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Ein unvergessliches Ereignis Ganz Amerika war entsetzt, als Betty Shabazz, die Witwe von Malcolm X, durch ein Feuer ums Leben kam, das ihr psychisch kranker Enkel gelegt hatte. Sie lebte noch einige Wochen in schrecklichen Schmerzen, bevor sie starb. Ich fühlte mich geehrt, als mich ihre Familie darum bat, bei ihrem Gedenkgottesdienst in der Riverside Church in New York zu sprechen. Betty Shabazz war für mich eine Heldin. Ich hatte gesehen, wie sie auf die Ermordung ihres Ehemannes, Malcolm X, reagiert hatte. Sie zog ihre vier Töchter allein auf, die alle zu wunderbaren Menschen wurden. Sie ging zurück an die Universität und erwarb einen Doktortitel, um sich auf bewundernswerter Weise im sozialen Dienst einzusetzen. Kurz bevor ich von Los Angeles nach New York fliegen sollte, rief Betty Shabazz Familie noch einmal an und bat mich darum, doch meinen Talar mitzubringen und beim Gottesdienst zu tragen. Als meine Frau den Talar in eine Plastikhülle steckte, ermahnte sie mich, darauf zu achten, dass er nicht zerknittert werde. "Es ist kein Problem, im Hotel deine Hose zu bügeln, aber der Talar mit seinen Samtbesätzen müsste zum Bügeln weggeschickt werden, wofür aber zu wenig Zeit ist! Denn du kommst spät abends an und musst frühmorgens wieder weg." Als ich an Bord der Maschine ging, hängte ich also meinen Talar auf dem Haken hinter meinem Sitz auf. Der männliche Flugbegleiter kritisierte das: "Sie dürfen hier nichts aufhängen. Die Vorschriften unserer Fluggesellschaft erlauben nicht, dass hier Kleidersäcke aufgehängt werden." Eine weibliche Stewardess streckte die Hand aus. "Ich werde ihn nach vorne in die Garderobe bringen", sagte sie in dem gleichen unfreundlichen, herablassenden Ton. Aus Sorge, mein Talar könnte in dem überfüllten Schrank zerknautscht und zerknittert werden, hielt ich ihn jedoch fest und wiederholte meinen Wunsch, ihn hinter mir aufzuhängen. Außerdem, so erklärte ich, sei der Abstand vom Haken zum Boden die ideale Länge! "Hier sind keine Kleidersäcke erlaubt", wurde ich vom männlichen Flugbegleiter erneut unterbrochen. "Aber das ist kein Kleidersack", erklärte ich, "das ist nur eine Plastikhülle, um den Talar zu schützen. Ich kann ihn ja herausnehmen." Was ich auch tat. Der Ärger des Flugbegleiters fing nun an, sich in seiner Stimme und in seinem Gesicht abzuzeichnen. Er machte kehrt, verließ das Flugzeug und kam mit einem leitenden Beamten der Fluggesellschaft wieder. Dieser lächelte und sagte: "Kein Problem, Sir. Sie können Ihren Talar hier hängen lassen." Ich war sehr erleichtert. Der Flugbegleiter jedoch nicht. Er war vor allen Passagieren öffentlich gedemütigt worden. Mein Talar hing den ganzen Weg von Los Angeles nach New York hinter mir. Der Flugbegleiter konnte ihn nicht übersehen. Sein Ärger schwoll immer mehr an. Als er mir das Dessert anbot - ein Teller mit Käse und Weintrauben - bat ich: "Kann ich bitte nur die Trauben haben - ohne Käse?" Und zur Erklärung fügte ich hinzu: "Ich darf nämlich keinen Käse essen. Es würde mir sehr helfen, nicht in Versuchung zu kommen." Ich lächelte ihn an. Er tat es nicht. "Entweder so oder gar nicht", sagte er. "Wenn Sie kein Dessert wollen, dann nehme ich es eben wieder mit." Noch ehe ich etwas erwidern konnte, schnappte er den Teller und verschwand. Ich ging nach vorne zur Küche und fragte eine weibliche Angestellte: "Könnte ich nur ein paar Trauben bekommen, ohne Käse?" Sie nickte und tat mir den Gefallen. Die Tatsache, dass ich von jemand anderem bekam, was er mir verweigert hatte, brachte den männlichen Flugbegleiter schnell in die Küche. Er trat mir entgegen und fragte zornig: "Was machen Sie denn hier?!" Ich streckte meine Hand aus, um ihm besänftigend auf die Schulter zu klopfen - mit offenen Handflächen -, als er einen Satz nach hinten machte und brüllte: "Wenn Sie mich noch einmal berühren, werde ich den Piloten auffordern, die Polizei zu rufen, wenn wir landen!"


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