PAUL BRIL
1553/54 Antwerpen oder Breda – Rom 1626
21 Gebirgige Flußlandschaft mit einem Schäfer.
1590
Radierung. 20,7 x 27,7 cm Hollstein 2/I (von IV)
Exzellenter, höchst seltener Frühdruck, lediglich mit der Angabe des Publikationsortes ‚Romae‘ im Unterrand links. Vor den späteren Verlegeradressen. Mit noch spitzen Plattenecken und rauhen Plattenkanten. Im ca. 1 cm breiten Papierrand ganz geringfügig f leckig, sonst tadellos. Eine der wenigen eigenhändigen Radierungen des Künstlers und zusammen mit ihrem Gegenstück (Hollstein 1) zugleich eine seiner frühesten datierten Landschaften überhaupt. Seit 1582 in Rom ansässig, hatte P. Bril in Auseinandersetzung mit den Werken von P. Bruegel d.Ä. oder seines Bruders Matthijs, von H. Bol, G. van Coninxloo und G. Muziano gegen Ende des Jahrzehnts die Landschaft als sein eigentliches künstlerisches Thema entdeckt. Dabei stand weniger die getreue Wiedergabe des Gesehenen im Zentrum seines Interesses als die subtile Komposition eines idealen Bildganzen aus verschiedenen der Natur ‚entlehnten‘ Motiven. Bemerkenswert an Brils Schaffen ist dabei, dass er mit der Anwendung dieses genuin manieristischen Kompositionsprinzips zugleich zukunftweisende Möglichkeiten zu dessen Überwindung eröffnete. Die nach strengen Kompositionsregeln erarbeiteten Formen sind bei ihm nämlich nicht Selbstzweck, sondern dienen der Emotionalisierung der Landschaft, also der gefühlsmäßig bestimmten Interpretation von Wirklichkeit. So erscheint die Natur Italiens in seinen Bildern niemals anders als idealisiert und durchdrungen von einem pastoralen Stimmungsgehalt. Es ist in erster Linie diese stringente, gemeinhin als arkadisch bezeichnete Landschaftsauffassung, die dem Œuvre Brils – ungeachtet seiner heterogenen Inspirationsquellen – künstlerische Individualität verleiht und seinen Ruf als >Stammvater der klassischen römischen Landschaftskunst des 17. Jahrhunderts< rechtfertigt. (E. Wiemann)
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