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Fachtagung Umwelt – Mikroplastik im Fokus
Fairplay für die Umwelt
Fachtagung bringt 250 Vertreter aus dem Sport mit Experten zusammen
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Der organisierte Sport ist sich seiner Verantwortung für die Umwelt bewusst. Gemeinsam mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg stellte sich der Landessportverband Baden-Württemberg (LSVBW) bei einer hybriden Fachtagung im SpOrt Stuttgart Ende Oktober Fragen zu Recycling und Entsorgungsmöglichkeiten von Kunststoffrasen- und Reitplätzen mit kunststoffhaltigen Tretschichten, sowie nachhaltigen Neubauten für die Zukunft.
„Die derzeitige Situation zeigt, dass wir mit beschränkten Rohstoffen sinnvoll umgehen müssen“, ordnete Andre Baumann die Aktualität des Themas ein. Der Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg begrüßte die 150 Teilnehmer vor Ort und die etwa 100 digital Zugeschalteten bei der Veranstaltung mit dem Titel „Fairplay für die Umwelt – Recycling und Entsorgung von Kunststoffrasen- und Reitplätzen mit kunststoffhaltigen Tretschichten“. LSVBW-Präsident Jürgen Scholz schlug die Brücke zum Sport, „denn Fairplay stellt die Grundlage des Sporttreibens dar“ und fügte an: „Eine intakte Infrastruktur und intakte Umwelt sind und bleiben das Herzstück der Sportvereine in Baden-Württemberg. Um diese Grundlage zu sichern, müssen nachhaltige Lösungen gefunden werden. Die fachgerechte Entsorgung und das Recycling sind genauso wichtig wie das Erkennen von Gefahren bei nicht verantwortungsvollem Umgang in diesem Bereich.“
Informative Fachvorträge
Der erste Teil der ganztägigen Veranstaltung, zu welcher Vertreter von Kommunen, Reit- und Sportvereinen, Natur- und Umweltverbänden sowie Verantwortliche für den Sport- und Reitplatzbau eingeladen waren, bot sechs vielfältige und informative Vorträge aus Wissenschaft, Politik und Sport. Professor Franz Brümmer (Universität Stuttgart) machte deutlich, dass Mikroplastik, ist es einmal unterwegs, nicht zurückholbar ist. Er wurde noch deutlicher: „Wir können nicht mehr darüber diskutieren, ob es uns egal ist, was mit unserem Boden passiert.“ Die Auswirkungen auf Lebensgemeinschaften müssten erfasst und eingedämmt werden. Jürgen Bertling vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik pflichtete ihm bei und warb für Aufklärung unter Sportlern. Vielen sei nicht bewusst, wie hoch der sogenannte Carbon Footprint von Kunstrasenplätzen sei und die Austragung durch einfache Maßnahmen verringert werden könne. Dazu gehört beispielsweise, Schuhe und Kleidung auszuklopfen, bevor man den Kunstrasen verlässt.
Richtige Entsorgung elementar
Hat ein synthetischer Untergrund ausgedient, stellen sich Fragen zur fachgerechten Entsorgung. Andrea Hellwig (Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg) stellte klar, dass per Gesetz der Besitzer einer Anlage für die Entsorgung verantwortlich ist und sich dabei an Richtlinien zu halten hat. Ein Kunststoffrasen etwa besteht aus mehreren Schichten und muss zur fachgerechten Entsorgung in seine Einzelteile zerlegt werden. Andreas Bold, EU-Referent des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), berichtete von einem EU-weiten Inverkehrbringungs-Verbot für Mikroplastik. Die Übergangszeit beträgt sechs Jahren. Dafür sprach sich auch der DOSB aus. Verabschiedet werden könnte dieses im kommenden Frühjahr, wobei das Verbot selbst erst nach der Übergangszeit 2029 in Kraft träte. Torge Hauschild, zuständig für den Sportstättenbau im Bezirk Hamburg-Mitte, teilte einige sinnvolle Ansätze mit dem Plenum. Das Ziel, Kunststoffrasen Teil der Kreislaufwirtschaft werden zu lassen, wird in Hamburg stringent verfolgt. Hauschild verwies auf die Verantwortung und Verpflichtung, die Kommunen, Politik, organisierten Sport und Wissenschaft eint.
Auch Reitsport betroffen
Cornelia Dreyer-Rendelsmann (IHK Köln) legte in ihrem Vortrag den Fokus auf synthetische Zuschlagstoffe auf Reitplätzen, genauer in deren Tretschicht. Auch hier ist der Austrag, vor allem durch die Hufe von Pferden und aufgewirbelten Staub, ein großes Problem. Feinste Partikel, ein Gemisch aus Synthetik, Organik und Anorganik, verteilen sich in der Umwelt, nachgewiesen unter anderem in Pferdeäpfeln und auf Feldern um die Anlagen herum. Auch hier bedarf es größerer Aufklärung und strengerer Gesetze, denn alternative Lösungen zu dem umweltschädlichen und teuren Einsatz von synthetischen Stoffen gibt es, auch wenn die Forschung nachlegen müsse, so Dreyer-Rendelsmann.
Große Herausforderungen
Am Nachmittag teilte sich das Publikum auf zwei Fachforen zu den Bereichen Kunststoffrasenplätze und Reitplätze auf. Spezifische Vorträge vertieften das jeweilige Thema und den Teilnehmern wurde Raum für Fragen und Diskussionen mit den Experten gegeben. Diese brachten die Teilnehmer dann auch in die Abschlussrunde ein. Ein Fazit des Fachtags lässt sich schwer ziehen. So vielschichtig wie ein Kunststoffrasen, so vielschichtig sind die Herausforderungen, die seine Nutzung und Entsorgung mit sich bringen. In jedem Fall gilt: Mikroplastik muss weg; dazu sind umweltfreundliche Alternativen dringend von Nöten. Alle beteiligten Akteure müssen Verantwortung übernehmen und Hand in Hand die nächsten Schritte gehen, stets im Sinne des Fairplay für die Umwelt. n Jennifer Baloni
Im Reitsport wie auch in anderen Sportarten gelangt Mikroplastik auf vielfältige Weise in die Umwelt. Foto: LSVBW