Das Ideale Heim 11/2013

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Schneeballdekor: Seit über 260 Jahren wird dieses Dekor hergestellt. Dabei wird jedes Blümchen einzeln und von Hand auf die Kanne gesetzt und bemalt.

der Königlichen Porzellanmanufaktur entsprechend […] einzuführen.» Und so verkümmerte Anfang des letzten Jahrhunderts die Entwicklung von Gebrauchsporzellan wieder. Bringen Scherben Glück? Zwar hat Manufaktur-Porzellan bis heute seine Exklusivität als «weisses Gold» nicht verloren, doch Porzellangeschirr ist kaum noch ein Statussymbol wie noch vor 100 Jahren. Eine exorbitante Fülle an Angeboten lassen nur sehr schmale Marktnischen für historisches Porzellan, das so wertvoll und teuer ist wie das Meissner. Wird Meissner Porzellan auch angesichts seiner atemberaubenden handwerklichen Qualität weltweit verehrt und gebührend geschätzt, muss es auch verkauft werden können, und Meissen ist gezwungen, nach neuen Wegen zu suchen – da führt keine Elbe dran vorbei. Starke, wertvolle Marken sind nach wie vor Statussymbole. Und so darf, wer heute an Meissen denkt, zuerst an Kleider und Accessoires denken, denn wie jeder weiss: Kleider machen Leute, nicht Teller und Tassen. «Konsum im Luxusbereich funktioniert über Fashion», so jedenfalls das Credo von Manufakturchef Christian Kurtzke, der im September eine Cocktail- und Brautkleiderkollektion in Mailand präsentiert

hat. Die stilvollen Roben hätten sicher auch dem Kurfürst August dem Starken gefallen. Denn der hatte nicht nur unbändige Freude an Porzellan, sondern an allem Zierrat, das gut und teuer war. Darum ist es nicht so weit hergeholt, dass die Marke Meissen längst auch für exklusive Wohnausstattungen vom Cheminée über Sofa, Schränkchen, Bett und Küchenkacheln bis zum WC steht. In Mailands, Londons und Shanghais Schaufenstern soll deshalb die Noblesse der blauen Schwerter Begehren wecken und sich als Marke in den Sinnen und den Portemonnaies einer betuchten Kenner- und Kundschaft implantieren. Nicht wenige sind von Kurtzkes Ideen irritiert, doch er fackelt nicht lange: «Eine Manufaktur ohne Gewinn wäre nicht mehr als ein Museum.» Seit 300 Jahren wuchsen Meissens Archive, und sie sind voll mit Tausenden Dekors, Tausenden Formen, Tausenden Farben. Es gilt sie zu beleben und zu zeigen, was Meissen noch alles in der Schatzkiste hat. So bleibt schliesslich zu hoffen, dass die blauen Schwerter – die irgendwie auch drei Kreuze sein könnten – ein Zeichen für ein gut zu Ende gebrachtes Werk bleiben und nicht zum Sinnbild eines Duells zwischen Tradition und Fortschritt, Handwerk und Marktwirtschaft werden. www.meissen.com

Royal: Das Dekor «Roter Drache» (1730) war ausschliesslich dem König vorbehalten. Heute findet sich das charaktervolle Wesen auf Seide, Holz und Leder wieder. Die Meissner Porzellanproduktion wurde in den letzten Jahren mit Produkten aus den Bereichen Home, Accessoires und Schmuck erweitert.

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