Andechser Bergecho

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bergecho 1 . 2013

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kirche und kloster

Jeder braucht ein Dach über dem Kopf Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit und Geduld – der Alltag im Haneberghaus der Obdachlosenhilfe Sankt Bonifaz

Die Medizinstudentin Franziska Benedikter hat in der Arztpraxis im Haneberghaus ein Praktikum absolviert. Was sie nachdenklich gemacht und beeindruckt hat, fasst Sie in den folgenden Ein­ drücken zusammen.

S

chnell vergingen die zwei Wochen

meines Praktikums in der Allge-

meinarztpraxis für Obdachlose im

Immigration, Schwarzarbeit und Ob-

dachlosigkeit – welche Schicksale dahin-

terstehen, vermag man sich als deutscher,

Haneberghaus, denn es gab jeden Tag et-

krankenversicherter 0815-Bürger gar nicht

te ich gar keine konkreten Vorstellungen

teilen viel zu voreingenommen und hat

was Neues zu sehen. Als ich anfing, hatoder Erwartungen. Ich wollte nur einen

Einblick erhalten und einige praktische

auszumalen. Und oft ist man von Vorur-

ein schlechtes Bild von jemandem nur auf-

grund seines äußeren Erscheinungsbildes.

Erfahrungen sammeln. Ich hatte die gro-

Auch die vielen unterschiedlichen Men-

organisatorischer und leider auch büro­

sehr erstaunt: Unter den Obdachlosen gab

ße Chance, nicht nur in medizinischer,

dort war für mich sehr fruchtbar. Ich gehe

jetzt mit offenen Augen durch die Straßen Münchens.

Ich war sehr beeindruckt von der gro-

ßen Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit und

Geduld des ganzen Teams. Nach allem,

was ich hier gesehen habe, wurde mir bewusst, wie wichtig Freunde, Familie, ein

sozialer Rückhalt, aber auch ein Dach über

schen unter den Patienten haben mich

dem Kopf sind.

kratischer Hinsicht, sondern vor allem

es immer wieder Immigranten, die nicht

Erklärungen, Antworten und ihre Geduld.

kum viel zu lernen.

Empfänger jeden Alters oder ganz normale

zwischenmenschlich in meinem PraktiIn der ersten Woche war ich über eini-

ge Dinge doch sehr erschrocken. Mir war

nicht bewusst, welches Elend und in wel-

chen Ausmaß es in Deutschland existiert.

Überrascht war ich, dass es in Deutsch-

land doch so viele Menschen ohne Kran-

kenversicherung zu geben scheint, und

ich musste erst lernen, was das für die Pa-

tienten bedeutet. Hier wird in der Arztpra-

oder kaum Deutsch sprechen, auch ALG II-

Menschen, die sich am Ende des Monats

einfach keine 10 Euro Praxisgebühr mehr

leisten konnten. Auch viele junge Men-

schen unter 30 waren unter den Patienten. Ich hatte die große Chance, sehr viel

zu lernen, und nur durch Zuschauen und

Beobachten habe ich viele Eindrücke sammeln können, die mich sehr geprägt haben. Zum Beispiel wie die Schwester je-

xis in Sankt Bonifaz mit Hilfe von Spenden

dem Patienten immer erst die Hand auf

sehr beeindruckt.

Voreingenommenheit oder Vorwurf fragt,

viel getan, um zu helfen. Das hat mich

die Schulter legt, ihn anlächelt und ohne

was denn passiert sei. Bei solcher Hilfs-

bereitschaft und Herzlichkeit fühlt sich

einfach jeder wohl. Ich denke, die Zeit

Danke an alle aus der Praxis für ihre

Danke an Frau Fichtinger für das Stethoskop, für die Marmelade und den Bären.

Danke, dass ich eine Anamnese durch-

führen durfte und Verbände mitwechseln

konnte. Und Danke an die zwei tapferen

Patienten, bei denen ich Blut abnehmen

durfte, und meiner Lehrerin, die mir ge-

.

zeigt hat, wie es am besten geht. Viel Er-

folg weiterhin.


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