Wolfgang Egger · Nachbilder

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Wolfgang Egger Nachbilder DAS EWIGE ARCHIV



Wolfgang Egger Nachbilder

DAS EWIGE ARCHIV


Wolfgang Egger: Nachbilder. Eine Annäherung Jänner 2011: Wien Mappen mit Zeichnungen und Aquarellen, Stapel vollgezeichneter Skizzenbücher, Dias mit Reproduktionen von Originalen, deren Verbleib unbekannt ist. Einige Fotos. Eine Papiertragetasche mit Tonbandkassetten. Schließlich: Ölbilder – vereinzelt, verstreut. Eines dieser Ölbilder, Peter mit der goldenen Hand und sein rosaroter Freund, ein Portrait von mir, begleitet mein Leben seit dem Jahre 1978. (Abb. S. 19). Wolfgang Egger hatte es mir am Ende eines gemeinsam verbrachten Studienjahres an der Kunst-Akademie in Poznan/Polen geschenkt. Zwei weitere Bilder kamen nach Wolfgangs Tod im Jahr 1991 zu mir – also vor zwanzig Jahren. Im Herbst 2010 veröffentlichte ich den Katalog Gezeichnete Geschichten 1977 – 1984, darin enthalten auch eine Reproduktion dieses Bildes. Ein Exemplar dieses Kataloges schickte ich an Emma Egger, Wolfgangs Mutter, und kam in Folge wieder in Kontakt mit ihr und Wolfgangs Schwester Elfi Egger. Bei einem Studiobesuch vor einigen Monaten fielen diese Bilder Dr. Berthold Ecker, dem Leiter der Abteilung Bildende Kunst des Kulturamtes Wien, auf. Ich erzählte ihm vom Maler, er meinte daraufhin sinngemäß: wieder ein guter, verstorbener Künstler, dessen Werk im Verborgenen weiterlebt, fernab einer größeren Öffentlichkeit. Dieses kurze Gespräch war letzter Anstoß für die vorliegende Publikation. Dieser Katalog basiert zu einem großen Teil auf dem von Emma und Elfi Egger zur Verfügung gestellten Material und auf der Mitarbeit von Kestutis Lapsys, Wolfgangs engem Freund und Kollegen. Kestutis hat nicht nur die beeindruckende Fotoserie einer langen Portraitsession beigestellt, sondern auch eine Vielzahl von Beiträgen und Informationen. Ich danke allen sehr herzlich. Oktober 1977: Hauptbahnhof Poznan, Polen Ankunft in Poznan am späten Abend, nach ca. 18-stündiger Zugfahrt. Ein Polyglott-Sprachführer, ein langer, taillierter, graublauer Mantel mit Kunstpelzbesatz (von der Mutter genäht), eine Mappe mit Zeichenpapier, ein weißer Koffer mit schwarzem Gurt: BasisAusstattung für einen knapp 1-jährigen Studienaufenthalt, lange vor der späteren Ausrufung des Kriegsrechtes unter General Jaruzielski, lange vor Solidarnosc und vor der Westöffnung. Der Anfang einer intensiven Zeit in einer nahen Fremde und der Begegnung mit herzlichen, wunderbaren Menschen, das Eintauchen in eine völlig ungewohnte Sprachwelt. Der Beginn auch von Freundschaften: einige wenige dauern bis heute an, eine davon wurde durch einen frühen Tod beendet. Neben Kontakten zu KünstlerkollegInnen aus Polen entwickelten sich schnell Freundschaften mit den wenigen anderen AusländerInnen: mit Anna Nowakowski, der kanadischen Grafikerin mit polnischen Wurzeln, mit dem Maler Billy Moro-Wey aus Zaire, vor allem aber mit Wolfgang Egger, der auf der Akademie am Schillerplatz in Wien Malerei studiert hatte. Fremde Stadt, fremdes Land, fremde Sprache. Wolfgang und ich waren im Rektorat der Akademie aufeinander getroffen. Er hatte Malerei auf der Akademie in Wien bei Wolfgang Hollegha studiert, ich Grafik auf der Angewandten bei Herbert Tasquil und Oswald Oberhuber. Wolfgang setzte sein Studium in Polen bei Stanislaw Teisseyre fort, ich studierte Druck- und Plakatgrafik u.a. bei Waldemar Swierzy und produzierte meine ersten Animationsfilme. Er arbeitete unablässig in der Garage seines Unterkunftgebers, die er als Atelier adaptiert hatte. Sein Zimmernachbar Billy Moro-Wey aus Zaire malte Bilder nach den Mythen aus seinem Land, Wolfgang zeigte das Wüten in seinem eigenen Territorium. Seine Malerei stark, grob, kräftig. Verquer und ungeschlacht.

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Unser beider (Kunst-)Welten gänzlich unterschiedlich – ich mit dünnen, kargen Zeichnungen und Grafiken, Filmarbeiten, er beständig malend und Heft um Heft mit Skizzen füllend. Sehr unterschiedlich und in der Gegensätzlichkeit stark von einander angezogen. Ich war fasziniert von seiner Direktheit, Eckigkeit und Beständigkeit im Zweifel. Ich liebte seine Bilder und bestärkte ihn darin, weiterzumachen auf seinem Weg – er war mir wichtiger Gegenpart und Freund. In Polen schuf Wolfgang Egger meist figurative Arbeiten, oft grimmig, sarkastisch, entlarvend. Masken, Bischöfe – vielleicht einer unbekannten Sekte – versteinerte Gäste eines Lokals. Einige Finger in einen Arsch gesteckt. Bilder voller Humor, Derbheit, Kraft und Rätseln. Jänner 1991: Wien Nach unserer Rückkehr im Juni 1978 nach Wien war unser Kontakt seltener geworden: ich zog für einige Jahre aus Wien weg, er begann, als Kunsterzieher am Gymnasium Hegelgasse zu arbeiten. Mit vollem Herz und Hingabe für die Arbeit mit den SchülerInnen – ließ er aber nicht ab, künstlerisch weiterzuarbeiten. Als ich 1991 nach Wien zurückkam – u.a. nach einem einjährigen Aufenthalt in Montréal als artist in residence, verstärkte sich unser Kontakt wieder. Ich war beeindruckt von seiner Entwicklung, von seinen neuen Aquarellen, dichten Farbstiftzeichnungen, Linoldrucken. Im Frühjahr 1991 berichtete mir sein Freund und früherer Mitbewohner Christoph Eiböck, Wolfgang sei im AKH-Wien, auf der Kieferchirurgischen Abteilung – die Diagnose bedrohlich. Im Laufe der folgenden Wochen besuchte ich Wolfgang mehrmals im Krankenhaus. Nach wie vor eingeprägt: für mich bedrückende Bilder einer Krebsstation. Überrascht war ich von Wolfgangs – wie mir scheinen wollte – fast heiterer Gelassenheit. Er zeichnete viel, auf kleinen Zetteln und Blöcken, bei einem der Besuche auch mit Bleistift auf die Wände des ziemlich desolaten alten AKHs. Bei einem dieser Zusammentreffen fotografierten wir einander – und zeichneten jeder ein Porträt des anderen (Abb. S. 31). An einem besonders schönen Frühsommertag, auf dem Weg zu einem weiteren Krankenbesuch: Einer Laune folgend, setzte ich mich ins Café der Wiener Secession, aß eine Kleinigkeit – und beschloss, meinen Besuch bei Wolfgang auf den nächsten Tag zu verschieben. Am folgenden Tag ging ich dann in die Station der Kieferchirurgie, betrat das gewohnte Zimmer: Das Bett von Wolfgang war leer und verlassen, frisch und glatt überzogen. Im entscheidenden Moment war ich nicht an Wolfgangs Seite gewesen. Es bleiben nicht nur einige Ölbilder, eine Vielzahl von Skizzenbüchern und Mappen voller dynamischer, dichter Zeichnungen, Collagen und Aquarelle: Es bleiben in Herz und Netzhaut eingebrannte Nachbilder – die Voraussetzungen der Kinematographie: Kurz und intensiv aufblitzende Bilder, getrennt durch eine Dunkelphase, hinterlassen auf der menschlichen Netzhaut eben Nachbilder – diese erst verschmelzen in uns zu einem Eindruck von Bewegung. Die vorliegende Publikation zum Werk von Wolfgang Egger versteht sich als ersten Ansatz dazu, die (nachgelassenen) Bilder neu – vielleicht erstmals – wahrzunehmen, möchte Anregung und Anstoß sein, die Arbeiten konzentriert anzuschauen, ihnen wieder Wirkmöglichkeiten zu verschaffen, um sie zu einem spannenden Film im Kopf zusammensetzen zu können. Wolfgang selbst ist im Jahr 1991 viel zu früh verstorben, seine Bilder aber sind und bleiben weitere markante Beispiele dafür, dass Kunst Zeit überbrücken und Zeiten markieren kann.

Peter Putz Das Ewige Archiv

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Titel und Format unbekannt; 1978, テ僕 auf Leinwand 6


Titel und Format unbekannt; 1978, テ僕 auf Leinwand 7


Wolfgang Egger: Truly my brother indeed Life can be sweet, sour or bitter at anytime, and we humans don’t have a choice other than to embrace whatever nature offers us. We should be thankful for every moment of our lives, because there were many great people who would have offered everything they owned to posterity just to remain alive. Are we better than them? Absolutely no. I never had any blood brother before other than blood sisters. But when I met Wolfgang Egger at the Poznan Academy of Art, in Poland in 1977 through 1978, I knew immediately that I didn’t need to look elsewhere for a blood brother anymore. He was truly my brother indeed and our mutual good friend happened to be Peter Putz. Wolfgang Egger was a warm, kind hearted, smiling, eager to help, selfless, open-minded brother with great personality. He took life lightly and really enjoyed being amongst friends. He loved making people around him feel great and every moment I spent around him was just in the realm of happiness. He was a great cook and a self-controlled artist. He produced amazingly colorful paintings and I must say that he had a unique style that always captivated my attention. Woofy played the guitar very well and danced so wonderfully well that he always had women wheeling around him just to have a chance to knock it out with him on the dance floor. Why then did nature have to take this great and wonderful young brother away from us at that early age? Lets not forget, everybody has his or her own destiny. Wherever you may be my brother, your memory will remain immortal. Thank you for the abundance of love and hospitality you accorded people in Poland in the time of trouble. Those packages of foodstuff you and your great friends in Austria sent to people in Poland when food was on cards were well received and highly appreciated. May your beautiful soul rest in peace, and never fade in our memories. Thank you.

Billy Moro-Wey www.artmorowey.com

Billy Moro-Wey, born in Nigeria, studied 1977/78 painting in Poznan/PL and was a 1977/78 neighbour and close friend of Wolfgang Egger. Since 1994 he is living in the USA, works successfully as an artist in New York and is since 2010 Signature Member of the National Society of Artists (NSA). www.artmorowey.com. (see photos pg. 32) 8


Titel und Format unbekannt; 1978, テ僕 auf Leinwand 9


Titel und Format unbekannt; 1978, テ僕 auf Leinwand 10


Titel und Format unbekannt; 1978, テ僕 auf Leinwand 11


Titel und Format unbekannt; 1978, テ僕 auf Leinwand 12


Titel und Format unbekannt; 1978, テ僕 auf Leinwand 13


Titel und Format unbekannt; 1978, テ僕 auf Leinwand 14


o. T.; (1978 ?), 72,5 x 91,5 cm, テ僕 auf Leinwand, beidseitig bemalt 15


beide: Titel und Format unbekannt; 1981, テ僕 auf Papier 16


Titel und Format unbekannt; 1981, テ僕 auf Papier 17


Titel unbekannt; 1978, 89,5 x 116 cm, テ僕 auf Leinwand 18


Titel unbekannt; 1981, 90,5 x125 cm, テ僕 auf Leinwand 19


Titel und Format unbekannt; 1978, テ僕 auf Leinwand 20


Peter mit der goldenen Hand und sein rosaroter Freund; 1978, 92 x 73 cm, テ僕 auf Leinwand 21


Titel unbekannt; 1981, 90 x 120 cm, テ僕 auf Leinwand 22


Nature morte presque parisienne; 1981, 44,5 x 60 cm, テ僕 auf Leinwand 23


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The WOLFEN Files “ . . . the final cut is not the world’s shakin’ piece. the only and only reachable point for an artist should be THAT state of point, where he’s able for the rest of artists in the world with that simple confession: fuck yourself . . .” Igor Strawinsky

In der Arbeit eines jeden Künstlers gibt es immer wieder Phasen von „Arbeitslosigkeit“ – Blockaden, Lähmungen der Schaffenskraft, „horror vacuis“, Suchen nach neuen oder anderen Ausdrucksformen. Jeder bildnerisch Schaffende kennt das und jeder geht anders damit um. Für Wolfgang waren solche Perioden besonders schwer zu ertragen. Wir sprachen oft darüber – über dieses sanfte Gesetz, das soviel Geduld abverlangt. Er hatte die nicht. Er flüchtete sich in Zeichnungen, Skizzen, verschiedene Nebenprodukte – „Abfallkunst“, „Schweißprodukte“ – wie er sie auch abfällig nannte – sie hatten für ihn keine Wertbeimessung zu seiner Hauptmalerei. Für mich aber waren oft gerade diese sogenannten „Abfälle“ ein besonders starker Ausdruck seiner überbordenden Fantasie – voller Witze und Blitze seines künstlerischen Geistes. Spontan und vielfältig in ihrer Unterschiedlichkeit. Unter Künstlerfreunden besitzt man oft Werke des Anderen als Geschenk oder im Austausch. Ich habe keine sogenannten Hauptwerke von ihm, aber viel von seinen „Abfällen“. Mich hat oft das Nebenwerk, das scheinbar Unfertige eines Künstlers mehr beschäftigt – der Weg zum Hauptwerk – die Skizze, der Brief, die Tagebücher: Die Spuren der Arbeit zur Arbeit. Er wußte um diese meine Vorliebe. Seine Geburtstagsgeschenke waren so etwas ganz Spezielles: John Lennon als orthodoxe Ikone – so echt wie einer russischen Kirche entnommen, Elvis, mit Kreiden gemalt auf dem Steinpflaster vor meinem Haus – ich mußte beim Verlassen desselben einfach drübersteigen, so groß. „Fingerbilder“ – Bilder, die wir zusammen malten in langen Nächten – ohne Plan, ohne „Sinn“ und „Ziel“ – nur mit den Fingern in die Ölfarben rein und auf die Fläche – weil er die Pinsel verfluchte und im Dialog mit meinen Fingern auch seine „persönliche Handschrift“ löschen wollte – man sollte nicht mehr erkennen, dass das Bild eben ein typischer „EGGER“ ist – und vieles mehr. So entstand auch eine kleine Anzahl von Portraits. Portrait-Malerei wollte er ja nie – aber aus einer Diskussion in wieder einer solchen TOTZEIT entstand folgender Plan: Die zu portraitierende Person muß solange anwesend sein, bis das Portrait vollendet ist. (Im Einverständnis). Es gibt kein Abbrechen – es gibt auch kein „Nicht gelungen“. Es wird solange gemalt bis zum Ende, wie lange es auch immer dauern sollte. Meine Funktion ist, den ganzen Arbeitsprozess fotografisch zu dokumentieren – und somit gleichsam auch eine Art „Kontrollfunktion“ auszuüben. Durch diese starre und aufgezwungene Form sollte er sich gleichsam einfangen in die Verpflichtung, malen „zu müssen“ – ein sich selbst auferlegter Zwang, ein Befehl, die Malblockade zu durchbrechen. Verrückt? Aber spannend . . .

John Lennon Ikone; 1985, 37 x 31 cm, Öl auf Holz, patiniert

Elvis; 1988, Farbkreide auf Straßenpflaster

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Das Bildnis der Karina S. Ich war schon in der Früh bei ihm – Karina kam etwas später – ihre entspannte Art trug viel bei, seine Nervosität etwas zu dämpfen, trotzdem begann er mit Skizzen und Zeichnungen, kreiste um die leere, nackte Leinwand auf der Staffelei – im Wissen, es gibt kein Zurück, kein Weglaufen mehr von dem sich auferlegten Plan/Befehl. Zu viele Zeugen. “The first stroke” löste die “White Angst” und die weiteren Ängste kamen in Wellen immer wieder. Aber sie wurden sanfter, weniger – oder freundliche Begleiter. Karina las – der Hund schlief – ich fotografierte. Die Musik flüsterte – geigte – donnerte – von Laibach bis Schönberg, von Grandmaster Flash bis Einstürzende Neubauten – der Alkohol floss – die Gespräche kreuz und quer – kleine Pausen für Nahrung und Trank – das Tempo schneller – bis zum Finale. (Dauer insgesamt ca. zwölf Stunden). Karina bekam das Bild. Sie hatte die größte Freude – er wollte es nicht behalten – war ja kein „Hauptwerk“. Wolfgang bekam später die fotografische Dokumentation (ich verarbeitete die Fotografien zu einem Album) – und die erschöpfte Genugtuung, zu wissen, mit Strategien sehr wohl Blockaden einbrechen zu können. Zufrieden war er nicht – das war ja nicht so unbedingt SEIN Bild. Im Album schrieb ich ihm damals als Schlusswort: Memorabilia. „Strawinsky’s Bekenntnis wurde damit natürlich nicht praktiziert – aber das Endprodukt als solches ist in bewundernswerte Nähe desselben gerückt. Was immer getan wurde/versucht/erquält/erbittet – DASS es getan wurde, ist allein der Grundstein jeder neuen inneren Architektur. Dafür: meine Verneigung . . . und Danke, dass ich mit dritten Augen alles mitansehen durfte.“ Wien, 13. 2. 1983 Kestutis

Portraitskizze; 1983, Farbstift auf Papier

Wolfgang Egger, Karina S., Kestutis Lapsys

Ich besitze auch ein Portrait von mir, das in dieser Zeit entstand – eine Danksagung an unsere gemeinsamen irren Amerikareisen – und auch ein „Nebenwerk“ von ihm – mit übergroßem Wert für mich. Dank dir, Wolfgang, für deinen Reichtum, den du mir geschenkt hast und für die Zeit, die wir zusammen verbracht . . . Pfiat’ Gott! (hast du stets gesagt) und: schön, dass es Dich gibt!

Kestutis Lapsys Portrait Kestutis Lapsys, 1986, 70 x 90 cm, Öl und div. Applikationen auf Leinwand

Mag. art. Kestutis Lapsys, geb. 1947 in Hall/Tirol als Sohn litauischer Einwanderer. Studium der Grafik an der Hochschule f. angewandte Kunst und der Akademie der bildenden Künste. Reisen und Aufenthalte in Asien und Amerika, Ausstellungen in Italien, Österreich und USA. Von 1976 – 2007 Lehrtätigkeit als Kunsterzieher am ORG I., Hegelgasse 14, Wien, wo er 1978 Wolfgang Egger kennenlernte. Es entstand eine tiefe Freundschaft und Verbundenheit über die berufliche Tätigkeit hinaus. Gemeinsame Reisen und Aufenthalte in den USA. 27


Titel unbekannt; 1978, 87 x 115 cm, テ僕 auf Leinwand (Vorderseite) 28


Wolfgang Egger war mit dem ersten Versuch eines Portraits von Kestutis Lapsys dermaßen unzufrieden und wütend, dass er das Bild ursprünglich wegschmeißen wollte, aber dann zerschnitt er die Leinwand in 30 Teile, öste sie und band sie zu einem Buch. Dieses gab er gemeinsam mit dem ihn zufriedenstellenden nächsten Versuch (s. S. 27) Kestutis als Geburtstagsgeschenk. (Wobei dieser das sich auf der ursprünglichen Vorderseite befindliche Bild nie als Ganzes zu Gesicht bekommen hatte.) Portrait Kestutis Lapsys; 1986, 87 x 115 cm, Öl auf Leinwand (Rückseite) 29


Titel unbekannt, 1986, 68 x 89 cm, テ僕 auf Leinwand 30


o. T.; 1987, 31,5 x 47 cm, Aquarell auf collagiertem Papier 31


o. T.; 1987, Format unbekannt, Aquarell auf collagiertem Papier 32


o. T.; 1987, Format unbekannt, Aquarell auf collagiertem Papier 33


Tagebuch der Arbeitslosigkeit Im Herbst 1984 begann Wolfgang mit einer Arbeit an Tagesblättern mit ungewissem Ende. Wir sprachen oft über den Sinn, Wert oder Notwendigkeit des Tagebuchschreibens und auch über bekannte Brief und Tagebücher bildender Künstler (z.B. Käthe Kollwitz, Max Beckmann, Vincent van Gogh etc.) Schreiben kann ich nicht, so schreib‘ ich halt was mit Feder und Pinsel . . ., meinte er. Es war dies somit wieder auch eine Strategie, periodische Blockaden zu überwinden, aber auch gleichzeitig ein Parallelkonzept aufrecht zu erhalten. Als Papier wählte er die Lehrerstammblätter seiner Schule, die der Computer für die jährliche Lehrfächerverteilung ausdruckt und die nachher Makulatur werden. . . . Weil die landen doch eh im Müll und das ist doch schad‘ drum! . . . Er bearbeitete auch oft die bedruckten Seiten und war sich über die Besonderheit dieser Trash-Ästhetik sehr wohl bewußt – sie nahm ihm einerseits die Angst vor Qualitätspapier, zugleich aber kokettierte er mit dem . . . es ist eh für nix –also gleich auf Abfallpapier, oder? So entstanden cirka 400 Tagesblätter – gegenstandslos, informell, teils monochrom. Für mich zeigen sie die vielen Facetten in der bildnerischen Ausdruckskraft seiner persönlichen Handschrift. Nach unserer US-Midland-Tour (Tennessee, Mississippi und Lousiana, Sommer 1985) setzte er die Arbeit an diesem Konzept nur mehr sporadisch fort und beendete sie im Dezember: er begann wieder großformatig zu malen. Er schenkte mir dieses Paket wie üblich zu einem Geburtstag und meinte . . . du stehst auf Tagebücher, schreibst selbst Tagebuch und liest Tagebücher. Hier hast Du mein Tagebuch der Arbeitslosigkeit! Ich lese heute noch drin, Wolfgang . . . und danke Dir dafür! Kestutis Lapsys

Tagesblätter aus Tagebuch der Arbeitslosigkeit, Sept. 1984 – Dez. 1985, 30,5 x 25 cm, Mischtechnik auf Computer-Endlospapier 34


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Tagesblätter aus Tagebuch der Arbeitslosigkeit, Sept. 1984 – Dez. 1985, 30,5 x 25 cm Mischtechnik auf Computer-Endlospapier 37


Zeichnungen, 1991, ca. 12 x 16 cm, Feder, Bleistift auf Papier 38


Peter Putz, Portrait Wolfgang Egger, 1991, 16,5 x 12 cm, Bleistift a. Papier

Wolfgang Egger, Portrait Peter Putz, 1991, 16,5 x 12 cm, Feder a. Papier (vergilbt)

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Wolfgang Egger * 1951, Eisenerz, + 1991, Wien 1972 – 1977 Studium an der Akademie der bild. Künste Wien, Meisterklasse Prof. Wolfgang Hollegha. 1977 – 1978 Auslandsstipendium in Poznan/Polen, Meisterklasse Prof. Wladislaw Teisseyre. 1978 – 1991 Kunsterzieher am ORG I., Hegelgasse 14, Wien. Mitwirkung an der Theatergruppe der Schule mit internationalen Gastspielen. Längere Amerikaaufenthalte. Ausstellungen in Wien, Poznan/Polen und Eisenerz.

Plakat Ausstellung in Eisenerz, 1991, 59,5 x 41,5 cm, Offsetdruck. Bildmotiv: Steirische Gams beobachtet den ersten Drakenabsturz, 1985, Linoldruck

Abbildungsnachweise Cover, Seiten 6, 7, 9 – 13 und 18: Verbleib der Werke derzeit unbekannt, Repros Peter Putz, 1978; Seiten 16, 17: Nachlass Wolfgang Egger, Repro: Harald Gordon; Seiten 18, 19 und 20: P. Putz/Das Ewige Archiv, Repros P. Putz; Seite 22: Sylvie Köck-Miquel, Repro: S. Köck-Miquel; Seite 23: Erika Poeschl, Repro: P. Putz; Seite 24: Fotos © P. Putz, 2010; Seite 25: Sammlung Kestutis Lapsys, Repros P. Putz; Seiten 26 und 27: Foto © K. Lapsys, 1983, S 27 li. u. K. Lapsys; Seiten 28, 29: K. Lapsys, Repro P. Putz; Seite 30: Rosa Grani, Helmut Maurer, Repro: H. Maurer; Seite 31: P. Putz/Das Ewige Archiv, Repro P. Putz; Seite 32 – 37: Sammlung K. Lapsys, Repro P. Putz; Seiten 38, 39: alle Nachlass Wolfgang Egger mit Ausnahme Seite 39, re. Abb.: P. Putz/Das Ewige Archiv, Repros P. Putz; Seite 40: obere Reihe: W. Egger in Poznan/Polen, mit seinen Arbeiten und dem Maler Billy Moro-Wey aus Zaire, Foto: P. Putz, 1978; mittlere Reihe: W. Egger, Eisbär und P. Putz, Poznan/Polen, 1978; W. Egger mit Kind des Unterkunftgebers in Poznan, 1978; beide: Fotograf unbekannt; Reihe darunter: beide Fotos: © P. Putz, 1978; Foto rechts: W. Egger frühmorgens nach der Rückkehr aus Polen auf der Linken Wienzeile im Juni 1978, Foto: © P. Putz; links unten: P. Putz im Garagenatelier von W. Egger, Poznan/Polen 1977, Foto: W. Egger; Seite 41, Portraitfoto: Kestutis Lapsys, 1990 41


Für Wolfgang.

Mit herzlichem Dank an: Emma und Elfi Egger

Herausgeber: Peter Putz · Das Ewige Archiv Mitarbeit: Kestutis Lapsys A-1060 Wien · Mollardgasse 85a / 1 / 41 +43 (0)1 310 01 74 · +43 (0) 664 111 98 12 putz@ewigesarchiv.at · www.ewigesarchiv.at Gestaltung: Studio Putz+ Medien · Grafik · Kunst Digitale Bildbearbeitung: Peter Putz

Erstveröffentlichung: 2011 Erweiterte 3. Auflage: Oktober 2015 © Wien 2015 · Das Ewige Archiv Alle Rechte vorbehalten Cover, Innenseite Backcover und Backcover: Details aus den abgebildeten Werken


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