Afghanistan: Frauenrechte nicht wegverhandeln

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Amnesty International

Frauenrechte in Afghanistan / 5

Eine während der Herrschaft der Taliban in Afghanistan geflüchtete afghanische Lehrerin beim Unterricht an einer Grundschule im pakistanischen Peschawar. Sie durfte ihre Tätigkeit im eigenen Land nicht ausüben. © Fernando Moleres / Panos Pictures

Amnesty International liegen Informationen vor, nach denen zwischen März und Dezember 2010 74 Schulen aufgrund von Gewalt zerstört wurden oder geschlossen werden mussten, darunter Bombenangriffe, Giftanschläge auf SchülerInnen, Brandstiftung und Drohungen. Von diesen Angriffen richteten sich 26 gegen Mädchenschulen, 13 gegen Jungenschulen und 35 gegen Schulen, die gemischte Klassen hatten oder nicht eindeutig als reine Mädchen- oder Jungenschulen identifiziert werden konnten. Derartige Angriffe und Bedrohungen schlagen Wellen und sorgen dafür, dass Schulen in der Umgebung geschlossen werden oder die Anzahl von SchülerInnen sinken, da Eltern und SchülerInnen Angst vor weiterer Gewalt haben. Seit 2005 scheinen Nachtbriefe und Einschüchterungsversuche noch allgegenwärtiger geworden zu sein. Sie brachten LehrerInnen dazu, ihre Arbeit niederzulegen, und Eltern, ihre Kinder daheim zu behalten. In einem Nachtbrief hieß es: „Wenn ihr in der Welt und im Jenseits sicher sein wollt, dann begebt euch nicht in die Zentren, die von Ungläubigen geschaffen wurden.“ Weiter heißt es: „Lehrergehälter werden von Ungläubigen gezahlt. Solange ihr weiter von ihnen bezahlt werdet, seid ihr für uns Marionetten der Amerikaner.“ Das afghanische Bildungsministerium berichtete 2010, dass wegen mangelnder Sicherheit 34 Prozent der Schu-

len in Helmand und 61 Prozent der Schulen in Zabul geschlossen blieben. In einem Telefoninterview mit Amnesty International behauptete der Sprecher der Taliban, Qari Yousef Ahmadi, die Taliban würden Schulen „schließen“, deren „Bücher in den USA gedruckt worden“ seien und deren „Lehrpläne von Ausländern ausgearbeitet wurden“. Er versicherte, die Taliban seien „gegen die Lehrpläne, nicht gegen Schulgebäude“.

POLITISCHES LEBEN In der Politik tätige Frauen, darunter Parlamentsabgeordnete und Provinzrätinnen, sind Angriffen und Drohungen seitens der Taliban und anderer bewaffneter Gruppen ausgesetzt. Dies ist nicht nur eine Gefährdung politisch aktiver Frauen, sondern schränkt auch deren Möglichkeiten zur Verteidigung der Rechte aller afghanischen Frauen und Mädchen ein. Im April 2010 schwebte Nida Khyani, ein weibliches Mitglied des Provinzrats, in Lebensgefahr, nachdem sie in Pul-e-Khumri, der Hauptstadt der Provinz Baghlan in Nordafghanistan, aus einem vorbeifahrenden Auto angeschossen worden war.


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