Nr. 18 20. Jahrgang Donnerstag, 3. Mai 2018
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Region Liestal
Die Stadtmusik Liestal und die Regionale Jugendband unterhielten mit «Ohrwürmern». Seite 7
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Region Gelterkinden Oltingen zeigte sich an seinen zwei Märttagen wieder von seiner schönsten Seite.
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Region Waldenburg
Am Nationalen Tag des Hochstammes wurde das Projekt Hochstamm II in Waldenburg vorgestellt. Seite 17
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Erlesene Schweizer Liederperlen
Kolumne
Ein alter Kasten
Gelterkinden Konzertchor Oberbaselbiet im Marabu THOMAS BRUNNSCHWEILER
Mit dem Konzertprogramm «Tour de Suisse» gastierte der Konzertchor Oberbaselbiet unter der musikalischen Leitung von Marco Beltrani am letzten Wochenende im Marabu, Gelterkinden. Wer am Samstag ein Potpourri geläufiger Schweizer Volkslieder erwartet hätte, würde Marco Beltrani unterschätzt haben. Geboten wurden wenig bekannte Melodien, klug gemischt mit drei Ohrwürmern aus der Romandie und dem romanischen Raum und illustriert mit Landschaftsbildern. Bereits in «Stets i Trure mues i lebe» sang der Chor innig und mit guter Artikulation. Auch im «Ranz des vaches» und «Adyu mon bi Payi» im Freiburger Patois zeigte der Chor mit kernigem, gepflegtem und homogenem Gesamtklang sowie differenzierter Dynamik und geschmeidiger Agogik seine Qualitäten. «Adyu mon bi Payi» erforderte von drei Tenören einen solistischen Einsatz. Nach dem wehmütigen «Soir d’octobre» erklang «sennisch langsam» das Jodellied «D Appenzeller Sennermeedel». Auch dank des Jodels von Arlette Wismer fühlte man sich ins Appenzellerland versetzt. Musikalität und sprachliche Sorgfalt Danach traten Arlette Wismer und die subtil begleitende Akkordeonistin Claudia Muff auf. «Windspiel» komponierte das hoffnungsvolle Luzerner Jodeltalent als Matura-Arbeit selbst. Das «Blyb no es bitzli do» dürfte allen Jodelfreunden bestens bekannt gewesen sein. Die 19-jährige Jodlerin wusste durch kraftvollen, reinen Jodelgesang, Intonationssicherheit und Natürlichkeit zu überzeugen. Selbst Jodelverächter wären hier bekehrt worden. Mit einem melancholischen Liebeslied wechselte der Chor zum rätoromanischen Teil. Nach «Prümaveira» erklang warm und stimmig « La sera sper il lag», die Hymne der rätoromanischen Schweiz. In «Dorma bain», wo Schellenursli und Glocken nicht fehlen durften, übernahm Edi Baader den Solopart mit beachtlichem Talent. Im zweiten Jodellied-Teil, der mit Robert Fellmanns «De muess mer hübscheli mache» begann, berührte
Musikalischer Abstecher ins Tessin unter der Doppelbogenbrücke von Lavertezzo.
Stimmungsvolles Ambiente: Marco Beltrani dirigiert den Konzertchor Oberbaselbiet. «Nadeschka» von Markus Flückiger am meisten. Das zum Weinen schöne wortlose Jodellied hat ungewohnte Melodien und gehört zur «Neuen Volksmusik». Nach dem letzten Jodellied «Ha träumt» folgte das herzerwärmende Walliser Chorlied «Weischus dü?». Drei italienische Lieder, darunter «La Maggiolata» mit synkopischem Rhythmus, führten hin zum lüpfigen «Nidwaldner Tanzliedli» von Heinrich Leuthold, bei dem Arlette Wismer nochmals mittat. Tosendem Applaus folgte als Zugabe ein Naturjodel mit dem Publikum. Erwähnenswert ist neben den musikalischen Qualitäten die Tatsache, dass man jedes Wort verstand und alle Dialekte und Sprachen beinahe akzentfrei artikuliert wurden. Chapeau!
FOTOS: T. BRUNNSCHWEILER
Kommender Jodelstar: Arlette Wismer, begleitet von Akkordeon-Profi Claudia Muff.
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Vor einiger Zeit erlebte ich, was man als «Drama eines Möbelstückes» bezeichnen könnte. Nur, dass dieses Schauspiel sehr real gewesen war. Hauptfigur bildete ein alter Kasten, ein so genannter «Burgunderschrank», vermutlich um 1700 in Frankreich gefertigt. Auf vier tellerrunden Füsslein ruhte der Koloss, Ehrfurcht heischend. Zwei wuchtige Türen mit vier Glasscheiben, drei davon unversehrt und angeblich mundgeblasen, eine durch Dritteinwirkung Ende der 1980er-Jahre zerstört, verschlossen einen Innenraum, in den zwei Menschen stehend hineinpassen würden. So ein Kasten muss einmal ein Vermögen gekostet haben und war bis vor wenigen Jahrzehnten auch noch ein Vermögen wert. Doch niemand will heute noch antike Möbel. Antiquitätenhändler wehren gleich ab, ihr Lager sei übervoll. Auch die Online-Portale quillen über: Bemalte Bauernschränke, vor 30 Jahren heiss begehrt, gibt es tonnenweise. Sekretäre mit gedrechselten Aufsätzen, einst Zierde jedes Wohnzimmers, haben gegen weisse Sideboards keine Chance. Auch der Burgunderschrank steht auf verlorenem Posten. Welche Hände haben vor 300 Jahren die Bretter gehobelt? Wer hat über die Jahrhunderte was darin aufbewahrt? Wo hat dieser Kasten überall gestanden? Es ist egal. Was dem Auge heute nicht mehr gefällt, wird weggeschmissen. Ererbtes, Überliefertes zählt wenig bis nichts in unserer Zeit, wo die Maxime «Geniesse den Augenblick» lautet. Der Kasten landet auf der Müllhalde der Geschichte. Und glücklich glaubt man, «Ballast» losgeworden zu sein. Wahrlich ein Drama. LORENZ DEGEN