Afghanistan: Frauenrechte nicht wegverhandeln

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Afghanistan: Frauenrechte nicht wegverhandeln


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Kein Ausverkauf der menschenrechte von Frauen „Die Frauen haben mit einem Frieden in Afghanistan am meisten zu gewinnen – aber sie haben auch am meisten zu verlieren mit jeglicher Form der Versöhnung, die die Frauenrechte einschränkt. Es kann keine Sicherheit ohne Sicherheit für Frauen geben, es kann keinen Frieden geben, solange das Leben der Frauen von Gewalt geprägt ist, solange unsere Kinder nicht zur Schule und wir aus Angst vor Säureangriffen nicht auf die Straße gehen können.“ Mary Akrami, Direktorin der Frauenorganisation Afghan Women Skills Development Center Im Jahr 2001 startete die US-Regierung zusammen mit ihren Verbündeten eine Militärintervention in Afghanistan. Eine der am häufigsten angeführten Rechtfertigungen für diese militärische Aktion war, neben der Vernichtung von Al-Qaida-Stützpunkten und der Vertreibung der Taliban, die Verteidigung der Menschenrechte – und insbesondere die der Menschenrechte von Frauen. In den Wochen nach der Invasion erklärte US-Außenminister Colin Powell die Wiederherstellung der Menschenrechte von Frauen sei „nicht verhandelbar“. Der damalige britische Premierminister Tony Blair versprach den afghanischen Frauen und Männern: „Der Konflikt wird nicht das Ende sein. Wir werden das Land nicht im Stich lassen, wie die Welt es schon so häufig getan hat.“

Auch die Vereinten Nationen betonten die Bedeutung der Aufrechterhaltung und des Schutzes der Gleichberechtigung und Menschenrechte von Frauen. So lautete die Botschaft des damaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan an die Konferenz Afghanischer Frauen für Demokratie: „Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um allen Afghaninnen und Afghanen Folgendes zu sagen: Ohne eine Wiederherstellung der Rechte von Frauen kann es in Afghanistan keinen wahren Frieden und keinen Wiederaufbau geben.“ Zehn Jahre nach dem Sturz der Taliban sind einige Besserungen für Frauen zu verzeichnen. Mehr Mädchen haben Zugang zu Bildung, und auch im Parlament sind mehr Frauen vertreten. Nach der neuen Verfassung sind Frauen und Männer vor dem Gesetz gleich.

Frauenschlange vor Kabuler Wahllokal bei den Wahlen in Afghanistan 2009. © Jenny Matthews / Panos Pictures


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Diese hart erkämpften Zugeständnisse könnten jedoch ernsthaft gefährdet sein, denn die afghanische Regierung und ihre internationalen Partner verfolgen Friedensverhandlungen mit Anführern der Taliban und anderer aufständischer Gruppen, ohne die Gewährleistung der Menschenrechte durch geeignete Mechanismen sicherzustellen. Viele afghanische Frauen befürchten, dass ihre Rechte in dem Bestreben, eine Einigung mit den Anführern der Taliban zu erzielen, geopfert werden könnten. In den derzeit von den Taliban kontrollierten Gebieten werden die Menschenrechte von Frauen weiter drastisch beschnitten. Die Taliban haben gezielt Bildungseinrichtungen für Mädchen angegriffen und mehrere in der Öffentlichkeit stehende Frauen ermordet. Afghanische FrauenrechtsaktivistInnen befürchten, dass ihre neu gewonnenen Rechte ernsthaft ausgehöhlt werden, sollten die Taliban wieder an die Regierung kommen. Die Abgeordnete Shinkai Karokhail warnte in einem Interview mit Amnesty International Großbritannien davor, dass „Frauen wegen des Sicherheitsproblems, der Taliban und der Beteiligung von Warlords zunehmend zurückgedrängt werden, und zwar von Leuten, die sich mal im Namen der Tradition, mal im Namen der Religion gegen Frauen aussprechen“.

Sima Samar, erste Ministerin für Frauenangelegenheiten und heute Vorsitzende der Afghanischen Menschenrechtskommission, 2002 © Amnesty International

FORTSCHRITTE Laut der Zahlen des britischen Ministeriums für internationale Entwicklung (DFID) und des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen gibt es Fortschritte in Bezug auf die Bildung und die politische Teilhabe von Frauen in Afghanistan: 2001 besuchten weniger als eine Million Kinder die Schule, darunter kaum Mädchen. 2008-2009 besuchten mehr als fünf Millionen Kinder die Schule, mehr als ein Drittel davon Mädchen. Bei den Parlamentswahlen 2010 lag der Anteil der Wählerinnen bei 40 Prozent, und Frauen gewannen 27 Prozent der Sitze (mehr als die laut Verfassung für weibliche Kandidatinnen reservierten 25 Prozent).

VOR DEN TALIBAN Schon vor der Machtergreifung der Taliban litten Frauen und Mädchen in Afghanistan unter Diskriminierung und Ungleichbehandlung, einer hohen Müttersterblichkeit, einer niedrigen Alphabetisierungsrate und einem hohen Maß an Gewalt, auch häuslicher Gewalt. Dennoch brachte die zunehmende wirtschaftliche, soziale und politische Beteiligung von Frauen in ihren Gemeinschaften Fortschritte. 1919 erhielten afghanische Frauen das aktive und passive Wahlrecht. Frauen waren auch an dem Entwurf der afghanischen Verfassung von 1964 beteiligt, die eine Gleichbehandlung von Frauen vorsah. In den 1970er Jahren waren mindestens drei Frauen als Abgeordnete Mitglieder des Parlaments. Bis Anfang der 1990er Jahre waren Frauen als Lehrerinnen, Ministerinnen und Ärztinnen tätig. Sie arbeiteten als Professorinnen, Juristinnen, Journalistinnen und Autorinnen. Die Unterdrückung von Frauen während der Herrschaft der Taliban von 1996 bis 2001 wurde zur Genüge dokumentiert. In dieser Zeit wurden Frauen in allen Lebensbereichen diskriminiert. Ihnen wurde der Zugang zu Bildung verwehrt, die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit, jegliche Freizügigkeit sowie die politische Mitbestimmung und Repräsentation. Sie wurden aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen, und es war ihnen

Angesichts der historischen Abneigung der Taliban und anderer regierungsfeindlicher Gruppen gegen die schulische Bildung von Mädchen fürchten MenschenrechtsverteidigerInnen zu Recht, dass diese Errungenschaften ernsthaft gefährdet sein könnten, sollte die afghanische Regierung eine politische Einigung mit den Aufständischen erzielen.

„Wir alle wünschen uns Stabilität und Frieden, doch nicht um den Preis der Frauenrechte. Uns wurde gesagt, Frauenrechte seien eine Frage der Entwicklung, nicht der Sicherheit. Doch Frauenrechte sind Teil dessen, wofür hier gekämpft wird.“ Afifa Azim, Koordinatorin des afghanischen Frauennetzwerks

untersagt, zu studieren, zu arbeiten oder das Haus ohne Begleitung eines mahram, eines männlichen Blutsverwandten, zu verlassen. Dadurch waren die Frauen buchstäblich an das Haus gefesselt. Die Folgen dieser Restriktionen waren besonders hart für Witwen und Haushalte ohne männlichen Vorstand. Darüber hinaus wurden vom Taliban-Staat auch zahlreiche Formen geschlechtsspezifischer Gewalt verübt, unter anderem die Todesstrafe durch Steinigung für „Ehebruch“.


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TERRORTAKTIK Eine Frau, die für eine der von Frauen geführten NGOs in der Provinz

Ausbildung von Mädchen und den Zugang von Frauen zu staatlichen Grundleistungen seien in diesen Provinzen stark rückläufig.

Helmand arbeitet, berichtete Amnesty International Folgendes: „Ich habe zahlreiche Todesdrohungen von den Taliban erhalten. Einmal rief mich jemand an, um mir zu sagen, wenn ich mich weiterhin für Frauenangelegenheiten einsetzen würde, würde er mich töten und meinen Körper in der Stadt Lashkar Gah aufhängen. Ich hatte Angst und musste mit meiner Familie für eine Weile nach Kabul fliehen. Jetzt sind meine Kinder in Kabul, während ich wieder in Helmand arbeite … Wir halten uns bedeckt, wir wagen es nicht, mit einem Schild auf unser Büro aufmerksam zu machen, und wir arbeiten in einem Privathaus. Wenn die Taliban wüssten, wo wir unser Büro haben, würden sie es in die Luft sprengen. Auch Frauen, die mit uns arbeiten, bleiben lieber inkognito und unsichtbar.“ Die Leiterin einer NGO in der Provinz Helmand berichtete Folgendes: „Wir müssen uns versteckt halten und von zuhause aus arbeiten, wir bringen keine Schilder vor dem Büro an. Wir werden jeden Tag von den Taliban bedroht. Wenn sie wüssten, dass wir für Frauen arbeiten und uns fänden, würden sie uns töten.“ Es ist daher keine Überraschung, dass sich im Süden Afghanistans kaum 20

NACHTBRIEFE Die Taliban und andere aufständische Gruppen haben durch die von ihnen verbreiteten „Nachtbriefe“ ein Klima der Angst geschaffen. Dabei handelt es sich um Drohschreiben oder -plakate, die nachts an Bäume, Moscheen oder Türen angeschlagen werden. In den Schreiben wird vor Angriffen vermeintlicher „Spione“ gewarnt, die für die internationalen Streitkräfte tätig seien, oder vor RegierungssympathisantInnen, darunter LehrerInnen und BeamtInnen. Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen verbreiteten die Taliban Nachtbriefe, in denen sie allen, deren Finger unauslöschliche Tintenspuren aufwiesen, mit dem Abschneiden ihres Fingers drohten. (Nach der Stimmabgabe werden die Finger der Wählenden in den Wahllokalen in Tinte getaucht, um wiederholte Stimmabgaben zu verhindern.)

NGOs für die Rechte von Frauen einsetzen. In der Provinz Zabul gibt es keine Frauenorganisation und in den Provinzen Kandahar und Helmand nur sehr wenige. Besonders gefährdet sind Frauenrechtlerinnen, die in von aufständischen Taliban kontrollierten Gebieten versuchen, Frauen und Mädchen Zugang zu Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen zu verschaffen. Gefährdet sind hier nicht nur die Arbeit und das Leben der LeistungsträgerInnen und des Lehrpersonals, sondern auch das Leben der Schülerinnen.

ERNEUT IN GEFAHR Nach dem Sturz der Taliban begannen Frauen und Mädchen nach und nach, ihre grundlegenden Menschenrechte zurückzufordern: Sie suchten sich Arbeit, schickten ihre Töchter zur Schule und nahmen an lokalen und nationalen Wahlen teil. Einige stiegen unter großem persönlichen Risiko in die Politik ein. Doch seitdem es 2005 wieder zu aufständischen Aktivitäten durch die Taliban und andere regierungsfeindliche Gruppen kam, sind die Menschenrechte von Frauen und Mädchen erneut in Gefahr. Positive Entwicklungen für Frauen in Taliban-kontrollierten Gebieten rückläufig: Amnesty International hat zahlreiche Personen zu den Folgen der Taliban-Aufstände in den Provinzen Ghazni, Logar und Wardak interviewt. Frauenbeauftragten in Ghazni und Wardak zufolge machten direkte Drohungen der Taliban und die Angst um die eigene Sicherheit Reisen in Gebiete außerhalb der Provinzhauptstädte unmöglich. Die positiven Entwicklungen in Bezug auf die

BILDUNG FÜR MÄDCHEN Es gibt destruktive Elemente, die nicht wollen, dass Mädchen weiter zur Schule gehen. Aus einer offiziellen Stellungnahme des afghanischen Bildungsministeriums

Seit 2006 haben die Taliban und andere aufständische Gruppen wiederholt Schulen mit Raketen, Bomben und Sprengsätzen angegriffen. Ein klares gemeinsames Motiv dieser Angriffe ist, die Autorität der Zentralregierung zu untergraben und die Menschen vor Ort davor abzuschrecken, staatliche Leistungen in Anspruch zu nehmen. Die Folge sind neben Todesfällen und Verletzungen innerhalb der Zivilbevölkerung die ernsthafte Gefährdung eines bereits fragilen Bildungssystems. Bildungseinrichtungen für Mädchen wurden von den ­Taliban und anderen bewaffneten Gruppen besonders hart getroffen. Sie griffen LehrerInnen und SchülerInnen an und attackierten Mädchenschulen.

„Wir werden Sie nicht allein lassen, wir werden Ihnen stets zur Seite stehen ... es ist wichtig, dass die Rechte und Chancen von Frauen im Versöhnungsprozess nicht geopfert oder mit Füßen getreten werden.“ US-Außenministerin Hillary Clinton in ihrer Rede vor weiblichen Mitgliedern der afghanischen Regierung 2010


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Eine während der Herrschaft der Taliban in Afghanistan geflüchtete afghanische Lehrerin beim Unterricht an einer Grundschule im pakistanischen Peschawar. Sie durfte ihre Tätigkeit im eigenen Land nicht ausüben. © Fernando Moleres / Panos Pictures

Amnesty International liegen Informationen vor, nach denen zwischen März und Dezember 2010 74 Schulen aufgrund von Gewalt zerstört wurden oder geschlossen werden mussten, darunter Bombenangriffe, Giftanschläge auf SchülerInnen, Brandstiftung und Drohungen. Von diesen Angriffen richteten sich 26 gegen Mädchenschulen, 13 gegen Jungenschulen und 35 gegen Schulen, die gemischte Klassen hatten oder nicht eindeutig als reine Mädchen- oder Jungenschulen identifiziert werden konnten. Derartige Angriffe und Bedrohungen schlagen Wellen und sorgen dafür, dass Schulen in der Umgebung geschlossen werden oder die Anzahl von SchülerInnen sinken, da Eltern und SchülerInnen Angst vor weiterer Gewalt haben. Seit 2005 scheinen Nachtbriefe und Einschüchterungsversuche noch allgegenwärtiger geworden zu sein. Sie brachten LehrerInnen dazu, ihre Arbeit niederzulegen, und Eltern, ihre Kinder daheim zu behalten. In einem Nachtbrief hieß es: „Wenn ihr in der Welt und im Jenseits sicher sein wollt, dann begebt euch nicht in die Zentren, die von Ungläubigen geschaffen wurden.“ Weiter heißt es: „Lehrergehälter werden von Ungläubigen gezahlt. Solange ihr weiter von ihnen bezahlt werdet, seid ihr für uns Marionetten der Amerikaner.“ Das afghanische Bildungsministerium berichtete 2010, dass wegen mangelnder Sicherheit 34 Prozent der Schu-

len in Helmand und 61 Prozent der Schulen in Zabul geschlossen blieben. In einem Telefoninterview mit Amnesty International behauptete der Sprecher der Taliban, Qari Yousef Ahmadi, die Taliban würden Schulen „schließen“, deren „Bücher in den USA gedruckt worden“ seien und deren „Lehrpläne von Ausländern ausgearbeitet wurden“. Er versicherte, die Taliban seien „gegen die Lehrpläne, nicht gegen Schulgebäude“.

POLITISCHES LEBEN In der Politik tätige Frauen, darunter Parlamentsabgeordnete und Provinzrätinnen, sind Angriffen und Drohungen seitens der Taliban und anderer bewaffneter Gruppen ausgesetzt. Dies ist nicht nur eine Gefährdung politisch aktiver Frauen, sondern schränkt auch deren Möglichkeiten zur Verteidigung der Rechte aller afghanischen Frauen und Mädchen ein. Im April 2010 schwebte Nida Khyani, ein weibliches Mitglied des Provinzrats, in Lebensgefahr, nachdem sie in Pul-e-Khumri, der Hauptstadt der Provinz Baghlan in Nordafghanistan, aus einem vorbeifahrenden Auto angeschossen worden war.


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„Als Frau kann man sich in Afghanistan nicht engagieren, ohne sich bedroht zu fühlen“, erklärte die Parlamentarierin Shinkai Karokhail Amnesty International. „Das gehört zu meinem Alltag. In den letzten fünf Jahren wurden viele in der Öffentlichkeit stehende afghanische Frauen getötet, weil sie versuchten, das Ansehen der Frauen zu stärken oder ihre Menschenrechte zu verteidigen.“ Im Vorfeld der Parlamentswahlen im September 2010 berichteten KandidatInnen, WahlkämpferInnen und WählerInnen Amnesty International von zunehmenden Angriffen und Drohungen durch die Taliban und andere aufständische Gruppen. KandidatInnen zufolge hätten die Polizeikräfte es trotz der wiederholten Forderung nach Schutz versäumt, auf Meldungen von Gewalt im Zusammenhang mit den Wahlen zu reagieren, geschweige denn, diesen nachzugehen. Weibliche Kandidatinnen sahen sich außerdem kontinuierlichen Beschimpfungen und Drohungen seitens ihrer männlichen Konkurrenten ausgesetzt. Solange die Menschenrechte kein zentraler Bestandteil des Versöhnungsprozesses sind, könnte der Druck auf Frauen, die am öffentlichen Leben teilhaben wollen, weiter steigen.

GRAUSAME, UNMENSCHLICHE ODER ERNIEDRIGENDE STRAFEN

Demonstration gegen den Mord an Sitara Achakzai, Kandahar, 2009. © AP

Katalog der Mordopfer Safiye Amajan, Leiterin der Regionalabteilung des Frauenministeriums in Afghanistan, wurde im September 2006 vor ihrem Haus erschossen. Es handelte sich offensichtlich um eine Vergeltungstat für ihren Einsatz in der Frauenbildung. Im September 2008 wurde die ranghöchste Polizistin Kandahars, Malalai Kakar, erschossen. Sie leitete eine Einheit aus zehn Frauen, die für Fälle häuslicher Gewalt zuständig war. Im April 2009 erschossen Taliban-Schützen Sitara Achakzai, eine der führenden Frauenrechtsaktivistinnen Afghanistans, vor ihrem Haus im Süden der Stadt Kandahar. Im Mai 2011 wurde Khan Mohammad, der Direktor der Mädchenschule von Porak in der Provinz Logar, erschossen. Mateen Jafar, zuständiger pädagogischer Leiter in Logar, erklärte, Mohammed sei von den Taliban bereits mehrfach mit dem Tode bedroht worden, falls er weiterhin Mädchen unterrichte.

In den von Aufständischen kontrollierten Regionen kam es zu Vorfällen wie Folter und anderen Misshandlungen von Zivilisten, und es gab Berichte über Prügel und andere brutale Strafen. Den „Verhandlungen“ lokaler „Gerichte“ der Taliban folgen oft grausame Bestrafungen: – – –

Im März 2010 wurden der 18-jährigen Bibi Aysha in der Provinz Uruzgan in Südafghanistan von ihrem Ehemann Nase und Ohren abgeschnitten. Dies geschah offensichtlich auf Anweisung eines Taliban-Befehlshabers, der als „Richter“ fungierte und sie des Verbrechens beschuldigte, vor ihren sie misshandelnden Schwiegereltern geflohen zu sein. Im August 2010 erschossen die Taliban in der Provinz Badghis eine Frau, nachdem sie diese wegen angeblichen Ehebruchs zur Abtreibung gezwungen hatten. Im August 2010 wurde ein Liebespaar zu Tode gesteinigt, weil es in einem von den Taliban kontrollierten Dorf in Kundus, Nordafghanistan, weggelaufen war, um heimlich zu heiraten. Wie Amnesty International aus lokalen Quellen erfuhr, waren die beiden nach Pakistan geflohen, dann aber in ihr Dorf Mullah Qulli im Archi-Distrikt von Kundus zurückgekehrt, als es hieß, ihre Familien hätten einer Heirat zugestimmt. Bei ihrer Rückkehr wurden sie jedoch nach einem „Prozess“ vor einem Taliban-Rat zu Tode gesteinigt.


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Wahlbeobachterinnen überwachen in Kabul den Ablauf der Wahlen 2009. © Jenny Matthews / Panos Pictures.

Wiedereingliederung bezieht sich auf Programme, mit denen Kämpfer der unteren bis mittleren Ränge ermutigt werden sollen, das Kämpfen einzustellen. Versöhnung bezieht sich auf Verhandlungen mit hochrangigen Befehls­

Während der Herrschaft der Taliban von 1996 bis 2001 war Frauen der Besuch öffentlicher Orte, einschließlich Moscheen, Schreine und öffentliche Bäder, untersagt. Das Verbot wurde aufgehoben, nachdem die USA und ihre Verbündeten die Taliban 2001 vertrieben hatten.

habern der Taliban und anderer bewaffneter aufständischer Gruppen.

GEFÄHRDUNG VON RECHTEN Bei den Friedensgesprächen der afghanischen Regierung ist eine beunruhigende Tendenz zur Nachgiebigkeit gegenüber der Ideologie der Taliban zu beobachten, selbst wenn damit eine Gefährdung der Menschenrechte einhergeht. So verbot beispielsweise der Ulama-Rat (Rat religiöser Gelehrter) von Masar-i-Scharif Ende April 2011 Frauen die Teilnahme an den regelmäßigen Mittwochs­ zusammenkünften in der berühmten Blauen Moschee – einem der wenigen öffentlichen Orte, an denen sich Frauen einmal pro Woche zum Austausch treffen können.

Darüber hinaus bemühte sich die afghanische Regierung, Bestimmungen für die öffentliche Moral einzuführen, die als massiver Eingriff in die Privatsphäre einen Rückfall in die Zeiten des Taliban-Regimes darstellen und die kleinen Freiheiten, die Frauen und Männer seit 2001 errungen haben, zunichte machen. Im April 2011 wurde der Entwurf eines Hochzeitsgesetzes vorgelegt, das regelt, welche Brautkleidung als angemessen gilt und das Musik sowie den Kontakt zwischen männlichen und weiblichen Gästen bei der Hochzeit untersagt. Nach dem Gesetz könnten Geschäfte, die angeblich zu freizügige Hochzeitskleidung verkaufen, mit einem Bußgeld belegt werden.


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„Was die Gespräche mit den Taliban ­anbetrifft, so findet ein Versöhnungs- und Wiedereingliederungsprozess statt, bei dem Taliban, die bereit sind, das Kämpfen einzustellen und die Grundsätze der afghani­schen Verfassung zu akzeptieren, wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden können.“ David Cameron, britischer Premierminister

WIEDEREINGLIEDERUNG UND VERSÖHNUNG In den letzten Jahren haben führende Politiker Afghanistans wiederholt öffentlich eine Versöhnung mit den Taliban gefordert. Sowohl die afghanische Regierung als auch RepräsentantInnen zwischenstaatlicher Organisationen sollen Berichten zufolge über mehrere Jahre hinweg Treffen mit Anführern aufständischer Gruppen gehabt haben, auch wenn die Taliban und andere aufständische Gruppen ihre Teilnahme oder auch ein Interesse an diesen Friedensgesprächen heftig dementierten. Die internationale Gemeinschaft hat Versöhnungsprozesse ebenfalls unterstützt und die Taliban gelegentlich als nicht ideologische Bewegung dargestellt. Gen Graeme Lamb von der Reintegrationsgruppe Force Reintegration Cell der NATO-geführten Internationalen Sicherheits-

Garantien für Frauenrechte Nach den Worten der afghanischen Regierung müssen Taliban-Kämpfer, die

unterstützungsgruppe (ISAF) drückte es im September 2009 so aus: „Wer sind diese Taliban? Das sind Einheimische, zum Großteil angeheuerte Söldner, die nicht aus irgendeinem ideologischen Grund kämpfen.“ Und doch zeigt die Erfahrung von Frauen in Gebieten, die von den Taliban kontrolliert werden, dass die Taliban und andere aufständische Gruppen im Allgemeinen eine strenge und äußerst diskriminierende Interpretation der Scharia einzusetzen versuchen. Wird diesen Anführern bei einem Wiedereingliederungs- oder Versöhnungsprozess politische Macht gewährt, und das ohne Einschränkung und ohne die Einbeziehung von Frauen, führt dies höchstwahrscheinlich zu einer Verweigerung jeglicher Rechte für Frauen und Mädchen.

FRAUEN UND DER WEG ZUM FRIEDEN Mit großer Sorge beobachten afghanische Frauenvertreterinnen und MenschenrechtsverteidigerInnen die fehlende Repräsentation von Frauen in den übergeordneten Entscheidungsgremien wie dem Hohen Friedensrat, der geschaffen wurde, um mit den Taliban zu verhandeln. Bisher wurden nur neun Frauen in den 70-köpfigen Rat berufen. Es ist wichtig, dass Frauen in Entscheidungsgremien wie dem Hohen Friedensrat angemessen vertreten sind und dass ihren Belangen umfassend Rechnung getragen wird. In allen Verhandlungsgruppen sollte auf eine ausgeglichene Geschlechterverteilung geachtet werden. Dies gilt auch für Friedens-Jirgas (Große Ratsversammlungen). Dabei sollte entsprechend der verfassungsrechtlichen Garantien für die Repräsentation von Frauen eine Frauenquote von mindestens 25 Prozent festgelegt werden.

am Versöhnungsprozess teilhaben wollen, der Gewalt entsagen, sich vollständig von Al-Qaida lossagen und die Prinzipien der afghanischen Verfassung anerkennen, die jegliche Diskriminierung untersagt und Frauen und Männer vor dem Gesetz gleichstellt. Außerdem garantiert die Verfassung allen Afghaninnen und Afghanen das Recht auf Bildung und die politische Repräsentation von Frauen im Parlament. Viele Frauen befürchten jedoch, der durch die Verfassung gewährte Schutz für Frauenrechte könne nicht ausreichen: Er hat sich bereits in der Vergangenheit als unzureichend erwiesen, und zudem lassen sich Verfassungen ändern. Die

Von der internationalen Afghanistan-Konferenz im Januar 2010 in London waren Frauen so gut wie ausgeschlossen. Das Netzwerk Afghanischer Frauen beobachtete: „Afghanische Frauen wurden nicht offiziell berufen, sich an Entscheidungen zu beteiligen oder Beschlüsse auszuhandeln. Bei einer Veranstaltung, die den ganzen Tag dauerte und an der mehr als 70 Länder beteiligt waren, stand nur eine einzige afghanische Frau als offizielle Rednerin auf der Tagesordnung.“

afghanische Verfassung zeichnete sich in ihrer Geschichte weit öfter durch Verstöße aus als durch Einhaltungen. Eine Verpflichtung zur Respektierung der Verfassung muss von klaren Maßstäben und einer fortlaufenden Kontrolle der Verhaltensweisen aller an einer Vereinbarung beteiligten Parteien begleitet sein. Dies sollte für alle regierungsfeindlichen Gruppen gelten, aber auch für die vorgeblich mit der afghanischen Regierung verbündeten Milizen.

Am 5. Februar 2010 äußerte der UN-Ausschuss zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) große Besorgnis wegen des Ausschlusses afghanischer Frauen von der Konferenz in London sowie wegen „des Fehlens klarer Strategien zum Schutz der Rechte von Frauen im Verlauf der Diskussionen, die zu Verhandlungen mit Vertretern der Taliban führen“. Bei der beratenden Friedens-Jirga im Juni 2010 waren


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Frauenrecht­lerInnen und MenschenrechtsverteidigerInnen erfolgreicher. Hier lag der Frauenanteil bei 20 Prozent. Es ist wichtig, Sprecherinnen von Gemeinschaften und Frauenrechtlerinnen in bedeutungsvoller Weise am Versöhnungsprozess zu beteiligen. Andernfalls haben afghanische Frauen und Mädchen allen Grund, die Folgen einer politischen Einigung mit den Taliban zu fürchten. Es ist nicht nur ihr Recht, hier vertreten zu sein; ihre Beteiligung hilft auch, die Rechte von Frauen und Mädchen zu schützen und nachhaltig Frieden zu schaffen. Bei Verhandlungen und Friedensprozessen nach einem Konflikt eignen sich Frauen sehr gut dazu, die speziellen Sorgen und Nöte der Zivilbevölkerung zu berücksichtigen. Ihre Erfahrungen und Standpunkte unterscheiden sich oft von denen männlicher Politiker oder Gemeinschaftssprecher. Sie können die Bedürfnisse ihrer lokalen Gemeinschaften in vielen Bereichen wie Bildung, Gesundheit und Beschäftigung vertreten.

Deutsche REGIERUNG: EIN „VON DEN AFGHANEN bestimmter PROZESS“ Die deutsche Regierung hat betont, dass der laufende Friedensprozess von „Afghanen bestimmt wird“. Natürlich muss jeder Prozess von Afghanen gestaltet und entschieden werden, doch können diese Entscheidungen nicht allein den Männern der herrschenden Elite und ehemaligen Befehlshabern vorbehalten bleiben. Der Prozess muss Afghaninnen und Afghanen aus allen gesellschaftlichen Bereichen berücksichtigen und gewährleisten, dass Frauen am Verhandlungstisch als gleichwertig betrachtet werden. Ein „von Afghanen bestimmter Prozess“ entbindet die internationalen Partner Afghanistans nicht von der Verantwortung, sich dafür einzusetzen, dass jeglicher Friedensprozess auf der Gewährleistung der Menschenrechte für das gesamte afghanische Volk beruht – Frauen, Männer und Kinder.

Die deutsche Regierung hat in den letzten zehn Jahren in Afghanistan umfassende Investitionen geleistet und sich verpflichtet, auch weiterhin Entwicklungshilfe in großem Umfang zu leisten. Die Ausgaben für den zivilen Aufbau wurden seit 2010 auf jährlich 430 Millionen Euro nahezu verdoppelt. Dieser Umfang der Mittel ist zunächst bis 2013 vorgesehen. Deutsche Streitkräfte sind zur Unterstützung der ISAF unter NATO-Führung in Afghanistan stationiert, derzeit sind es rund 5.000 deutsche SoldatInnen. Der regionale Schwerpunkt des deutschen Engagements liegt in Nord-Afghanistan, wo mehr als zwei Drittel des Gesamtvolumens eingesetzt werden. Der Abzug der Streitkräfte soll bis Ende 2014 erfolgen. Der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für Afgha­nistan und Pakistan Michael Steiner ist Leiter der Internationalen Kontaktgruppe Afghanistan und Gastgeber der Internationalen Afghanistan-Konferenz am 5. Dezember 2011 in Bonn. Insofern hat die Bundesregierung die Verantwortung, ihren Einfluss bei der afghanischen und der US-amerikanischen Regierung geltend zu machen und dafür zu sorgen, dass Menschenrechte, darunter auch die Rechte von Frauen, integraler Bestandteil aller Friedensvereinbarungen sind und so einen gerechten und dauerhaften Frieden zu gewährleisten.

„Unser Ziel muss ein Zustand in Afghanistan sein, der gut genug ist. Gut genug heißt, dass die Afghanen selbst in der Lage sind, in ihrem Land für hinreichende Stabilität zu sorgen. Gut genug heißt, dass die Fortschritte im Bereich der Menschenrechte, die wir seit dem Fall der Taliban-Herrschaft erreicht haben, gesichert bleiben. Ohne Menschenrechte, ohne das Recht von Frauen und Mädchen auf Bildung, auf Bewegungsfreiheit, auf Teilhabe am Leben kann es eine nachhaltige Stabilisierung des Landes nicht geben.“ Guido Westerwelle, deutscher Außenminister, im Juli 2010


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Junge afghanische Mädchen in Kandahar ergreifen bei einer der seltenen Feiern im Haus einer Frau die Gelegenheit, sich schick zu machen. Den meisten Mädchen in Afghanistan wird der Besuch einer Schule und der Zugang zu Bildung allgemein verwehrt, da sie meist schon sehr jung zur Heirat gezwungen und an den verkauft werden, der ihrer Familie am meisten Geld bietet. © Lana Slezic / Panos Pictures

„Angesichts der Vorteile, die eine Beteiligung von Frauen für die Qualität politischer Führung, die Rechtsstaatlichkeit und den Wiederaufbau hat, ist es inakzeptabel, dass sie nach wie vor von Friedensgesprächen und dem Wiederaufbau des Landes ausgeschlossen sind. Das muss sich ändern.“ Michelle Bachelet, geschäftsführende Direktorin von UN Women

Warum Frieden Frauen braucht Michelle Bachelet, geschäftsführende Direktorin von UN Women, nennt vier Gründe, warum die Beteiligung von Frauen einen besseren Frieden schafft: –

Durch die Beteiligung von Frauen wird der Friedensprozess auf weitere Interessensgruppen jenseits der Konfliktparteien ausgedehnt. So werden Menschen mit einbezogen, die eine weit reichende gesellschaftliche Akzeptanz von Friedensverträgen sowie deren Einhaltung gewährleisten können.

– – –

Eine Berücksichtigung frauenspezifischer Interessen kann eine schnellere Wiedereinsetzung des Rechtsstaates begünstigen. Eine Null-Toleranz-Strategie bei Missbrauch an Frauen ist ein erster Ansatz, um gegen die Straflosigkeit bei Verletzungen der Menschenrechte von Frauen anzugehen. Durch die Beteiligung von Frauen an allen Aspekten des Friedensprozesses, einschließlich der Abrüstungsprozesse, der Übergangsjustiz und den Kommissionen für verfassungsrechtliche Reformen, wird gewährleistet, dass eine größere Meinungsvielfalt in Entscheidungen einfließt. Die Berücksichtigung der Bedürfnisse von Frauen kann sich nach Konflikten positiv auf die wirtschaftliche Erholung auswirken. Konflikte verursachen eine starke Zunahme frauengeführter Haushalte. Bleibt Frauen keine Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, führt dies zu mehr Armut. Bei einer gewissen wirtschaftlichen Absicherung investieren Frauen eher in das Wohlergehen und die Bildung ihrer Kinder, sorgen eher für eine sichere Nahrungsmittelversorgung und auch eher für einen Wiederaufbau ländlicher Ökonomien.


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Verpflichtungen im Rahmen der internationalen Menschenrechte Afghanistan hat das UN-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) 2003 unterzeichnet und ist damit an dessen Bestimmungen gebunden. Im Januar 2010 erklärte der CEDAW-Ausschuss, dass jede mit den Taliban in Afghanistan getroffene Vereinbarung ein eindeutiges Bekenntnis zur Respektierung und zum Schutz der Menschenrechte von Frauen beinhalten müsse. Er forderte die afghanische Regierung und ihre internationalen Verbündeten auf, „dafür Sorge zu tragen, dass Frauenvertreterinnen an den bevorstehenden Friedens- und Entwicklungsgesprächen mit den Taliban beteiligt sind“.

Amnesty International appelLiert an die afghanische Regierung und ihre US-amerikanischen/ISAF-Partner, folgende Forderungen umzusetzen:

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Es liegen mehrere Resolutionen des UN-Sicherheitsrats zum Schutz und zur Ermächtigung von Frauen vor. In diesen Resolutionen, insbesondere in UNSCR 1325, werden Verpflichtungen dargelegt, um auf die Folgen bewaffneter Konflikte für Frauen zu reagieren. Darin wird ausgeführt, dass die umfassende Beteiligung von Frauen an Friedensund Versöhnungsprozessen für die Aufrechterhaltung und Sicherung des internationalen Friedens und der Sicherheit unerlässlich ist. Außerdem tragen sie der besonderen Gefahr sexueller Gewalt gegen Frauen Rechnung. In UNSCR 1894 zum Schutz von Zivilisten in bewaffneten Konflikten wird insbesondere die Notwendigkeit hervorgehoben, der Straflosigkeit bei Menschenrechtsverletzungen ein Ende zu setzen, und noch einmal betont, dass es der Verantwortung der Staaten obliegt, die Menschenrechte ihrer Bürgerinnen und Bürger zu wahren.

Zusätzlich appelliert Amnesty International an die Bundesregierung:

Die afghanische Regierung und aufständische Gruppen

Tragen Sie dafür Sorge, dass afghanische Frauen gemäß

müssen sich zu ihren Verpflichtungen im Rahmen internationaler

Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrates wirkungsvoll an den

Menschenrechtsabkommen und des nationalen Rechts

verschiedenen Planungsphasen und Versöhnungsgesprächen

bekennen.

beteiligt sind.

Alle politischen Vereinbarungen müssen überprüfbare

Sprechen Sie in den jeweiligen Gremien, Foren und Mecha-

menschenrechtliche Kriterien enthalten. Dies kann

nismen internationaler und regionaler Verträge die Notwendig-

beispielsweise durch die Dokumentation folgender Kriterien

keit einer Gewährleistung der Rechte afghanischer Frauen und

erfolgen: die Entwicklung der Schülerzahlen, vor allem bei

Mädchen im Rahmen aller Versöhnungsstrategien an.

den Mädchen, die Entwicklung des Zugangs zu Gesundheits-

Bringen Sie die afghanische Regierung dazu, Maßstäbe für die

fürsorgeleistungen für Frauen, die Entwicklung von Mütter-

Gewährleistung der Menschenrechte von Frauen zum Bestand-

sterblichkeitsraten und Säuglingsgesundheit sowie die Möglich-

teil aller Versöhnungsvereinbarungen zu machen.

keiten von Hilfskräften und zivilen AktivistInnen – insbesondere

Die afghanische Zivilgesellschaft, insbesondere Frauengruppen,

FrauenrechtlerInnen –, in Gebieten tätig zu werden, die von

müssen frühzeitig und umfassend in die Vorbereitung und

den jeweiligen Parteien kontrolliert werden.

Durchführung der Internationalen Afghanistan-Konferenz am

Bei Versöhnungsgesprächen muss die gesamte afghanische

5. Dezember 2011 in Bonn eingebunden werden und ihre

Zivilgesellschaft mit ihren jeweiligen Interessen repräsentiert

Politikempfehlungen echten Einfluss haben.

sein, unter Einbeziehung von Minderheiten und Frauen. Afghanische Frauen sollten gemäß Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrats angemessen an den verschiedenen Planungsphasen und Versöhnungsgesprächen beteiligt sein. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Versöhnungsgespräche nicht zur Straflosigkeit bei schweren Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen führen. Die Versöhnungsstrategie muss einen tragfähigen Kontroll mechanismus vorsehen, um sicherzustellen, dass es während des Versöhnungsprozesses oder danach nicht zu Menschen rechtsverletzungen kommt.

„Wir kämpfen dafür, dass in Afghanistan alle Menschen vernünftig leben können, Männer und Frauen gleichermaßen.“ Angela Merkel, deutsche Kanzlerin, April 2009


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Amnesty International setzt sich auf der Grundlage der Allgemei­nen Erklärung der Menschenrechte für eine Welt ein, in der die Rechte aller Menschen geachtet werden. Die Stärke der Organisation liegt im freiwilligen und finanziellen Engagement von weltweit mehr als drei ­Millionen Mitgliedern und Unter­stützern unterschiedlicher Nationa­litäten, Kulturen und Alters­gruppen. Gemeinsam setzen sie Mut, Kraft und Fantasie für eine Welt ohne Menschenrechts­verletzungen ein. Amnesty erhielt 1977 den Friedensnobelpreis.

Auch Sie können sich engagieren: www.amnesty.de / mitmachen Amnesty International finanziert sich aus Spenden und Mitglieds­-beiträgen. Regierungsgelder lehnt Amnesty ab, um finanziell und politisch unabhängig zu bleiben. Menschenrechtsarbeit ist nicht umsonst. Unterstützen Sie Amnesty!

© Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V. Oktober 2011 V.i.S.d.P. Anton Landgraf Gestaltung: Rüdiger Fandler, Berlin Titelfoto: Junge Frauen zeigen ihre mit Tinte gefärbten Finger, um zu beweisen, dass sie bei den afghanischen Wahlen 2009 gewählt haben. © Jenny Matthews / Panos Pictures

Insbesondere arbeitet Amnesty für die Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen und die Bestrafung der Täter gegen Folter, Todesstrafe, politischen Mord und das »Verschwindenlassen« von Menschen. für die Freilassung aller gewaltlosen politischen Gefangenen, die aufgrund ihrer Herkunft, sexuellen Orientierung, Hautfarbe, Sprache, Religion oder Überzeugung inhaftiert sind. für den Schutz und die Unterstützung von Menschenrechtsverteidigern. für den Schutz der Rechte von Flüchtlingen für den Schutz der Menschenrechte in bewaffneten Konflikten und für wirksame Kontrollen des Waffenhandels. gegen Rassismus und Diskriminierung. für den besonderen Schutz der Rechte von Frauen und Mädchen. für die Förderung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte.


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