Daniel Barenboim - Beethovens Klaviersonaten

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Und morgen fängt das Spiel von vorne an Ludwig van Beethovens Klaviersonaten

Wo l f g a n g S t ä h r

Gepriesen sei Dein Name Nur wenige wissen, dass Ludwig van Beethoven den jungen Marx las und lobte, ganz ausdrücklich: „Beym Durchblättern fielen mir einige Aufsätze in die Augen, die ich sogleich für Producte des geistreichen Herrn Marx erkannte; ich wünsche, daß er stets fortfahre, das Höhere u. Wahre im Gebiethe der Kunst immer mehr u. mehr aufzudecken; dieß dürfte das bloße Silbenzählen wohl nach u. nach in Abnahme bringen.“ Beethoven hatte sich die neueste Ausgabe der Berliner Allgemeinen Musikalischen Zeitung vorgenommen, als deren Redakteur der von ihm so geschätzte Marx amtierte: ­Adolf Bernhard Marx aus Halle, eigentlich ein Jurist, der sich jedoch zur Musik berufen fühlte, als Komponist flüchtige lokale Erfolge feiern konnte, als Publizist, Historiker und Theoretiker hingegen Autorität und Einfluss gewann. Das verpönte „Silbenzählen“, die papierenen musikologischen „Buchhalteranalysen“ mit ihrer Taktgruppenarithmetik und ihren Modulationsschaltplänen, brachte freilich auch er nicht aus der Welt, zumindest nicht aus der akademischen. So oder so – es bleibt doch eine offene Frage, was „das Höhere u. Wahre im Gebiethe der Kunst“ sei. Und gleich noch eine ­zweite: Wie man es „aufdecken“ und zur Sprache bringen könne. Beethovens Musik eignete sich offenbar in bis dahin unbekanntem

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