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ornig packte Rayford Ernie am Kragen und zog ihn zu sich heran. »So, Sie sind also ein Betrüger, ja, Ernie?« Ernie wehrte sich nicht, sondern versuchte nur, seine Kappe mit beiden Händen festzuhalten. Rayford ließ seinen Kragen los und fuhr mit der Hand unter seinen Mützenschirm. Ernie zuckte zusammen. Offensichtlich dachte er, Rayford würde ihn schlagen, darum lockerte er seinen Griff an der Mütze, und Rayford stieß ihm die Kappe vom Kopf. Kein Wunder, dass Ernies Zeichen so auffällig war. Er hatte es mit Ölschmier aufgefrischt. »Sie haben das Zeichen nachgemacht, Ernie? Das Zeichen der Versiegelten? Sie haben wirklich Mut.« Ernie erbleichte und versuchte, sich loszureißen, aber Rayford packte ihn am Kragen und verrieb mit dem Daumen das gefälschte Zeichen. Der Schmier ließ sich tatsächlich abreiben. »Sie scheinen sich Tsions Predigten sehr genau angehört zu haben, dass Sie ein Zeichen fälschen können, das Sie nie gesehen haben.« »Was um alles in der Welt ist das?«, fragte Bo. Er schien wie erstarrt zu sein. »Er hat das Zeichen des –« »Das weiß ich ja«, unterbrach ihn Bo mit vor Angst weit aufgerissenen Augen. Er deutete an Rayford vorbei. »Ich meine das da hinten!« Rayford drehte sich herum. Als die Rauchwolke näher kam, erkannten sie, dass es sich eigentlich um einen Schwarm Heuschrecken handelte. Selbst aus dieser Entfernung wirkten sie sehr groß. Und es waren so unglaublich viele! »Ich sage das nur ungern, Jungs, aber Sie befinden sich in großen Schwierigkeiten.« »Warum?«, rief Bo. »Was ist das?«

»Eine der letzten Warnungen für Sie. Oder ein weiterer Trick der Fundamentalisten. Sie können wählen.« »Tun Sie, was Sie wollen, Bo!«, sagte Ernie. »Ich verschwinde jedenfalls von hier!« Er rannte zum Tower, den sich Bo ganz offensichtlich ebenfalls als Ziel gewählt hatte. Ernie hatte Probleme, die Tür zu öffnen. Bo prallte in ihn hinein. Beide gingen zu Boden. Ernie hielt sich das Knie und jammerte. »Steh schon auf und geh rein, du Weichei!«, sagte Bo. »Mach die Tür doch selbst auf!« Bo riss die Tür auf und traf Ernie damit am Kopf. Dieser fluchte, fiel zu Boden und trat die Tür zu, als Bo gerade im Tower verschwinden wollte. Bo fiel auf ein Knie und fluchte, da Ernie ihm einen Finger eingeklemmt hatte. Dieser sprang rasch auf und verschwand in der Sicherheit des Towers. Als Rayford bei der Tür ankam, wollte er Bo aufhelfen, doch dieser entwand sich ihm. Da hatten ihn auch schon die Heuschrecken erreicht. Er trat, schrie und rannte im Kreis herum, und als Ernie die Tür öffnete, um ihn zu verspotten und über ihn zu lachen, wurde auch er angegriffen. Der Farbige, der mit Bo im Wagen gesessen hatte, erschien im Türrahmen und starrte entsetzt auf die beiden schreienden Männer. Er schüttelte langsam den Kopf und sah zu Rayford hinüber. Beide entdeckten sofort ihr Zeichen, und dieses Mal wusste Rayford, dass es echt war, weil die Heuschrecken auch seinem Gegenüber nichts taten. Rayford half ihm, die Heuschrecken abzuwehren und die beiden ins Haus zu ziehen. Während Bo und Ernie sich schüttelten und nach Atem rangen, reichte Rayford dem Mann die Hand. »T. M. Delanty«, sagte dieser. »Man nennt mich T.« »Rayf–« »Ich weiß, wer Sie sind. Ken hat mir alles über Sie erzählt.« »Ich möchte ja nicht unhöflich klingen«, bemerkte Rayford, »aber es ist doch seltsam, dass er nie von Ihnen gesprochen hat.« Seltsamer jedoch war ihre Bekanntschaft mit den beiden leidenden Opfern zu ihren Füßen, dachte Rayford. »Ich habe ihn darum gebeten. Es freut mich zu hören, dass er genau das war, wofür ich ihn gehalten habe – ein Mann, der zu seinem Wort stand.« Rayford wollte sich mit T. unterhalten, aber er fühlte sich verpflichtet, Bo und Ernie zu helfen.

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