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DER KAMPF GEGEN GREENWASHING

Die EU-Kommission hat im März dieses Jahres den Entwurf einer neuen Richtlinie für die Bekämpfung von „Greenwashing“ vorgestellt. Mit der „Green Claims Directive“ will sie regeln, wie und welche umweltbezogenen Werbeaussagen noch erlaubt sein sollen.

Greenwashing ist ein Thema, das die Unternehmen bei ihren Werbemaßnahmen schon länger beschäftigt, nun hat es auch die EU auf den Plan gerufen. Sie will die Werbung mit umweltbezogenen Werbeaussagen, so genannten „Green Claims“, gegenüber Verbrauchern deutlich einschränken. Im Rahmen von Verbraucherumfragen und Marktstudien hat die EUKommission festgestellt, dass sich Produkt- und Unternehmenswerbung mit Umweltfreundlichkeit immer größerer Beliebtheit bei Unternehmen erfreut, die verwendeten Werbeaussagen für die Verbraucher aber nur selten ausreichend klar und hinreichend belegt oder häufig schlicht unzutreffend sind.

Die EU-Kommission hat solche Praktiken schon länger im Visier und bereits in einer weiteren Richtline (COM (2022) 143) bestimmte Werbeaussagen auf eine schwarze Liste verbotener Claims gesetzt. Der Entwurf „Green Claims Directive“ widmet sich nun dem Greenwashing und legt europaweite, einheitliche Standards an die Kommunikation und Belegbarkeit von umweltbezogenen Aussagen fest. Vorgesehen ist dabei, dass solche Werbeaussagen vor ihrer Verwendung gegenüber Verbrauchern von akkreditierten, unabhängigen Prüfstellen („verifier“) zu genehmigen sind. Der Vorschlag enthält genaue Vorgaben, wie mit umweltbezogenen Aussagen geworben werden darf. Mit diesen Vorgaben will die Kommission sicherstellen, dass Werbeaussagen zu positiven Umwelteffekten gegenüber Verbrauchern nur für solche Produkte, Dienstleistungen oder Unternehmen gemacht werden, die im Vergleich zu anderen Produkten, Dienstleistungen oder Unternehmen Umweltvorteile bieten. Die Werbung mit Umweltvorteilen soll deshalb unter anderem nur erlaubt sein, wenn mit Umweltauswirkungen, -aspekten oder -leistungen geworben wird, für die die nach der Green Claims Richtlinie erforderlichen Nachweise vorliegen und für das jeweilige Produkt, Dienstleistung oder den Unternehmer als erheblich eingestuft wurden. Es sollen auch ausführliche Informationen zur Begründung der Umweltaussage

Keine grüne Täuschung mehr

Nachhaltigkeit ist im Trend und mit nachhaltigen Produkten oder Taten lassen sich Kunden gewinnen. Kein Wunder also, das hier schon mal nachgeholfen wird, um das Unternehmen „grüner“ aussehen zu lassen. Dann spricht man von Greenwashing oder Greenwash. Das ist also eine kritische Bezeichnung für Methoden, in Form von Kommunikation, Marketing oder auch Einzelmaßnahmen, die darauf abzielen, einem Unternehmen, seinen Produkten oder Aktivitäten in der Öffentlichkeit ein umweltfreundliches und verantwortungsbewusstes Image zu verleihen, ohne dass es dafür eine hinreichende Grundlage gibt. Um die sogenannte Grünfärberei zu verhindern, schlägt die Europäische Kommission gemeinsame Kriterien gegen irreführende Umweltaussagen vor. Damit etwas, das als umweltfreundlich verkauft wird, auch tatsächlich umweltfreundlich ist. hs beigefügt sein, entweder in physischer Form, also etwa auf einem Beipackzettel, oder über einen Link oder QR-Code, damit sie für den Verbraucher unmittelbar abrufbar sind. Bezieht sich die ausdrückliche Umweltaussage auf eine zukünftige Umweltleistung, so muss sie eine zeitgebundene Verpflichtung für Verbesserungen innerhalb der betrieblichen Abläufe und der Wertschöpfungskette enthalten.

Herzstück des Entwurfes bilden die Regelungen zur Belegbarkeit der umweltbezogenen Claims. Diese Regelungen bestimmen konkret die Voraussetzungen, nach denen eine umweltbezogene Werbung zulässig ist. Die Kommission möchte damit sicherstellen, dass nur solche Claims verwendet werden, die sich auch nachweislich positiv auf die Umwelt auswirken. Die deutsche Rechtsprechung beschäftigt derzeit vor allem die Werbung mit Klimaneutralität. Auch dieses Problem hat die EUKommission erkannt. Die Richtlinie macht konkrete Vorgaben dazu, wann und wie mit Klimaneutralität noch geworben werden darf. Bei der Werbung mit Klimaneutralität oder CO2-Ausgleich müssen transparente Informationen über den Ausgleich von CO2-Emissionen zur Verfügung gestellt werden. Dabei ist anzugeben, ob sich die Kompensationen auf die Reduzierung oder den Wegfall von CO2-Emissionen beziehen und wie diese Kompensation erreicht wird. Daneben erhält der Vorschlag weitere Mindestkriterien für die Werbeaussagen, um Greenwashing zu vermeiden. Die Aussagen müssen etwa durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse belegt wer- den, aus denen die relevanten Umweltauswirkungen und etwaige Zielkonflikte hervorgehen. Die Bedeutung der Auswirkungen, Merkmale und Leistungen der umweltbezogenen Werbeaussage muss gemäß einer Lebenszyklusanalyse nachgewiesen werden. Es muss klar sein, ob sich die umweltbezogenen Angaben auf das gesamte Produkt oder Dienstleistung oder nur auf Teile bezieht. Auch müssen Informationen bereitgestellt werden, ob das Produkt in Bezug auf die Umwelt in der Praxis wesentlich besser abschneidet als vergleichbare Produkte.

Der Entwurf enthält schließlich auch genaue Vorgaben zur Verwendung von Umweltzeichen. Damit soll der mittlerweile weitverbreiteten Praxis der Nutzung verschiedenster, intransparenter und meist privater Umweltsiegel begegnet werden und eine verbesserte Transparenz und Belastbarkeit der Kennzeichnungssysteme herstellen. Die Verwendung der Umweltzeichen wird dann ebenfalls strengeren Kriterien unterliegen.

Umweltbezogene Aussagen müssen dann von unabhängigen Prüfstellen nach Maßgabe der Anforderungen der Richtlinie überprüft werden. Unternehmen sollen sich vor der Verwendung eines „Green Claims“ die Erfüllung der Anforderungen der Richtlinie von dieser Prüfstelle bestätigen lassen. Reichen die vorgelegten Nachweise aus, stellt die Prüfstelle eine EU-weit anerkannte Bescheinigung über die Erfüllung der Anforderungen aus. Unternehmen können sich dann sicher sein, dass ihr Werbeclaim in der EU zulässig ist.

Bei der Sanktionierung gegen die Vorgaben der Richtlinie lässt der Entwurf den Mitgliedstaaten einen Spielraum. Die Mitgliedstaaten können entscheiden, ob sie einen Bußgeldtatbestand für unlautere Werbung einführen wollen. Alternativ könne sie aber auch auf solche Bußgelder verzichten und die bisher anwendbaren Mechanismen zur Verfolgung unlauterer Werbepraktiken beibehalten. Wenn sich Deutschland für diese Variante entscheiden sollte, wäre es weiterhin in erster Linie Wettbewerbern und den klagebefugten Verbänden überlassen, gegen unzulässige Werbeaussagen vorzugehen.

Es bleibt abzuwarten, ob die Regelungen aus dem Entwurf auch alle so in die finale Fassung übernommen werden. Auch wird noch einige Zeit bis zum Inkrafttreten vergehen. Die Kommission rechnet mit einem Zeitraum von etwa vier Jahren. Nichtsdestotrotz sollten sich Unternehmen mit den Vorgaben der Richtlinie zeitnah auseinandersetzen. Denn wenn die Vorschriften des Richtlinienentwurfs umgesetzt werden, wird dies eine erhebliche Umstellung bedeuten. Zwar haben sich in der deutschen Rechtsprechung bereits Kriterien für bestimmte umweltbezogene Claims, insbesondere für Aussagen zur Klimaneutralität, herausgebildet, die Vorgaben der Richtlinie sind auf den ersten Blick aber noch strenger.

Über den Autor:

Daniel Wiemann ist Partner bei der Kanzlei Taylor Wessing. Er berät zu sämtlichen Fragen des gewerblichen Rechtsschutzes, des Urheberrechts und des Medienrechts.

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