Penderecki zu Gast beim argovia philharmonic von Sibylle Ehrismann
Ein musikalisches Grossereignis erwar-
ten Zentrum der Avantgarde. Auch hier über-
tet Aarau: Krzysztof Penderecki, einer
raschte er in mehrerer Hinsicht. Sein Stück
der weltweit bekanntesten Komponisten
«Anaklasis», mit dem er hier debütierte, hat
der Gegenwart, dirigiert im 2. Abo-Kon-
er ausgerechnet für ein Streichorchester ge-
zert des argovia philharmonic zwei ei-
schrieben: 42 Streicher, Celesta, Harfe, Kla-
gene Werke.
vier und Schlagzeug. Dabei war damals der orchestrale Streichersound unter den Fort-
«Ich habe Jahrzehnte verbracht, neue Klänge
schrittlichen verpönt.
zu suchen und zu finden. Gleichzeitig habe ich mich mit Formen, Stilen und Harmonien der Vergangenheit auseinandergesetzt. Beiden Prinzipien bin ich treu geblieben… Mein derzeitiges Schaffen in eine Synthese.»
«So erlebte damals die Neue Musik, auch durch Penderecki, ihre furiosen Grenzerweiterungen.»
Krzysztof Penderecki ist mit seinen 85 Jahren ein Urgestein der Moderne. 1933 in Debica (Polen) geboren, hat er in jungen Jahren die
Mit «Anaklasis» hatte Penderecki als junger
Avantgarde der Nachkriegszeit mitgeprägt,
Komponist das Feld der Tonalität, des Aka-
um sich dann auf eine suggestive Klanglich-
demischen, aber auch des damals strengen
keit und spätromantisch-üppige Besetzung
Konstruktivismus verlassen, hier erkundete je-
zurückzubesinnen. Penderecki will mit sei-
mand die Verschmelzung von Klang und Ge-
ner Musik die Menschen erreichen, bewegen,
räusch, die Mikrointervalle und kreischenden
trösten: Klangsinnlichkeit ist ihm wichtig.
Clusterflächen, die Schlagwerkattacken und die elektronischen Effekte. «Die Elektronik hat
Er erzählt sie heute noch gerne, die Ge-
meine Musik beeinflusst», so Penderecki. «Ich
schichte, wie er als Komponist erstmals an
habe dort Geräusche entdeckt, Klänge, die
die Öffentlichkeit trat. Als Assistent an der
ich früher nicht kannte. Und ich glaube, dass
Musikhochschule Krakau nahm er 1959 am
ich dadurch in diese Richtung gegangen bin.»
Wettbewerb des polnischen Komponisten-
So erlebte damals die Neue Musik, auch
verbandes teil – unter drei verschiedenen Na-
durch Penderecki, ihre furiosen Grenzerwei-
men mit drei verschiedenen Werken. Eines
terungen. Doch er komponierte in diesem Stil
schrieb er mit links, um das Schriftbild zu ver-
nur für kurze Zeit, seine Ausdruckssprache
ändern, eines mit rechts, das dritte kopierte
glättete sich, die Stücke lehnten sich an die
ein Freund für ihn. Am Ende gingen alle drei
Tradition an. Vergleicht man «Anaklasis» mit
Preise an Penderecki, der damit schlagartig
der «Serenada per archi» (1996/97), die Pen-
bekannt wurde und einen Reisepass erhielt.
derecki mit dem argovia philharmonic präsentiert, ist das eine ganz andere Musik: hier
Frühe Klangexperimente
entfaltet sich ein subtil changierender, inniger
So kam er 1960 mit 27 Jahren erstmals ins
Streichersound von betörender Schönheit.
deutsche Donaueschingen, dem berühm50
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