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Mit den Öffis auf Tour
from Bergauf #2.2022
Seit zwei Jahren tritt Max Becke Bergtouren und Wanderungen nur noch mit dem Bus oder der Bahn an. Damit tut der Natur- und Umweltreferent vom Alpenverein Leoben nicht nur dem Klima einen Gefallen, sondern lernt nebenbei auch ganz neue Seiten seiner Heimat kennen.
von Christiane Fasching
Auto hat Max Becke keines mehr. Denn just in dem Moment, in dem er ein kleines Vermögen in seinen Benzinschlucker hätte stecken müssen, war ihm das Glück hold. Bei einem Gewinnspiel gewann der gebürtige Reuttener, der seinen Lebensmittelpunkt vor vielen Jahren nach Leoben verlegt hat, ein ÖffiJahresticket für seine steirische Wahlheimat – und ging damit alsbald auf Touren. Beim Alpenverein Leoben ist der 72-Jährige nämlich nicht nur als Natur- und Umweltreferent im Einsatz, sondern auch als Tourenführer aktiv. Seine Puste reicht zwar mittlerweile nicht mehr für kräftezehrende Skitouren, doch für Wanderungen und moderate Bergtouren ist Becke noch fit genug. Diese trägt der Bergfex als offizieller Autor und Beauftragter von alpenvereinaktiv.com regelmäßig in das Tourenportal ein, um auch andere an seinen alpinen Errungenschaften teilhaben zu lassen. Aber dauert es nicht ewig, bis man mit Bus und Bahn am Ausgangsziel des geplanten Gipfelsturms ist?
Becke will das so nicht stehen lassen. „Natürlich braucht man für die Anreise in den meisten Fällen etwas länger. Aber gerade Ziele, die auf der Westbahnstrecke liegen, sind mit dem Zug so schnell erreichbar, dass man das Auto getrost stehen lassen kann“, weiß der rüstige Rentner, der mittlerweile nicht nur die Steiermark, sondern ganz Österreich mit dem im Herbst eingeführten Klimaticket unsicher macht. Regelmäßig überschreitet er dabei die steirischen Grenzen und macht sich auf ins Salzburger Land, das ein Eldorado für Öffi-Wanderer wie Becke ist. „Dadurch, dass der Tourismus in dieser Gegend sehr ausgeprägt ist, verkehren hier die Züge und Busse überdurchschnittlich oft“, weiß der Exil-Tiroler aus eigener Erfahrung. Sagt’s und schwärmt von einer „feschen Ausflugsfahrt“, die ihn im Herbst von Leoben über Villach zu einem ausgedehnten Spaziergang Gastein führte und dann durchs Ennstal wieder zurück nach Hause brachte.
Schwierigkeiten am Land
Aber derlei Promenierphasen kommen bei Becke selten vor. Seine Lust ist das Wandern. So schwärmt er vom Grazer Hügelland, von seinem Abstecher nach Klagenfurt, wo er den Pyramidenkogel bestaunt hat, oder von seinem Trip über den Semmering hin zur Hohen Wand. „All diese Ziele kann man problemlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen“, sagt Becke, der von seinen klimafreundlichen Touren regelmäßig auf dem Portal alpenvereinaktiv.com berichtet. Wer wie Becke autofrei auf Wanderschaft gehen will, der ist hier bestens aufgehoben. Unter „Zusatzinfos“ einfach den Filter „Anreisen mit den Öffis“ wählen, schon wird man in die einzelnen Bundesländer verlinkt und mit hilfreichen Öffi-Wandertipps versorgt.
Der positive Effekt für die Umwelt liegt bei dieser Art des Wanderns auf der Hand. Aber gibt es auch noch andere Vorteile? „Das Tolle ist, dass man richtige Streckenwanderungen machen kann: Wer mit dem Auto unterwegs ist, muss auch irgendwann wieder zum Auto zurück. Wer mit Öffis wandert, bei dem decken sich Start und Ziel nicht. Man kommt ganz woanders an und steigt dann einfach in den nächsten Bus und gondelt wieder heim“, schwärmt Becke. Doch was tun, wenn ein Bus mal nicht kommt oder ein Zug Verspätung hat? „Ganz wichtig ist, dass man sich nicht ärgert, sondern stattdessen die gewonnene Zeit nutzt“, schmunzelt der in sich ruhende Hobbyfotograf, der nie ohne seine Kamera aufbricht. Etwaige Wartezeiten verkürzt er sich dann mit einer kleinen „Bildersafari“ oder er gönnt sich ein Überbrückungsbierchen und schmökert dabei in einem Buch, das zu seinem Wander-Standardrepertoire gehört.
Aus Erfahrung hat Becke gelernt, dass man am Land durchaus mehr Geduld mitnehmen muss, wenn man auf Busse oder Züge baut. Irgendwie ist es verrückt, dass Menschen, die im Grünen leben, oft gar nicht die Möglichkeit haben, grün zu leben“, sinniert Becke über das oft lückenhafte Öffi-Netz außerhalb von urbanen Ballungsräumen. In größeren Städten sei man hingegen auch ohne Auto voll mobil. Kein Wunder also, dass man hier vermehrt auf Menschen trifft, die es Becke gleichtun und für ihre Auszeiten in der Natur lieber das Öffi-Netz studieren, als mittels Google Maps im PKW bergwärts zu düsen.
Ein Mobilitätsexot ist Becke übrigens keiner. Immer mehr Wanderer lassen – zumindest hin und wieder – ihr Auto stehen. Ihre Erfahrungen tauschen die Öffi-Bergfexe dann nicht nur bei einem Hoangascht in den Bergen, sondern auch im Internet aus. So findet man über www.bahn-zumberg.at nicht nur etliche Erfahrungsberichte, sondern kann mit dem Hashtag #bahnzumberg auf Facebook oder Instagram seine Öffi-Bergabenteuer posten oder sich auch als Tourenreporter*in bewerben und damit quasi in den Kollegenkreis von Max Becke rücken.
Hier geht’s zu den alpenvereinaktiv-Touren mit öffentlicher Anreise: t1p.de/oeffis
Christiane Fasching ist freiberufliche Journalistin aus Hall in Tirol.