Magazin argovia philharmonic Nr. 13. Thank You, Douglas!

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Penderecki zu Gast beim argovia philharmonic von Sibylle Ehrismann

Ein musikalisches Grossereignis erwar-

ten Zentrum der Avantgarde. Auch hier über-

tet Aarau: Krzysztof Penderecki, einer

raschte er in mehrerer Hinsicht. Sein Stück

der weltweit bekanntesten Komponisten

«Anaklasis», mit dem er hier debütierte, hat

der Gegenwart, dirigiert im 2. Abo-Kon-

er ausgerechnet für ein Streichorchester ge-

zert des argovia philharmonic zwei ei-

schrieben: 42 Streicher, Celesta, Harfe, Kla-

gene Werke.

vier und Schlagzeug. Dabei war damals der orchestrale Streichersound unter den Fort-

«Ich habe Jahrzehnte verbracht, neue Klänge

schrittlichen verpönt.

zu suchen und zu finden. Gleichzeitig habe ich mich mit Formen, Stilen und Harmonien der Vergangenheit auseinandergesetzt. Beiden Prinzipien bin ich treu geblieben… Mein derzeitiges Schaffen in eine Synthese.»

«So erlebte damals die Neue Musik, auch durch Penderecki, ihre furiosen Grenzerweiterungen.»

Krzysztof Penderecki ist mit seinen 85 Jahren ein Urgestein der Moderne. 1933 in Debica (Polen) geboren, hat er in jungen Jahren die

Mit «Anaklasis» hatte Penderecki als junger

Avantgarde der Nachkriegszeit mitgeprägt,

Komponist das Feld der Tonalität, des Aka-

um sich dann auf eine suggestive Klanglich-

demischen, aber auch des damals strengen

keit und spätromantisch-üppige Besetzung

Konstruktivismus verlassen, hier erkundete je-

zurückzubesinnen. Penderecki will mit sei-

mand die Verschmelzung von Klang und Ge-

ner Musik die Menschen erreichen, bewegen,

räusch, die Mikrointervalle und kreischenden

trösten: Klangsinnlichkeit ist ihm wichtig.

Clusterflächen, die Schlagwerkattacken und die elektronischen Effekte. «Die Elektronik hat

Er erzählt sie heute noch gerne, die Ge-

meine Musik beeinflusst», so Penderecki. «Ich

schichte, wie er als Komponist erstmals an

habe dort Geräusche entdeckt, Klänge, die

die Öffentlichkeit trat. Als Assistent an der

ich früher nicht kannte. Und ich glaube, dass

Musikhochschule Krakau nahm er 1959 am

ich dadurch in diese Richtung gegangen bin.»

Wettbewerb des polnischen Komponisten-

So erlebte damals die Neue Musik, auch

verbandes teil – unter drei verschiedenen Na-

durch Penderecki, ihre furiosen Grenzerwei-

men mit drei verschiedenen Werken. Eines

terungen. Doch er komponierte in diesem Stil

schrieb er mit links, um das Schriftbild zu ver-

nur für kurze Zeit, seine Ausdruckssprache

ändern, eines mit rechts, das dritte kopierte

glättete sich, die Stücke lehnten sich an die

ein Freund für ihn. Am Ende gingen alle drei

Tradition an. Vergleicht man «Anaklasis» mit

Preise an Penderecki, der damit schlagartig

der «Serenada per archi» (1996/97), die Pen-

bekannt wurde und einen Reisepass erhielt.

derecki mit dem argovia philharmonic präsentiert, ist das eine ganz andere Musik: hier

Frühe Klangexperimente

entfaltet sich ein subtil changierender, inniger

So kam er 1960 mit 27 Jahren erstmals ins

Streichersound von betörender Schönheit.

deutsche Donaueschingen, dem berühm50

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