F r a n k f u r t i n T a k t 15 /1 – B e u r t e i l e n u n d B e n o t e n
K
ein Mitglied einer künstlerischen Prüfungskommission
dürfte sich je der Illusion hingegeben haben, die Moment- aufnahme einer instrumentalen Spielleistung völlig objektiv bewerten zu können. Zugleich ist es konstitutives Selbstverständ-
nis einer Jury, sich um Objektivität, also das Unmögliche, zu bemühen: sich in den Aufnahmeprüfungen für die „richtigen“ Kandidaten zu entscheiden, mit denen eine mehrjährige Zusammenarbeit lohnenswert erscheint, und genau diese in Abschlussprüfungen so zu bewerten, dass eine Zensur ein faires Abbild des Geleisteten ist. Drei Professoren, die sich getroffen haben, um gemeinsam über Bewertungsmaßstäbe und qualitative Standards bei der Beurteilung anderer nachzudenken, merken dabei schnell, dass derlei Fragen untrennbar mit der kritischen Reflexion des eigenen pädagogischen Selbstverständnisses verbunden sind, anders gesagt: mit der Ehrlichkeit
Prof. Lucas Fels
gegenüber dem Anspruch an sich selbst. Darüber denken im nachfolgenden Interview folgende Instrumentalprofessoren nach: Flötist und Dirigent Michael Schneider, Leiter des Studiengangs Historische Interpretationspraxis, Michael Sanderling, Professor für Violoncello an der HfMDK und zugleich Chef- dirigent der Dresdner Philharmonie, und Cellist Lucas Fels, Inhaber der Stiftungsprofessur „Interpretatorische Praxis und Vermittlung neuer Musik“ und Cellist des Arditti String Quartet London.
Prof. Michael Sanderling
Das einzig Objektivierbare ist die Subjektivität Prof. Michael Schneider
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Die Professoren Michael Schneider, Michael Sanderling und Lucas Fels im Interview auf der Suche nach objektiven Bewertungskriterien und eigenen Qualitätsstandards