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Johann Promberger · Ein Amateur-Photograph sieht die Wirklichkeit (2020

Johann Promberger · Ein Amateur-Photograph sieht die Wirklichkeit

Fotostudio Greifeneder, Studioaufnahme von Johann Promberger (Detail), um 1910, Scan nach Glasnegativ (oxidiert)

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33 min., 2020. Konzept, Regie, Produktion: Peter Putz · Das Ewige Archiv Schnitt und digitale Produktion: Monica Parii · On Screen. Kamera: Patrick Spanbauer, Peter Putz, Chérie Hansson Ton: Patrick Spanbauer Musik: Felix Del Tredici, Bassposaune, Eva Sulai, Akkordeon; Christian S. Smith, Perkussion; Sprecher Text Timm Starl: Hannes Flaschberger; Kollodium-Nassplatten-Fotografie: René Huemer; Gespräche mit: Hans Kienesberger (1948–2019), Ophelia Lahnsteiner, Alois Putz, Erna Putz (1926–2017), Luca Putz Gewidmet: Hans Kienesberger © Peter Putz · 2021 · www.ewigesarchiv.at online auf www.youtube und www.dorftv.at Johann Promberger – Ein Amateur-Photograph sieht die Wirklichkeit Johann Promberger (1886 – 1962), Werkmeister in der Saline Ebensee, fotografierte in den Jahren 1905 – 1930. Er hinterließ mehr als 200 Glasnegative, die erst 1977 aufgefunden wurden.

Erste Publikation in der Bild-Text-Edition „Der Traunseher“ (1980), in Folge zahlreiche weitere Veröffentlichungen. Einige seiner Aufnahmen wurden 2014 als Scans dem Oberösterreichischen Lan-

desarchiv übergeben.

Dreharbeiten in Ebensee: An der Stelle, wo jahrhundertelang die Saline ihren Standort hatte, befindet sich jetzt der Einkaufspark Ebensee. Im Rahmen des „Festivals der Regionen“ 2015 wurden an bestimmten Stellen großformatige Fotografien von Johann Promberger montiert. Patrick Spanbauer (Kamera), Peter Putz. (Foto: © Luca Putz)

Johann Promberger, Zwei Arbeiter im Generatorraum der Saline Ebensee, um 1920. Scan nach Glasnegativ

Was ausschlaggebend war für Johann Promberger, sich ab etwa 1905 intensiv mit Fotografie zu beschäftigen, kann heute nicht mehr festgestellt werden – vermutlich war einfach sein Interesse erwacht an dieser Möglichkeit, eine in raschem Wandel befindliche Zeit und ihre Menschen bildlich festzuhalten. Promberger war insofern Amateur, als er nicht zu Erwerbszwecken fotografierte und auch nicht von dieser Beschäftigung leben konnte – die Fotografie war keinesfalls seine alleinige Lebensgrundlage. Er gab die von ihm ausgeführten Aufnahmen zu minimalen Preisen, vermutlich den Gestehungskosten, an Bekannte und Freunde aus der Nachbarschaft.

Es sind durchaus Parallelen zu ziehen zwischen seiner Beziehung zur Fotografie und der ersten Zeit der Porträtfotografie. Wie der französische Künstler-Fotograf Nadar gut 50 Jahre vorher, fotografierte auch Promberger fast ausschließlich Menschen, zu denen er eine persönliche Beziehung hatte – die Dargestellten waren Freunde oder Bekannte und keine Kunden.

Bei den Fotografien handelt es sich fast ausschließlich um Außenaufnahmen, das heißt, dass im Gegensatz zu Atelieraufnahmen der Fotograf zu seinen „Objekten“ kam und sie in ihrer Umgebung abbildete. Den Personen wurde kein neuer Hinter- bzw. Untergrund verordnet, sie wurden akzeptiert, dort, wo sie waren. Nicht nur akzeptiert, mehr noch: ihre Umgebung wurde sensibel in das Bild eingepasst. Bei der Katalogisierung der hinterlassenen Aufnahmen kam zum Vorschein, dass Promberger überwiegend Menschen fotografiert hatte. Ausnahmen bilden hierbei Aufnahmen, bei denen das Hauptaugenmerk nicht auf den Menschen, sondern auf Dingen oder besonderen Ereignissen lag, die es festzuhalten galt. So fotografierte Promberger etwa technische Geräte – Automobile, Fahrräder, Installationen in der Saline – aber auch Überschwemmungskatastrophen, Autounfälle und Einweihungszeremonien.

Was Atelierfotografen zu stellen und zu konstruieren trachteten und gerade deshalb niemals einfangen konnten, floss hier wie selbstverständlich in die Aufnahme ein: die Persönlichkeit und das Wesen der Abgebildeten ohne Verfälschung und Pomp. Ganz ohne Zweifel drang in die Fotografie von Promberger mehr von der damaligen Wirklichkeit ein als in die Arbeiten von Berufsfotografen zu seiner Zeit.

Der Amateur Johann Promberger wollte sicherlich nicht ein katalogisierbares Bild seiner Zeit, seiner Zeitgenossen, der Lebensumstände anfertigen – dass uns seine Arbeit trotzdem tiefe Eindrücke gerade davon vermittelt, ist sein Verdienst.

Johann Promberger, Gruppenaufnahme vor einem Gasthaus, (zw. 1905 und 1930). Scan nach Glasnegativ

Johann Promberger mit Rad (zw. 1905 und 1930). Scan nach Glasnegativ

Johann Promberge, Drei Frauen mit Hut in der Siriuskogl-Gasse in Bad Ischl (zw. 1905 und 1930). Scan nach Glasnegativ

Hans Kienesberger, Künstler und Neffe von Johann Promberger erzählt vom Fund der Glasnegative beim Ausräumen des Dachbodens im Jahr 1977 und vom Beginn der Beschäftigung mit dem fotografischen Nachlass. René Huemer, Fotograf und Spezialist für historische Fototechniken, zeigt, wie er mit Kollodium-Nassplatten eine Familienaufnahme macht. Erna Putz erzählt, wie ihr Vater Johann Promberger mit seiner „Laterna Magica“ Dias vorgeführt hatte und davon, wie sie selbst früher viele Glasnegative abgewaschen hatte, um die Gläser für die Rahmung von Postkarten zu verwenden.

Ophelia Lahnsteiner spricht über die großformatigen Fotografien von Johann Promberger, die im Einkaufspark Ebensee an die Sali-

ne erinnern, die sich früher an dieser Stelle befunden hatte.

Alois Putz erinnert sich daran, dass ihm als Kind Johann Promberger und dessen Fahrrad mit dem „herabgezogenen Lenker“ auf-

gefallen war.

Luca Putz, Ur-Enkel von Johann Promberger, im Gespräch mit Peter Putz (rechts) über „gestellte“ Fotografien und die möglichen Erkenntnisse beim Betrachten historischer Fotografien