4. ABO-KONZERT STARKE STÜCKE LINUS ROTH SPIELT WEINBERG
Linus Roths Leidenschaft für Weinbergs Musik Es ist eine der interessantesten Entdeckungen der modernen Musikgeschichte, die das argovia philharmonic im März im 4. Abo-Zyklus präsentiert: das Violinkonzert op. 67 des gebürtigen Polen Mieczysław Weinberg (1919–1996) aus dem Jahre 1959. Solist ist der Geiger Linus Roth, der Weinberg-Kenner schlechthin. von Sibylle Ehrismann
Wenn man wie Linus Roth früh als ausserordentliches Talent entdeckt und gefördert wird, bedeutet das einen enormen Druck. Im oberschwäbischen Ravensburg geboren, wurde er mit zwölf Jahren in die Vorklasse von Nicolas Chumachenco an der Hochschule für Musik in Freiburg i. Br. aufgenommen, dann war er sechs Jahre lang beim legendären «Wunderkind»-Pädagogen Zakhar Bron an der Musikhochschule Lübeck. Sein Solistendiplom schloss er bei Ana Chumachenco in Zürich und München ab, auch sie eine ausgesprochen erfolgreiche «Star»-Macherin. Doch damit nicht genug. Während seiner Studienzeit war Linus Roth auch Stipendiat der Anne-Sophie Mutter Stiftung. Die Weltklasse-Geigerin fördert hochbegabte Solisten von Streichinstrumenten weltweit, wobei diese ganz nach ihren individuellen Bedürfnissen unterstützt werden. Hier als Stipendiat aufgenommen zu werden bedeutet mehr als einen Sechser im Lotto. Unermüdlicher Forschergeist Mittlerweile ist Linus Roth zu einem international gefragten Solisten herangereift. Mit uner22
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müdlichem Forschergeist hat er aber auch stets nach Werken gesucht, die zu Unrecht in Vergessenheit geraten sind. Als er eines Tages eher zufällig mit Weinbergs Musik in Berührung kam, war es um ihn geschehen. Begeistert von dessen Klaviertrio hat er weiter geforscht und neben Weinbergs Violinsonaten auch das Violinkonzert wiederentdeckt. Zuerst hat Roth alle Violinsonaten eingespielt, 2014 dann das Violinkonzert, wofür er mehrfach ausgezeichnet wurde. Erstklassig und doch vergessen Was fasziniert den Geiger an Weinbergs Musik? «Bei Weinberg handelt es sich um einen erstklassigen Komponisten», erzählt er im Gespräch, «seine Musik ist nicht zweitklassig, wie das bei Wiederentdeckungen häufig der Fall ist. Und dennoch ist er in Vergessenheit geraten. Weinberg hatte ein schwieriges Leben: Er war Pole jüdischer Abstammung und wirkte hauptsächlich im Exil in Moskau. Dieses beschwerliche und bedrohte Leben ist auch in seiner Musik spürbar: Sie ist kraftvoll, hat viel Drive, überrascht aber auch mit zarten Momenten lichter Transparenz. Weinbergs Musik ist einzigartig.»