Flüchtlinge brauchen Schutz!

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Zivilpersonen suchen Schutz vor den Kämpfen in der vom „Islamischen Staat“ besetzten irakischen Stadt Mossul im November 2016.

MILLIONEN MENSCHEN WELTWEIT AUF DER FLUCHT Sie fliehen vor Krieg, bewaffneten Konflikten und Verfolgung: Rund 65 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht, weil ihnen in ihrer Heimat Tod, Folter, willkürliche Inhaftierung und andere Gefahren drohen. Die meisten von ihnen sind sogenannte Binnenvertriebene, die in andere Regionen ihres Heimatlandes geflohen sind. Über 21 Millionen Menschen mussten aus ihrem Land fliehen und andernorts Schutz suchen.

Nach Artikel 14 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrech­ te hat jeder Mensch das Recht, in einem anderen Land Asyl zu suchen. Die Genfer Flüchtlingskonvention verbietet die Zurück­ weisung von Asylsuchenden und Flüchtlingen und verpflichtet Staaten dazu, ihnen Schutz zu gewähren. Jeder Mensch hat Anspruch auf ein faires Asylverfahren, in dem die Fluchtgründe geprüft werden, bevor entschieden wird, ob er internationalen Schutz erhält. Als Flüchtling gilt, wer in seiner Heimat verfolgt wird – zum Beispiel aufgrund der politischen Überzeugung, der Religion, der Hautfarbe, des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung. Asylsuchende dürfen während des Verfahrens nicht in ihre Heimatländer abgeschoben werden.

Im Jahr 2015 kamen mit rund 890.000 Asylsuchenden besonders viele schutzsuchende Menschen nach Deutschland. Dies stellte viele Städte und Gemeinden vor große Heraus­ forderungen bei der Unterbringung und Versorgung. Viele Bürgerinnen und Bürger engagieren sich seitdem auf ­ be­eindruckende Weise bei der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen. Mit ungefähr 280.000 neu eingereisten Asylsuchenden kamen 2016 deutlich weniger Menschen. Dies lag unter anderem an einer stärkeren Abschottung der EU und der Schließung der sogenannten Balkanroute, über die 2015 viele Menschen nach Deutschland kamen. Zahlreiche Asylrechtsverschärfungen haben seit 2015 die Situation von Asylsuchenden und Flüchtlingen verschlechtert. Besonders gravierend sind die Einstufung der Balkanstaaten als sogenannte „sichere Herkunftsstaaten“, durch die der Zugang zu Asyl für Personen aus diesen Ländern stark erschwert wird, sowie die Aussetzung des Familiennachzugs für Menschen, die vor bewaffneten Konflikten fliehen. Außerdem schiebt die Bundesrepublik seit Dezember 2016 verstärkt nach Afghanistan ab, obwohl es dort 2016 fast 11.500 zivile Tote und Verletzte gab – so viele wie noch nie. Auch die rassistische Gewalt gegen Asylsuchende und ihre Unterkünfte ist in Deutschland seit 2015 stark gestiegen. 2016 gab es mehr als 3.500 Übergriffe – das sind fast zehn Angriffe pro Tag!

© Amnesty International, Foto: Henning Schacht

JEDER MENSCH HAT DAS RECHT AUF EIN FAIRES ASYLVERFAHREN

© Fotis Filippou

© REUTERS/Goran Tomasevic

FLÜCHTLINGE BRAUCHEN SCHUTZ!

ZWISCHEN WILLKOMMENSKULTUR UND ABSCHottung: FLÜCHTLINGSPOLITIK IN DEUTSCHLAND

Amnesty-Aktion gegen die Verschärfung der Asylpolitik im September 2015 in Berlin.

Flüchtlingskind aus Syrien vor dem neu erbauten Zaun an der griechisch-mazedonischen Grenze im März 2016.

KAUM CHANCEN AUF ASYL: FLÜCHTLINGE IN DER EU UND AN IHREN GRENZEN Flüchtlinge werden in der Europäischen Union (EU) häufig als „illegale Einwanderinnen und Einwanderer“ betrachtet, vor denen es sich zu schützen gilt. Die EU gibt deshalb Unsummen für die Abschottung ihrer Außengrenzen aus, bis 2015 zum Beispiel allein 175 Millionen Euro für Grenzzäune. Dabei kommen schon jetzt vergleichsweise nur wenige Flücht­ linge nach Europa. Rund 80 Prozent aller Schutz­suchen­den werden von Ländern in der Nähe ihres Heimat­landes auf­ genommen, die Flüchtlinge meist nicht angemessen ver­ sorgen können. Nur die wenigsten erreichen die wohl­haben­den EU-Staaten – und das auf immer gefähr­licheren Wegen. Allein 2016 starben über 5.000 Menschen bei dem Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Damit Menschen auf der Flucht nicht ihr Leben riskieren müssen, sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten dringend mehr sichere und legale Zugangswege schaffen, indem sie zum Beispiel humanitäre Visa und Aufnahmeprogramme stärker nutzen und den Familiennachzug erleichtern. Außerdem sollten sie sich viel stärker als bisher am Neuansiedlungsprogramm („Resettlement“) des Hohen Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) beteiligen.


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