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Mauritius, Mon Amour Die kleine Insel vor Madagaskar
Text: Maria Gurmann, Redakteurin bei der Tageszeitung „Kurier“ Fotos: z. V. g.
„Wir sind alle Afrikaner!“, sagt der ehemalige oberste Richter der Republik Mauritius. Seine blitzblauen Augen strahlen verschmitzt. Joselyn Forget, der Mann mit dem französischen Namen, könnte locker als englischer Landlord durchgehen. / Doch der blasshäutige Jurist mit dem
Nachfahren der afrikanischen Sklaven. Da
schwarzen Humor lebt und wirkt seit
sind die Kreolen im seidigen Mokkabraun.
seiner Kindheit auf dem Tropenarchipel
Da sind Christen, Hindus, Buddhisten und
im Indischen Ozean. Geheiratet hat er
Moslems, die Joselyn seine Freunde
eine Französin aus der Perrier-Champag
nennt. Und da ist sein indischstämmiger
nerdynastie, die französischer nicht sein
Schwiegersohn, der nun auch das (bisher
könnte und trotzdem nie in Europa gelebt
ausschließlich) europäische Blut der
hat. Aufgewachsen war Forget, als
Familie Forget durchmischt – ein dann
Mauritius noch britische Kolonie war.
doch nicht ganz einfacher, aber für das
Seine Richterlaufbahn absolvierte er in
bunte Mauritius folgerichtiger Schritt.
der 1968 gegründeten unabhängigen
Fragt man den Taxifahrer nach seiner Familientradition, landet man schnell bei einer farbenfrohen HindiHochzeit als Ehrengast.
Republik, die von der indischen Majorität
Wer Mauritius entdecken will, wird an
Mauritius’ dominiert wird. Seine Töchter
diesem Faszinosum nicht vorbeikommen.
studieren und leben auf der ganzen Welt,
Denn neben dem azurblauen Meer, dem
da sie zweisprachig in Englisch und
schneeweißen Strand und den üppigen
Französisch aufgewachsen sind und
Tropenwäldern gibt es die Geschichte
damit nie Sprachprobleme hatten.
einer Insel, ihrer Bewohner und deren
Kurzum: ein richtiger Afrikaner mit
Kultur aus aller Welt zu entdecken: Als im
unverbrüchlicher Liebe zu der kleinen
16. Jahrhundert die Holländer nach Mau-
Insel vor Madagaskar.
ritius kamen, war die Insel menschenleer. Als die Seehandelsmacht knappe
Auch sein Freundeskreis ist ethnisch so
100 Jahre später ging, waren Wälder und
bunt wie die ganze Insel. Da sind Inder,
Vegetation geplündert – selbst das bis
deren Vorfahren im 19. Jahrhundert als
heute prominente Wappentier der Mauri-
Arbeiter nach Mauritius kamen. Da ist ein
tier, der schwerfällige Dodovogel, war
Perser, der in den 1960er-Jahren aus
aufgegessen worden. Es folgten Portugie
Teheran floh und sich auf der Insel in eine
sen, Franzosen und ab 1810 die Englän
Chinesin verliebte. Da ist die Freundin,
der, die Mauritius ihren bis heute kolonia
deren Teint das Schwarz Afrikas und das
len Stempel aufdrückten, Zuckerrohr
Gelb Asiens verbindet. Da sind die
pflanzten, Schnaps brannten und auf