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland ZEW-Konjunkturerwartungen Die ZEW-Konjunkturerwartungen steigen in der aktuellen Umfrage vom Juni 2023 leicht an. Sie liegen mit minus 8,5 Punkten um 2,2 Punkte über dem Wert des Vormonats. Die Einschätzung der gegenwärtigen konjunkturellen Lage für Deutschland geht hingegen sehr stark zurück. Sie sinkt um 21,7 Punkte und liegt aktuell bei minus 56,5 Punkten.

echnen daher für die zweite Jahreshälfte nicht mit einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation. Insbesondere die exportorientierten Sektoren dürften sich auf Grund einer schwachen Weltkonjunktur eher schlecht entwickeln. Die derzeit vorliegende Rezession wird jedoch insgesamt als nicht besonders bedrohlich eingeschätzt“, (ZEW-Präsident Prof. Achim Wambach, PhD)

„Die ZEW-Konjunkturerwartungen verbessern sich leicht, sind aber noch im negativen Bereich. Die Expertinnen und Experten Aktuelle Lage 50

25 0 -25

-50 -75

Erwartung 100

80 60 40 20 0 -20 -40

-60

-100 Jan 20Jul 20Jan 21Jul 21Jan 22Jul 22Jan 23Jul 23

-80 Jan 20Jul 20Jan 21Jul 21Jan 22Jul 22Jan 23Jul 23

Quelle: ZEW

Volumenindex des Auftragseingangs im Verarbeitenden Gewerbe Die zu Beginn des Jahres 2023 anziehenden Auftragseingänge waren im März deutlich zurückgefallen (-10,9 %). Im April gaben sie

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nur noch leicht nach (-0,4 %). Ohne Großaufträge ergibt sich im April ein Zuwachs von +1,4 %. Das ist nicht die erhoffte Belebung, aber auch kein fortgesetzter Einbruch, der auf einen beschleunigten Abschwung hindeutet.

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Wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland Volumenindex des Auftragseingangs im Verarbeitenden Gewerbe (2015=100) 2005 – 2023

2021 – 2023

130

140

120

130

120

110

110

100

100

90

90

80

80

70 60 2005

70 60

2010

2015

2020

Kalender- und saisonbereinigt

2021

2022

Kalender- und saisonbereinigt

2023 Monatswert

Quelle: Statistisches Bundesamt

Prognose zur Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung Die folgende Darstellung der Verwendung des Inlandsproduktes in realen Werten zeigt zunächst die Prognose des IfW für die Jahre 2022 und die Prognosen für 2023/24. Dem folgen Vergleiche für die Prognosen des BIP 2023 und 2024 verschiedener Institute. Für den privaten Verbrauch geht das IfW im Jahr 2023 von einem Rückgang um -1,1 % aus, dem 2024 ein Zuwachs von +2,7 % folgen wird. Die Staatsausgaben

brechen 2023 deutlich stärker ein (-3,5 %) als zuvor erwartet (Vorjahresniveau). Dies ist vor allem eine Folge rückläufiger Aufwendungen für coronabedingte Ausgaben. 2024 wachsen sie mit +1,9 % über die niedrigen Vorjahreswerte. In Bezug auf das BIP gehen die Institute von ähnlichen Erwartungen aus. Danach geht das BIP 2023 im Mittel um -0,3 % zurück und legt 2024 um +1,4 % zu.

Prognose des IfW vom 15.06.2023 für Deutschland

Quelle: IfW vom 15.06.2023

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Wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland

3,0

Prognosevergleich für 2023/24

2023

2024

2,0

1,5

1,2

2,0

1,8 1,3

0,9

1,0

0,0

0,0 -1,0

1,4

1,3

1,2

-0,3

DBB

-0,4

ifo

-0,5

HWWI

-0,3

IfW

-0,3

-0,5

IMK

-0,2

RWI

HRI

-0,3

OECD

Mittel

Quelle: Tagesschau: Konjunkturprognosen für Deutschland vom Juni 2023. Stand: 21.06.2023

Produktion – Lichtblicke

Ausrüstungsinvestitionen

Insgesamt legte die Bruttowertschöpfung im I. Quartal 2023 gegenüber dem Vorquartal preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,9 % zu.

Die Ausrüstungsinvestitionen (Maschinen, Geräte und Fahrzeuge) erfuhren zum Jahresauftakt ein Wachstum in Höhe von +3,2 % gegenüber dem Vorquartal. Dies wird als deutliches Anzeichen dafür gewertet, dass sich die Lieferkettenstörungen allmählich auflösen.

Den stärksten Zuwachs verzeichnete der Bausektor aufgrund einer ungewöhnlich milden Witterung mit +6,1 %. Das dürfte sich auch belebend auf das Fertigstellungsergebnis 2023 auswirken. Im Verarbeitenden Gewerbe wuchs die Bruttowertschöpfung um +2,0 %. Dass trotz einer Zunahme der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung im I. Quartal das BIP rückläufig war, lag vor allem an den drastisch zurückgeführten umfangreichen staatlichen Stabilisierungsmaßnahmen (BMWK). Insgesamt steht die Produktion im Spannungsfeld zwischen erheblichen Expansionsspielräumen (Auftragsbestände) und anhaltend hartnäckigen produktionsseitigen Hemmnissen. Die industrielle Bruttowertschöpfung wird laut IfW im laufenden und im kommenden Jahr jeweils um +2,0 % steigen.

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Die Ausrüstungsinvestitionen werden laut IfW 2023 um +3,0 % wachsen und 2024 ihre Dynamik beschleunigen (+5,6 %). Ein Teil des Anstiegs im Jahr 2024 geht auch auf die höheren öffentlichen Ausgaben für Rüstungsgüter zurück. Bauinvestitionen Die Bauinvestitionen erhöhten sich im I. Quartal 2023 aufgrund eines witterungsbedingten Sondereffektes mit +3,9 % kräftig. Aus den Berichten geht nicht eindeutig hervor, inwieweit diese Entwicklung bereits in die Prognosen eingeflossen ist. In jedem Fall gehen die Prognosen für die Bauinvestitionen weit auseinander. Während das IfW für 2023 von einem Rückgang in Höhe von -2,7 % und für 2024 um -1,4 % ausgeht, erwartet das HRI 2023 nur einen Rückgang der Bauinvestitionen um -0,8 % und für 2024 um -1,3 %. 15


Wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland Bezüglich der Nachfrage nach Bauleistungen sind die Bauinvestitionen nur eingeschränkt nutzbar (siehe auch Abschnitt Bauvolumen). Sie enthalten keine Baumaßnahmen, die nicht zivil nutzbar sind (Militär). Andererseits enthalten sie Hoch- und Tiefbauausgaben. Im Hochbau enthalten sie nur investive Maßnahmen und keine konsumtiven Ausgaben für Verschönerung.

niedriger Vorjahreswerte und realer Einkommenszuwächse zu einer kräftigen Belebung (+2,7 %; zuvor: +1,8 %). Damit hat sich die Perspektive für den privaten Konsum deutlich aufgehellt.

Staatlicher Verbrauch

Arbeitsmarkt

Die größten Abweichungen zu früheren Prognosen gab es vor allem beim Staatskonsum. Dieser ist zum Jahresbeginn regelrecht eingebrochen, was maßgeblich durch den Wegfall von coronabedingten Ausgaben im Vorjahr (Impfungen, Tests, Freihalten von Krankenhausbetten) zurückzuführen ist. Die Prognosen für das Jahr 2023 weisen eine Spannweite zwischen -3 und -6 % auf. Das IfW geht für 2023 von -3,5 % und für 2024 von einem Zuwachs des staatlichen Konsums in Höhe von +1,9 % aus.

Der Arbeitsmarkt entwickelt sich weiterhin sehr stabil. Aufgrund der Integration ukrainischer Flüchtlinge erreichte die Erwerbstätigkeit im März 2023 mit 45,8 Mio. Personen einen neuen Höchststand. Die Arbeitslosigkeit stieg geringfügig an. Das Beschäftigungsbarometer fällt in allen Branchen, liegt aber per Saldo für die meisten Sektoren noch im positiven Bereich.

Privater Verbrauch Die langsam abflauende Teuerung und die teils sehr üppigen Tarifabschlüsse haben die Konsumlaune der Verbraucher steigen lassen. Das signalisiert das HDE-Konsumbarometer für Juni, das nunmehr den achten Monat in Folge zulegt und mit 94,3 Zählern den höchsten Stand seit März 2022 erreicht. Mit den neuen Daten wächst die Hoffnung, dass sich der private Konsum in den kommenden Monaten stabilisiert und der Einzelhandel die schärfsten Einbrüche hinter sich hat. Nach amtlichen Daten sank der private Konsum im I. Quartal 2023 um 1,2 % gegenüber dem Vorquartal. Im April zeichnet sich eine Wende ab. Der reale Einzelhandelsumsatz stieg um +0,8 % gegenüber dem Vormonat. (HZB 02.06.23).

Die Arbeitslosenquote steigt von 5,3 % im Jahr 2022 auf 5,6 % im Jahr 2023. Im Jahr 2024 bildet sich die Arbeitslosenquote erneut auf 5,3 % zurück. Arbeitslosenquote in % 9,0 8,0 7,0 6,0 5,0 4,0

2018

2019

2020

2021

2022

2023

Neue BL, DE, Frühere BL Quelle: Bundesagentur für Arbeit

Im laufenden Jahr machen sich noch Kaufkraftverluste bemerkbar, die zu einem Rückgang des privaten Konsums in Höhe von -1,1 % führen werden (zuvor: -1,8 %). Im Jahr 2024 kommt es auf der Grundlage © by Heinze GmbH, Juli 2023

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Wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland Arbeitslose und Erwerbstätige in 1.000 3.500

46.500 46.000

3.000

45.500 2.500

45.000 44.500

2.000 1.500

Arbeitslosigkeit

44.000

Erwerbstätigkeit

43.500

1.000

43.000

2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023

Quelle: Bundesagentur für Arbeit

Ifo-Beschäftigungsbarometer im Mai gesunken „Die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen in Deutschland ist gesunken. Das ifo Beschäftigungsbarometer sank im Mai auf 98,3 Punkte, nach 100,2 Punkten im April. Weniger Neuaufträge und steigende Unsicherheit lösen Zurückhaltung bei den Unternehmen aus. Auch im zuletzt positiv gestimmten Dienstleistungssektor nimmt die Vorsicht zu.“ (K. Wohlrabe, ifo) Ifo-Beschäftigungsbarometer nach Sektoren 30 20 10 0

-10 -20 -30

-40 2018

2019

2020

2021

2022

2023

Verarbeitung

Bau

Handel

Dienstleistung

(+6,5 %). Nicht nur Energie- und Nahrungsmittelpreise sind zurückgegangen, sondern auch die Kerninflation sank von +5,8 % auf +5,3 %. Die Kerninflationsrate schließt die Preise für Energie und Lebensmittel aus der Berechnung aus, da diese in stärkerem Maße Schwankungen unterworfen sind, deren Ursachen nicht unbedingt innerhalb der betrachteten Volkswirtschaft zu finden sind.

Die Preise für Lebensmittel stiegen im Mai um +14,9 % gegenüber dem Vorjahr. Das ist zwar weniger als im April (+17,2 %), aber immer noch sehr hoch. Die Kerninflationsrate wird sich im 1. Halbjahr 2023 nicht wesentlich abschwächen. Es wird erwartet, dass im Juli 2023 der Höhepunkt der Entwicklung der Kerninflation erreicht ist und diese danach langsam zurückgeht. Während der Handel Preissenkungen in Aussicht stellt, wehren sich Hersteller dagegen. Nach deren Angaben konnten sie die Mehrkosten bisher noch nicht durchsetzen. Der Umsatz mit Lebensmitteln ist aufgrund der hohen Preise so stark eingebrochen wie seit Beginn der Messungen des Statistischen Bundesamtes im Jahr 1994 nicht mehr. Einer Studie zufolge reagieren die Lebensmittelpreise im Handel erst mit einer Verzögerung von 6-12 Monaten auf veränderte Rohstoffpreise. HB 1.6.2023 Die Verbraucherpreise werden sich zwischen 2022 (+6,9 %) und 2023 (+5,8 %) nur langsam zurückbilden. Erst für das Jahr 2024 wird ein deutlicherer Rückgang der Verbraucherpreise erwartet (+2,1 %). Damit würde die EZB zum Ende des Jahres 2024 das Inflationsziel wieder erreichen.

Quelle: ifo-Institut, Beschäftigungsbarometer

Inflation Nachdem die Inflationsrate im April noch bei +7,2 % lag, sank sie im Mai auf +6,1 %. Das war ein deutlich stärkerer Rückgang als Ökonomen im Vorfeld erwartet hatten © by Heinze GmbH, Juli 2023

BIP Die deutsche Volkswirtschaft ist schwächer in das Jahr 2023 gestartet als erwartet. Die Ursache des BIP-Rückgangs war jedoch nicht die industrielle Produktion oder die Bauproduktion, sondern Sondereffekte des 17


Wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland staatlichen Verbrauchs (Coronamaßnahmen) gegenüber dem Vorjahr. Die Wirtschaft arbeitet sich in allen Bereichen aus der Schockstarre heraus. Konsumenten und Investoren scheinen sich zunehmend der neuen Normalität anzupassen. Von Marktbericht zu Marktbericht schwanken die Prognosen zwischen +0,5 und -0,5 %. Es ist nicht auszuschließen, dass die Herbstprognosen auch wieder etwas positiver ausfallen. Unabhängig davon sind sich alle Experten einig, dass das Wachstumspotenzial der deutschen Wirtschaft zu gering ist und das Regierungshandeln stärker von der Versorgungspolitik der Krisenjahre auf eine Wachstumspolitik der Zukunft umschwenken muss.

© by Heinze GmbH, Juli 2023

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