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Warum Digitalisierung noch nicht stattfindet

from eGovernment 6/2023
by vit
Für eine moderne Verwaltung birgt die Digitalisierung enorme Potentiale, eine überbordende Bürokratie und damit verbundene Fehlentwicklungen zu korrigieren. Doch zum Leidwesen aller ist davon in der Verwaltung immer noch nicht viel zu sehen.

IHRE REFERENTEN
Wir geben einen Einblick in unser erprobtes und agiles Zusammenspiel aus Prozess-Design, Change-Management und Stakeholder-Kommunikation und zeigen auf, wie wir gemeinsam mit den Behörden-Mitarbeitenden nachhaltige Veränderungenschaffen.
Neue,digitaleServicesundProzesseführenunausweichlich zu Veränderungen – sowohl in den jeweiligenRollenalsauchbeidenWegenderZusammenarbeit. Damit der damit verbundene Change nicht nureinweiteres»vonOben«auferlegtes»Erlebnis« wird,sondernzualspositivempfundenen,nachhaltigen Veränderungen der Arbeitsabläufe führt, bedarfeseinerfrühzeitigen,informativenundtransparentenKommunikationzudengeplantenVorhaben sowieeinesmotivierendenLeitbildes.Dieindiesem Zusammenhang stattfindende, zusätzliche Befähigung der Anwender*innen in neuen Arbeitsmethoden bildet ein Fundament für echten Wandel. Die Methode der IBM Garage integriert agiles ProzessDesign,umdenkomplexenHerausforderungender Digitalisierungsvorhabengutgewappnetentgegentreten zu können. In unserem Webcast zeigen wir Behördenmitarbeitenden die Mehrwerte unserer PhilosophieundMethodeauf.
Würde in Deutschland eine Umfrage durchgeführt, wo die Schwerpunkte deutscher Politik für eine zukunftsorientierte Ausrichtung des Landes liegen sollten, wären Klimaschutz und Energiewende sehr weit vorne, aber auch der Digitalisierung wäre eine Spitzenposition sicher. Eine Wirtschaftsnation wie Deutschland benötigt eine leistungsfähige Verwaltung, um seine bisherige Position behaupten oder ausbauen zu können. Vergleicht man jedoch Erwartungen und Ergebnisse, liegt Deutschland abgeschlagen hinter der Spitzengruppe und verschlechtert seine Position jährlich, in europäischen Vergleichen rangiert Deutschland regelmäßig im hinteren Drittel. Doch was läuft schief und warum ist mit den enormen Investitionen, die bereits in die vermeintliche Digitalisierung geflossen sind, noch nichts erreicht worden? Eine komplexe Frage, auf die es einige einfache Antworten gibt, und die sich hauptsächlich in der strategischen Bewertung der bisherigen Maßnahmen begründet sehen.
Das OZG hatte nie das Ziel
einer digitalen Verwaltung
sprache erhebliche Probleme, so dass sie den elektronischen Zugang selten oder gar nicht nutzen oder oft falsche Informationen eingeben. Um die für die Verarbeitung notwendige Qualität zu erreichen, entsteht ein hoher interner Zusatzaufwand. Daher existieren in einigen Ämtern Bestrebungen, den Online-Zugang nicht mehr zu unterstützen und die Personen wieder ins Amt zu holen. Es war und ist ein großer Fehler, die digitalen Bedarfe der Verwaltung bei den OZGZielsetzungen unbeachtet zu lassen und den Schwerpunkt nicht auch auf die Digitalisierung der internen Abläufe zu setzen.
Potentiale werden immer noch nicht verstanden rung wundersam zu einem harmonischen digitalen Umfeld zusammenfügen sollen, welches nahtlos ineinandergreift. Die Realität zeigt, dass dieser „by Magic“-Ansatz noch nie funktioniert hat. Es wird langsam Zeit, auf ein professionelles Niveau in Planung, Steuerung und Umsetzung umzuschalten, welches sich durch eine hohe Ziel- und Ergebnisorientierung nach marktüblichen Standards auszeichnet, allein schon aus rein wirtschaftlichen Gründen.
Keine bundesweite Digitalstrategie
SusanneEhness
RedaktionsleitungeGovernment
Konferenz-Hotline: 08212177-174
In der Politik ist immer noch die Vorstellung existent, dass Digitalisierung darin besteht, Bürger oder Wirtschaft über Online-Formulare einen elektronischen Zugang zur Verwaltung anzubieten. Wie die Verwaltung jedoch mit diesen Anträgen umzugehen hat, war bisher ohne größere Relevanz. Die Realität zeigt jedoch, dass in den meisten Fällen nach dem Eingang des Antrags verwaltungsintern genauso wie jeher analog weitergearbeitet wird. Über das OZG wird nur der Zugang bzw. das dabei verwendete Papier digitalisiert. Für die Antragssteller ist es damit in einigen Fällen etwas komfortabler geworden, einen Vorgang in der Verwaltung zu starten. In den meisten Konstellationen jedoch ist das Ausfüllen dieser Formulare immer noch ein hoch bürokratischer Vorgang, der digitale Optionen für einen vereinfachten Zugang nicht unterstützt. Die Eingabefelder sind nicht mit vorhandenen Informationen vorbefüllt, eine bidirektionale Kommunikation während der Dateneingabe findet nicht statt usw. Die bisherige Vorgehensweise einer Antragsstellung wurde damit nahezu deckungsgleich ins Internet übertragen, wobei alle Nachteile übernommen, aber auch noch neue hinzugefügt wurden. Viele Zielgruppen haben mit der Amts-
Die Potentiale der Digitalisierung sind enorm, und wir stehen erst am Anfang der technologischen Entwicklungen. Anstatt eine nachhaltige Vision zu verfolgen, wie eine zukünftige moderne Verwaltung nach einer digitalen Transformation aussehen könnte, wird weiterhin versucht mit Online-Formularen zu arbeiten, statt die Prozesse in einem modernen, bürgerzentrierten und weitgehend automatisierten System serviceorientiert abzubilden, so dass intelligente Maschinen die routinemäßige Arbeit für die Menschen übernehmen können. Man verharrt somit weiter in Denkmustern und Strukturen des letzten Jahrtausends. Für das digitale Zeitalter muss Verwaltung jedoch komplett neu sowie gänzlich anders gedacht und eine ausufernde Bürokratie gegen eine kundenzentrierte Serviceorientierung ausgetauscht werden. Wo heute noch persönlich ein Antrag gestellt werden muss, sollte morgen das neue Zielbild vorherrschen, dass der „Kunde“ von der Verwaltung automatisch seine Leistungen ohne Antrag erhält, weil diese aufgrund von gespeicherten Daten errechnet und ihm direkt zugewiesen werden können. Auch besteht immer noch die Vorstellung, dass der gesamte technologische, organisatorische und regulatorische Aufwand von jeder Verwaltungseinheit einzeln und selbst erbracht werden soll. Diese Erwartungshaltung zeigt, dass keine realistische Vorstellung davon existiert, wie komplex dieses Unterfangen ist. Es wird auch weiterhin damit geplant, dass unterschiedliche Akteure einzelne isolierte digitale Leistungen erstellen wie z.B. beim EfA-Prinzip, die sich am Ende ohne jegliche Planung oder Steue-
Eine durchgängige Digitalstrategie für Deutschland gibt es immer noch nicht, einzelne Ministerien habe erste Ansätze, die jedoch partikulär und wenig visionär ausfallen. Eine zielführende und durchdachte Strategie ist jedoch unabdingbar, wenn in einem so komplexen Umfeld eine erfolgreiche Umsetzung angestrebt wird. Eine Strategie stellt sicher, dass man zuerst die richtigen Dinge tut, bevor man die Dinge richtig tut. Aufgrund der fehlenden strategischen Grundlage passen schon jetzt absehbar wesentliche Teile nicht zusammen und haben, wenn überhaupt, einen überschaubaren Nutzen. Es ist kennzeichnend für den Zustand in Deutschland, dass man sich auf den politischen Ebenen noch immer vermeintlich ziel- und orientierungslos im digitalen Zeitalter bewegt und dabei von Verdiensten und Erfolgen aus der Vergangenheit zehrt, die jedoch absehbar und immer schneller aufgebraucht sein werden.
Die aktuelle Verwaltung ist so nicht digitalisierbar
Vor der Digitalisierung der Verwaltung muss erst die digitale Transformation derselben stehen, welche wesentliche Inhalte außerhalb der reinen Technologie adressiert. Das aktuelle System und die Strukturen der Verwaltung sind in der heutigen Form nicht zielführend digitalisierbar. Das bisherige bürokratische System einfach online zu stellen, sollte nicht das Ziel der Digitalisierung sein. Gesetze, die sich teilweise widersprechen oder eine digitale Umsetzung ausschließen, Überregulierung, völlig überzogene Standards usw. verhindern, dass eine ausreichende Grundlage gefunden werden kann, damit intelligente Maschinen diese bürokratische Konfusion überhaupt digital umsetzen könnten. Vor einer großflächigen Digitalisierung ist es daher unumgänglich, dass alle relevanten Prozesse überprüft und für die digitale Umsetzung optimiert werden. Dies ist auch der eigentliche Grund, warum sich die bisherige deutsche Scheindigitalisierung lediglich auf Online-Formulare reduziert, da das bisherige System nicht digitalisierbar ist. Eine nicht unerhebliche Zahl von Verwaltungsprozessen ist im Kern darauf ausgelegt, dass sich die Verwaltung selbst absichert und nicht darauf, dass das Ergebnis oder die Prozesslaufzeit optimiert werden. In der deutschen Bürokratie ist es wesentlich wichtiger, sich selbst rechtssicher im Prozess zu bewegen, als einen hohen Nutzen für Bürger oder ein gutes Ergebnis zu erzielen. Diese veraltete Denk- und Handlungsweise verschlingt inzwischen unglaubliche Mengen an Ressourcen, die damit für andere wichtige Themen nicht zur Verfügung stehen.

Prioritäten setzen
Ein Overkill des OZG war der wohlgemeinte, aber wenig durchdachte Ansatz, über 500 Leistungen gleichzeitig zu realisieren. Optimistisch ist man davon ausgegangen, dass bisher wenig innovative und statische Strukturen in Behörden ohne jegliche Erfahrungen in der Digitalisierung alles gleichzeitig angehen und erfolgreich umsetzen können, ohne dass dafür jemals eine ausreichende Planung oder Aufwandsschätzung gemacht wurde. Die Chance, dass ein solcher Ansatz funktionieren kann, auch wenn man dies zusätzlich noch in ein Gesetz verpackt, war von vornherein nahe Null. Der für die Politik einfache Ansatz, dass die Verwaltung es aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung schon richten wird, ist wenig nachvollziehbar, vor allem wenn man das System und die dahinter liegenden Strukturen kennt. Ein professionelles und zentrales Management wäre mehr als nur angemessen und erforderlich gewesen, zum Leidwesen aller Beteiligten zeichnet es sich jedoch auch für die Zukunft immer noch nicht ab.
Es gibt immer noch keinen Plattformansatz
Eine zentrale Plattform für alle öffentlichen Leistungen, mit einem einfachen und benutzerzentrierten Zugang sowie einem möglichst hohen Automatisierungsgrad, ist der Traum aller, die mit öffentlichen Institutionen zu tun haben. Nur über einen solchen Ansatz ist es denkbar, eine konsistente zukunftsfähige digitale Verwaltung aufzubauen. Statt ohne ein zielführendes professionelles Management Aufgaben an viel zu viele Akteure zu verteilen und dann zu hoffen, dass diese Konstellation irgendwie schon zusammenpassen wird, wäre es zielführender, wenn sich alle Beteiligten auf verbindliche Rahmenbedingungen einigen und die Umsetzung auf Basis einer Plattformstrategie zentral koordiniert und gesteuert wird. Die Ar- gumentation, dass ein solches Vorgehen im deutschen Föderalismus nicht machbar ist, kann dabei nicht ernst genommen werden. In Wahrheit ist alles durch politische Vorgaben inzwischen viel zu kompliziert oder komplex ausgestaltet, was nicht nur die Verwaltungen nachhaltig lähmt. Auch macht man sich auf den politischen Ebenen keine ausreichenden Gedanken, wie ein solches Vorhaben insgesamt strukturiert sein muss, um es erfolgreich umzusetzen. Der Ansatz, über EfA-Leistungen nur einzelne Prozesse Ende zu Ende zu automatisieren, ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass man immer noch nicht gelernt hat, in Maßstäben des digitalen Zeitalters zu denken, sondern sich weiter an den
Standards und IT-Architekturen des letzten Jahrtausends orientiert.

Kaum Besserung in Sicht Bürokratie fängt dort an, wo die Kosten den Nutzen übersteigen. Die Bestrebungen der Politik, die Rahmenbedingungen durch Gesetze oder Formalismen immer komplexer zu machen statt zu vereinfachen, wird dazu führen, dass auch in Zukunft keine nachhaltige digitale Verwaltung entstehen kann. Mit den Inhalten, welche sich bisher im OZG 2.0 abzeichnen, werden bereits bekannte Probleme weiterhin nicht angegangen. Die daraus resultierende Folge ist, dass man auch zukünftig größtenteils ziel-, plan- und orientierungs- los einen hohen Aktionismus entwickeln wird, der zu einer Art Pseudo-Digitalisierung führt. Damit ist absehbar, dass weiter enorme Ressourcen in wenig zielführende Maßnahmen investiert werden. Stattdessen wird dadurch eine ineffiziente Verwaltung mit enorm ansteigendem Ressourcenbedarf vorangetrieben, die immer weniger leistungs- und handlungsfähig ist und deren Effektivität kontinuierlich abnehmen wird. Eine dringend notwendige Digitalisierung interner Abläufe ist ebenfalls nicht absehbar, daher können sich interne Strukturen nicht verändern und modernisieren, wie es im wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Umfeld bereits fortlaufend erfolgt. Die mangelnde Bereit-
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schaft, aus Fehlern zu lernen und das Beharren auf (gemeinsame) Entscheidungen, um den Konsens zu wahren, führt direkt dazu, dass viele Verwaltungsbereiche demnächst aufgrund kontinuierlicher Überlastung kollabieren könnten. Für eine erfolgreiche Umsetzung der Verwaltungsdigitalisierung wäre eine bekannte Weisheit ein sehr guter Ansatz, um es in Zukunft deutlich besser zu machen: Einfachheit lässt sich auf zwei Dinge reduzieren – das Wesentliche bestimmen, alles andere weglassen.
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