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SCHLUSS MIT GRÜNFÄRBEREI – ZEIGT HER EURE DATEN!

from IT-BUSINESS 13/2023
by vit
Digitalisierung und Nachhaltigkeit zielen in die gleiche Richtung. Dabei geht es um mehr als Green IT. Unternehmen brauchen smarte Tools, um Nachhaltigkeitsstrategien zu implementieren und deren Fortschritte zu messen. Welche Rolle kann der Channel dabei spielen?
Zahlen lügen nicht, heißt es im Volksmund Bei Marketingaussagen kann man sich dessen nicht immer sicher sein Mit Blick auf den Klimawandel werben Unternehmen gern damit, wie „grün“ sie vermeintlich sind Ihre Produkte seien umweltfreundlich, der Herstellungsprozess schone Ressourcen, die verwendete Energie stamme überwiegend aus regenerativen Quellen. Doch lassen sich solche Aussagen überprüfen? Die EU-Kommission ist skeptisch Mit der Green Claims Directive, deren Entwurf sie im März vorgelegt hat, will sie umweltbezogene Werbung einschränken Sie soll künftig nur dann erlaubt sein, wenn die behaupteten Vorteile für Verbraucher nachvollziehbar sind und sich belegen lassen.
Nachweisbarkeit ist generell der springende Punkt, wenn es gilt, ernsthaftes Bemühen um Nachhaltigkeit von Grünfärberei abzugrenzen Darauf zielt die EU mit einer weiterreichenden Richtlinie ab, die im November 2022 durch das EU-Parlament verabschiedet wurde, der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Sie verpflichtet Unternehmen von 2025 an, einen Nachhaltigkeitsbericht vorzulegen Zunächst müssen Organisationen mit mehr als 500 Mitarbeitern die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf Gesellschaft und Umwelt im Rückblick auf das Jahr 2024 dokumentieren Ein Jahr später wird die Pflicht auf Unternehmen mit 250 Mitarbeitern und einem Umsatz von 40 Millionen Euro ausgedehnt.
Mit der CSRD weitet die EU die ReportingVorschriften für den Komplex Environmental, Social & Governance (ESG) aus Dabei geht es nicht nur darum, den Status quo zu erfassen Vielmehr sollen Unternehmen dazu motiviert werden, den sozialen und ökologischen Herausforderungen der Zeit mit geeigneten Initiativen zu begegnen und deren Erfolg anhand von Kennzahlen regelmäßig zu überprüfen In puncto Nachhaltigkeit gilt somit die vielzitierte Beraterweisheit: „Was nicht gemessen wird, kann man nicht verbessern “ Ansonsten operieren Entscheider mit schwammigen Informationen, die ihnen wenig Möglichkeiten der Steuerung bieten.

In den vergangenen Jahren haben sich Spezialanbieter am Markt etabliert, die Unternehmen mit ihrer Software beim Nachhaltigkeitsmanagement unterstützen Dazu zählen etwa Quentic (Berlin), Thinkstep (Stuttgart), Verso (München) oder WeSustain (Buxtehude) Mit deren SaaS-Anwendungen lassen sich Daten aus unterschiedlichen Systemen extrahieren, konsolidieren und auswerten, um Indikatoren wie CO2-Emissionen, Energieeffizienz oder Ressourcenverbrauch zu ermitteln. Thinkstep und WeSustain wurden inzwischen von den nordamerikanischen Mitbewerbern Sphera beziehungsweise Cority übernommen Durch die CSRD gewinnt dieses spezielle Marktsegment zusätzlich an Dynamik Dort bewegen sich auch andere Anbieter wie etwa die Software-Riesen SAP und Salesforce, die spezifische Module fürdas ESG-Reporting anbieten. Auchdie Hyperscaler stellen Services bereit, mit denen Unternehmen umweltrelevante Daten erfassen und analysieren können Ein Beispiel dafür ist die Microsoft Cloud for Sustainability Darüber hinaus haben Anwenderunternehmen und Dienstleister eigene Tools entwickelt.
In jedem Fall sind Organisationen, die ihre ökologische Bilanz methodisch verbessern und ihre Fortschritte anhand von Key Performance Indikatoren (KPIs) messen wollen, auf Software angewiesen Anders wäre diese Arbeit wegen der großen Datenmengen kaum zu leisten Excel- oder Google-Tabellen reichen dazu ab einer gewissen Unternehmensgröße nicht mehr aus. Da manuelle Prozesse viel Personal und Zeit erfordern, seien „der Einsatz von Tools und ein möglichst hoher Automatisierungsgrad bei der Erfassung und Aufbereitung der Daten unerlässlich“, erläutert Stephanie Hackenholt, Product Owner Customer

Der Mittelstand braucht bessere Daten für mehr Nachhaltigkeit
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU verpflichtet ab 2024 viele Unternehmen dazu, jährlich über die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf Mensch und Umwelt zu berichten. Lufthansa Industry Solutions (LHIND) und PAC haben 150 Firmen, überwiegend gehobene Mittelständler, im Rahmen einer Studie befragt, wie sie die für Environmental, Social & Governance (ESG) erforderlichen Daten sammeln, aufbereiten und auswerten. Demnach erstellt die Hälfte der Unternehmen bereits heute einen Nachhaltigkeitsbericht, teils ohne regulatorischen Druck. Ein weiteres Viertel plant eine ESG-Berichterstattung wegen der künftigen Pflicht Zwei Drittel bewerten zudem das Risiko hinsichtlich der Nachhaltigkeit ihrer Zulieferer Dennoch stehen die Unternehmen weiterhin vor Herausforderungen: 80 Prozent bemängeln die Datenqualität Der Hälfte fehlt die geeignete Datenbasis. Und zwei Drittel sorgen sich um die Datensouveränität. Für 68 Prozent der Befragten ist es zudem ein Problem, heterogene Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammenzuführen. Doch nur so wird Nachhaltigkeit anhand geeigneter Kennzahlen messbar 43 Prozent der Unternehmen nutzen KPIs, etwa für CO2-Emissionen, für Energieund Ressourceneffizienz sowie für Recyclingquoten, um Nachhaltigkeit mit finanziellen Faktoren zu verknüpfen. Weil das manuelle Sammeln und Auswerten der Daten personalund zeitintensiv ist, sind der Einsatz von Software-Tools und ein hoher Automatisierungsgrad sinnvoll Für 41 Prozent der Unternehmen ist das Fehlen solcher Tools ein Problem.
Partnerstimmen
Sustainability bei Lufthansa Industry Solutions (LHIND). Für eine aussagekräftige ESG-Berichterstattung spielt IT somit eine essenzielle Rolle.
Für ihre Nachhaltigkeitsprojekte brauchen Unternehmen vor allem Datentransparenz. Materna ist dafür ein guter Partner, weil wir die IoTLogiken bei unseren Kunden verstehen, weil wir Data Scientists beschäftigen und daher in der Lage sind, aus den Daten die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen.
Wir bieten aktuell noch keine Implementierung von ESGSoftware an, und wir planen auch nicht, inhaltliche Beratung zu leisten. Stattdessen werden wir eher mit Beratungshäusern zusammenarbeiten, die dem Mittelstand helfen, die Grundlagen einer ESGStrategie zu entwickeln, und kommen dann mit der Software, wenn die Basis gelegt ist.
IT ist aber noch in anderer Hinsicht für die Nachhaltigkeit von Unternehmen relevant. So hilft ihnen Technologie dabei, ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren, wenn sie etwa Video-Conferencing nutzen, um Dienstreisen zu vermeiden, oder den Belegfluss vollständig digitalisieren, um Papier zu sparen. Denn Reporting allein macht Unternehmen nicht grüner. Ausgehend von ihrem Profil und Geschäftsmodell müssen sie sich spezifische Nachhaltigkeitsziele setzen und die Maßnahmen definieren, die geeignet sind, die Ziele zu erreichen. Die Maßnahmen können sich wiederum auf horizontale ebenso wie auf branchenspezifische Aspekte beziehen. In der Praxis werden dabei oft Konzepte aus dem Internet der Dinge (IoT) angewandt, wie etwa Smart Buildings, Smart Production oder Smart Logistics, um den Energie- und Ressourcenverbrauch zu senken.
Solche Initiativen fügen sich also nahtlos in die Digitalisierungsstrategie von Unternehmen ein. Das eine wie das andere zielen in die gleiche Richtung. „Nachhaltigkeit wird durch die Digitalisierung zusätzlich befeuert“, betont Andreas Maslo, Gründer und CEO des ESG-SoftwarePioniers Verso. Der Entrepreneur spricht von einem „Paradigmenwechsel in der Wirtschaft“ (Kasten, S. 24).
menkomplex. Sie beraten Kunden bei der Konzeption einer Nachhaltigkeitsstrategie, helfen ihnen bei der Auswahl geeigneter Technologien und unterstützen sie bei der Umsetzung. In der Studie „Leaders in Sustainability-related IT Consulting & Services in Europe“, die das Marktforschungsunternehmen PAC im März dieses Jahres vorgelegt hat, werden für den deutschen Markt unter anderem Atos, DXC, IBM, LHIND, NTT Data und T-Systems mit „Best in Class“ bewertet. Arvato Systems, Computacenter, Fujitsu, Materna, MSG und Reply haben das Prädikat „Excellent“ erhalten.
Nichtsdestotrotz steckt Nachhaltigkeitsmanagement nach Einschätzung von PAC noch weitgehend in den Kinderschuhen. Angesichts der zahlreichen Datenquellen und möglichen Ansatzpunkte entlang der Wertschöpfungskette von Unternehmen sei die Disziplin enorm komplex. Viele Anwender tun sich schwer damit, heterogene Daten aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen. Zu dem Ergebnis kommt auch eine weitere Studie, die die Analysten in Kooperation mit LHIND erstellt haben und für die 150 Unternehmen, überwiegend aus dem gehobenen Mittelstand, befragt wurden (Kasten, S. 21). Eine weitere Herausforderung ist die Datenqualität.
Wir sind stark grün orientiert. Corporate Social Responsibility war für uns seit der Gründung wichtig, und dafür stehen wir als Systemhaus. Deshalb treibt uns seit einigen Jahren um, wie wir unseren eigenen CO2Footprint verringern können. Grundsätzlich versuchen wir alles, was wir selbst tun, auch unseren Kunden anzubieten und sie dabei mitzunehmen.
Nachhaltigkeitsmanagement ist damit im Kern eine digitale Disziplin. Ihre Vorreiter sind große Organisationen. Schon bevor sie regulatorisch dazu verpflichtet waren, haben Konzerne damit begonnen, ihr soziales und ökologisches Engagement in Berichten zu dokumentieren und anhand von Daten zu belegen. Sie versprechen sich davon positive Effekte in puncto Image, Börsenwert, Rating und Attraktivität als Arbeitgeber.
Folglich befassen sich bislang vor allem größere IT-Dienstleister, die das Enterprise-Segment bedienen, mit dem The -
Das Marktsegment entwickelt sich laut PAC allerdings schnell weiter. Bei Unternehmen bestehe großer Bedarf an externer Unterstützung, der weiter wachsen werde. Durch die CSRD kommt das Thema per Regulatorik auch in den Mittelstand. Allein in Deutschland sind etwa 15.000 Unternehmen mit 250 bis 500 Mitarbeitern von 2026 verpflichtet, einen Nachhaltigkeitsbericht vorzulegen. Somit müssen sie sich spätestens im kommenden Jahr darauf vorbereiten, da die Daten von 2025 an zu erheben sind. Mit Blick auf diesen Markt haben der Dortmunder IT-Dienstleister Materna und der ESG-Software-Anbieter Verso im März dieses Jahres eine Partnerschaft vereinbart. Gemeinsam wollen sie die „nachhaltige Transformation des Mittelstands“