Agrarforschung Schweiz, Heft 3, März 2014

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AGRAR FORSCHUNG SCHWEIZ 2 0 1 4

|

H e f t

3

Agroscope | BLW | HAFL | AGRIDEA | ETH Zürich

M ä r z

Umwelt

Bekämpfung des Rapsglanzkäfers mit dem ­Naturstoff Surround Seite 80

Agrarwirtschaft

Wie wirken die neuen Alpungsbeiträge? Seite 88

Pflanzenbau

Serie ProfiCrops: C harakterisierung von Innovationen am Beispiel HOLL-Raps Seite 104


Rapsglanzkäfer können in Rapskulturen grosse Schäden ­a nrichten. Bio- und Extenso-Bestände sind besonders ­gefährdet, weil ­I nsektizide dort verboten sind. ­Agroscope hat in Feldversuchen zahlreiche Naturstoffe auf ihre Wirksamkeit gegen Rapsglanz­käfer getestet. (Foto: Gabriela Brändle, Agroscope)

Inhalt März 2014 | Heft 3 79 Editorial Umwelt Bekämpfung des Rapsglanzkäfers mit 80

Impressum Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös­sische Ämter und weitere Fachinteressierte. Herausgeberin Agroscope Partner b Agroscope (Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB; Institut für Nutztierwissen­schaften INT; Institut für Lebensmittelwissenschaften ILM; Institut für Nachhaltigkeits­wissenschaften INH), www.agroscope.ch b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern, www.blw.ch b Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, ­Zollikofen, www.hafl.ch b Beratungszentrale AGRIDEA, Lindau und Lausanne, www.agridea.ch b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich, Departement für Umweltsystemwissenschaften, www.usys.ethz.ch Redaktion Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / ­Recherche Agro­nomique Suisse, Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21,Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch

dem ­Naturstoff Surround Werner Jossi, Clay Humphrys, Brigitte Dorn und Jürg Hiltbrunner Agrarwirtschaft Wie wirken die neuen Alpungsbeiträge? 88 Gabriele Mack und Christian Flury Pflanzenbau Anfälligkeit der Kartoffel gegenüber 96

durch ­Dickeya spp. verursachte Schwarzbeinigkeit Jérémie Rouffiange et al. Pflanzenbau – Serie ProfiCrops Charakterisierung von Innovationen in 104

der Pflanzenproduktion: das Beispiel HOLL-Raps

Judith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Agroscope, Postfach 1012, 1260 Nyon 1 E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Leiter Corporate Communication Agroscope), Evelyne Fasnacht, Erika Meili und Sibylle Willi (Agroscope), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (HAFL), Esther Weiss (AGRIDEA), ­Brigitte Dorn (ETH Zürich). Abonnement Preise Zeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten), inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–* * reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch Adresse Nicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch, Fax +41 26 407 73 00 Adressänderungen E-Mail: verkauf.zivil@bbl.admin.ch, Fax +41 31 325 50 58 Internet www.agrarforschungschweiz.ch www.rechercheagronomiquesuisse.ch ISSN infos ISSN 1663-7852 (Print) ISSN 1663-7909 (Internet) Schlüsseltitel: Agrarforschung Schweiz Abgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz © Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion. Erfasst in: Web of Science, CAB Abstracts, AGRIS

Camille Aouinaït, Bernard Jeangros, Vincent Nassar und Anna Crole-Rees 112

Pflanzenbau – Serie ProfiCrops

rofiCrops: Auf den Punkt gebracht – P ­Leistungsfähigkeit, Effizienz und Mehrwert Anna Crole-Rees und Lukas Bertschinger

Kurzbericht Wie die Rispenhirse auf Stickstoff reagiert 118 Samuel Knapp, Rosalie Aebi und Jürg Hiltbrunner 122 Porträt 123 Aktuell 127 Veranstaltungen


Editorial

Leuchttürme von Agroscope: ­ Die Forschungsprogramme Liebe Leserin, lieber Leser

Paul Steffen, Leiter Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH und Leiter Corporate Research Agroscope CRA

Die interdisziplinäre Programmforschung hat national und international einen hohen Stellenwert. Seit 1975 führt der Schweizerische Nationalfonds Nationale Forschungsprogramme durch, und ab Mitte der 1990er Jahre haben verschiedene Schweizer Forschungsinstitutionen ihre Aktivitäten mit eigenen Programmen ergänzt. Agroscope hat 2008 erstmals drei Forschungsprogramme lanciert, die im ersten Halbjahr 2014 abgeschlossen werden: AgriMontana, NutriScope und ProfiCrops. Unsere Erfahrungen bestätigen die Erkenntnis, dass die Disziplinen übergreifende Forschung ein grosses Potenzial zur Lösung relevanter und aktueller Probleme bietet. Dank vielfältiger Kompetenzen verfügt Agroscope über ideale Voraussetzungen dazu. Zwar wird die interdisziplinäre Programmforschung vereinzelt auch kritisch betrachtet, doch sie hat in der Vergangenheit laufend an Bedeutung gewonnen und wird auch in Zukunft wichtig bleiben. Zwei neue Agroscope-Forschungsprogramme Die Forschungsprogramme sind Leuchttürme von Agroscope. Deshalb starten im Frühling 2014 zwei neue Agroscope-Forschungs­ programme. Sie behandeln mittel- bis langfristig orientierte Themen mit einem Potenzial zum Aufbau neuer Forschungs- und Entwicklungsbereiche. Im Programm «Mikrobielle Biodiversität» wird das Erbgut von Mikroorganismen ausgewählter Ökosysteme der Land- und Ernährungswirtschaft analysiert. Diese Daten bilden die Grundlage dafür, natürlich vorhandene Mikroorganismen für eine nachhaltige Landwirtschaft sowie für qualitativ hochwertige, sichere Landwirtschaftserzeugnisse zu nutzen. Das Programm «REDYMO: Reduktion und Dynamik antibiotikaresistenter und persistenter Mikroorganismen entlang der Lebensmittelketten» soll die landwirtschaftliche Praxis, die Lebensmittelverarbeitung und betroffene Ämter in ihren Bestrebungen gegen die Bildung von Antibiotikaresistenzen unterstützen. Die neuen Forschungsprogramme sind «bottom-up» von mindestens zwei Agroscope-Instituten erarbeitet worden. Insgesamt wurden neun Vorschläge eingereicht, aus denen eine externe Expertengruppe zusammen mit der Agroscope-Fachgruppe Forschung die beiden Programme auswählte. Diese wurden anschliessend von der Geschäftsleitung Agroscope bewilligt. Für die Laufzeit von 2014 bis 2018 werden die Programme mit AgroscopeMitteln im Umfang von insgesamt 0,8 Millionen Franken pro Jahr unterstützt. Diese Mittel können für die Programmleitung, für Synthesearbeiten sowie Dissertationen und Postdocs eingesetzt werden. Die beiden Programme haben sich anspruchsvolle Ziele gesetzt. Ein Schlüssel zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen dürfte in einer erfolgreichen, interdisziplinären Zusammenarbeit liegen. Dies speziell mit Blick auf die Erkenntnis, dass die Lösungen für viele drängende Umwelt- und Gesellschaftsprobleme von verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen gemeinsam entwickelt werden müssen.

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U m w e l t

Bekämpfung des Rapsglanzkäfers mit dem ­Naturstoff Surround Werner Jossi1, Clay Humphrys1, Brigitte Dorn2 und Jürg Hiltbrunner1 Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften, 8046 Zürich, Schweiz 2 ETH Zürich, Departement Umweltsystemwissenschaften, 8092 Zürich, Schweiz Auskünfte: Werner Jossi, E-Mail: werner.jossi@agroscope.admin.ch

1

Abb. 1 | Vom Rapsglanzkäfer angefressene Knospen sterben ab. (Bild: Werner Jossi, Agroscope)

Einleitung Trotz guter Nachfrage nach möglichst ohne Pestizideinsatz angebautem Raps für die Ölherstellung bleibt die Anbaufläche für Bioraps klein. Die hohen Ansprüche von Winterraps an die Nährstoffversorgung und an den Pflanzenschutz sind wohl die Hauptgründe für den spärlichen Anbau. Auch beim Extenso-Raps dürfen nach den IP-Suisse-Richtlinien keine Insektizid-Behandlungen durchgeführt werden. Die grössten Ertragseinbussen werden meistens durch den Rapsglanzkäfer Meligethes aeneus und M. viridescens verursacht. Mit der zunehmenden Resistenzbildung von Rapsglanzkäfern gegen

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den Wirkstoff Pyrethroid sind die Landwirte im konventionellen Rapsanbau zudem gezwungen, auf Produkte anderer Wirkstoffgruppen auszuweichen. Rapsglanzkäfer naturnah bekämpfen Auf der Suche nach alternativen Bekämpfungsmöglichkeiten werden bei Agroscope seit einigen Jahren Versuche zur mikrobiellen Bekämpfung des Rapsglanzkäfers durchgeführt (z.B. Kuske et al. 2011). Gleichzeitig wurden von Agroscope auch zahlreiche Naturstoffe in Laborund Feldversuchen auf ihre Wirksamkeit gegen den Rapsglanzkäfer getestet. Bekannte Bioinsektizide wie NeemAzal® und Pyrethrum® wiesen keine genügende


Wirkung auf. Hingegen konnte der Käferbefall auf den Blütenknospen mit der Applikation von stäubenden Produkten wie Steinmehl und Holzasche während einigen Tagen reduziert werden (Dorn et al. 2013). Weil Stoffe wie Steinmehl in der Praxis schwierig anzuwenden sind, wurden in den Feldversuchen auch diverse andere, in Wasser dispergierende Gesteinsmehle, geprüft. Gut geeignet war das kaolinhaltige Pflanzenschutzmittel Surround® (Stähler Suisse SA, Zofingen), das bereits in der Schweiz zur Bekämpfung des Gemeinen Birnenblattsaugers (Cacopsylla pyri) zugelassen ist und mit einer herkömmlichen Feldspritze appliziert werden kann. Das Produkt weist zudem in Kombination mit einem Netzmittel eine gute Haftung an den Rapspflanzen auf, die auch bei Regenwetter einige Tage anhält. Das natürlich vorkommende Gestein Kaolin, auch weisse Tonerde genannt, enthält als Hauptbestandteil das Tonmineral Kaolinit. Neben Steinmehl und Surround wurden auch andere Naturstoffe wie das siliziumhaltige Pulver Silico-Sec (Humphrys und Jossi 2010) und das klinoptilolith-haltige Produkt Klinospray (Daniel 2013) zur direkten Bekämpfung von Rapsglanzkäfern in Praxisversuchen erprobt. Beide Naturstoffe lassen sich in Kombination mit einem Netzmittel ebenfalls mit einer Feldspritze ausbringen. In den vorliegenden dreijährigen Versuchen wurde die Wirkung von Surround auf die Rapsglanzkäfer und den Kornertrag mit derjenigen von konventionellen Insektiziden und einer unbehandelten Kontrolle verglichen. Kühle Witterung stoppt den Käferfrass Im Versuchsgebiet setzte sich die Rapsglanzkäferpopulation, die anhand von Gelbschalenfängen in den Jahren 2009 bis 2011 bestimmt wurde, aus 91 % Meligethes aeneus und 9 % M. viridescens zusammen. Die Rapsglanzkäfer fliegen im Frühjahr bei Temperaturen über 15 °C in die Rapsfelder ein und beginnen ab Stadium BBCH 51 mit dem Frass an den jungen Blütenknospen. Um an den Blütenpollen zu gelangen, zerstören sie die Knospen und reduzieren so die ertragsbildenden Schoten (Abb. 1). Ab Blühbeginn lässt der Schaden nach, weil die Käfer zunehmend die offenen Blüten bevorzugen. Das Käferweibchen legt die Eier ins Innere der Blütenknospen ab. Die ausgeschlüpften Larven entwickeln sich in den Rapsblüten und ernähren sich ebenfalls von Pollen, jedoch ohne grosse Schäden zu verursachen. Das Schadenspotenzial des Rapsglanzkäfers ist abhängig von der Frühjahrswitterung. Die wärme­ liebenden Käfer steigern ihre Fressaktivität erst bei Temperaturen über 15 °C. Unter 10 °C verhalten sie sich regungslos in einer Art Kältestarre. Die Rapspflanze ist

Zusammenfassung

Bekämpfung des Rapsglanzkäfers mit dem ­N aturstoff Surround | Umwelt

Rapsglanzkäfer Meligethes spp. können an Rapskulturen grosse Schäden verursachen. Gefährdet sind besonders Bio- und ExtensoBestände, weil Insektizide dort verboten sind. Künftig könnten zudem durch die zunehmende Resistenzbildung des Rapsglanzkäfers auch im konventionellen Rapsanbau nichtchemische Behandlungsmöglichkeiten wichtig werden. Agroscope hat zahlreiche Naturstoffe auf ihre Wirksamkeit gegen Rapsglanzkäfer in Feldversuchen getestet. Gute Wirkung und Anwendbarkeit in der Praxis zeigte das kaolinhaltige Produkt Surround in Kombination mit einem rapsölhaltigen Netzmittel. Von 2011 bis 2013 wurde Surround unter ÖLN-Bedingungen in insgesamt zehn Grossparzellenversuchen mit konventionellen Insektiziden und einer unbehandelten Kontrolle verglichen. Surround wies eine statistisch gesicherte Wirkung von 50–70 % gegenüber der unbehandelten Kontrolle auf. Die Wirkungsdauer lag bei etwa fünf Tagen. Der Körnerertrag wurde mit einer Behandlung um durchschnittlich 10 % erhöht. Bei den chemisch-synthetischen Insektiziden betrug der Ertragszuwachs im Mittel 17 %. Mit einer zweiten Behandlung im Abstand von sechs bis zehn Tagen konnte der Ertrag bei beiden Bekämpfungsverfahren jeweils um nochmals durchschnittlich 7 % verbessert werden. In gut mit Nährstoffen versorgten Rapsfeldern lohnt sich eine Behandlung mit Surround aus wirtschaftlicher Sicht, sobald die Bekämpfungsschwelle von drei bis fünf Käfern pro Pflanze erreicht ist.

dagegen weniger kälteempfindlich und entwickelt sich auch bei kühleren Temperaturen. In den drei Jahren 2011 bis 2013 war die Frühjahrswitterung in der Versuchsregion unterschiedlich: 2011 war es vorwiegend trocken und warm. 2012 folgte nach einer kurzen Wärmephase von Ende März bis anfangs April eine nasskalte Periode, die bis zur Rapsblüte andauerte. Der Vegetationsbeginn 2013 war spät, erst gegen Ende April wurde es wärmer, aber niederschlagsreich. Die warmen Temperaturen während des Knospenstadiums in den Jahren 2011 und 2013 begünstigten den Käferfrass stark. Durch die kühle Witterung im April 2012 bis zum Blühbeginn des Rapses waren die Schäden hingegen deut- 

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Umwelt | Bekämpfung des Rapsglanzkäfers mit dem ­N aturstoff Surround

8 Rapsglanzkäfer pro Pflanze

7 6 5 4 3 2

1 Tag… 3 Tage… 5 Tage nach Behandlung

1 0

Unbehandelt

Käferwirkung: 0 (Abbott) Kornertrag: 22,0 Relativertrag: 100 Tukey-Test: c

nur Telmion

nur Surround

11 23,0 104 bc

17 22,6 103 bc

Surround+Telmion Insektizid (Talstar) 56 25,4 116 abc

62 % 28,4 dt/ha 129 % a

Abb. 2 | Anzahl Rapsglanzkäfer pro Pflanze 1, 3 und 5 Tage nach der Behandlung mit dem Netzmittel Telmion, mit Surround alleine, mit Surround + Telmion sowie mit dem Insektizid Talstar im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle (Mittelwerte +/- Standardabweichung). Unten: Durchschnittliche Wirkung gegen Käfer nach Abbott, Körnerertrag (dt/ha) und Relativertrag (unbehandelte Kontrolle = 100 %). Verfahren mit gleichen Buchstaben sind statistisch nicht signifikant verschieden (Tukey-HSD-Test, P < 0,05). Versuch 2011, Sorte Aviso.

lich geringer. Der mittlere Befallsdruck war in den drei Jahren mit durchschnittlich fünf bis sechs Käfern pro Pflanze hoch und lag deutlich über der wirtschaftlichen Schadenschwelle von drei bis fünf Käfern (Bekämpfungsschwellen 2012). Dank grossen Versuchsparzellen konnte die spätere Zuwanderung von Rapsglanzkäfern aus unbehandelten beziehungsweise kahlgefressenen Parzellen reduziert werden.

Material und Methoden In den Jahren 2011 bis 2013 wurden an Agroscope Reckenholz-Tänikon insgesamt zehn randomisierte Feldversuche mit je vier bis sechs Wiederholungen unter ÖLN-Bedingungen durchgeführt. Die Parzellengrösse betrug 80–120 m². Die Behandlungen erfolgten wie bei der Insektizidanwendung in den Knospenstadien BBCH 53–59, also vor der Rapsblüte. Wenn möglich wurde nach sechs bis zehn Tagen in der halben Parzellenfläche eine zweite Behandlung durchgeführt. Surround wurde mit einer Dosierung von 25 kg bei der ersten und mit 20 kg bei der zweiten Behandlung in 400 l Wasser pro Hektare angewendet. Um eine gute und gleichmässige Haftung des Spritzbelages auf den Pflanzen zu erzielen, wurde der Spritzbrühe das biotaugliche Netzmittel Telmion (4 l/ha) (Omya AG, Oftringen) beigemischt. Behandelt wurde mit einer Kleinparzellen-Motorspritze mit Rührwerk und einem Druck von 5 bar. Der 6 m breite Spritzbalken war mit zwölf Lechler-Antidriftdüsen (IDK 120 – 02) ausgestattet. Die Anzahl Käfer pro Pflanze wurden vor sowie ein, drei und fünf Tage nach

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der Behandlung ermittelt. Nach der zweiten Behandlung wurden die Käferzahlen nur noch einmal erhoben, weil die Auszählung mit der zunehmenden Streckung der Seitentriebe erschwert war. An drei Stellen pro Parzelle wurden jeweils an fünf aufeinanderfolgenden Pflanzen die Käfer gezählt. Ab dem Stadium BBCH 55 wurden die Käferauszählungen ausschliesslich am Haupttrieb durchgeführt. In den Versuchen wurden die empfohlenen Liniensorten Aviso, Adriana, Sammy und die Hybridsorten Visby und Compass angebaut (Hiltbrunner und Pellet 2010 und 2013). In den Jahren 2011 und 2012 wurde zusätzlich noch je ein Split-Plot-Versuch (Hauptfaktor Behandlung) mit zwei Stickstoff-Düngungsstufen von 70 und 120 kg N/ha durchgeführt. Die 180 m² grossen Parzellen wurden dazu in zwei 90 m2 grosse Teilparzellen aufgeteilt. Die erste N-Gabe von 70 kg/ha erfolgte auf der ganzen Fläche anfangs März in Form von Bor-Ammonsalpeter (27,5 % N; 0,5 % B) mit dem Düngerstreuer. Die zweite Gabe (50 kg N/ha) wurde anfangs April als Ammonsalpeter (25 % N, 5 % Mg, 8 % S) nur auf der halben Parzellenfläche von Hand gestreut. 2011 wurde Ende Mai bei beiden N-Düngungsstufen, 2012 nur in der tieferen N-Stufe, die Anzahl Schoten am Haupttrieb und an den Nebentrieben gezählt.

Resultate und Diskussion Ausreichende Wirkung nur mit Netzmittelzusatz Im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle konnte in einem Versuch 2011 mit Surround im Durchschnitt von drei Auszählungen eine Wirkung gegen den Käfer von


Bekämpfung des Rapsglanzkäfers mit dem ­N aturstoff Surround | Umwelt

160 140

117

110

124

117

Prozent

120 100

96

95

92

95

80 60 40 20

Kornertrag TKG

0 Surround+Telmion

Insektizid

1 Behandlung

Surround+Telmion

Insektizid

2 Behandlungen

Abb. 3 | Kornertrag und Tausendkorngewicht (TKG) bei ein- und zweimaliger Behandlung mit Surround + Telmion und mit chemisch-synthetischen Insektiziden im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle (= 100 %). Mittelwerte (+/- Standardabweichung) von 10 Feldversuchen (2011–2013). Signifikanzen s. Tab. 1.

17 % erzielt werden (Abb. 2). Durch die Zugabe des Netzmittels Telmion wurde die Wirkung im Vergleich zum alleinigen Einsatz verstärkt und war mit derjenigen von Talstar, dem chemisch-synthetischen Produkt, vergleichbar (Abb. 2). Labortests von Agroscope zeigten, dass nur etwa 30  % der direkt besprühten Käfer durch die Behandlung mit Surround getötet werden (Dorn et al. 2013). Man kann folglich davon ausgehen, dass die meisten Käfer im Freiland die Behandlung überleben und vor allem durch den Spritzbelag vom Frass an den Blütenknospen abgehalten werden. Nach der Applikation von Surround blieb der weissliche Kaolin-Belag einige Tage sichtbar an den Pflanzen haften und wurde auch bei Niederschlägen kaum weggespült. In den Versuchen konnten keine negativen Einflüsse des Spritzbelags auf die Rapspflanzen beobachtet werden. Jedoch wurde festgestellt, dass das Tausendkorngewicht in den behandelten gegenüber den unbehandelten Parzellen leicht reduziert war (Abb. 3). Diese Reduktion wurde auch beim chemisch-synthetischen Verfahren festgestellt. Die bessere Kornfüllung in den geschädigten unbehandelten Parzellen ist daher vermutlich auf das Kompensationsverhalten der Rapspflanzen zurückzuführen. Das bestätigen auch die Ertragsergebnisse des Versuches am Standort Tänikon im Jahr 2013 (Abb. 4). Die Versuchsflächen wurden wegen des starken, langanhaltenden Befalls von durchschnittlich acht Käfern pro Haupttrieb in wöchentlichen Abständen dreimal behandelt. Mit der Kombination von Surround und Telmion wurde der Ertrag um 17 % und mit den Insektiziden Plenum, Biscaya und Audienz um 13 % statistisch gesichert erhöht; beim Tausendkorngewicht wurden keine signifikanten Unterschiede festgestellt.

Ergebnisse aller Versuche Surround mit 1 % Telmion führte während der ersten fünf Tage nach der Behandlung in allen Versuchen zu einer signifikanten käferreduzierenden Wirkung (Tab. 1). Der Wirkungsgrad nach Abbott betrug gegenüber der unbehandelten Kontrolle durchschnittlich 65 %, beim Insektizidverfahren 81  %. Die Unterschiede bei den Kornerträgen waren jedoch nicht in allen Versuchen statistisch gesichert. In den zehn Versuchen schwankten die Erträge zwischen 20 und 40 dt/ha. Wegen der starken Streuung und weil eine zweite Behandlung nicht in allen Versuchen notwendig war, werden die Kornerträge der besseren Vergleichbarkeit wegen als durchschnittliche Relativwerte im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle (= 100 %) angegeben (Tab. 1, Abb. 3). Mit der ersten Behandlung mit Surround wurde in den zehn Versuchen von 2011 bis 2013 ein durchschnittlicher Mehrertrag von 10 % gegenüber der unbehandelten Kontrolle erzielt; bei der konventionellen Insektizidbehandlung betrug der Ertragszuwachs 17  %. Die zweite Behandlung konnte 2012 wegen der kühlen Witterung nicht in allen Versuchen durchgeführt werden. Sie erhöhte den Ertrag in beiden Spritzverfahren um durchschnittlich 7 %. In einzelnen Versuchen im Jahr 2013 konnte Surround gegenüber wirkungsschwächeren Insektiziden wie Plenum und Audienz bei der Käferwirkung und dem Ertrag mithalten (Abb. 4). Rapspflanze kompensiert teilweise den Schaden Die Rapsglanzkäfer beginnen mit dem Frass an den jungen Blütenknospen in den Entwicklungsstadien BBCH 51–53. Dabei werden zuerst die Knospen, die später den Haupttrieb bilden, befallen. Bei starkem Befall fehlten 

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Umwelt | Bekämpfung des Rapsglanzkäfers mit dem ­N aturstoff Surround

Tab. 1a | Anzahl Rapsglanzkäfer vor sowie 1, 3, 5 und 7–10 Tage nach der ersten Behandlung und Relativertrag (unbehandelt = 100 %) sowie Tausendkorngewicht (TKG) bei den mit Surround + Telmion bzw. mit Insektizid behandelten Parzellen im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle. Mittelwerte von 10 Feldversuchen (2011–2013) Versuche mit einer Behandlung Verfahren

1 Tag n. Beh.

vor ­Behandl.

5 Tage n. 1. Beh.

3 Tage n. Beh.

7-10 Tage n. 1. Beh.

Relativ-Ertrag (%)

TKG

Unbehandelt

6,0

a

6,6

c

6,2

c

5,4

c

4,9

a

100

b

4,8

a

Surround+Telmion

6,0

a

2,2

b

2,3

b

2,2

b

3,9

a

110

a

4,5

b

Insektizid

5,5

a

1,3

a

1,1

a

1,2

a

3,8

a

117

a

4,6

b

Tab. 1b | Anzahl Rapsglanzkäfer nach erster und zweiter Behandlung mit Relativertrag (unbehandelt = 100 %) und TKG bei den mit ­S urround + Telmion bzw. mit Insektizid behandelten Parzellen im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle. Mittelwerte aus 7 Feldversuchen ( 2011– bis 2013). Verfahren mit gleichen Buchstaben sind statistisch nicht signifikant verschieden (Tukey- HSD-Test, P < 0,05) Versuche mit zwei Behandlungen Verfahren

5 Tage n. 1. Beh.

3 Tage n. Beh.

1 Tag n. Beh.

vor ­Behandl.

1. Tag nach 2. Beh.

TKG

Unbehandelt

5,5

a

5,8

b

5,5

b

6,2

c

4,5

b

100

b

4,8

a

Surround+Telmion

5,8

a

1,8

a

2,0

a

2,5

a

2,0

a

117

a

4,6

b

Insektizide

6,7

a

2,7

a

2,2

a

3,8

b

1,9

a

124

a

4,4

c

oder verkümmerten die verbleibenden Schoten am Haupttrieb vollständig. Gut mit Nährstoffen versorgte Rapspflanzen sind in der Lage, den Schaden des Rapsglanzkäfers durch ein erhöhtes Seitentriebwachstum mehr oder weniger stark auszugleichen. Je nach Witterungsbedingungen und Gesundheitszustand der Pflanzen verläuft dieser erwünschte Ausgleich unterschiedlich und verursachte in den Versuchen nicht selten eine Diskrepanz zwischen der ermittelten Schadwirkung und der Höhe des Kornertrags (Weymann et al. 2013).

b 100

In zwei Versuchen in den Jahren 2011 und 2012 wurde die durchschnittliche Anzahl Schoten pro Pflanze mit einer Behandlung mit Surround um 15 % und mit einem Insektizid um 22 % gegenüber der unbehandelten Kontrolle erhöht (Abb. 5). Bei zwei Behandlungen erhöhte sich die Anzahl Schoten um 29 % beziehungsweise 33 %. Ähnlich waren die Auswirkungen auf den Ertrag. Mit einer Behandlung mit Surround wurde 13 %, mit dem Insektizid 22 %, mit zwei Surround-Behandlungen 20 % und mit zwei Insektizid-Einsätzen 41 % Mehrertrag im

a 113

a 117

35

dt/ha bzw. g

30 25 20 15 a 100

10

a 103

5 0

a 92 Kornertrag TKG

Unbehandelt

Dosierungen: Wirkung gegen Käfer:

Surround+Telmion 1%

1. Behandlung 2. Behandlung 3. Behandlung 0 %

25 kg/ha 20 kg/ha 20 kg/ha 64 %

Insektizide Plenum 0,15 kg/ha Biscaya 0,4 l/ha Audienz 0,2 l/ha 34 %*) (Abbott)

*vermutlich zu tiefe Wirkung, weil inaktive, auf den Pflanzen verbleibende Käfer mitgezählt wurden.

Abb. 4 | Kornertrag (dt/ha) und Tausendkorngewicht (TKG in g) nach drei Behandlungen mit Surround + Telmion und mit chemisch-synthetischen Insektiziden im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle. Mittelwerte (+/- Standard­a bweichung) des Versuchs 2013 (Sorte Compass). Verfahren mit gleichen Buchstaben sind statistisch nicht signifikant verschieden (Tukey-HSD-Test, P < 0,05). Unten: Dosierungen der Behandlungsprodukte und Wirkung gegen ­K äfer nach Abbott (Mittelwerte aus 4 Erhebungen).

84

Relativ-Ertrag (%)

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Bekämpfung des Rapsglanzkäfers mit dem ­N aturstoff Surround | Umwelt

140 120 Prozent

100 80 60 40 20 0

115 113

* 95

* 122 122

Surround+Telmion

* 94

* * 129 120

Insektizid

* 93

* * 133 141

Surround+Telmion

1 Behandlung

Anzahl Schoten Kornertrag TKG

* 88

Insektizid

2 Behandlungen

Abb. 5 | Relativwerte für Anzahl Schoten pro Rapspflanze, Kornertrag und Tausenkorngewicht (TKG) in Prozent (unbehandelt = 100 %). Mittelwerte (+/- Standardabweichung) von zwei Versuchen (2011: Sorte Aviso; 2012: Sorte Visby). *Signifikante Unterschiede gegenüber Unbehandelt (Tukey- HSD-Test, P < 0,05).

Vergleich zur unbehandelten Kontrolle erzielt. Bei der Auszählung der Schoten wurde festgestellt, dass der Mehrertrag hauptsächlich über neu gebildete Schoten an den Nebentrieben erzeugt wurde. In einigen Versuchen wurde bei den unbehandelten Parzellen zudem ein leicht erhöhtes Tausendkorngewicht nachgewiesen (P < 0,05, Tab. 1, Abb. 3). Bezüglich Ertrag gibt es bei den Rapssorten unterschiedliche Ausprägungen: Einzelne Sorten bilden den Ertrag mehrheitlich über eine hohe Anzahl Samen, während andere vor allem grosse Samen ausbilden. Zwischenformen existieren ebenfalls (Pellet und Hiltbrunner 2013). Das Kompensationsvermögen der Rapspflanzen nach einem durch die Rapsglanzkäfer verursachten Schaden des Tausendkorngewichts kann somit auch mit der Wahl einer geeigneten Sorte beeinflusst werden. In den Versuchen wurde die bessere Kornfüllung bei der unbehandelten Kontrolle vor allem bei den Sorten Aviso und Visby festgestellt (Abb. 5). Einfluss der Stickstoff-Düngung Mit den beiden Split-Plot-Düngungsversuchen wurde untersucht, ob das Kompensationsverhalten der Rapspflanze mit einer guten Stickstoffversorgung verbessert

werden kann. Im Durchschnitt der fünf Verfahren wurde mit der zusätzlichen Gabe von 50 kg N/ha die Anzahl Schoten um 24 % und der Kornertrag um 13 % erhöht, das Tausendkorngewicht wurde hingegen um 4 % verringert (Abb. 6). Die Ertragssteigerung durch die zweite Stickstoffgabe war in allen Verfahren etwa gleich hoch und entsprach mit durchschnittlich 13 % ungefähr der mittleren Ertragszunahme nach einer Insektizid-Behandlung in den zehn Versuchen (Abb. 6). Die zusätzliche Gabe von 50 kg N/ha verursacht zudem etwa den gleichen Kostenaufwand wie eine Insektizid-Behandlung. Ist die Behandlung mit Surround wirtschaftlich? Für eine Surround-Behandlung mit einer Dosierung von 25 kg/ha und einem Telmion-Zusatz von 4 l/ha (inklusive Ausbringungskosten von CHF 75.–/ha), ist mit Auslagen von CHF 210.– pro Hektare zu rechnen. Um diesen Betrag abzugelten, ist bei einem Produzentenpreis von CHF 80.– pro dt Rapskörner ein Mehrertrag von rund 2,6 dt/ha nötig. Für zwei Behandlungen mit je 20 kg/ha Surround betragen die Behandlungskosten CHF 380.–, was dem Wert von 4,8 dt Rapssamen entspricht. Beim ermittelten Ertragszuwachs von 10 % durch eine Surround-Behand- 

30

dt/ha

25 20 15 10 70 kg N/ha 120 kg N/ha

5 0 Unbehandelt

Surround 1x

Insektizid 1x

Surround 2x

Insektizid 2x

Veränderung durch 2. N-Gabe: Mittel: Schoten: + 21 + 14 + 32 + 16 + 39 % + 24 % Ertrag: + 14 + 13 + 13 + 14 + 11 % + 13 % TKG: -4 -7 -3 -6 -1 % -4 %

Abb. 6 | Kornerträge (dt/ha) bei unterschiedlicher Stickstoffdüngung. Mittelwerte (+/- Standardabweichung) von zwei Versuchen (2011 und 2012). Tabelle unten: Wirkung (%) durch die 2. N-Gabe von 50 kg/ha auf Anzahl Schoten, Kornertrag und Tausendkorngewicht (TKG).

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Umwelt | Bekämpfung des Rapsglanzkäfers mit dem ­N aturstoff Surround

Abb. 7 | Sichtbare Wirkung der Surround-Behandlung gegen den Rapsglanzkäfer durch erhöhte Blühintensität. (Bilder: Werner Jossi, Agroscope)

lung würde sich die Behandlung erst ab einem Körnerertrag von 25 dt/ha lohnen. Mit zwei Behandlungen und einem mittleren Ertragszuwachs von 15–20 % sind mindestens 30 dt/ha nötig. Im Durchschnitt der zehn in den Jahren 2011 bis 2013 durchgeführten Versuche hätte sich eine Behandlung mit 25 kg/ha Surround wirtschaftlich gelohnt. Die Extensoprämien wurden in den Berechnungen nicht mitberücksichtigt. Für Biobetriebe mit einem Produzentenpreis für Raps von CHF 220.–/dt würde sich ein Einsatz bereits auf einem tieferem Ertragsniveau von rund 10–15 dt/ha lohnen. Eine Ertragssteigerung durch die Surround-Behandlung ist im Bioanbau jedoch nur sinnvoll, wenn der Raps ausreichend mit Nährstoffen versorgt ist. Primär sollte deshalb im Bio- und Extenso-Rapsanbau in eine gute Nährstoffversorgung investiert werden, damit der Schaden zusätzlich auch durch die Bildung von neuen Schoten kompensiert werden kann.

Empfehlungen für die Praxis Beim Einsatz von alternativen Bekämpfungsmitteln wie Surround gegen Rapsglanzkäfer können die Schoten am Haupttrieb meist nicht ausreichend vor dem Käfer­ frass geschützt werden. Wegen der kurzen Wirkungsdauer sollte Surround deshalb nicht zu früh sondern erst in den Stadien BBCH 53–59 angewendet werden. Damit können hauptsächlich die für die Ertragsbildung wichtigeren Nebentriebe wirksam geschützt werden. Bei anhaltend hohem Käferbefall kann eine zweite Surround-Behandlung den Schutz der Rapspflanzen verbessern.

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Agrarforschung Schweiz 5 (3): 80–87, 2014

Im konventionellen Rapsanbau sind bei starkem Befall oft zwei bis drei Insektizid-Einsätze nötig. Anhand der Ergebnisse des Versuchs in Tänikon im Jahr 2013 (Abb. 4) könnte Surround möglicherweise auch anstelle einer dieser Insektizidspritzungen eingesetzt werden, um der zunehmenden Resistenzbildung vorzubeugen. Primär muss im Rapsanbau durch eine intakte Bodenstruktur und eine ausreichende Nährstoffzufuhr die Pflanzenentwicklung gefördert werden, da kräftige Pflanzen Frassschäden deutlich besser kompensieren als mangelernährte. Der Einsatz von Surround lohnt sich deshalb nur, wenn bei warmer Witterung die Bekämpfungsschwelle erreicht ist und sich die Rapspflanzen in einem guten Gesundheitszustand befinden. Das Produkt Surround steht zurzeit noch im Bewilligungsverfahren für den Einsatz gegen Rapsglanzkäfer und könnte voraussichtlich mit der Indikation «Teilwirkung gegen Rapsglanzkäfer» vom Bundesamt für Landwirtschaft zugelassen werden. Eine allfällige Anwendung im Extensoanbau wäre nach den geltenden Beitragsbedingungen (Direktzahlungsverordnung, Art. 69) nicht erlaubt und dürfte auch im Bioanbau erst eingesetzt werden, wenn das Produkt in die Hilfsstoffliste des FiBLs aufgenommen wird. Der Einsatz im ÖLN-Rapsanbau als resistenzverlangsamende Methode wäre aber unmittelbar nach der Zulassung möglich. n

Dank

Wir bedanken uns bei Bio Suisse und IP-Suisse für die Teilfinanzierung der Untersuchungen.


Lotta al meligete della colza mediante la sostanza naturale Surround I meligeti della colza Meligethes spp. possono causare ingenti danni a queste colture. Particolarmente a rischio sono le coltivazioni estensive e biologiche, nelle quali è vietato l'impiego di insetticidi. A causa del crescente sviluppo di resistenze nei meligeti della colza, però, in futuro modalità di trattamento non chimiche potrebbero rivelarsi preziose anche nella coltivazione convenzionale. Agroscope ha testato, in esperimenti sul campo, l'efficacia di numerose sostanze naturali contro tale meligete. Si è dimostrato efficace e facilmente applicabile nella pratica il prodotto Surround contenente caolino, combinato con un umidificante contenente colza. Dal 2011 al 2013, tale prodotto è stato applicato in condizioni PER su un totale di dieci grandi particelle sulle quali venivano impiegati insetticidi convenzionali ed è stato messo a confronto con una particella di controllo, non trattata. Il risultato ha rivelato, per Surround, un effetto statistico garantito del 50–70 % rispetto alla finestra di controllo non trattata. L'efficacia si è protratta per circa cinque giorni. Con un trattamento si è potuta aumentare la resa, in media, del 10 %. Nelle particelle trattate con insetticidi chimico-sintetici la crescita della resa è stata, in media, del 17 %. Con un secondo trattamento, a distanza di 6–10 giorni, per entrambe le procedure di lotta si è registrato un ulteriore aumento medio della resa del 7 %. Nei campi di colza ricchi di sostanze nutritive un trattamento con Surround risulta redditizio, dal profilo economico, se la soglia di lotta raggiunge i 3–5 meligeti per pianta.

Literatur ▪▪ Bekämpfungsschwellen, 2012. Bekämpfungsschwellen für Massnahmen gegen Schadorganismen im Feldbau (ÖLN). Arbeitsgruppe für Bekämpfungsschwellen im Feldbau. Datenblätter Ackerbau, Agridea, 1.0.3–8. ▪▪ Daniel C., 2013. Resultate der Rapsglanzkäferversuche 2012. Bericht FiBL. Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL). Zugang: http://orgprints.org/22174/ [09.01.13]. ▪▪ Dorn B., Jossi W., Humphrys C. & Hiltbrunner J., 2013. Screening of natural products in the laboratory and the field for control of pollen beetles. Journal of Applied Entomology, Online-Publikation [3.10.2013]. ▪▪ Hiltbrunner J. & Pellet D., 2010. Liste der empfohlenen Winterrapssorten für die Ernte 2011. Agrarforschung Schweiz 1 (5), Beilage. ▪▪ Hiltbrunner J. & Pellet D., 2013. Liste der empfohlenen Winterrapssorten für die Ernte 2014. Agrarforschung Schweiz 4 (5), Beilage.

Summary

Riassunto

Bekämpfung des Rapsglanzkäfers mit dem ­N aturstoff Surround | Umwelt

Controlling pollen beetle with the natural agent «Surround» Meligethes spp. (pollen beetles) can cause major damage to oilseed rape crops. Organic and extensively farmed stands are especially at risk, since the use of insecticides on them is prohibited. Moreover, the pollen beetle’s increasing resistance means that non-chemical treatment options could also become important for conventional oilseed rape cultivation in future. Agroscope has tested numerous natural agents in field trials for efficacy against the pollen beetle. The kaolin-containing product Surround showed good efficacy and usability in practice when used in combination with a wetting agent containing rapeseed oil. From 2011 to 2013, Surround was compared under PEP conditions with conventional insecticides and an untreated control in a total of 10 large-plot trials, where it exhibited a statistically significant efficacy of 50–70 % vis-à-vis the untreated control. The duration of effect was approx. five days. With one treatment, the use of Surround increased grain yield by an average of 10 %, whilst the chemical-synthetic insecticides produced an average increase in yield of 17 %. A second treatment after a gap of 6–10 days improved the yield for both methods of control by an additional 7 % on average. In oilseed rape fields that are well supplied with nutrients, a treatment with Surround is worthwhile in economic terms as soon as the control action threshold of 3–5 beetles per plant has been reached. Key words: kaolin, pollen beetle, Meligethes spp., oilseed rape.

▪▪ Humphrys C. & Jossi W., 2009. Control of pollen beetle in organic ­f arming with plant protecting agents. In: Werte – Wege – Wirkungen: Biolandbau im Spannungsfeld zwischen Ernährungssicherung, Markt und Klimawandel. Beiträge zur 10. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau, 11.– 13. Februar 2009, ETH Zürich, Band 1, 312–313. ▪▪ Kuske S., Schweizer C. & Kölliker U., 2011. Mikrobielle Rapsglanzkäferbekämpfung: Erste Erfahrung aus der Schweiz. Agrarforschung Schweiz 2 (10), 454 – 461. ▪▪ Weymann W., Böttcher U., Sieling K. & Kage H., 2013. Einfluss von Witterungsbedingungen auf die Ertragsbildung. Raps – Die Fachzeitung für Spezialisten 4, 32–34.

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A g r a r w i r t s c h a f t

Wie wirken die neuen Alpungsbeiträge? Gabriele Mack und Christian Flury Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH, 8356 Ettenhausen, Schweiz Auskünfte: Gabriele Mack, E-Mail: gabriele.mack@agroscope.admin.ch

Abb. 1 | Die Sömmerung von Kühen, Rindern und Kleinvieh fördert die Erhaltung von Alpweiden, ein wichtiges Element der A ­ lpenlandschaft. (Foto: Gabriela Brändle, Agroscope)

Einleitung Der Alpung und der Nutzung der Sömmerungsweiden kommt in der Schweiz eine hohe Bedeutung zu, da die Alpwirtschaft massgeblich zur Multifunktionalität der Landwirtschaft beiträgt (Calabrese 2012). Nach Mack et al. (2008) erwirtschaftet die Alpwirtschaft mehr als 10 % des Einkommens der Landwirtschaft, in der Bergregion sind es sogar mehr als 30 %. Mit der Alpwirtschaft sind zudem öffentliche Leistungen und gesellschaftliche Interessen verbunden, sei es die Bewirtschaftung und Pflege der Alpweiden, die ein herausragendes Element der Kulturlandschaft bilden (Baur et al. 2007), oder die Erhaltung der mit der Alpwirtschaft verbundenen Kultur.

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Die Bedeutung der Alpwirtschaft widerspiegelt sich in der Agrarpolitik, gibt es doch eine Reihe von Fördermassnahmen. Speziell den Sömmerungsbeiträgen, die an die Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter der Alpbetriebe ausgerichtet werden, kommt zur Förderung und Sicherung der Alpbestossung eine hohe Bedeutung zu (Mack und Flury 2008; Lauber et al. 2011). Die Beiträge wurden in der Vergangenheit mehrfach erhöht und werden im Rahmen der Agrarpolitik 2014–2017 nochmals aufgestockt. Prognosen zur Entwicklung der Sömmerung gehen aber davon aus, dass die Bestossung im Sömmerungsgebiet zurückgehen wird (Lauber et al. 2011), weil die Sömmerungsbeiträge bei einem insgesamt sinkenden Tierbestand (Mann et al. 2012, Flury et al. 2012) nicht


genügen, um den heutigen Sömmerungsbestand zu halten. Dieser Entwicklung soll mit den Alpungsbeiträgen entgegengewirkt werden. Sie werden für Ganzjahresbetriebe ausgerichtet, die ihre Tiere sömmern, und ersetzen den bisherigen Sömmerungszuschlag, der mit der Aufhebung der tierbezogenen Direktzahlungen entfällt. Für die Alpungs- und die Sömmerungsbeiträge sollen in Zukunft mehr als 200 Mio. Franken ausgerichtet werden, was gegenüber heute einer Verdoppelung der Fördermittel entspricht. Ergänzend werden für das Sömmerungsgebiet neu Biodiversitäts- und Landschaftsqualitätsbeiträge eingeführt. Ziel des vorliegenden Beitrags ist, die Wirkung der neu eingeführten Alpungsbeiträge im Sinne einer exante Evaluation zu untersuchen. Im Zentrum stehen drei Fragen: ••Wie entwickeln sich die Bestände raufutterverzehrender Tiere insgesamt und die Zahl der gesömmerten Tiere unter den Rahmenbedingungen der Agrarpolitik 2014–2017? ••In welchem Ausmass fördern die Alpungsbeiträge die Sömmerung von Tieren und tragen damit zur Bewirtschaftung der Alpweiden bei? ••Sind die Alpungs- und die Sömmerungsbeiträge in der Lage, die Bestossung auf einem Niveau aufrechtzuerhalten, das für die flächendeckende Bewirtschaftung und Pflege der Alpweiden notwendig ist?

Zusammenfassung

Wie wirken die neuen Alpungsbeiträge? | Umwelt

Mit der Agrarpolitik 2014–2017 werden neu Alpungsbeiträge für Ganzjahresbetriebe eingeführt. Die Beiträge sollen den Heimbetrieben einen zusätzlichen Anreiz bieten, ihre Tiere zu sömmern. Berechnungen mit dem agentenbasierten Modell SWISSland zeigen, dass die Alpungsbeiträge die Bestossung in Kombination mit den bisherigen Sömmerungsbeiträgen stark unterstützen. Dennoch genügen die Sömmerungs- und Alpungsbeiträge nicht, um die Abnahme der Tierbestände im Sömmerungsgebiet aufzuhalten. Überdurchschnittliche Rückgänge sind bei den Schafen und Ziegen zu erwarten, während die Zahl der gesömmerten Mutterkühe, des übrigen Rindviehs und der Milchkühe weniger stark zurückgeht. Hauptgrund für die sinkenden Sömmerungszahlen ist die mit der Umsetzung der Agrarpolitik 2014– 2017 einhergehende Reduktion des Tierbesatzes auf den Ganzjahresbetrieben. Offen ist, wie stark die Nutzung und Pflege von Sömmerungsweiden durch die neuen Massnahmen zur Förderung der Biodiversität und der Landschaftsqualität unterstützt werden können.

Diese Fragen werden auf der Grundlage von Modellrechnungen mit dem agentenbasierten Modell SWISSland beantwortet. Bisherige Entwicklung der Sömmerungsbestände Die Bestände der gesömmerten Tiere sind seit dem Jahr 2000 leicht zurückgegangen (Abb. 2). Während im ­Mittel der Jahre 2000/01 noch 302 490 Normalstösse1 gesömmert wurden, waren es 2011/12 noch 293 280 Normalstösse. Dies entspricht einem Rückgang um 3 %. Entscheidender als der leicht rückläufige Sömmerungsbestand sind die je nach Tierkategorie unterschiedlichen Veränderungen. Insbesondere haben sich die Sömmerungsbestände bei den Milchkühen (–13 %) und beim übrigen Rindvieh (–8 %) sehr deutlich reduziert. Teilweise wird dieser Effekt durch die mit der allgemeinen Strukturentwicklung einhergehenden Verlagerung von der Milchzur Mutterkuhsömmerung kompensiert, sind die Normal-

1 Ein Normalstoss (NST) entspricht der Sömmerung einer raufutterverzehrenden Grossvieheinheit (RGVE) während 100 Tagen. Die Definition des Normalstosses berücksichtigt neben der Art und Zahl der gesömmerten Tiere auch die Sömmerungsdauer. Veränderungen bei den Normalstössen sind damit nicht nur das Ergebnis veränderter Tierbestände, sondern werden auch von der Witterung und vom Futterwachstum beeinflusst.

stösse gesömmerter Mutterkühe doch markant gestiegen (+141 %). Dieser Anstieg hat zur Folge, dass die Bestände der gesömmerten Milch- und Mutterkühe insgesamt sogar leicht angestiegen sind. Beim Kleinvieh zeigt sich ebenfalls eine unterschiedliche Entwicklung, indem die Normalstösse bei den Schafen gesunken (–12 %) und diejenigen bei den Ziegen gestiegen sind (+18 %). Mit Blick auf das Ziel der Sömmerungsbeiträge, die Offenhaltung der Sömmerungsweiden sicherzustellen, ist vor allem der Rückgang bei den gesömmerten Schafen und beim übrigen Rindvieh kritisch einzustufen. Diese Tiere werden speziell auch zur Beweidung von höher gelegenen, entlegenen oder steilen Alpflächen eingesetzt, die nicht mit Kühen beweidet werden können. Ein Rückgang der gesömmerten Schafe und des übrigen Rindviehs dürfte damit eine Unternutzung bis hin zu einer Nutzungsaufgabe solcher Marginalstandorte nach sich ziehen. Umgekehrt werden Gunstlagen im Sömmerungsgebiet zunehmend intensiviert und  übernutzt.

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350000

105

300000

90

250000

75

200000

60

150000

45

100000

30

50000

15

0

0 2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

Sömmerungsbeiträge (in Mio. Fr.)

Gesömmerte Tiere (in NST)

Umwelt | Wie wirken die neuen Alpungsbeiträge?

Milchkühe Mutterkühe Übriges Rindvieh Schafe Ziegen Sömmerungsbeiträge

2012

Abb. 2 | Entwicklung der gesömmerten Tiere von 2000–2012. (Quelle: Sömmerungsstatistik BLW [div. Jahre])

Die an die Tiere gebundenen Sömmerungsbeiträge haben dieser bipolaren Entwicklung nur wenig entgegenzusetzen (Lauber et al. 2012). Dennoch werden die Sömmerungsbeiträge, welche die Wirtschaftlichkeit der Sömmerung massgeblich beeinflussen (Mack et al. 2008), als essentiell zur Aufrechterhaltung der Sömmerung eingestuft (Lauber et al. 2012). Heute werden pro Jahr rund 101 Mio. Franken für die Sömmerungsbeiträge aufgewendet, im Jahr 2000 waren es 81 Mio. Franken (Abb. 2). Diese Differenz erklärt sich durch die Anpassung der Beitragsansätze, die als Folge der bis 2004 sinkenden Sömmerungsbestände in den letzten zehn Jahren zweimal erhöht wurden.

Methode Die exante Evaluation der Alpungsbeiträge erfolgt mit dem von Agroscope entwickelten agentenbasierten Agrarsektormodell SWISSland (Möhring et al. 2010 und 2011). Das Modell bildet rund 3000 landwirtschaftliche Ganzjahresbetriebe und 675 Alpbetriebe ab, die einem jährlichen Optimierungsprozess unterzogen werden, und rechnet diese auf die gesamte Schweizer Landwirtschaft hoch. Grundlage für die Abbildung der Ganzjahresbetriebe sind die in der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten erfassten rund 3300 Referenzbetriebe, die rund 50 000 Betriebe in der Schweiz repräsentieren. Die Abbildung der 675 Alpbetriebe basiert auf einer Befragung (Calabrese 2012). In beiden Gebieten sind betriebliche Wachstums- und Strukturwandelprozesse abgebildet, indem wachstumsorientierte Agenten

90

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die frei werdenden Flächen von Nachbarbetrieben, die den Betrieb unter bestimmten Umständen aufgeben, übernehmen. Entsprechend macht SWISSland auch Aussagen zur Strukturentwicklung. Allen Berechnungen liegen die Rahmenbedingungen der Agrarpolitik 2014–2017 zugrunde. Für die Direktzahlungen gelten dabei die gemäss neuer Direktzahlungsverordnung vorgegebenen Ansätze. Die Sömmerungsbeiträge variieren je nach Tierkategorie zwischen 120 Franken (Schafe auf übrigen Weiden) und 400 Franken (gemolkene Kühe, Milchschafe und Milchziegen, Schafe bei ständiger Behirtung). Der Alpungsbeitrag beträgt gemäss Direktzahlungsverordnung 370 Franken pro gesömmerten Normalstoss und Jahr. Um den Einfluss der Alpungsbeiträge auf die Zahl der gesömmerten Tiere genauer abschätzen zu können, wird der Beitrag in den Modellrechnungen in vier Stufen (0, 185, 370, 555 Franken) variiert. Kosten von Produktionsmitteln und Agrarpreise Die Preisentwicklungen der Produktionsmittel und der Produktpreise werden in SWISSland exogen vorgegeben. Bis zum Jahr 2012 entsprechen diese Vorgaben der realen Preisentwicklung, ab 2013 wurden Expertenschätzungen bzw. Vorschätzungen aus dem europäischen Angebots- und Marktmodell CAPRI übernommen. Für die Agrarpolitik 2014–2017 zeigen diese Kalkulationen bis 2021 eine Milchpreissenkung um 1,8 % gegenüber 2012. Die Rindfleischpreise kommen bis 2021 um rund 4 % höher zu liegen als in 2012. Während die Preise in


Wie wirken die neuen Alpungsbeiträge? | Umwelt

Tab. 1 | Veränderung der Bestände raufutterverzehrender Tiere und der Zahl gesömmerter Tiere bis 2021 Tierbestand (in GVE) Tierkategorie

2012

Sömmerung (in GVE)

Veränderung zu 2012 2017

Veränderung zu 2012

2012

2021

Anteil Sömmerung (in Prozent) Veränderung zu 2012

2012

2017

2021

2017

2021

Milchkühe

596801

-6,10 %

-9,20 %

101601

-3,30 %

-9,00 %

16,90 %

2,90 %

0,20 %

Mutterkühe

88837

-9,30 %

-11,00 %

23673

-5,00 %

-6,10 %

26,10 %

4,80 %

5,50 %

Übriges Rindvieh

257693

-6,20 %

-10,00 %

104714

-4,20%

-8,40 %

40,40 %

2,10 %

1,70 %

Schafe

41748

-16,50 %

-25,70 %

27283

-7,60 %

-14,90 %

65,10 %

10,70 %

14,40 %

9393

-15,50 %

-21,30 %

6285

-11,10 %

-15,90 %

63,50 %

5,30 %

6,90 %

994473

-6,90 %

-10,40 %

263556

-4,40 %

-9,40 %

26,30 %

2,70 %

1,20 %

Ziegen Total

Quelle: Modellrechnungen SWISSland

Resultate Entwicklung der Sömmerung bis 2021 Unter den Rahmenbedingungen der Agrarpolitik 2014– 2017 ist in den nächsten Jahren ein Rückgang der gesömmerten Tiere zu erwarten. Die Erhöhung der Sömmerungsbeiträge und die neu eingeführten Alpungsbeiträge vermögen den mit dem sinkenden Gesamtbestand raufutterverzehrender Tiere (RGVE-Bestand) einhergehenden Rückgang der gesömmerten Tiere nicht vollständig aufzufangen (Abb. 3). Insgesamt sinkt der totale Tierbestand gegenüber dem Jahr 2012 bis ins Jahr 2021 um 10,4 % (bis 2017: –6,9 %), die Zahl der gesömmerten Grossvieheinheiten um 9,4 % (bis 2017: –4,4 %).

Der Rückgang der RGVE-Bestände ist einerseits eine Folge der Umlagerungen der tiergebundenen auf flächenbezogene Direktzahlungen im Rahmen der Agrarpolitik 2014–2017 (Mann et al. 2012; Flury et al. 2012). Andererseits sinken die Tierbestände, weil Betriebe im Zuge des Strukturwandels aus der landwirtschaftlichen Produktion aussteigen und die im Sektor verbleibenden Betriebe aufgrund steigender Kosten für Produktionsmittel und Investitionsgüter ihre Tierbestände nicht ausreichend erhöhen. Je nach Tierkategorie entwickeln sich die Sömmerungsbestände bis 2021 sehr unterschiedlich (Tab. 1): Überdurchschnittliche Rückgänge sind bei den Schafen und Ziegen zu erwarten, wohingegen die Zahl der gesömmerten Mutterkühe, des übrigen Rindviehs sowie der Milchkühe weniger stark zurückgeht. Insgesamt sinkt die Zahl der gesömmerten Milchkühe bis 2021 um 9,0 % und damit etwas schwächer als der Milchkuhbestand. Entsprechend werden im Jahr 2021 gemessen am 

100%

Gesömmerte Tiere (in RGVE)

300000

90%

250000

80% 70%

200000

60% 50%

150000

40%

100000

30% 20%

50000 0

10% 2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

0%

Entwicklung Tier- und Sömmerungsbestand (2012 = 100%)

der betrachteten Periode von 2013 bis 2021 insgesamt praktisch konstant bleiben, wird bei den Kosten aufgrund der Teuerung in der Vergangenheit von einem stetigen Anstieg ausgegangen.

Ziegen Schafe Übriges Rindvieh Mutterkühe Milchkühe Sömmerungsbestand total Tierbestand total

Abb. 3 | Entwicklung des Tierbestandes der Ganzjahresbetriebe sowie Entwicklung der gesömmerten Tiere. (Quelle: Modellrechnungen SWISSland)

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Umwelt | Wie wirken die neuen Alpungsbeiträge?

Tab. 2 | Einfluss der Alpungsbeiträge auf die Entwicklung der Tier- und Sömmerungsbestände und auf die Direktzahlungen nach Regionen Veränderung der gesömmerten RGVE und des totalen RGVE-Bestands bis 2021 relativ zu 2012 Mit Alpungsbeitrag 185 Franken

Ohne Alpungsbeitrag

Mit Alpungsbeitrag 370 Franken

Mit Alpungsbeitrag 555 Franken

Ges. RGVE

Totale RGVE

Ges. RGVE

Totale RGVE

Ges. RGVE

Totale RGVE

Ges. RGVE

Totale RGVE

-17,50 %

-10,40 %

-14,80 %

-10,20 %

-11,90 %

-10,00 %

-9,50 %

-10,00 %

Talregion Hügelregion

-14,10 %

-10,50 %

-11,00 %

-9,50 %

-8,30 %

-9,50 %

-8,30 %

-9,30 %

Bergregion

-13,70 %

-11,50 %

-11,20 %

-12,10 %

-8,80 %

-11,80 %

-6,20 %

-11,40 %

Total

-14,40 %

-10,80 %

-11,80 %

-10,50 %

-9,40 %

-10,40 %

-7,20 %

-10,20 %

Alpungsbeiträge (Mio.)

43,5

89,4

137,8

Sömmerungsbeiträge (Mio.)

98

99,5

100,9

102,4

Quelle: Modellrechnungen SWISSland

totalen Bestand etwas mehr Milchkühe gesömmert als heute. Auch sinken die Sömmerungsbestände beim übrigen Rindvieh (–8,4 %) und vor allem bei den Mutterkühen (–6,1 %) weniger stark als die Tierbestände, was sich in einem steigenden Sömmerungsanteil niederschlägt. Letzteres gilt auch für Schafe und Ziegen, bei denen in Zukunft gemessen am totalen Bestand mehr Tiere gesömmert werden als bisher.

Gesömmerte Tiere (in GVE)

Wirkung unterschiedlicher Alpungsbeiträge Die mit der Agrarpolitik 2014–2017 neu ausgerichteten Alpungsbeiträge für Ganzjahresbetriebe beeinflussen die Zahl der gesömmerten Tiere deutlich (Abb. 4). Im Jahr 2017 würde der Bestand gesömmerter Tiere ohne Alpungsbeiträge auf 234 954 GVE eingeschränkt (–10,1 % im Vergleich zu 2012). Bis ins Jahr 2021 würde ohne Alpungsbeiträge ein Rückgang der gesömmerten Tiere um über 14,4 % resultieren.

Mit den geplanten Alpungsbeiträgen von 370 Franken pro Normalstoss würden die Sömmerungsbestände wie oben dargestellt um 4,4 % (2017) respektive 9,4 % (2021) zurückgehen. Bei einem Beitrag von 555 Franken pro Normalstoss sinken die Sömmerungsbestände bis 2017 nur marginal um 2,3 %, bis 2021 hingegen um 7,2 %. Selbst mit einer Erhöhung der Alpungsbeiträge um 50 % würde der Rückgang der Sömmerung in den nächsten zehn Jahren folglich über demjenigen der letzten Dekade liegen. Dies ist in erster Linie auf die sinkenden Bestände raufutterverzehrender Tiere der Ganzjahresbetriebe zurückzuführen. Die Auswertung mit steigenden Alpungsbeiträgen zeigt, dass der Fördereffekt der Beiträge gleichmässig verläuft. Im Jahr 2017 erhöht sich die Zahl der gesömmerten Tiere jeweils um 7280 bis 6750 Normalstösse oder um 2,7 %, wenn die Beiträge in Schritten von 185 Franken pro Normalstoss aufgestockt werden. Im Jahr 2021

275000 250000 225000 200000 175000 150000 125000 100000 75000 50000 25000 0

Ziegen Schafe Übriges Rindvieh Mutterkühe Milchkühe 0 2012

2013

185

370

Alpungsbeiträge 2017

555

0

185

370

555

Alpungsbeiträge 2021

Abb. 4 | Einfluss unterschiedlicher Ansätze für die Alpungsbeiträge auf die gesömmerten Tiere. (Quelle: Modellrechnungen SWISSland)

92

Agrarforschung Schweiz 5 (3): 88–95, 2014


Wie wirken die neuen Alpungsbeiträge? | Umwelt

Veränderung Sömmerungsbestände gegenüber 2012

0% -5% -10% -15%

Milchkühe Mutterkühe Übriges Rindvieh Schafe Ziegen Total

-20% -25% 0

185

370

555

Alpungsbeträge 2017

0

185

370

555

Alpungsbeiträge 2021

Abb. 5 | Veränderung der Sömmerungsbestände bei unterschiedlichen Alpungsbeiträge nach Tierkategorie. (Quelle: Modellrechnungen SWISSland)

liegt der Fördereffekt bei ca. 6820 Normalstössen (+2,6  %) bei einer entsprechenden Beitragserhöhung von 185 Franken. Nach Tierkategorien unterscheidet sich der Fördereffekt hingehen deutlich: Während die gesömmerten Milchkühe bei einer Erhöhung der Alpungsbeiträge um 185 Franken jeweils um über 3 % zunehmen, sind es beim übrigen Rindvieh mit weniger als 2 % deutlich weniger (Abb. 5). Bei den Mutterkühen nehmen die gesömmerten Tiere bei einer Erhöhung der Alpungsbeiträge von 0 auf 185 Franken und von 185 auf 370 Franken jeweils um 2,8 % zu, bei einer Erhöhung der Beiträge von 370 auf 555 Franken hingegen nur noch um 2,2 %. Die relativ stärkste Förderwirkung zeigt sich bei den Schafen (+4 %). Unter der Annahme, dass die Rückgänge bei den gesömmerten Tieren bis 2017 jeweils unter 5 % gehalten werden sollen, genügen die geplanten Alpungsbeiträge von 370 Franken pro Normalstoss beim Rindvieh, nicht aber beim Kleinvieh. Bei den Schafen würde ein Beitrag von 555 Franken reichen, um dieses Ziel zu erreichen, bei den Ziegen genügt selbst dieser Beitrag nicht. Entwicklung der Bestände nach Regionen Die Alpungsbeiträge tragen in allen Regionen wesentlich zur Förderung der Sömmerung bei. Ohne Alpungsbeiträge würden sich die Sömmerungsbestände in der Talregion bis 2021 im Vergleich zu heute um fast 17,5 % reduzieren, in der Hügel- und Bergregion um 14,1 beziehungsweise 13,7 % (Tab. 2). Im Vergleich dazu resultieren mit den geplanten Alpungsbeiträgen Rückgänge bei

den gesömmerten Tieren von 11,9 % (Talregion) und 8,3 % beziehungsweise 8,8 % (Hügel- und Bergregion). Die Förderwirkung der Alpungsbeiträge besteht dabei in einem höheren Anteil gesömmerter Tiere, der Tierbestand verändert sich mit den unterschiedlichen Alpungsbeiträgen praktisch nicht. Je nach Höhe der Alpungsbeiträge und der Zahl der gesömmerten Tiere resultieren unterschiedliche Kosten für die öffentliche Hand. Mit den gemäss Direktzahlungsverordnung vorgegebenen Beitragsansätzen resultieren für die Alpungsbeiträge im Jahr 2021 Kosten von 89 Mio. Franken, für die Sömmerungsbeiträge 101 Mio. Franken. Im Jahr 2017 liegen die Alpungsbeiträge bei 93 Mio. und die Sömmerungsbeiträge bei 105 Mio. Franken. Eine Anpassung der Alpungsbeiträge um 185 Franken würde die Kosten für den Bund im Jahr 2012 um rund 44 bis 48 Mio. Franken verändern, diejenigen für die Sömmerungsbeiträge um ca. 1,5 Mio. Franken.

Diskussion und Schlussfolgerungen Die Prognosen mit dem agentenbasierten Modell SWISSland zeigen, dass die Einführung der Alpungsbeiträge und die Erhöhung der Sömmerungsbeiträge den rückläufigen Trend bei den gesömmerten Tieren nicht stoppen können. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Sömmerungsbestände bis 2017 im Vergleich zu heute um 4,4 % und bis 2021 um 9,4 % zurückgehen werden. Hauptgrund für die sinkenden Sömmerungszahlen sind die mit der Umsetzung der Agrarpolitik 2014–2017 ver- 

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Umwelt | Wie wirken die neuen Alpungsbeiträge?

bundenen Rückgänge beim Bestand raufutterverzehrender Tiere und die damit einhergehende Extensi­ vierung auf den Ganzjahresbetrieben. Nach den Modellrechnungen sinken die Tierbestände um 6,9 % (2017) bis 10,4 % (2021), der Besatz raufutterverzehrender Tiere pro Hektare landwirtschaftlicher Nutzfläche sinkt im Durchschnitt um 6 % (2017) bis 8 % (2021). Während sich bei den Milchkühen und beim übrigen Rindvieh die bisherige Entwicklung sinkender Bestände fortsetzt, führen die Politikänderungen bei den Mutterkühen und Ziegen zu einer Trendumkehr, indem die Bestände im Gegensatz zur starken Zunahme von 2000 bis 2012 in den nächsten Jahren wieder zurückgehen. Bei den Schafen liegt der für die nächsten Jahre prognostizierte starke Rückgang deutlich über der Zunahme von 2000 bis 2012. Die Wirkungsanalyse der Alpungsbeiträge zeigt, dass diese einen wesentlichen Einfluss auf die Zahl der gesömmerten Tiere haben. Ohne Alpungsbeiträge würde sich die Zahl der gesömmerten Tiere deutlich stärker reduzieren, als dies mit den geplanten Beiträgen der Fall ist. Entscheidend für die Einordnung der Alpungsbeiträge ist zudem, dass von den Beiträgen kein Anreiz zur Intensivierung auf den Ganzjahresbetrieben ausgeht. Umgekehrt limitiert dies die Wirkung der Beiträge zur Sicherung einer möglichst hohen Bestossung. Dass strukturelle Faktoren wie Bestandsreduktionen einen starken Einfluss auf die Tiersömmerung haben, belegt auch eine im Jahr 2010 durchgeführte Umfrage unter Schweizer Betrieben mit Tiersömmerung. Diese gaben an, hauptsächlich wegen knapper Futterflächen und beschränkter Arbeitskapazitäten zu sömmern. Die aus der Sömmerung ausgestiegenen Betriebe gaben als wichtigsten Ausstiegsgrund ausreichende Futterflächen auf dem Heimbetrieb an (von Felten et al. 2012; Fischer et al. 2012). Die Alpungsbeiträge in Höhe von 370 Franken je Normalstoss vermögen somit vor allem einen im Zuge der Bestandsreduktion raufutterverzehrender Tiere zu erwartenden überproportionalen Rückgang der Tiersömmerung zu verhindern.

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Inwiefern sich die weiter sinkenden Sömmerungs­ bestände auf die Aufgabe von Sömmerungsweiden auswirken werden, hängt von weiteren Faktoren ab. Ergänzend zu den modellierten Beiträgen enthält die neue Direktzahlungsverordnung drei zusätzliche Elemente, mit denen der Nutzungsaufgabe gezielt entgegengewirkt wird und die mit dem Modell bisher nicht abgebildet werden konnten: 1. Die Kantone sind neu angewiesen, bei einer zu intensiven oder einer zu extensiven Nutzung eine verbindliche Weideplanung vorzuschreiben. Damit soll der bipolaren Nutzungsentwicklung (Intensivierung in Gunstlagen versus Extensivierung marginaler Flächen) entgegengewirkt werden. 2. Die neu eingeführten Biodiversitätsbeiträge für artenreiche Grün- und Streueflächen im Sömmerungsgebiet geben zusätzlich zum Sömmerungsbeitrag einen gezielten Anreiz, biologisch wertvolle Flächen zu pflegen und so die Nutzungsaufgabe zu verhindern. 3. Die neuen Landschaftsqualitätsbeiträge können für landschaftspflegerische Leistungen auch im Sömmerungsgebiet ausgerichtet werden. Die Biodiversitäts- und Landschaftsqualitätsbeiträge sind im Gegensatz zu den an die Normalstösse gekoppelten Alpungs- und Sömmerungsbeiträgen an die Nutzung der jeweiligen Flächen gebunden und tragen damit spezifischer zur Offenhaltung der Alpweiden bei. Es bleibt abzuwarten, ob diese Beiträge in der Summe die Nutzungsaufgabe wertvoller Flächen verhindern können. n


Effetti dei nuovi contributi di alpeggio Con la Politica agricola 2014–2017 vengono introdotti contributi di alpeggio per le aziende annuali, nell'obiettivo di fornire un ulteriore incentivo, per le aziende di base, a estivare i propri animali. Dai calcoli con il modello basato sugli agenti SWISSland emerge che i contributi di alpeggio, combinati agli esistenti contributi d'estivazione, favoriscono notevolmente il carico degli alpi. Né gli uni né gli altri, tuttavia, consentono di arrestare il calo degli effettivi di animali nella regione d'estivazione. E previsto un calo superiore alla media per pecore e capre, mentre sarà meno accentuato il calo del numero di vacche madri, vacche da latte e altri bovini estivati. La causa principale di tale flessione delle estivazioni è la riduzione, conseguente all'attuazione della Politica agricola 2014–2017, della densità di animali nelle aziende annuali. Non si sa ancora, invece, in che misura l'utilizzo e la cura dei pascoli d'estivazione potranno essere sostenuti mediante le nuove misure di promozione della biodiversità e della qualità del paesaggio.

Summary

Riassunto

Wie wirken die neuen Alpungsbeiträge? | Umwelt

What is the impact of the new alpine ­pasturing subsidies? Alpine pasturing subsidies are now being introduced under the 2014–2017 Agricultural Policy. These subsidies are meant to offer lower-altitude farms a further incentive to move their livestock to alpine pastures during the summer season. Calculations made with the agent-based model SWISSland show that the alpine pasturing subsidies in combination with the previous summer pasturing subsidies strongly support the stocking rate. Despite this, the summer- and alpine pasturing subsidies are not sufficient to halt the decline in livestock population in the summer pasturing areas. Above-average decreases are to be expected for sheep and goats, whilst the number of summer-pastured suckler cows, other cattle and dairy cows is decreasing to a lower extent. The main reason for the decline in summer-pasturing numbers is the reduction in the livestock population on the farms, which goes hand-in-hand with the implementation of the 2014–2017 Agricultural Policy. It remains to be seen just how strongly the use and upkeep of summering pastures can be supported by the new measures for the promotion of biodiversity and landscape quality. Key words: summer pasturing, animals put to summer pastures, alpine pasturing subsidies, summer pasturing subsidies.

Literatur ▪▪ Baur P., Müller P. & Herzog F., 2007. Alpweiden im Wandel. ­A grarforschung 14 (6), 254–259. ▪▪ BLW, 2013. Agrarbericht 2013. Bundesamt für Landwirtschaft, Bern. 262 S. ▪▪ Calabrese C., 2012. Evaluation of political control instruments for a ­sustainable development of the Swiss alpine regions and analysis of the labor market. Dissertation ETH Zürich, Zürich. 117 S. ▪▪ Fischer M., von Felten S. & Lauber S., 2012. Heimfutterfläche – Schlüsselparameter der Sömmerungsnachfrage. Agrarforschung Schweiz 3 (4), 194–201. ▪▪ Flury C., Zimmermann A., Mack G. & Möhring A., 2012. Auswirkungen der Agrarpolitik 2014–2017 auf die Berglandwirtschaft. Bericht ­F orschungsprogramm AgriMontana, Forschungsanstalt Agroscope ­Reckenholz-Tänikon, Zürich. 16 S. ▪▪ Lauber S., Calabrese C., von Felten S., Fischer M. & Schulz T., 2011. Evaluation der Sömmerungsbeitragsverordnung (SöBV) und alternativer Steuerungsinstrumente für das Sömmerungsgebiet: Befragungsgestützte ex post- und ex ante-Analysen der Sömmerungsnachfrage. Eidg. ­F orschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, Birmensdorf, Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Ettenhausen. 46 S.

▪▪ Mack G. & Flury C., 2008. Wirkung der Sömmerungsbeiträge. ­A grarforschung 15 (10), 500–505. ▪▪ Mack G., Walter T. & Flury C., 2008. Entwicklung der Alpung in der Schweiz. Yearbook of Socioeconomics in Agriculture 1, 259–300. ▪▪ Mann S., Zimmermann A., Möhring A., Ferjani A., Mack G. & Lanz S., 2012. Welche Auswirkung hat die Umlagerung der tierbezogenen Direktzahlungen? Agrarforschung Schweiz 3 (6), 284–291. ▪▪ Möhring A., Mack G., Zimmermann A., Gennaio M. P., Mann S. & Ferjani A., 2011. Modellierung von Hofübernahme- und Hofaufgabeentscheidungen in agentenbasierten Modellen. Yearbook of Socioeconomics in Agriculture 2011, 163–188. ▪▪ Möhring A., Zimmermann A., Mack G., Mann S., Ferjani A. & Gennaio M., 2010. Multidisziplinäre Agentendefinitionen für Optimierungsmodelle. Schriften der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues e.V. 45, 329–340. ▪▪ von Felten S., Fischer M. & Lauber S., 2012. Alpwirtschaft in der Schweiz – Befragungen zu Situation und Wahl der Sömmerungsbetriebe. ­A grarforschung Schweiz 3 (4), 186–193.

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P f l a n z e n b a u

Anfälligkeit der Kartoffel gegenüber durch ­Dickeya spp. verursachte Schwarzbeinigkeit Jérémie Rouffiange1, David Gerardin2, Gaétan Riot1, Etienne Thévoz1, Isabelle Kellenberger1, Santiago Schaerer1 und Brice Dupuis1 1 Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 1260 Nyon, Schweiz 2 UFR PEPS, Université de Haute Alsace, 68000 Colmar, France Auskünfte: Brice Dupuis, E-Mail: brice.dupuis@agroscope.admin.ch

Abb. 1 | Gesamtansicht des Versuchs zur Anfälligkeit ausgewählter Kartoffelsorten gegenüber Dickeya spp. (Foto: Jérémie Rouffiange)

Einleitung Die pektinolytischen Bakterien der Gattungen Pectobacterium und Dickeya, früher unter der Gattung Erwinia zusammengefasst, können die Ausprägung mehrerer Krankheiten der Kartoffelpflanze auslösen. Dazu gehören oberirdische Fäulnis der Stängel, gemeinhin als «Schwarzbeinigkeit» bezeichnet, und Fäulnis der Knollen, meist mit «Nassfäule « bezeichnet (CIP 2007). Diese Krankheiten sind für bedeutende Verluste in der Mehrheit der Saatgut produzierenden Länder verantwortlich (Laurila et al. 2010; Pritchard et al. 2013; Rousselle et al. 1996).

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Nach Infektion der Pflanze via Wurzeln, Stolonen oder Lentizellen der Knollen (Czajkowski et al. 2010; Pérombelon und Lowe 1974; Scott et al. 1996) können die Bakterien das ganze Gefässbündelsystem der Pflanze besiedeln (Pérombelon et al. 1988). Dadurch beginnt die Pflanze bei relativ geringer Bodenfeuchtigkeit (Pérombelon et al. 1988) zu welken, was in den schwersten Fällen zu einem Eintrocknen der Blätter führt (Laurila et al. 2010). Diese Welke wird durch eine Reduktion des gesamten Saftstromes im Xylem hervorgerufen (Helias et al. 2000b). Bei Ansteigen der relativen Feuchtigkeit können die Bakterien ins Parenchymgewebe vordringen und in der Folge Stängelfäulen


verursachen, die gemeinhin als Schwarzbeinigkeit bezeichnet werden (Helias et al. 2000a; Laurila et al. 2010). Davon ist der Pflanzgutproduzent am meisten betroffen, da die Schwarzbeinigkeit zu einer Abweisung von Pflanzgutparzellen während der Feldbesichtigung führen kann. In der Schweiz ist die Schwarz­ beinigkeit die hauptsächliche Ursache für eine Deklassierung von Pflanzkartoffelposten im Feld (Tab. 1). Die Feldkontrolle auf Welke und Schwarzbeinigkeit erfolgt visuell. Dabei sind Verwechslungen möglich, da andere Krankheiten (z.B. Fusarien) und abiotische Faktoren z.B. Wassermangel) ähnliche Symptome hervorrufen können (FNPPPT et al. 2008). Vorangehende Studien haben gezeigt, dass das Ausmass der durch pektinolytische Bakterien ausgelösten Verluste in hohem Masse von der Anfälligkeit der Sorte abhängt (Helias et al. 2000a). Unterschiede wurden vor allem auf Knollenscheiben im Labor (Gerardin et al. 2013) und auf Stängeln in Topfversuchen festgestellt (Rouffiange et al. 2013). Um das Risiko der Abweisung von Pflanzkartoffelparzellen zu begrenzen, wäre es interessant, den Anbau wenig anfälliger Sorten zu fördern. Bis anhin sind wenig Daten über die Sortenanfälligkeit während dem Anbau im Feld vorhanden. Unterschiede in der Aggressivität von verschiedenen Bakterienisolaten sind in diversen Studien beobachtet worden, welche auf Knollenscheiben und auf ganzen Pflanzen durchgeführt worden waren (Gerardin et al. 2013; Haynes et al. 1997; Laurila et al. 2010; Rouffiange et al. 2013). In Europa finden sich heute vorwiegend zwei Arten der Gattung Dickeya, nämlich Dickeya dianthicola und Dickeya solani. Eine Studie auf Knollenscheiben hat gezeigt, dass vor allem die Isolate von D. solani besonders aggressiv sind (Gerardin et al. 2013). Andrerseits hat ein Pathogenitätstest mit denselben Isolaten 

Zusammenfassung

Anfälligkeit der Kartoffel gegenüber durch ­D ickeya spp. verursachte Schwarzbeinigkeit | Pflanzenbau

Die pektinolytischen Bakterien der Gattungen Pectobacterium und Dickeya können zur Entwicklung mehrerer Krankheiten der Kartoffel führen wie Fäulen an den Stängeln, die gemeinhin als «Schwarzbeinigkeit» bezeichnet werden, und Fäulen an den Knollen, die «Nassfäulen» genannt werden. Schwarzbeinigkeit ist in der Schweiz die hauptsächliche Ursache für die Abweisung von Pflanzkartoffelposten. Die in dieser Studie durchgeführten Versuche setzten sich zum Ziel, allfällige Unterschiede in der Anfälligkeit der Sorten Agria, Victoria, Charlotte und Innovator gegenüber Dickeya spp zu identifizieren. Andererseits sollte auch die Aggressivität von drei Isolaten von D. solani und von zwei Isolaten von D. dianthicola bei der Sorte Agria studiert werden. Es wurden Feldversuche mit vorgängig durch die Bakterien infizierten Knollen angelegt, um die Entwicklung der Welkesymptome und der Schwarzbeinigkeit bei Pflanzen im Feld zu verfolgen. Es wurden Unterschiede in der Anfälligkeit der Sorten festgestellt. Die Sorte Agria erwies sich als anfälliger als die übrigen geprüften Sorten. Bei Agria entwickelten sich doppelt so viele Pflanzen mit Schwarzbeinigkeit als bei der Sorte Charlotte. Unter all den getesteten Isolaten erwies sich eines der beiden Isolate von D. dianthicola als das aggressivste und das andere als das am wenigsten aggressive Isolat. Letzteres war 26 mal weniger aggressiv als das erstgenannte. Die drei Isolate von D. solani wiesen eine Aggressivität auf mittlerem Niveau auf. Das Risiko für die Entwicklung von Krankheitssymptomen im Feld dürfte somit eher im Zusammenhang mit dem Bakterienisolat als mit der Kartoffelsorte stehen. Zwischen den Welkesymptomen und der Schwarzbeinigkeit im Feld konnte eine lineare Korrelation ermittelt werden.

Tab. 1 | Ursachen für die Ablehnung von Kartoffelparzellen während der Feldbesichtigung und entsprechende Flächen (in ha). Daten aus der Schweiz von 2005 bis 2012 (Henri Gilliand, persönliche Mitteilung) Blattroll- und ­Mosaik-symptome

Schwarzbeinigkeit

Falscher Mehltau (Krautfäule) des Blattwerkes

Isolationsabstand

Durchwuchs

2005

11

48

0

0

0

11

2006

8

39

0

0

0

56

Verschiedenes

2007

68

85

2

3

1

8

2008

10

31

3

0

0

13

2009

16

13

0

0

0

8

2010

0

72

0

0

0

4

2011

2

21

0

0

0

1

2012

2

39

0

0

0

3

14,6

43,5

0,6

0,4

0,2

13,0

Mittelwert

Agrarforschung Schweiz 5 (3): 96–103, 2014

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Pflanzenbau | Anfälligkeit der Kartoffel gegenüber durch ­D ickeya spp. verursachte Schwarzbeinigkeit

Kasten 1 | Konzept der integrierten Bekämpfung von pektinolytischen Bakterien in der Kartoffelproduktion Im Rahmen eines internationalen Projektes wurde ein Konzept zur integrierten Bekämpfung von Dickeya spp., Pectobacterium carotovorum subsp. carotovorum und Pectobacterium atrosepticum erarbeitet. Dieses Projekt wird von der Kommission für Technologie und Innovation KTI unterstützt. Ziele: • Entwicklung einer Routineanalysenmethode zur Feststellung von latenten Infektionen der Knollen während dem Zertifizierungsprozess von Pflanzkartoffeln. • Identifizieren und quantifizieren der hauptsächlichen Faktoren, welche für die Kontamination von Kartoffelposten verantwortlich sind. • Entwicklung eines Konzeptes für die integrierte B ­ ekämpfung in Zusammenarbeit mit Vertretern aus allen Bereichen der Kartoffelbranche Partner: • HAFL-Zollikofen Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (Leitung des Projektes für die Schweiz) • Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPW • BIOREBA AG – Reinach • Swisssem, Interessenvertretung der Saatund Pflanzgutproduzenten für die ganze Schweiz • Swisspatat, Branchenorganisation, verantwortlich für die Kartoffelwirtschaft • Institut national de la recherche agronomique INRA - Rennes (Leitung des Projektes für Frankreich) • Groupement National Interprofessionnel des Semences et plants (GNIS) • Fédération Nationale des Producteurs de Plants de Pomme de Terre (FN3PT)

auf Topfpflanzen die Resultate aus der Studie mit Kartoffelknollenscheiben (Rouffiange et al. 2013) nicht bestätigen können, da sich ein Isolat von D. dianthicola als das aggressivste Isolat herausstellte.

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Die in dieser Studie vorgestellten Feldversuche hatten zwei Hauptziele: a) Feststellen von Unterschieden in der Anfälligkeit gegenüber Dickeya spp. bei den wichtigsten in der Schweiz angebauten Kartoffelsorten und b) Untersuchung der Aggressivität mehrerer Isolate von Dickeya dianthicola und Dickeya solani, damit ihre Pathogenität im Feld charakterisiert werden kann. Das erarbeitete Pathogenitätsprofil kann dann mit jenem verglichen werden, das mit denselben Isolaten in Versuchen auf Kartoffelknollenscheiben (Gerardin et al. 2013) sowie auf Topfpflanzen (Rouffiange et al. 2013) erarbeitet wurde.

Material und Methoden In einem ersten Versuch (A) wurde die Anfälligkeit der Sorten Agria, Charlotte, Innovator und Victoria untersucht. Diese vier Sorten wurden mit dem Isolat D. dianthicola 8823 inokuliert. In einem zweiten Versuch (B) wurde die Aggressivität der nachfolgenden fünf Isolate von Dickeya gegenüber der Sorte Agria geprüft: D. dianthicola 980, D. dianthicola 8823, D. solani 2222, D. solani 05026 und D. solani 07044. Die Inokulation der Knollen wird in einer Bakteriensuspension von 105 KbE/ml während 48 Stunden in vier Etappen vorgenommen (Rouffiange et al. 2013). Jeder Versuch enthält ein Kontrollverfahren ohne Inokulation (nur Eintauchen in Wasser) wodurch der Grad der Kontamination des Ausgangspostens festgestellt werden kann. Der im Kontrollverfahren festgestellte Befall an Schwarzbeinigkeit wird vom Befall an Schwarzbeinigkeit abgezogen, welcher am Ende des Versuchs festgestellt wird; somit können die Sorten unabhängig von der Anfangskontamination miteinander verglichen werden. Der Versuch zur Sortenanfälligkeit wurde dreimal wiederholt (in den Jahren 2011 bis 2013), während der Versuch zur Aggressivität der Isolate je einmal in den Jahren 2012 und 2013 durchgeführt wurde. Die beiden Versuche wurden in zufällig angeordnetem Blocklayout (Dagnelie 2003) mit vier Wiederholungen angelegt, wobei jede Parzelle aus vier Pflanzlinien mit je 25 Pflanzen bestand (33 cm Distanz zwischen den Pflanzen und 75 cm zwischen den Furchen). Nach Auftreten der ersten Welkesymptome wurden jede Woche zwei Beobachtungen bis zum Ende des Versuchs durchgeführt. Es wurden die Anzahl welker Pflanzen sowie die Anzahl der Pflanzen mit Symptomen der Schwarzbeinigkeit gezählt. Schliesslich wurde der Flächeninhalt unter der Kurve des Krankheitsverlaufes (AUDPC.rel) berechnet (Bonierbale et al. 2007). Dieser Flächeninhalt ermöglicht eine Betrachtung der Symptomentwicklung über die ganze Vegetationsperiode. Die statistische Analyse der Daten wurde mit dem Software-


Anfälligkeit der Kartoffel gegenüber durch ­D ickeya spp. verursachte Schwarzbeinigkeit | Pflanzenbau

0,6

D

AUDPC.rel

0,5

h

C B

0,4 A

0,3

g

g

g

0,2 0,1 0

f

e cd

ab

a

Charlotte

cd

d

bc

Innovator

Victoria

2011 2012 2013

Agria

Abb. 2 | Fläche unter der Kurve der zunehmenden Welke (AUDPC.rel) für die vier geprüften Sorten und die Jahre 2011, 2012 und 2013. Die Variabilität wird durch den Standardfehler angegeben. Gruppen von Sorten mit der gleichen Anfälligkeit sind für jedes Jahr mit Kleinbuchstaben über den T-Balken markiert, welche die Standardfehler angeben. Mit Grossbuchstaben sind Gruppen von Sorten mit derselben Anfälligkeit für das Mittel der drei Jahre markiert.

Resultate

paket STATISTICA® (StatSoft, Tulsa, USA) durchgeführt. Für jeden Versuch wurde eine Varianzanalyse (ANOVA) vorgenommen (α=0,05). Der erste Faktor bezieht sich auf die Wiederholung des Versuches über die Zeit. Der zweite Faktor bezieht sich auf die Versuchsfrage, das heisst auf das Bakterienisolat für den Versuch zur Aggressivität der Isolate von Dickeya oder auf die Sorte für den Versuch zur Sortenanfälligkeit. Die Interaktion zwischen den verschiedenen Faktoren wurde ebenfalls geprüft. Falls sich für einen der untersuchten Faktoren ein signifikanter Unterschied ergab, wurde ein Test zum Vergleich der Mittelwerte vorgenommen (Test von Newman & Keuls).

Versuch A: Sortenanfälligkeit Die Analyse des Flächeninhaltes unter der Kurve der Entwicklung der Welkesymptome (Abb. 2) zeigt einerseits, dass das Ausmass der Symptome von Jahr zu Jahr variiert (p<0,001), wobei eine grössere Zahl welker Pflanzen für die Gesamtheit der Sorten im Jahr 2013 auftrat. Andererseits zeigt die Analyse, dass es zwischen den geprüften Sorten Unterschiede gibt (p<0,001). Für die Sorte Agria wurden im Durchschnitt dreimal mehr welke Pflanzen festgestellt als für die  Sorte Charlotte.

0,6 0,5 B AUDPC.rel

0,4 0,3

A

0,2

e d

cd

0,1 0

f

A

A

a

a Charlotte

a

a Innovator

bc ab

a Victoria

a Agria

2011 2012 2013

Abb. 3 | Fläche unter der Kurve der progressiven Welke (AUDPC.rel) für die vier getesteten Sorten in den Jahren 2011, 2012 und 2013. Die Variabilität wird durch den Standardfehler angegeben. Gruppen von Sorten mit der gleichen Anfälligkeit sind für jedes Jahr mit Kleinbuchstaben über den T-Balken markiert, welche die Standardfehler angeben. Mit Grossbuchstaben sind Sorten mit derselben Anfälligkeit für das Mittel der drei Jahre markiert.

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Pflanzenbau | Anfälligkeit der Kartoffel gegenüber durch ­D ickeya spp. verursachte Schwarzbeinigkeit

0,8

D

0,7

d

AUDPC.rel

0,6

C

0,5

0,3

A

A

0,2 0,1 0

c

B

0,4

b

b a D. dianthicola 980

b

b

b

b

2012 2013

a D. solani 2222

D. solani 05026

D. solani 07044

D. dianthicola 8823

Abb. 4 | Fläche unter der Kurve der progressiven Welke (AUDPC.rel) für die fünf geprüften Isolate in den Jahren 2012 und 2013. Die Variabilität wird durch den Standardfehler angegeben. Gruppen von Isolaten mit derselben Aggressivität sind für jedes Jahr mit Kleinbuchstaben über den T-Balken markiert, welche die Standardfehler angeben. Mit Grossbuchstaben sind Gruppen von Isolaten derselben Aggressivität für das Mittel der zwei Jahre markiert.

Zwischen den Faktoren Jahr und Sorte hat man eine Interaktion festgestellt (p<0,001), was belegt, dass sich bei jeder Sorte die Ausprägung der Welkesymptome von Jahr zu Jahr ändert. Die Analyse der AUDPC.rel - Werte bezüglich der Symptome der Schwarzbeinigkeit (Abb. 3) weist einen signifikanten Effekt des Jahres (p<0,001) aus. 2013 zeigten sich mehr Symptome von Schwarzbeinigkeit als in den beiden andern Jahren. Es wurden Unterschiede in der Anfälligkeit der Sorten beobachtet (p<0,001) und es haben sich zwei Anfälligkeitsgruppen herausgestellt. Die eine Gruppe besteht aus der Sorte Agria und die zweite Gruppe aus den übrigen geprüften Sorten. Die Sorte Agria hat dreimal mehr Symptome ausgebildet als die Sorte Charlotte. Die statistische Analyse hat eine Interaktion zwischen den Jahren und den Sorten ergeben (p<0,001). Diese Interaktion kommt vor allem wegen einer höheren Ausbildung von Symptomen der Schwarzbeinigkeit bei der Sorte Charlotte im Jahre 2013 zustande. Betrachtet man den Prozentsatz an Schwarzbeinigkeit über alle Sorten, so ergibt sich im Jahr 2013 ein Wert von 27,5 %, während dieser Wert 2011 nur 13,2 % und 2012 lediglich 4,6 % betrug. Schliesslich liess sich zwischen den Welkesymptomen und der Schwarzbeinigkeit eine lineare Beziehung errechnen (r2=0,94; p<0,001). Versuch B : Aggressivität der Isolate Die Analyse der AUDPC.rel - Werte für die Welkesymptome (Abb. 4) ergab Unterschiede zwischen den beiden Versuchsjahren (p<0,001) sowie zwischen den geprüften

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Isolaten (p<0,001). Es wurden vier Gruppen von Aggressivität identifiziert. Die erste Gruppe enthält die am wenigsten aggressiven Isolate, nämlich D. dinthicola 980 und D. solani 2222. Am andern Ende findet sich mit D. dianthicola 8823 das aggressivste Isolat, welches zu sechs Mal mehr Pflanzen mit Welkesymptomen führte als das am wenigsten aggressive Isolat D. dianthicola 980. Zwischen diesen beiden Extremen befinden sich die Isolate D. solani 05026 und D. solani 07044. Zwischen den Faktoren, Jahren und Isolaten wurde eine Interaktion berechnet (p<0,001). Diese kommt in erster Linie zustande, weil das Isolat D. solani 05026 zwischen den beiden Versuchsjahren einen kleineren Unterschied hervorrief als jener, der für die übrigen Isolate beobachtet wurde. Betrachtet man die AUDPC.rel - Werte der Symptome von Schwarzbeinigkeit (Abb.5) so zeigen sich sowohl zwischen den Jahren (p<0,01) als auch zwischen den Isolaten (p<0,001) Unterschiede. D. dianthicola 8823 hat sich als das aggressivste Isolat erwiesen, während D. dianthicola 980 das Isolat mit der geringsten Aggressivität war, indem dieses sechsundzwanzig Mal weniger Symptome von Schwarzbeinigkeit hervorrief. Zwischen den Jahren und den Isolaten wurde eine Interaktion festgestellt (p<0,001). D. dianthicola 980 und D. solani 05026 verursachten im Jahr 2013 weniger Schwarzbeinigkeit als die übrigen Isolate. Auch in diesem Falle konnte zwischen Welke und Erscheinen der Schwarzbeinigkeit eine lineare Beziehung berechnet werden (r2=0,86; p<0,001).


Anfälligkeit der Kartoffel gegenüber durch ­D ickeya spp. verursachte Schwarzbeinigkeit | Pflanzenbau

0,8 0,7

AUDPC.rel

0,6 D

0,5 C

f

0,4 0.3 0,2 ab

d

A

A

0,1 0

e

B

a

D. dianthicola 980

a

abc

D. solani 2222

bc

abc

D. solani 05026

c 2012 2013 D. solani 07044

D. dianthicola 8823

Abb. 5 | Flächeninhalt unter der Kurve der progressiven Welke (AUDPC.rel) für die fünf getesteten Isolate in den Jahren 2012 und 2013. Die Variabilität wird durch den Standardfehler angegeben. Gruppen von Isolaten mit derselben Aggressivität sind für jedes Jahr mit Kleinbuchstaben über den T-Balken markiert, welche die Standardfehler angeben. Mit Grossbuchstaben sind Gruppen von Isolaten derselben Aggressivität für den Durchschnitt beider Jahre markiert.

Diskussion Die vorgestellten Versuche haben Unterschiede in der Sortenanfälligkeit gegenüber Dickeya spp. aufgezeigt. Innerhalb der vier Sorten erwies sich die Sorte Agria als die anfälligste mit einer durchschnittlichen Befallshäufigkeit durch Schwarzbeinigkeit von 27 %. Bei Charlotte lag dieser Wert bei lediglich 10 %, was die vorangehenden Versuche auf Kartoffelknollenscheiben im Gewächshaus bestätigt (Gerardin et al. 2013; Rouffiange et al. 2013). Das Verhalten der Sorte Charlotte im Jahr 2013 war aussergewöhnlich, denn diese Sorte erwies sich als anfälliger als die Sorten Innovator und Victoria, was im Gegensatz zu den Beobachtungen in den Jahren 2011 und 2012 stand. Es wurden Unterschiede in Bezug auf die Aggressivität der Isolate festgestellt. Die Isolate liessen sich nicht entsprechend der Art einordnen, im Gegensatz zur Literatur (Toth et al. 2011), welche die Isolate von D. solani als aggressiver als jene von D. dianthicola beschreibt. Unsere Versuche auf Kartoffelknollenscheiben (Gerardin et al. 2013) schienen diesen Umstand zu belegen, aber die Versuche auf Topfpflanzen widerlegten diese Resultate (Rouffiange et al. 2013). Bei diesen letzten Versuchen sowie bei den hier beschriebenen Feldversuchen erwies sich das Isolat D. dianthicola (8823) als das aggressivste, während das am wenigsten aggressive Isolat D. dianthicola 980 ebenfalls zu dieser Art gehört. Zwischen den beiden erwähnten Isolaten von D. dianthicola befinden sich die drei Isolate von D. solani. Die relative Einheitlichkeit der Pathogenität bei den Isolaten von D. solani ist wahrscheinlich auf deren klonalen

Charakter zurückzuführen (Czajkowski et al. 2012; Pritchard et al. 2012; Pritchard et al. 2013). Die Interaktionen Isolat x Jahr könnten in einer unterschiedlichen Aggressivität der Isolate begründet sein. Diese Variabilität kann von einem wiederholten Überimpfen der Bakterienstämme herrühren, welche darauf empfindlich mit einem Verlust an Virulenz reagieren. Diese Zusammenhänge unterstreichen einmal mehr die Bedeutung von Feldversuchen, welche punkto Flächen und Handarbeit einen beträchtlichen Aufwand erfordern. Sie sind jedoch nötig, um die in Gewächshaus oder Labor mit weniger Aufwand ermittelten Zusammenhänge zu bestätigen oder zu widerlegen. Vergleicht man die mit denselben Sorten und Isolaten erreichten Resultate aus Versuchen mit Topfpflanzen (Gerardin et al. 2013) und Kartoffelknollenscheiben mit jenen aus Feldversuchen ergeben sich deutliche Unterschiede. Der Test im Feld erweist sich dabei als sensibler als jener bei Topfpflanzen (Rouffiange et al. 2013). Die Entwicklung von Welkesymptomen und Schwarzbeinigkeit ist von Jahr zu Jahr äusserst variabel. Die Ausprägung der Symptome von Schwarzbeinigkeit variiert in Abhängigkeit von Temperatur und Bodenfeuchtigkeit (Scott et al. 1996; Toth et al. 2002). Diese Unterschiede können auf bedeutende Schwankungen in der Bodenfeuchtigkeit und der Temperatur in der Saison 2013 zurückgeführt werden. Das Jahr 2013 war gekennzeichnet durch einen feuchten und kühlen Frühling gefolgt von einem heissen und trockenen Sommer. Wahrscheinlich haben diese Bedingungen die Pflanzen geschwächt und gestresst, wodurch sie gegenüber bakteriellen Infektionen anfälli ger wurden.

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Pflanzenbau | Anfälligkeit der Kartoffel gegenüber durch ­D ickeya spp. verursachte Schwarzbeinigkeit

Zwischen den Welkesymptomen und der Schwarzbeinigkeit konnte eine lineare Beziehung ermittelt werden, was den engen Bezug zwischen den beiden Ausprägungen der Krankheit bestätigt. Die Welke resultiert aus einer Besiedlung und partiellen Blockierung des Gefässbündelsystems der Pflanze durch die Bakterien (Czajkowski et al. 2013; Helias et al. 2000b). Nachdem die Bakterien in die Stängel eingewandert sind und sich dort vermehrt haben, werden in der Folge die oberirdischen Stängelfäulen sichtbar. Unter gewissen Boden- und Klimabedingungen kann die Welke als Vorbote der nachfolgenden Schwarzbeinigkeit betrachtet werden. Werden zahlreiche Welkesymptome in einem Feld der Pflanzgutproduktion beobachtet, so ist diese Entwicklung genau zu verfolgen. Tritt die Schwarzbeinigkeit auf, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der gepflanzte Posten durch Bakterien der Gattung Dickeya oder Pectobacterium infiziert war.

Literatur ▪▪ Bonierbale M., de Haan S. & Forbes A., 2007. Procedures for standard evaluation trials of advanced potato clones. An International Cooperators' Guide. I. P. C. (CIP). International Potato Center (CIP), Lima. 126 p. ▪▪ Czajkowski R., De Boer W.J. & Van der Wolf J.M., 2013. Chemical desinfectants can reduce potato blackleg caused by Dickeya solani. Plant Pathology 136, 419–432. ▪▪ Czajkowski R., de Boer W.J., Velvis H. & van der Wolf J.M., 2010. Systemic Colonization of Potato Plants by a Soilborne, Green Fluorescent Protein-Tagged Strain of Dickeya sp Biovar 3. In Phytopathology. ▪▪ Czajkowski R., De Boer W.J., Van der Zouwen P.S., Kastelein P., Jafra S., De Haan E.G., Van den Bovenkamp G.W. & Van der Wolf J.M., 2012. Virulence of Dickeya solani en Dickeya dianthicola biovar-1 end -7 strains on potato (Solanum tuberosum). Plant Pathology 62, 597–610. ▪▪ Dagnelie P., 2003. Principes d'expérimentation. Les Presses Agronomiques de Gembloux ASBL, 397. ▪▪ FNPPPT, GNIS & ARVALIS, 2008. Maladies, ravageurs et désordres de la pomme de terre p. ▪▪ Gerardin D., Rouffiange J., Kellenberger I., Schaerer S. & Dupuis B., 2013. Sensibilité de la pomme de terre à la pourriture molle provoquée par ­D ickeya spp. Recherche Agronomique Suisse 4, 288–295. ▪▪ Haynes K.G., Potts M.J.E. & Goth R.W., 1997. Evaluation of the reliability of determining soft rot resistance in potatoes by the tuber slice method. American Potato Journal 74 (4), 265–275. ▪▪ Helias V., Andrivon D. & Jouan B., 2000a. Development of symptoms caused by Erwinia carotovora ssp atroseptica under field conditions and their effects on the yield of individual potato plants. Plant Pathology 49 (1), 23–32. ▪▪ Helias V., Andrivon D. & Jouan B., 2000b. Internal colonization pathways of potato plants by Erwinia carotovora ssp atroseptica . In Plant Pathology. ▪▪ Laurila J., Hannukkala A., Nykyri J., Pasanen M., Helias V., Garlant L. & Pirhonen M. (2010) Symptoms and yield reduction caused by Dickeya spp. strains isolated from potato and river water in Finland. In European Journal of Plant Pathology.

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Schlussfolgerungen ••Sortenbedingte Unterschiede in der Anfälligkeit gegenüber Dicheya spp. sind nachgewiesen und Agria erwies sich in diesen Versuchen als die anfälligste Sorte. ••Die Aggressivität der Isolate von D. dianthicola scheint variabler zu sein als jene von D. solani. Ein Isolat von D. dianthicola war deutlich aggressiver als alle andern geprüften Isolate. ••Die Entwicklung von Welkesymptomen und Schwarzbeinigkeit ist von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich. ••Unter Feldbedingungen gibt es eine lineare Beziehung zwischen Welkesymptomen und Schwarzbeinigkeit. n

Dank

Die Autoren danken Swisssem, Swisspatat, Bioreba und der Kommission für Technologie und Innovation für die finanzielle Unterstützung dieser Studie sowie dem Projekt-Partner, der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL-Zollikofen).

▪▪ Pérombelon M.C.M. & Lowe R., 1974. Studies on the initiation of bacterial soft rot in potato tubers. Potato Research 18, 64–82. ▪▪ Pérombelon M.C.M., Lopez M.M., Carbonell E. & Hyman L.J., 1988. ­Effects of contamination by Erwinia carotovora subsp. carotovora and E. carotovora subsp. atroseptica of potato seed tubers and of cultivar ­r esisitance on blanking or non-emergence and blackleg development in Valencia, Spain. Potato Research 31, 591–599. ▪▪ Pritchard L., Humphris S., Saddler G., Parkinson N.M., Bertrand V., ­Elphinstone J.G. & Toth I.K., 2012. Detection of phytopathogens of the genus Dickeya using a PCR primer prediction pipeline for draft bacterial genome sequences. Plant Pathology, 587–596. ▪▪ Pritchard L., Humphris S., Saddler G.S., Parkinson N.M., Bertrand V., ­Elphinstone J.G. & Toth I.K., 2013. Detection of phytopathogens of the genus Dickeya using a PCR primer prediction pipeline for draft bacterial genome sequences. Plant Pathology 62 (3), 587–596. ▪▪ Rouffiange J., Gerardin D., Kellenberger I., Schaerer S. & Dupuis B., 2013. Sensibilité de la pomme de terre aux pourritures de tiges provoquées par Dickeya spp. Recherche Agronomique Suisse 4, 432–439. ▪▪ Rousselle P., Robert Y. & Crosnier J.C., 1996. La pomme de terre. Vol. 1. INRA, Paris606 p. ▪▪ Scott R.I., Chard J.M., Hocart M.J., Lennard J.H. & Graham D.C., 1996. Penetration of potato tuber lenticels by bacteria in relation to biological control of blackleg disease. Potato Research 39, 333–344. ▪▪ Toth I.K., van der Wolf J.M., Saddler G., Lojkowska E., Helias V., Pirhonen M., Tsror L. & Elphinstone J.G., 2011. Dickeya species: an emerging problem for potato production in Europe. Plant Pathology 60 (3), 385–399. ▪▪ Toth I.K., Sullivan L., Brierley J.L., Avrova A.O., Hyman L.J., Holeva M., Broadfoot L., Pérombelon M.C.M. & McNicol J., 2002. Relationship between potato seed tuber contamination by Erwinia carotovora ssp. atroseptica, blackleg disease development and progeny tuber contamination. Plant Pathology 52, 119–126.


Sensibilità della patate alla malattia della gamba nera causata da Dickeya spp. I batteri pectinolitici del genere Pectobacterium e Dickeya possono portare allo sviluppo di diverse malattie della patata, come, p. es., i marciumi degli steli comunemente chiamati «gambe nere» e dei marciumi dei tuberi definiti «marciumi molli». Il sintomo della gamba nera è la prima causa di rifiuto dei lotti di piante di patate in Svizzera. Le prove realizzate durante questo studio miravano da un lato a identificare eventuali differenze di sensibilità verso Dickeya spp. mediante le varietà Agria, Victoria, Charlotte e Innovator e, dall’altro, a studiare l’aggressività di tre isolati di D. solani e di due isolati di D. dianthicola sulla varietà Agria. Si sono realizzate delle prove per seguire lo sviluppo in campo dei sintomi di avvizzimento e di gamba nera su delle piante ottenute da tuberi precedentemente inoculati con i batteri. Si sono constatate delle differenze di sensibilità varietale. La varietà Agria si è mostrata più sensibile delle altre varietà testate, sviluppando due volte più sintomi di gamba nera della varietà Charlotte. Tra tutti gli isolati testati, uno dei due di D. dianthicola è risultato 26 volte più aggressivo del secondo. I tre isolati di D. solani presentavano dei livelli d’aggressività intermedi. Il rischio di sviluppo di sintomi in campo legati a l’isolato sembra dunque più importante di quello legato alla varietà. Infine, si è potuto stabilire una relazione lineare tra i sintomi d’avvizzimento e quelli della gamba nera in campo.

Summary

Riassunto

Anfälligkeit der Kartoffel gegenüber durch ­D ickeya spp. verursachte Schwarzbeinigkeit | Pflanzenbau

Potato susceptibility to blackleg disease caused by Dickeya spp. Pectin lytic bacteria belonging to the genera Pectobacterium and Dickeya can cause several diseases on potato, such as stem rots, commonly named «blacklegs», and tuber rots, which are referred to as «soft rots». The blackleg symptom is the primary cause for the rejection of potato seed lots in Switzerland. The field trials conducted in this study had two main objectives. On the one hand, to identify potential differences in the susceptibility of the cultivars Agria, Victoria, Charlotte and Innovator to Dickeya spp. and, on the other hand, to study the aggressiveness of three isolates of D. solani and two isolates of D. dianthicola on cv. Agria. For these purposes, the development of blackleg symptoms was followed in the fields, on plants whose mother tubers had been previously inoculated with the bacteria. Differences in susceptibility were recorded between cultivars, Agria being the most susceptible and producing twice as many blackleg symptoms as Charlotte. Of the two D. dianthicola isolates tested, one was the most aggressive of all isolates tested, while the other was the least aggressive: the latter being twenty six times less aggressive than the former. D. solani isolates presented intermediate aggressiveness. The risk of developing symptoms in the field seems therefore more closely related to the isolates than to the cultivars. Furthermore, a linear relationship was found between plant wilting and blackleg symptoms in the fields. Key words: Dickeya, blackleg, potato, aerial stem rot, Pectobacterium.

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P f l a n z e n b a u

Serie ProfiCrops

Charakterisierung von Innovationen in der Pflanzenproduktion: das Beispiel HOLL-Raps Camille Aouinaït1, Bernard Jeangros1, Vincent Nassar2 und Anna Crole-Rees1 Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 1260 Nyon, Schweiz 2 HES-SO, Institut for Entrepreneurship & Management, 3960 Sierre, Schweiz Auskünfte: Bernard Jeangros, E-Mail: bernard.jeangros@agroscope.admin.ch

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Der HOLL Raps ist ein schönes Beispiel für eine Innovation zu der Agroscope direkt beigetragen hat.

Einleitung In Europa zeichnet sich seit einigen Jahrzenten ein neues ökonomisches, soziales, politisches und umweltmässiges Umfeld ab. Die wirtschaftliche Liberalisierung, der zunehmende Druck auf die natürlichen Ressourcen sowie die Umsetzung der neuen Agrarpolitik 2014 – 2017 beeinflussen die Konkurrenzfähigkeit des schweizerischen Pflanzenbaus. Die neue Agrarpolitik fördert die Innovation im Lebensmittelbereich und unterstützt gezielt die Leistungen zum Wohle der Öffentlichkeit. Die von der Forschung entwickelten Innovationen zielen darauf ab, die Effizienz der pflanzlichen Produktion und das Einkommen der Pro-

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duzentinnen und Produzenten zu verbessern sowie das Vertrauen der Konsumentenschaft in die Schweizer Produkte zu stärken (BLW 2012). Das Forschungsprogramm ProfiCrops, das von Agroscope 2008 begonnen wurde, enthält ein Modul, das der Innovation gewidmet ist. Im Rahmen einer Abschlussarbeit (Aouinaït 2013) wurde ein Charakterisierungsinstrument für Innovationen erarbeitet, welches dazu dient, (i) die von Agroscope entwickelten Innovationen zu beschreiben und (ii) die geeignete Stossrichtung für zukünftige Forschungen besser zu finden. Der vorliegende Artikel stellt dieses Instrument zur Charakterisierung einer Innovation und seine konkrete Anwendung am Beispiel HOLL-Raps dar.


Charakterisierung von Innovationen in der Pflanzenproduktion: das Beispiel HOLL-Raps | Pflanzenbau

Eine Innovation zu charakterisieren bedeutet, deren Eigenschaften und ihren Mehrwert zu definieren. Zudem soll im Rahmen des Möglichen der Erfolg der Innovation gemessen werden. Anhand einer Literaturstudie wurde eine Liste von ausgewählten Kriterien für die Charakterisierung erstellt. Es wurden drei Typen von Kriterien verwendet: grundlegende Kriterien für die Innovation, Kriterien, die den Vorgang der Innovation (Innovationsprozess) beschreiben (zwischen Idee und Aufnahme) und Kriterien, welche die Wirkungen und Auswirkungen der Innovation messen, nachdem diese durch die Praxis übernommen wurde. Tabelle 1 stellt die ausgewählten Kriterien und ihre möglichen Werte.

Zusammenfassung

Methoden und Resultate

Innovationstypen Die grundlegende Kriterien dienen zur Präzisierung der Eigenheiten der Innovation. Das erste Kriterium betrifft den Typ der Innovation für den ersten Anwender. Damit wird auf die Zielsetzung der Innovation hingewiesen. Eine Innovation des Typs «Produkt» stellt ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung für den Markt dar. Damit sollen neue Kunden befriedigt und die Kundschaft insgesamt gepflegt werden. Die Innovation vom Typ «Prozess» bezieht sich auf den Einsatz einer neuen oder merklich verbesserten Produktionsmethode. Diese Idee impliziert bedeutsame Änderungen bei der Technik, beim Material und/oder beim Softwarepaket. Eine Innovation vom Typ «Organisation» bedeutet, dass ein Unternehmen eine neue Organisationstruktur erstellt, um auf neue Bedürfnisse zu reagieren (Kundenerwartungen, Einführung eines Qualitätsservices, Verbesserung der Zulieferdienste etc.). Innovationen des Typs «Marketing» umfassen beispielsweise eine neue Verpackung, eine neue Art der Produkteverteilung oder ein 

Der Schweizer Pflanzenbau ist bestrebt, auch im Rahmen einer wirtschaftlichen Liberalisierung konkurrenzfähig zu bleiben. Das Forschungsprogramm ProfiCrops befasst sich mit Innovationen, die im Pflanzenbau entwickelt wurden, da diese einen nötigen Weg aufzeigen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft zu erhalten. Auf Grund einer Literaturstudie wurde ein Charakterisierungsinstrument erarbeitet, welches die Innovationen in der Landwirtschaft zu umschreiben vermag. Es werden etwa zehn Kriterien vorgeschlagen, welche die Merkmale der Innovation beschreiben. Ebenso wird der Vorgang geklärt, der von der Idee zur Innovation führt, und es werden die Wirkungen und Auswirkungen auf die Nutzniesser aufgezeigt. Das Charakterisierungsinstrument wurde bei einem neuen Produkt geprüft, zu dessen Entwicklung die agronomische Forschung direkt beigetragen hat: der HOLL-Raps. Diese Bewertung hat die Vorteile des Instrumentes sowie einige Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der vorgeschlagenen Vorgehensweise aufgezeigt. Die Beurteilung der Wirkungen und Auswirkungen erfordert ein genaues Erkennen der Nutzniesser einer Innovation sowie eine Berücksichtigung des Verhaltens dieser Nutzniesser. Das vorgeschlagene Charakterisierungsinstrument könnte eingesetzt werden, um eine Gesamtsicht aller Innovationen zu erhalten, die durch die Forschung entwickelt wurden. Man kann damit auch Massnahmen erarbeiten, welche den Adoptionsrat und im weiteren die Effizienz der Forschung erhöhen.

Tab. 1 | Charakterisierungsinstrument: Kriterien und ihre möglichen Werte Kriterien

Grundlegend, für die Innovation unabdingbar

Innovationsprozess

Wirkungen und Auswirkungen

Werte (Modalitäten) Innovationstyp (für den ersten Anwender)

Produkt oder Dienstleistung, Prozess, Organisation, Marketing

Innovationsart

radikal, schrittweise, aufbauend, modular

Grad der Neuigkeit (gemäss der Skala)

national, international, Kultur, Parzelle oder Landwirtschaftsbetrieb

Erstanwender

innerhalb der Akteuren der pflanzlichen Produktionskette

Ursprung der Idee

extern, intern

Innovationsstadium

Idee, im Entwicklungsstadium, verbreitet

Dauer des Prozesses

Monate oder Jahre

Adoptionsrat

gemäss Art der Innovation

ökonomische, soziale und auf die Umwelt bezogene

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Pflanzenbau | Charakterisierung von Innovationen in der Pflanzenproduktion: das Beispiel HOLL-Raps

neuer Absatzmarkt wie beispielsweise der Direktverkauf ab Hof. Damit soll das Entwicklungspotenzial erhöht oder es sollen neue Kundenbedürfnisse befriedigt werden (Crole-Rees 2010). Innovationsart Die häufigste Innovationsweise ist jene, die schrittweise abläuft. Eine derartige Innovation erlaubt schrittweise Verbesserungen eines Produktes oder einer Methode; sie zielt darauf ab, gewisse Eigenschaften zu verbessern (Afuah und Bahram 1995) wie zum Beispiel Sorten mit einer besseren Resistenz gegenüber Krankheiten. Die Änderungen, welche eine schrittweise Innovation auslöst, sind für den Nutzniesser wenig einschränkend und mit geringem Risiko behaftet. Für den Produzenten erfordert beispielsweise die Übernahme einer schrittweisen Innovation weniger wirtschaftliche, organisatorische oder umweltbezogene Anpassungen als eine radikale Innovation. Die radikale Innovation verursacht einen einschneidenden Bruch, da die Bedingungen für die Anwendung verändert werden und/oder radikale Veränderungen in der Technik und der Organisation auf dem Betrieb eintreten, der diese Innovation übernimmt (Kaine et al. 2008). Als Beispiele können genannt werden: die Einführung der Direktsaat, die Anwendung der GPS-Technologie im Feld (Abb. 1) sowie Kühllastwagen und Mahlzeiten, die innerhalb der Vermarktungskette zubereitet werden. Bei einer modulartigen Innovation bleiben die Bindungen zwischen den Bestandteilen eines Produktes oder einer Dienstleistung unverändert, hingegen werden gewisse Einzelteile verändert. Mit anderen Worten, die Untersysteme werden verändert ohne dass jedoch zwischen ihnen neue Beziehungen hergestellt werden (Gotteland und Haon 2004). Die Verdrängung der analogen Telefonapparate durch digitale Telefone ist ein Beispiel für eine modulare Innovation. Diese Art von Innovation kann die Rollen und Verantwortlichkeiten in den Organisationen verändern und die Kompetenzen stärken (geänderte industrielle Verarbeitungsschritte, neues Wissen und neues Know-How) (Kaine et al. 2008). Die aufbauende Vorgehensweise ist gekennzeichnet durch eine Veränderung der Gesamtstruktur des Produktes, ohne dass sich dessen Verwendung ändert (Belz 2010). Die stärkere Einbindung in eine Wertschöpfungskette ist von aufbauender Natur, da sich für die Konsumentin oder den Konsumenten bezüglich Verwendung der Lebensmittel nichts verändert. Die Flüssigkristalluhr ist eine aufbauende Innovation des Vorgängermodells, der Quarzuhr. Es findet eine Veränderung der Beziehungen zwischen den Untersystemen statt (Gotteland und Haon 2004).

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ProfiCrops Das Forschungsprogramm Proficrops (www. proficrops.ch) von Agroscope will dazu beitragen und garantieren, dass die Pflanzenproduktion in der Schweiz in einem immer weiter liberalisierten Umfeld konkurrenzfähig bleibt und das Vertrauen der Konsumentinnen und der Konsumenten in die Schweizer Produkte gestärkt wird. Die zu Beginn des Programmes aufgestellten Hypothesen gingen davon aus, dass die Effizienz der Produktion verbessert werden muss, dass die Innovation und der Mehrwert erhöht werden sollten, dass das Vertrauen der Konsumenten gestärkt und die Rahmenbedingungen angepasst werden müssen. Diese vier Aussagen wurden interdisziplinär in Form von Modulen erforscht, nämlich in den Modulen Effizienz, Innovation, Konsumenten und Rahmenbedingungen. Weitere damit verbundene Projekte betrafen den Feuerbrand, ProfiVar, ProfiGemüse CH, die Zusammenarbeit in der Fruchtfolgeplanung, ProfiViti, WIN4 und FUI. Mit der Serie von Artikeln «ProfiCrops», die dieses Jahr in der Zeitschrift Agrarforschung Schweiz publiziert wurden, konnte eine Auswahl von Resultaten und Lösungen verbreitet werden, welche der Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit der schweizerischen Pflanzenproduktion dienen. Es handelt sich um beispielhafte Resultate und Lösungen. Ein zusammenfassender Bericht wird Anfang 2014 verfügbar werden. Der Artikel «Charakterisierung von Innovationen in der Pflanzenproduktion: das Beispiel HOLL-Raps», welcher an das Modul Innovation gebunden ist, stellt ein Bewertungswerkzeug für Innovationen dar. Es geht um Produkte, Dienstleistungen und um Methoden, die entwickelt wurden zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Pflanzenbausektors. Die Erarbeitung dieses Werkzeuges und seine Bewertung anhand einer Fallstudie zeigen, dass dieses Werkzeug erlaubt, besser über Innovationen zu sprechen und dass eine bessere Gesamtübersicht des Innovationsprozesses möglich wird. *(http://www.agroscope.admin.ch/proficrops/05365/index.html?lang=fr)


Charakterisierung von Innovationen in der Pflanzenproduktion: das Beispiel HOLL-Raps | Pflanzenbau

Abb. 1 | Die GPS-Technologie für Feldkulturen ist eine innovative Anwendung.

Grad der Neuigkeit Das Kriterium «Grad der Neuigkeit» gibt an, ob das Produkt, die Dienstleistung oder die Methode eine internationale oder nationale erstmalige Neuheit darstellt und welchem Niveau sich die Neuheit zuordnen lässt (Kultur, Parzelle oder Landwirtschaftsbetrieb). Erstanwender In der Landwirtschaft ist der Erstanwender der Innovation ein Teilnehmender in der Lebensmittelwertschöpfungskette. Diese setzt sich zusammen aus der vorangehenden Produktion, der Verarbeitung und Verteilung sowie dem nachfolgenden Konsum. Die Macht der Konsumentenschaft ist nicht zu vernachlässigen. Obwohl gewisse Innovationen einer Nachfrage im Vorfeld der Wertschöpfungskette entstammen, werden sie nur kurze Zeit überleben, wenn der nachgelagerte Konsument sie nicht akzeptiert. Tatsächlich müssen alle Teilnehmenden an der Wertschöpfungskette die Neuheit übernehmen, damit ein neues Produkt oder eine neue Methode zu einer Innovation wird. Ursprung der Idee und Innovationsstadium Das Wissen um den Ursprung der Idee erlaubt es, die Quellen der Inspiration und der Kreativität besser zu kennen. Kommt die Idee aus der Praxis, aus der Literatur oder von den Forschenden selbst? Das Stadium der Inno-

vation gibt an, ob sich die Idee im Prozess der Entwicklung befindet oder ob es sich um eine wirkliche Innovation handelt, die von der Praxis verwendet wird oder sich im Markt verbreitet. Jede Forschungsorganisation strebt ein optimales Verhältnis von Projekten im Entwurfsstadium, im Entwicklungsstadium oder im abgeschlossenen Stadium an. Die zeitliche Dauer von der Idee bis zu deren Umsetzung im Markt oder in der Praxis ist ebenfalls ein wichtiges Kriterium. Diese Dauer ist ein Massstab für die Effizienz des Prozesses. Wirkungen und Auswirkungen Die Kriterien zu den Wirkungen und Auswirkungen sind von vorrangiger Bedeutung, um die Wirkungen auf die Erstanwender der Innovation zu messen. Nach der Übernahme einer Innovation sind die Auswirkungen auf die Branche in ihrer Bedeutung für die ganze Gesellschaft zu erfassen. Diese Kriterien umfassen die drei Säulen der Nachhaltigkeit, nämlich die Ökonomie, die Umwelt und die Gesellschaft. Die wirtschaftlichen Effekte können anhand der Produktivität, des Ertrages, des wirtschaftlichen Erlöses und der Konkurrenzfähigkeit der Branche gemessen werden. Die sozialen Kriterien beziehen sich auf die Arbeitsorganisation (persönliche Arbeitszeiteinteilung und persönliche Aktivitäten), das Erwerben neuer Techniken und Kenntnisse, den Austausch mit andern Berufskollegen, die Gesundheit und die Bewirt- 

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Pflanzenbau | Charakterisierung von Innovationen in der Pflanzenproduktion: das Beispiel HOLL-Raps

Tab. 2 | Charakterisierung des HOLL-Rapses Kriterien

Werte (Modalitäten) Innovationstyp

Produkt

Innovationsart

modular

Ursprung der Idee Grundlegend, für die Innovation unabdingbar

extern

Innovationsstadium

verbreitet

Grad der Neuigkeit

national und international Rapskulturen Landwirtschaftsbetriebe, Ölmühle

Erstanwender Innovationsprozess

zeitliche Dauer von der Idee bis zur Innovation Adoptionsrat

Wirtschaftliche Aspekte Wirkungen und Auswirkungen

Umweltaspekte

Soziale Aspekte

schaftung der Branche. Die umweltbezogenen Kriterien betreffen den Erhalt der Landschaft, der Biodiversität sowie die Schonung der natürlichen, nicht erneuerbaren Ressourcen. Der Erfolg einer Innovation kann am Adoptionsrat gemessen werden. Die Erfolgsbeurteilung kann auf verschiedene Weisen erfolgen (Anzahl der Nutzniesser, das erzielte Produktionsvolumen etc.). Der Erfolg lässt sich jedoch nicht immer genau messen. Der Adoptionsart einer Innovation hängt von zahlreichen Faktoren ab, welche von der Forschung oft nicht beherrscht werden. Im allgemeinen sind es wirtschaftliche Faktoren, welche die Anwenderinnen und Anwender zur Übernahme einer Innovation motivieren. Über Ablehnung oder Adoption einer Innovation entscheiden auch soziale Gründe und die öffentliche Meinung. Ebenso spielen allgemeine Normen (Den Ban 1984), der institutionelle Druck sowie der strukturelle und politische Rahmen eine Rolle. Eine Anpassung an die lokalen Bedingungen erweist sich oft als nützlich oder gar entscheidend für

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Produzent

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7 bis 8 Jahre (von 1999 bis 2006–2007) 7000 ha im 2013, entsprechend 30 % der schweizerischen ­Rapsanbaufläche • Neues Produkt mit Mehrwert (Bildung weniger ungesättiger Trans-Fettsäuren) • Diversifizierung des Produkteangebotes • Etwas geringerer Ertrag, was für den Produzenten durch einen höheren Preis kompensiert wird. • Reduktion der Kosten für die Raffinierung dank Weglassen ­eines industriellen Verarbeitungsschrittes (Hydrierung) • Erhöhung der Raps-Anbauflächen • Segmentierung des Marktes • Konventioneller Raps muss vom HOLL-Raps während der ­gesamten Produktion und Verarbeitung getrennt sein. Wenig oder keine Auswirkungen • Gesundheit: Reduktion des Konsums ungesättigter Trans-­ Fettsäuren • Arbeitsorganisation: Erlernen neuer Arbeitsmethoden und ­Reorganisation der Arbeit • Governance: keine Änderungen

die weitere Entwicklung. Manchmal erweisen sich soziale (Prestige, Ethik) und technologische Faktoren als bremsend, manchmal motivieren sie auch dazu, eine Innovation zu übernehmen. Das Beispiel HOLL-Raps Das weiter oben beschriebene Charakterisierungsinstrument wurde auf HOLL-Raps, ein von Agroscope und den Partnern der Branche kürzlich entwickeltes Produkt, angewendet und bewertet. Der HOLL-Raps (High Oleic Low Linolenic) ergibt ein Öl, welches einen hohen Gehalt an Ölsäure und einen tiefen Gehalt an Linolensäure (zwei ungesättigten Fettsäuren) besitzt. Im Gegensatz zu konventionellem Rapsöl lässt sich mit Öl von HOLL-Raps ohne vorhergehende Hydrierung frittieren. Die Hydrierung ist ein industrieller Prozess, welcher zu Trans-Fettsäuren führt, die für die menschliche Gesundheit unerwünscht sind. Der HOLL-Raps ist eine Innovation des Typs «Produkt», welche von spezifischen Eigenschaftsverbesserungen


Charakterisierung von Innovationen in der Pflanzenproduktion: das Beispiel HOLL-Raps | Pflanzenbau

profitiert, was mit einer unterschiedlichen Ölqualität verbunden ist (Tab. 2). Es handelt sich um eine modulare Innovation; das Produkt wurde in Bezug auf seine Bauweise nicht verändert. Die Verwendung blieb dieselbe und es entstand in der Produktion, in der Verwendung und in der ganzen Wertschöpfungskette kein Bruch. Der HOLL-Raps wurde innert -sieben bis acht Jahren auf der Basis von kürzlich gezüchteten Sorten entwickelt. Erste Kontakte zwischen den Industrievertretern und der Forschung kamen 1999 zustande. Anschliessend wurden informelle Versuche in Zusammenarbeit mit den Verarbeitern, der Forschung und der landwirtschaftlichen Produktion durchgeführt. Das erste schweizerische HOLL-Raps-Öl wurde im Jahre 2006 – 2007 auf dem Markt angeboten. 2013 waren 30 % der schweizerischen Rapsanbaufläche mit HOLL-Raps Sorten belegt. Das Gesundheitsargument hat die Akzeptanz dieses neuen Öls auf dem Markt begünstigt (Baux und Pellet 2010). Mit der Einführung dieses neuen Rapses konnte eine Differenzierung gegenüber den andern einheimischen Pflanzenölen vorgenommen werden. Diese Segmentierung des Marktes kommt der Industrie zu Nutzen, da sie nun ein neues gesundes Produkt anbieten kann. Die zusätzlichen Kosten bei der Produktion und Verarbeitung, welche sich durch die Trennung der Produktionsketten ergeben, können durch einen höheren Preis kompensiert werden. Von der Übernahme der neuen Sorte ist der ganze Landwirtschaftsbetrieb betroffen. Der Produzent muss gewisse Massnahmen im Auge behalten. Der HOLL-Raps muss vom konventionellen Raps bei allen Produktionsschritten von der Saat (Vermeiden von Saatgutvermischungen) bis zur Ernte (vorgängiges Reinigen des Mähdreschers) getrennt bleiben. Falls bei einem der Produktionsschritte der Kultur ein Fehler gemacht wird, erzielt das Endprodukt nicht die erwünschte Qualität. Der anfänglich anvisierte Mehrwert wird so nicht realisiert. Durch das Einsteigen auf HOLL-Raps werden somit die gesamten Betriebsabläufe verändert. Die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit sind bisher in der Schweiz nicht gemessen worden, aber man erwartet eine deutliche Verringerung des Konsums an Trans-Fettsäuren. In Bezug auf die wirtschaftlichen Auswirkungen konnten Resultate sowohl bei den Finanzen (Kosten/Nutzen-Verhältnis, erzielte Margen), wie auch bei der Produktion (kultivierte Flächen, erzeugte Tonnen) und dem Konsum (Menge an konsumierten Trans-Fettsäuren) erarbeitet werden. Die Kosten/NutzenAnalyse zeigt, das HOLL-Raps einen Geldfluss generiert hat, der 45 mal so gross ist wie die Kosten für die Forschung und Entwicklung, wobei die Kosten für die Schaffung der HOLL-Raps-Sorten nicht eingerechnet ist (Pellet 2011). HOLL-Raps hat der Produktionsschiene Raps defi-

nitiv neuen Schub verliehen indem ein neues Produkt angeboten wird, welches gewisse Einschränkungen bei konventionellen Raps überwindet. Der HOLL-Raps ist von den verschiedenen Akteuren der Wertschöpfungskette akzeptiert worden, welche von dieser Innovation stark profitiert haben.

Diskussion Das neu vorgeschlagene Charakterisierungsinstrument vermag dank einer grossen Zahl verwendeter Kriterien ein aggregiertes Bild eines von Agroscope entwickelten neuen Produktes, einer Methode oder einer Dienstleistung zu liefern. Die qualitativen Kriterien und die damit verbundenen Werte (Modalitäten) erlauben es, die Innovationen zu beschreiben. Für den HOLL-Raps beispielsweise wird der Entstehungsprozess erläutert und die wirtschaftlichen und sozialen Gewinne werden herausgearbeitet. In dem dieses Instrument die verschiedenen Merkmale der Innovationen beschreibt, wird der Austausch von Kenntnissen erleichtert. Die Zuweisung eines Wertes zu jedem Kriterium ist allerdings nicht immer einfach. Um die Tabelle der Charakterisierung zu vervollständigen, muss man die Idee bis zur Umsetzung durch den Empfänger der Innovation verfolgen, im vorliegenden Fall der HOLL-Raps-Produzent. Zusätzliche Informationen müssen von den verschiedenen Akteuren (Initianten, Entwickler, Anwender) in Erfahrung gebracht werden. In der Tat ist die Forschung, wenn sie zur Schaffung und Entwicklung von Innovationen beiträgt, nicht alleine verantwortlich für deren Verbreitung, sie ist nicht der alleinige Transmissionsriemen. Das Instrument hat insofern einen Schwachpunkt als die Bewertung und besonders die Sammlung gewisser Kriterien schwierig ist. Anlässlich der Gespräche mit den Produzenten und Forschenden wurde als wichtiges Element der Ursprung der Innovationen erfragt. Es ist zuweilen schwierig die geistigen Eltern einer Innovation zu benennen, da die Ideen oft nicht nur von einer Person herrühren, sondern durch Austausch innerhalb und zwischen den öffentlichen und privaten Organisationen sowie von weiteren Informationsquellen stammen. Die Kriterien der Wirkungen und der Auswirkungen, ob potenziell oder realisiert, unterstreichen die Resultate, welche durch die Umsetzung der Innovationen erzeugt werden. Ihre Bewertung ist oft komplex, da die Übernahme einer Innovation Auswirkungen auf verschiedenen Ebenen hat (ökonomisch, sozial, umweltbezogen). In andern Fällen, besonders wenn die Nutzniesser der Innovation klar erkannt sind wie im Falle von HOLL-Raps, ist der Adoptionsrat einer Innovation viel  einfacher zu messen.

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Pflanzenbau | Charakterisierung von Innovationen in der Pflanzenproduktion: das Beispiel HOLL-Raps

Das Arbeitsinstrument zur Charakterisierung kann verwendet werden, um eine aggregierte Gesamtsicht der Innovationen zu erhalten. Das Instrument ist für jede/n Entwicklende/n oder jede/n Forschende/n nützlich, der oder die an neuen Produkten arbeitet. Ebenso nützlich ist es für Projekt-Portfolio Manager, denen es hilft, die Auswirkungen der Innovationen im Laufe der Entwicklung anschaulich zu machen und sie gar vorauszusagen. Wird das Charakterisierungsinstrument bei einer Liste von Innovationen angewendet, können Vergleiche angestellt und die hauptsächlichen Faktoren für Erfolg oder Misserfolg leichter erkannt werden. Es kann nützliche Informationen liefern, um Begleitmassnahmen zu erarbeiten, welche den Erfolg der durch die Forschung entwickelten Innovationen erhöht. Dieser Erfolg hängt allerdings auch von Faktoren ab, welche die Forschung nicht beherrscht. So spielen die Rahmenbedingungen, die beispielsweise durch die neue Agrarpolitik 2014 – 2017 gesetzt werden, eine entscheidende Rolle für die Adoption der Innovationen. Andererseits sei auch angefügt, dass die Innovationen, die sich auf lokale und traditionelle Techniken und Wissen abstützen im allgemeinen mehr Erfolg haben als Innovationen, die radikal sind und gewohnte Arbeitsprozesse völlig umkehren.

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Schlussfolgerungen ••Die Innovationen in der Pflanzenproduktion können anhand von etwa zehn Kriterien umschrieben werden. Diese Kriterien beschreiben die inneren grundlegenden Merkmale der Innovation sowie den Prozess, der den Schritt von der Idee zur Innovation ermöglicht hat. Ebenso werden die Wirkungen und Auswirkungen beschrieben. ••Die Zuweisung eines Wertes (Modalität) zu jedem der Kriterien erfordert gute Kenntnisse des Produktes, der Dienstleistung oder der zu beschreibenden Methode. Ebenso muss das Produkt von seiner Erzeugung bis zu seiner Verwendung durch die verschiedenen Akteure verfolgt werden. ••Die Verfolgung der Wirkungen und Auswirkungen einer Innovation ist zwingend nötig, um den Erfolg oder Misserfolg einer Forschungs- oder Entwicklungsarbeit zu beurteilen. Dies erfordert zahlreiche Informationen, von denen gewisse schwierig zu erhalten sind, besonders wenn die Nutzniesser ungenügend bekannt sind. ••Das vorgeschlagene Instrument könnte eingesetzt werden, um eine Gesamtsicht aller Innovationen, die durch die Forschung entwickelt wurden, zu erhalten. Man kann damit auch Massnahmen erarbeiten, welche den Adoptionsrat und im weiteren die Effizienz der Forschung erhöhen. n


Caratterizzazione delle innovazioni nella produzione vegetale: l’esempio della colza HOLL In un contesto di liberalizzazione economica, il settore della produzione vegetale svizzera cerca di rimanere competitivo. Il programma di ricerca ProfiCrops è interessato alle innovazioni sviluppate nella produzione vegetale, poiché esse diventano un passaggio obbligato per mantenere la competitività del settore agricolo. Partendo da una ricerca bibliografica, è stato elaborato uno strumento che permette di caratterizzare le innovazioni nella produzione vegetale. Sono proposti una decina di criteri che descrivono le caratteristiche intrinseche dell’innovazione, il processo che ha permesso di passare dall’idea stessa all’innovazione, così come gli effetti e impatti sui beneficiari. Lo strumento è stato testato su un nuovo prodotto al cui sviluppo la ricerca agronomica ha direttamente contribuito: la colza HOLL. Questa valutazione ha evidenziato i vantaggi di questo strumento e qualche difficoltà legata all’approccio proposto. La valutazione degli effetti e degli impatti richiede la precisa identificazione dei beneficiari di un’innovazione oltre alla considerazione del loro comportamento. Lo strumento proposto potrebbe essere utilizzato per ottenere una visione sintetica dell’insieme del portafoglio delle innovazioni sviluppate dalla ricerca e, a termine, servire all’elaborazione di misure in grado di migliorare il loro tasso d’adozione e, per esteso, l’efficacia della ricerca stessa.

Literatur ▪▪ Afuah A. & Bahram N., 1995. The hypercube of innovation. Research ­p olicy 24 (1), 51–76. ▪▪ Aouinaït C., 2013. Caractérisation des innovations dans la production ­végétale suisse. Mémoire de fin d’études, Innovations dans les Systèmes Agroalimentaires du Monde, Montpellier SupAgro. 96 p. ▪▪ Baux A. & Pellet D., 2010. Production de colza à faible teneur en omega-3 en Suisse: Une innovation pour un nouveau segment de marché. Poster présenté à l’Assemblée annuelle de la société suisse d’agronomie. ▪▪ Belz L., 2010. Note de lecture. Henderson H., Clark K., 1990. Architectural innovation: The reconfiguration of existing product technologies and the failure of established firms. Administrative Science Quaterly, 1–8. ▪▪ BLW, 2012. Agrarpolitik 2014–2017, 1–4. Zugang: http://www.blw.­ admin.ch/themen/00005/00044/01178/index.html?lang=de [05.08.2013]. ▪▪ Crole-Rees A., 2010. Innovation. Atelier Innovation du 8 juin 2010, ­B erne.

Summary

Riassunto

Charakterisierung von Innovationen in der Pflanzenproduktion: das Beispiel HOLL-Raps | Pflanzenbau

Innovation mapping in plant production: the case of HOLL rapeseed The Swiss plant production sector aims at maintaining its competitiveness, even in a liberalized economy. The research program ProfiCrops takes a look into innovations generated for the plant production sector. Innovations are a requisite for maintaining the competitiveness of the agricultural sector. A tool allowing to map innovations in the plant production sector has been created based on a literature review. A dozen criteria are hence proposed. They describe intrinsic characteristics of the innovation, the innovation process from the idea to the final product and the outcomes and impacts on the various groups of beneficiaries. This tool has been tested with HOLL rapeseed, a new product to which Agroscope has directly contributed. The results highlight some of the advantages and constraints of this tool and its use. The evaluation of outcomes and impacts requires a clear identification of the direct and indirect beneficiaries and of their behavior. The proposed tool allows to gain a synthetic overview of the innovations’ portfolio generated by research. It could then be used to formulate recommendations aiming at enhancing the adoption rate of innovations and also research efficiency. Key words: plant production, innovation mapping, criteria, impact assessment, HOLL rapeseed.

▪▪ Den Ban A. W., 1984. Les courants de pensée en matière de théorie de la diffusion des innovations. Économie rurale 159, 31–36. ▪▪ Gotteland D. & Haon C., 2004. Développer un nouveau produit. Méthodes et outils. PearsonEducation. Zugang: http://books.google.fr/books?id=ufDMAjbtUdkC&printsec=frontcover&hl=fr#v=onepage&q=innovati on%20incr%C3%A9mentale&f=false [24.09.2013]. ▪▪ Kaine G, Hill M. & Rowbottom B., 2008. Types of agricultural innovations and the design of extension programs. Working paper September 2008. Zugang: http://www.dpi.vic.gov.au/agriculture/about-agriculture/publications-resources/horticulture/types-of-agricultural-innovations-and-the [05.08.2013]. ▪▪ Pellet D., 2011. Impact économique et financier du projet CTI 7101.1 (2004-2008) «Production de colza à faible teneur en acide gras alpha-­ linolénique». Rapport final complémentaire, 14 p.

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P f l a n z e n b a u

Serie ProfiCrops

ProfiCrops: Auf den Punkt gebracht – ­Leistungsfähigkeit, Effizienz und Mehrwert Anna Crole-Rees und Lukas Bertschinger Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, Agroscope, 8820 Wädenswil, Schweiz Auskünfte: Anna Crole-Rees, E-Mail: anna.crole-rees@agroscope.admin.ch

lösungen, sondern aus Sicht von Kriterien, die Schlussfolgerungen zur Stärkung der zweiten Generation von Agroscope-Forschungsprogrammen erlauben.

Methode

Angeregter Austausch zwischen den Mitgliedern des Forums ProfiCrops und Forschenden während der letzten Forumssitzung.

Einleitung ProfiCrops, NutriScope und AgriMontana gehören zur ersten Generation von Forschungsprogrammen, welche von Agroscope 2008 lanciert wurden. «Programmforschung» unterscheidet sich von «Projektforschung» dadurch, dass ein gemeinsames übergreifendes Forschungsziel für mehrere Akteure festgelegt und deren Tätigkeit zur Erreichung dieses Ziels laufend koordiniert wird (ACW 2008). Mit der Einführung einer programm­ orientierten Vorgehensweise wollte Agroscope besonders prioritäre und komplexe Problemstellungen bearbeiten. Von den Agroscope-Forschenden und ihren Partnern waren im Rahmen der drei erwähnten Programme kurzund mittelfristige Problemlösungen für den Pflanzenbau, für in der Schweiz erzeugte Lebensmittel und für die Berglandwirtschaft zu erarbeiten. Eine zweite Serie von Forschungsprogrammen wurde 2014 lanciert. Dieser Artikel präsentiert eine Teilbilanz von ProfiCrops, nicht basierend auf einer Beurteilung der erzielten Problem­

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Bilanz, Rückblick oder Evaluation eines Forschungsprogrammes können verschiedene Aspekte abdecken: i) die Bewertung der Forschung, ii) einen Rechenschaftsbericht über die Effizienz, mit welcher die Ziele erreicht wurden, iii) eine Dokumentation der Wirksamkeit, mit der erarbeitete Lösungen und Empfehlungen zur Verfügung gestellt werden und iv) die Absicht, den Einsatz der Ressourcen, die der Forschung zur Verfügung gestellt werden, zu optimieren (Guthrie et al. 2013). In der Praxis sind die Ziele einer Bilanz, eines Rückblicks oder einer Evaluation eines Forschungsprogrammes oft gemischt. Das Ziel der in diesem Artikel präsentierten Teilbilanz besteht darin, rückblickend einige Lehren bezüglich des Verlaufes des Programmes und dessen Resultaten zu ziehen. Für diese Teilbilanz von ProfiCrops wurden folgende Kriterien ausgewählt: Leistungsfähigkeit (Effektivität), Effizienz, Relevanz und Mehrwert. Diese Kriterien entsprechen jenen, die üblicherweise bei vom Generalsekretariat der Europäischen Union (Secrétariat-Général CE 2013) in Auftrag gegebenen Evaluationen angewandt werden. Die Leistungsfähigkeit (Effektivität) stellt die Zielerreichung als Vergleich zwischen erwarteten und erreichten Ziele dar. Die Effizienz stellt den Bezug her zwischen der Effektivität und den für das Programm eingesetzten Mitteln. Bei der Relevanz geht es um die Frage, inwiefern die Zielsetzungen und die erreichten Resultate den tatsächlichen Bedürfnissen entsprechen. Der Mehrwert schliesslich soll den zusätzlichen Wert des Programms im Vergleich zu einem einzelnen Projekt zum Ausdruck bringen. Leistungsfähigkeit Ziel von ProfiCrops war die «Erarbeitung, Bereitstellung, Bewertung und der Transfer des Wissens, um im weitgehend liberalisierten Markt dem Pflanzenbau in der Schweiz eine Zukunft zu sichern und das Vertrauen der


Konsumenten in die einheimischen Produkte zu stärken.» Um dieses Ziel zu erreichen, brauchte es ein interdisziplinäres Vorgehen gemeinsam mit verschiedenen Partnern (ACW 2008, siehe www.proficrops.ch). Im Rahmen von ProfiCrops wurde eine Liste von Problemlösungen erarbeitet. Sie umfasst Lösungen, die entweder in der Entwicklungs- oder Testphase stecken, oder auch solche, die bereits in der Praxis eingesetzt werden. Alle diese Lösungsvorschläge basieren auf wissenschaftlich Grundlagen. Sie konnten allerdings nicht im Rahmen einer grossen «Fallstudie» in einer Region der Schweiz gesamthaft angewandt und überprüft werden, wie das zum Zeitpunkt der Lancierung des Programms beabsichtigt war. Die Liste der Problemlösungen wurde pragmatisch erarbeitet auf der Grundlage der publizierten Medienmitteilung von Agroscope mit Bezug zum Thema von ProfiCrops, ergänzt durch die Resultate von Workshops und Erfolgsgeschichten, die während des Programmverlaufes erarbeitet wurden. Diese Vorgehensweise wurde hauptsächlich aus Ressourcengründen ausgewählt. Auf Grund dieses Vorgehens kann die erarbeitete Liste der Problemlösungen nicht als vollumfänglich repräsentativ für alle Arbeiten der verschiedenen Forschungsbereiche und -gruppen bezeichnet werden. Die Liste enthält gegenwärtig mehr als 300 konkrete Lösungen – mehrheitlich Lösungen für die Praxis, aber auch Lösungen für die Forschung. Die Lösungen wurden auf die vier Modulthemen von ProfiCrops verteilt (Effizienz, Innovation, Differenzierung und Rahmenbedingungen). Die Problemlösungsliste zeigt (Abb. 1), dass ein grosser Anteil der Arbeiten (50 %) die Verbesserung der Produktionseffizienz betreffen. Geringere Anteile betreffen die Produktedifferenzierung und die Optimierung der Rahmenbedingungen (19 % beziehungsweise 15 %).

Zusammenfassung

ProfiCrops: Auf den Punkt gebracht – ­L eistungsfähigkeit, Effizienz und Mehrwert | Pflanzenbau

ProfiCrops begann wie die beiden andern Programme von Agroscope (AgriMontana und NutriScope) im Jahre 2008 und findet seinen Abschluss im März 2014. Gegen Ende des Programms wurden verschiedene Abschlussanlässe organisiert. Eine Serie von acht Syntheseartikeln sind seit Juli 2013 in der Zeitschrift «Agrarforschung Schweiz» publiziert worden. Dieser letzte Artikel stellt eine Bilanz von ProfiCrops vor und behandelt bei Projektrückblicken übliche Kriterien: Leistungsfähigkeit, Effizienz, Relevanz und Mehrwert. Ebenso werden die wichtigsten Lehren aus der Umsetzung des Forschungsprogramms ProfiCrops gezogen. Es handelt sich um eine Teilbilanz mangels präziser Kriterien. Die zu Beginn des Programms sehr breit angelegten strategischen Ziele haben die Beurteilung der Leistungsfähigkeit erschwert. Die Effizienz der Umsetzung des Programms wurde durch ein unausgeglichenes Verhältnis zwischen Zielen und Ressourcen beeinträchtigt, insbesondere die limitierte, für Programmaktivi­ täten verfügbare Zeit der Forschenden. Dennoch wurden beachtliche, greifbare Resultate erzielt: eine Liste mit 300 Problem­ lösungen, interdisziplinäre Arbeiten für die beteiligten Projekte, eine gestärktes Bewusstsein für Interdisziplinarität, ein besseres Verständnis der Bedeutung von Innovation, mehrere von ProfiCrops entwickelte Arbeitsmethoden und Leitfäden sowie die Etablierung neuer Partnerschaften. Ohne das Programm ProfiCrops wäre die Mehrheit dieser Resultate nicht zustande gekommen.

Solutions par thème (%)

16%

15%

50%

Effizienz 19%

Differenzierung Rahmenbedingungen Innovation

Abb. 1 | Verteilung der Problemlösungen (n=308) für den Pflanzenbau auf die vier Hauptthemen (Module) von ProfiCrops (%).

Die Liste enthält auch Lösungen, welche sich noch in Entwicklung und/oder Prüfung befinden oder auch bereits im Praxiseinsatz sind. Eine Aussage zur Wirkung der angebotenen Problemlösungen auf die Konkurrenzfähigkeit des Schweizer Pflanzenbaus kann nicht direkt aus der Liste abgeleitet werden. Eine derartige Untersuchung war vom Programm nicht vorgesehen worden. Der Programmbeschrieb ProfiCrops (ACW 2008) enthielt keine präzisen Angaben zu den erwarteten Resultaten und auch nicht betreffend die genaueren Erwartungen hinsichtlich der Umsetzung eines interdisziplinären Forschungsansatzes, der Partnerschaften und der Kommunikation. Der Begriff Interdisziplinarität ist im Laufe des Programmes genauer definiert und genutzt worden (CroleRees 2012). Bei der Wahl der Koordinatorinnen und

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90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Nov 11

Jan 12

Mrz 12

Mai 12

Jul 12

Sep 12

Nov 12

Jan 13

Mrz 13

Mai 13

Jul 13

Sep 13

Nov 13

Abb. 2 | Anzahl Besucher der Internetseite «Aktuell» von ProfiCrops (mittlere A ­ nzahl Tages-Hits / Monat), November 2011–13.

Koordinatoren für die »Module» und «Integrierten Projekte» (Organisationseinheiten von ProfiCrops) wurde der Interdisziplinarität besonders Rechnung getragen. An den Workshops und Tagungen von ProfiCrops waren immer verschiedene Disziplinen der Natur- und Sozialwissenschaften vertreten und meistens auch Expertinnen und Experten des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW), von Agridea, der ETH-Zürich, der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) und anderer Institute. Die Suche und Einbindung von Partnerschaften innerhalb und ausserhalb von Agroscope hat zur Beteiligung wichtiger externer Institutionen an den ProfiCrops-Arbeiten geführt, wie es beispielsweise die Liste von Autorinnen und Autoren der ProfiCrops-Artikelserie in dieser Zeitschrift zeigt. Einzelne Partnerschaften wurden formalisiert, beispielsweise wie im Falle des Integrierten Projektes (Kompetenzzentraum) «Feuerbrand» mit zweimal jährlich abgehaltenen Koordinationssitzungen von Agroscope, ETH-Zürich und dem Institut für Biologischen Landbau (FIBL). Auch für Agroscope konnten neue Partnerschaften aufgebaut werden, zum Beispiel mit dem Unternehmensund Managementinstitut der Hochschule für Ingenieurwissenschaften in der Westschweiz (HES-SO Wallis in Sierre und Sion) und mit der internationalen Hochschule für Agrarwissenschaften (SupAgro) in Montpellier. Die Kommunikation von ProfiCrops wurde durch verschiedene Hilfsmittel unterstützt: eine zweimal jährlich erscheinender Newsletter der drei Agroscope Forschungsprogramme, eine ProfiCrops-Internetseite, das ProfiCrops-Logo auf Postern und Dokumenten mit Bezug zum Programm, Veröffentlichungen, Anlässe, usw. Die Abbildung 2 zeigt, dass die Rubrik «Aktuelles» auf der ProfiCrops-Internetseite von nahezu 50 Besucher pro Tag konsultiert wurde im Zeitraum November 2011 bis 2013, oder ungefähr 1300 Besucherinnen und Besucher im Mittel pro Monat.

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Effizienz Die Effizienz stellt einen Bezug her zwischen der Leistungsfähigkeit (Produktivität) und den für das Programm eingesetzten Mitteln. Es geht also darum, die zur Verfügung gestellten Mittel ins Verhältnis zu den vom Programm erwarteten Resultaten und auch das Engagement der Forschenden in Bezug zu den erzielten Resultaten zu setzen. Die Bearbeitung einiger Themen, die im ursprünglichen Programmbeschrieb erwähnt wurden (ACW 2008), erforderten Fachwissen, das bei Agroscope wenig oder gar nicht vorhanden war. Insbesondere betraf dies wirtschaftliche Aspekte sowie Marktanalysen und die Untersuchung von Wertschöpfungsketten. Die Suche nach Partnern und Drittmitteln zum Einbezug dieser bei Agroscope noch kaum verfügbaren Kompetenzen hat die Grenzen der dafür verfügbaren Zeit, Ressourcen und Glaubwürdigkeit aufgezeigt. Das Programm konnte darum nicht alle zusätzlich erwünschten Fachkompetenzen zur Erfüllung der angestrebten Ziele verfügbar machen. Immerhin konnte es aber zusätzliche finanzielle Mittel akquirieren vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) für das assoziierte Projekt Win4 und vom Schweizerische Nationalfonds für das assoziierte Projekt food urbanism initiativ (FUI) im Rahmen des nationalen Forschungsprogrammes 69 (NFP 69). Die administrativen Abläufe für ProfiCrops wurden so einfach wie möglich gehalten, um den Forschenden den Zugang zum Programm nicht zu erschweren. Es wurde keine zusätzliche Prozedur für das Reporting etabliert. Die Programmteilnahme der Forschenden war sehr unterschiedlich. Sie wurde durch verschiedene Faktoren vorerst negativ beeinflusst. In der ersten Programmphase war desvor allem die Tatsache, dass das Programm eingeführt wurde, gerade nachdem die Forschenden die neuen Projekte des Arbeitsprogrammes formuliert hat-


ProfiCrops: Auf den Punkt gebracht – ­L eistungsfähigkeit, Effizienz und Mehrwert | Pflanzenbau

ProfiCrops Das Forschungsprogramm Proficrops (www. proficrops.ch) von Agroscope will dazu beitragen, dass die Pflanzenproduktion in der Schweiz in einem immer weiter liberalisierten Umfeld konkurrenzfähig bleibt und das Vertrauen der Konsumentinnen und der Konsumenten in die Schweizer Produkte gestärkt wird. Die zu Beginn des Programmes aufgestellten Hypothesen gingen davon aus, dass die Effizienz der Produktion verbessert werden muss, dass die Innovation und der Mehrwert erhöht werden sollten, dass das Vertrauen der Konsumenten gestärkt und die Rahmenbedingungen angepasst werden müssen. Diese vier Aussagen wurden interdisziplinär in Form von Modulen erforscht, nämlich in den Modulen Effizienz, Innovation, Konsumenten und Rahmenbedingungen. Weitere damit verbundene Projekte betrafen den Feuerbrand, ProfiVar, ProfiGemüse CH, die Zusammenarbeit in der Fruchtfolgeplanung, ProfiViti, WIN4 und FUI. Mit der Serie von Artikeln «ProfiCrops», die dieses Jahr in der Zeitschrift Agrarforschung Schweiz publiziert wurden, konnte eine Auswahl von Resultaten und Lösungen verbreitet werden, welche der Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit der schweizerischen Pflanzenproduktion dienen. Es handelt sich um beispielhafte Resultate und Lösungen. Ein zusammenfassender Bericht wird Anfang 2014 verfügbar werden. Der Artikel «Proficrops: Auf den Punkt gebracht – Leistungsfähigkeit, Effizienz und Mehrwert» benützt Standardkriterien, um dieses Forschungsprogramm zu evaluieren. Der Artikel präsentiert die Lehren, die aus diesen ersten Erfahrungen mit Programmforschung bei Agroscope gezogen wurden.

ten, welches vom ordentlichen Budget von Agroscope finanziert wird (Arbeitsprogramm 2008−2011 der Forschungsanstalten). Die Arbeitstage der Forschenden waren somit bereits verplant. Die Teilnahme an ProfiCrops erforderte daher entweder Überstunden oder eine Reduktion der für das Arbeitsprogramm 2008−2011 vorgesehenen Arbeiten. Dazu kam, dass die Zuordnung der Projekte und deren Resultate zu ProfiCrops oder zum ordentlichen Arbeitsprogramm von Agroscope nicht zweifelsfrei war, was für die Teilnahme der Forschenden und für die Kommunikation als limitierend empfunden wurde. Ein weiterer limitierender Faktor für die Motivation der Forschenden war möglicherweise die sehr breite Thematik der übergreifenden Arbeitsthemen, der Module. Es ist allerdings auch anzumerken, dass allzu spezifisch ausformulierte Themen die Motivation der Forschenden auch negativ beeinflussen können, wie sich dies bei gewissen europäischen Projekten gezeigt hatte (Guthrie et al. 2013). Es ist allgemein anerkannt, dass die Grundmotivation der wissenschaftlichen Forschung die Neugier und der zu erwartende Nutzen sind. Diese beiden Voraussetzungen waren bei den Forschenden aus den oben genannten Gründen nicht immer gegeben. Die drei Agroscope-Forschungsanstalten hatten unterschiedliche Strategien gewählt für die Umsetzung der drei Forschungsprogramme, für die sie je verantwortlich waren. Diese Unterschiede haben auch zu unterschiedlichen Partizipationsgraden bei den Forschenden der drei Forschungsanstalten geführt, was die forschungsanstaltsübergreifende Koordination der Programme erschwerte (Crole-Rees und Bertschinger 2013). Diese Motivationsprobleme und eine gewisse Unzufriedenheit wurden erkannt im Rahmen einer Umfrage, die zur Halbzeit der Forschungsprogramme durchgeführt wurde. Darum wurden die Modulziele Ende 2010 neu formuliert, was zu einer erhöhten Motivation der Forschenden führte. Relevanz Das Thema Konkurrenzfähigkeit des Pflanzenbaus ist wichtig und wird es auch in Zukunft – nach ProfiCrops – bleiben. Die von ProfiCrops seit 2008 geweckten Erwartungen zeigen das. Die vier Modulthemen sind relevant und werden es bleiben. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) beispielsweise stützt sich auf die Begriffe Qualität und Effizienz bei der Erarbeitung der Agrarpolitik (BLW 2012). Der Arbeitsansatz «Forschungsprogramm» bleibt relevant, um die komplexe Problematik der Konkurrenzfähigkeit zu bearbeiten. Die Konkurrenzfähigkeit hängt von technischen, sozialen, wirtschaftlichen und juristi-

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Pflanzenbau | ProfiCrops: Auf den Punkt gebracht – ­L eistungsfähigkeit, Effizienz und Mehrwert

schen Faktoren ab. Die Analyse und die Erforschung von Lösungsansätzen zur Stärkung der Konkurrenzfähigkeit erfordern daher einen multidisziplinären und programmatischen Ansatz. Mehrwert ProfiCrops hat die Resultat der Agroscope-Forschung und seiner Partner bewertet und in Form einer Liste von Problemlösungen dargestellt. Einige dieser Problemlösungen sind speziell im Rahmen des Programms entwickelt worden. Dazu gehören unter anderen: eine Methode zur Charakterisierung von Problemlösungen und Innovationen für den Pflanzenbau (Aouinaït et al. 2014), eine Methode zur Identifizierung von sogenannten beitragenden Flächen (Flächen, welche überproportional zum Stoffverlust einer Parzelle beitragen; Daniel et al. 2014), eine Typologie zur Produktedifferenzierung (Crole-Rees et al. 2013), ein Leitfaden zum Aufbau von Gewächshäusern auf Dächern in städtischen Zonen (Joly und Praz 2013), eine Datenbank mit Informationen zu Getreidesorten (ProfiVar 2012) und ein Leitfaden für eine erfolgreiche überbetriebliche Zusammenarbeit (Keiser et al. 2011). Das integrierte Projekt Feuerbrand kommuniziert seine auf Grund einer verstärkten Koordination der betroffenen Projekte in der Schweiz entstandenen Resultate auf der Internetseite www.feuerbrand.ch. Diese Resultate und Problemlösungen gäbe es ohne das Programm ProfiCrops nicht und entsprechen darum einem echten Mehrwert. Die Durchführung des Programms und insbesondere sein interdisziplinärer Ansatz haben bei Agroscope zu Synergien zwischen den Projekten der Arbeitsprogramme 2008–2011 und 2012–2013 und zur Förderung neuer Kontakte und Partnerschaften beigetragen. Schliesslich konnten neue und wesentliche Ansätze für die Entwicklung der Pflanzenproduktion eingeführt worden, wie etwa die Produktedifferenzierung und das Konzept der Innovation. Diese Ansätze sind von mehreren Forschenden in ihre Arbeiten integriert worden. ProfiCrops hat auch zur Ausbildung der nächsten Generation von Forschenden beigetragen. In den vergangenen zwei Jahren wurden vier Praktikantinnen und Praktikanten mit Diplom und zwei Masterarbeiten zu Themen wie Innovation, Produktedifferenzierung, urbane Landwirtschaft und Nachhaltigkeit «Win4» begleitet. Eine der Masterstudentinnen wird ihr Arbeitsthema, die Innovation, im Rahmen einer Doktorarbeit bei Agroscope weiterführen. In Ausbildung stehende Personen haben zur Erarbeitung von Methoden und Kenntnissen wesentlich beigetragen und so auch zum Mehrwert von ProfiCrops.

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Schlussfolgerungen Die Betrachtung verschiedener Aspekte einer Bilanzierung erlaubte es, nützliche Informationen über den Verlauf von ProfiCrops und seine Resultate zu erhalten, Lehren zu ziehen und Empfehlungen für zukünftige Forschungsprogramme zu formulieren. Die Analyse der zusammengestellten Liste von über 300 entwickelten Problemlösungen zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Pflanzenbaus erlaubte einen Einblick in die Leistungsfähigkeit (Produktivität) von ProfiCrops. Diese Problemlösungen wurden gruppiert gemäss ihrer erwarteten Wirkung auf die Verbesserung der Effizienz der Pflanzenproduktion oder den Mehrwert in Folge Produktedifferenzierung oder auf die Optimierung der Rahmenbedingungen der Pflanzenproduktion. Eine detaillierte Analyse der Kriterien der Leistungsfähigkeit von ProfiCrops, seiner Effizienz und seiner Relevanz war nicht möglich wegen der breiten strategischen Ziele ohne klare Vorstellung der Programmumsetzung und wegen des Fehlens von klar definierten Erfolgsindikatoren beim Programmstart. Klar definierte, fokussierte Ziele sind darum zum Zeitpunkt der Lancierung eines Forschungsprogrammes wichtig. Es hat sich zudem gezeigt, dass die verfügbaren Mittel, insbesondere die von den Forschenden zur Verfügung gestellte Zeit, zum Programmbeginn festgelegt und mit den Themen und den festgelegten Zielen abgestimmt sein müssen. Diese Erfahrung wurde bei der Erarbeitung der neuen Forschungsprogramme von Agroscope berücksichtigt. ProfiCrops hat zudem gezeigt, dass die Anwendung des interdisziplinären Forschungsansatzes nützlich ist, aber mit einem beträchtlichen Aufwand an Zeit und Fachwissen begleitet werden muss. Für die Zukunft des Schweizer Pflanzenbaus ist die Stärkung seiner Konkurrenzkraft entscheidend. Im Forschungskonzept 2014 – 17 von Agroscope ist die Wettbewerbsfähigkeit ein thematischer Schwerpunkt. Demzufolge dürfte sie verstärkte Bedeutung haben im künftigen Forschungsportfolio. Die von ProfiCrops entwickelte Methode zur Charakterisierung von Problemlösungen und Innovationen (Aouinaït et al. 2014) könnte diese Neuausrichtung unterstützen. n


ProfiCrops: il punto sull’efficienza, l’efficacia e il valore aggiunto ProfiCrops, come gli altri due programmi di ricerca Agroscope (AgriMontana e NutriScope) ha iniziato nel 2008 e terminerà nel marzo 2014. In dirittura d’arrivo sono stati organizzati diversi avvenimenti e da luglio 2013 una serie di otto articoli di sintesi sono stati pubblicati su la Recherche Agronomique Suisse. Quest’ultimo articolo presenta un bilancio di ProfiCrops, secondo i consueti criteri durante le revisioni di progetti: efficienza, efficacia, pertinenza e valore aggiunto, come pure le lezioni importanti tratte dall’attuazione del programma di ricerca stesso. Tuttavia, si tratta di un bilancio parziale, dovuto alla mancanza di dati. L’ampiezza degli obiettivi strategici all’inizio del programma ha complicato la valutazione dell’efficacia. L’efficienza della sua realizzazione è stata fortemente influenzata dall’inadeguatezza degli obiettivi e delle risorse come, in particolare, il tempo a disposizione per gli scienziati e l’assegnazione alle attività specifiche del programma. Si sono comunque ottenuti dei risultati tangibili, come una lista di oltre 300 soluzioni, degli scambi interdisciplinari in favore dei progetti partecipanti, uno stato di spirito rafforzata di fronte all’interdisciplinarietà, una migliore comprensione di ciò che significa l’innovazione all’interno di Agroscope e nuovi partenariati. Senza l’esistenza del programma non si sarebbe ottenuto la maggior parte di questi risultati.

Literatur ▪▪ Aouinaït C., Jeangros B., Nassar V. & Crole-Rees A., 2014, Innovationen in der Pflanzenproduktion: das Beispiel HOLL-Raps. Agrarforschung Schweiz 5 (3), 104–111. ▪▪ Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 2008. ProfiCrops: Neue Wege für einen zukunftsfähigen Pflanzenbau in der Schweiz unter liberalisierten Marktbedingungen. Programmbeschrieb, Forschungsanstalt ChanginsWädenswil ACW, 8820 Wädenswil. 15 p. ▪▪ BLW, Agroscope. 2013. Jahresbericht 2012. Bern. ▪▪ BLW, 2012. Message concernant l’évolution future de la politique agricole dans les années 2014 à 2017 (Politique agricole 2014–2017). 1.2.2012. Zugang: http://www.blw.admin.ch/themen/00005/ 00044/01178/01591/index.html?lang=fr [7.1.2014] ▪▪ Secrétariat-Général EC, 2013. Public consultation on Commission Guidelines for Evaluation. Draft. Novembre 2013. Zugang: http://ec.europa.eu/ dgs/secretariat_general/evaluation/docs/20131111_guidelines_pc_ part_i_ii_clean.pdf. ▪▪ Crole-Rees A. & Bertschinger L., 2013. Interdisciplinarity: lessons learnt from ProfiCrops. Poster présenté lors de la Swiss Inter- and Transdisciplinary Day 2013, Berne, 22 octobre 2013.

Summary

Riassunto

ProfiCrops: Auf den Punkt gebracht – ­L eistungsfähigkeit, Effizienz und Mehrwert | Pflanzenbau

ProfiCrops: the status of efficiency, effectiveness and added-value As with the other two research programmes Agroscope (AgriMontana and NutriScope), ProfiCrops began in 2008 and will end in March 2014. To bring the programme to a close, several events were organised and a series of articles were published in Recherche Agronomique Suisse from July 2013 onwards. This last article presents an assessment of ProfiCrops, based on standard project review criteria: efficiency, effectiveness, relevance and added-value. Important lessons-learnt are drawn from the implementation of the research programme. It is, however, a partial assessment, due to the lack of sufficient data. The scope of the strategic objectives formulated at the beginning of the programme made the evaluation more complex than anticipated. Efficiency has been impacted by the mismatch between objectives and resources. A notable example of this is the availability of scientists’ time and its allocation across specific programme activities. However, several tangible results were obtained, such as: a list of more than 300 solutions, interdisciplinary exchanges in favour of project participants and the programme, a reinforced state of mind towards interdisciplinarity, an improved understanding of the meaning of innovation for Agroscope and the creation of new partnerships. Most of these results would not have been produced without the programme. Key words: programme research, review, efficiency, effectiveness, added value.

▪▪ Crole-Rees A., Spörri M., Rösti J. & Brugger Ch., 2013. Produkte-Differenzierung für noch mehr Konsumentenvertrauen in Schweizer Produkte. Agrarforschung Schweiz 4 (9), 402–405. ▪▪ Daniel O., Crole-Rees A., Bühler L., Geiger F., Gujer H.-U. & Bertschinger L., 2014 Win 4 in der Landwirtschaft: Verbesserungen in den Dimensionen Ökologie, Soziales und Ökonomie. Agrarforschung Schweiz 5 (2), 64–67. ▪▪ Guthrie S., Wamae W., Diepeveen S., Wooding S. & Grant J., 2013. Measuring research: A guide to research evaluation frameworks and tools. RAND Europe. Juillet 2013. Zugang: http://www.rand.org/pubs/ monographs/MG1217.html [22.11.2013]. ▪▪ Keiser A., Durgiai B., Steingruber E., Bregy M., Fischer R., Vonlanthen I., Lips M., Mouron P., Crole-Rees A., Bezençon M. & Pavillard N., 2011. Von der Idee zur erfolgreichen Umsetzung – dank guter Planung. Merkblatt in der UFA Revue. 12–11. 6 p. ▪▪ ProfiVar, 2012. Compte-rendu de séance. Séance interne de projet. ­A groscope. 16.1.2012.

Agrarforschung Schweiz 5 (3): 112–117, 2014

117


K u r z b e r i c h t

Wie die Rispenhirse auf Stickstoff reagiert Samuel Knapp, Rosalie Aebi und Jürg Hiltbrunner Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 8046 Zürich, Schweiz Auskünfte: Jürg Hiltbrunner, E-Mail: juerg.hiltbrunner@agroscope.admin.ch

Abb. 1 | Die Rispenhirse eignet sich sowohl für die menschliche Ernährung als auch als Tierfutter. Zudem ist ihr Anbau fruchtfolgetechnisch attraktiv. (Foto: Rosalie Aebi, Agroscope)

Rispenhirse ist zu einer interessanten Nischenkultur im Biolandbau geworden. Doch fundierte Empfehlungen zum Anbau sind selten. In mehrjährigen Versuchen unter biologischen Bedingungen wurde die Wirkung der Stickstoffdüngung auf den Ertrag und die Gehalte im Stroh und Korn untersucht. Das wirtschaftliche Optimum lag bei einer Düngung mit Biorga-Stickstoff bei rund 23   kg Stickstoff pro Hektare. Wird ein günstigerer Dünger verwendet, so ist eine etwas höhere N-Menge optimal. Hirsestroh weist im Vergleich zu Sommerweizenstroh rund dreimal so viel Stickstoff, Phosphor und Magnesium sowie viermal so viel Kalium auf. Flurnamen (z.B. Hirslanden) und Bräuche zeugen vom einstigen Hirseanbau in der Schweiz. Doch leider ist heute nur noch wenig Erfahrung und Wissen über den Anbau von Hirse vorhanden. Der Bedarf an Hirse in der Schweiz wird grösstenteils über den Import gedeckt, und der schwache Grenzschutz führt zu einem sehr geringen Inlandanbau. Dabei ist Hirse ernährungsphysiologisch

118

Agrarforschung Schweiz 5 (3): 118–121, 2014

wertvoll und wäre fruchtfolgetechnisch attraktiv. Hirse überträgt keine Fusskrankheiten, was besonders bei getreidelastigen Fruchtfolgen von Vorteil ist (Abb. 1). Als C4-Pflanze ist die Rispenhirse auch in der Lage, mit wenig Wasser auszukommen, und besitzt das Potenzial, bestens an die vorausgesagten häufiger auftretenden trockenen und heissen Sommer angepasst zu sein (Fuhrer und Jasper 2009). Aufgrund der kurzen Vegetationsdauer von rund 100 Tagen kann beispielsweise auch nach einem Kunstwiesenschnitt im Frühjahr Hirse noch ausgesät werden und problemlos abreifen. Hirse eignet sich sowohl für die menschliche Ernährung als auch zu Futterzwecken (Humphrys 2005). Sie ist ernährungsphysiologisch attraktiv, da sie reich an Mineralstoffen ist, einen hohen Gehalt an Kieselsäure hat und kein Gluten enthält. Hirse kann somit ein interessantes Getreide für Personen sein, die an Zöliakie leiden. Als Futter eignen sich sowohl die Körner als auch das Stroh. Die Körner haben ähnliche Energie- und Proteingehalte wie Gerste. Nach der Abklärung der Sortenfrage in vorgängigen Versuchen wurden in einer nachfolgenden Phase anbautechnische Themen bearbeitet. Nachfolgend werden Ergebnisse zur Wirkung der Stickstoffdüngung auf den Kornertrag sowie die Gehalte im Korn und Stroh präsentiert. Versuchsanlage Da Hirse in der Schweiz momentan ausschliesslich unter Bio-Bedingungen angebaut wird, wurden die Versuche auf zertifizierten Knospe-Betrieben in Dietikon (2010), Sulzbach (2011), Seebach (2012) und Schlieren (2012) durchgeführt. Die Saatdichte betrug 500 keimfähige Körner/m² bei einer Parzellengrösse von 25 m2. Die Unkrautkontrolle wurde betriebsüblich durchgeführt (meistens zwei Durchgänge, mit Hackgerät beziehungsweise Striegel, im 3- bis 4- respektive 6- bis 8-Blattstadium). Die Versuche wurden als zweifaktorielle, randomisierte komplette Blockanlage mit vier Wiederholungen angelegt. Erster Faktor: zwei russische Sorten Quartett und Krupnoskoroje, die in der Schweiz seit 2006 durch die Sativa-Genossenschaft (Rheinau) vermehrt und in der Vertragsproduktion mit der Biofarm-Genossenschaft (Klein-


Wie die Rispenhirse auf Stickstoff reagiert | Kurzbericht

dietwil) empfohlen werden. Zweiter Faktor: Stickstoffdüngung in fünf Stufen (0, 30, 60, 90 und 120 kg N/ha). Zur Saat und im 3- bis 4-Blattstadium wurde je die Hälfte der entsprechenden N-Menge in Form von Biorga-Quick 12 % (Hauert HBG Dünger AG, Grossaffoltern) gedüngt. Vor der Saat (Mischprobe über die gesamte Versuchsfläche) und nach der Ernte (Mischprobe pro Verfahren) wurde der Nmin-Gehalt in der Tiefe von 0–90 cm bestimmt. Nebst dem Korn- und Strohertrag und dem Wassergehalt zum Zeitpunkt der Reife wurde auch der Nährstoffgehalt (nasschemisch: Stickstoff, Phosphor, Kalium und Magnesium) untersucht. Analog zum Vorgehen der Erarbeitung der Grundlagen für die Düngung der Ackerkulturen (Richner et al. 2010) wurden für die Ermittlung der Produktionsfunktionen und der ökonomisch optimalen N-Düngung verschiedene Funktionen (Bélanger et al. 2000) berechnet und anhand visueller und statistischer Beurteilung selektiert. Zur Berechnung des ökonomischen Optimums wurden folgende Preise verwendet: 2 CHF/kg N für konventionellen Stickstoffdünger, 8 CHF/kg N für Biorga-Dünger, 170 CHF/dt Hirse (Produzentenpreis Biofarm-Genossenschaft, Kleindietwil). Wirtschaftlichkeit der N-Düngung Zwischen den verschiedenen Versuchen wurden grosse Unterschiede festgestellt (P < 0,001). Die durchschnittlichen Kornerträge schwankten zwischen 11,0 (Schlieren 2012) und 39,9 dt/ha (Seebach 2012; Tab. 1). Mit Ausnahme des Versuchs in Schlieren zeigten alle Versuche eine mittlere Versuchsqualität (Variationskoeffizient zwischen 7,3 und 12,3 %). An den Standorten Dietikon und Schlieren war der Feldaufgang der Hirse suboptimal und der Unkrautdruck im Vergleich zu den Versuchen in Sulzbach und Seebach höher. Die Sorte Quartett erzielte mit 25,9 dt/ha einen höheren Ertrag als die Sorte ­Krupnoskoroje mit 23,4 dt/ha (P < 0,001). Beide Sorten reagierten aber in ähnlicher Weise auf die Stickstoff-

Düngung. Obwohl auf Standortstufe mit der Varianzanalyse kein signifikanter Düngungseffekte eruiert werden konnte, wurde dieser in der Gesamtauswertung signifikant (P < 0,05). Mit den vorliegenden Daten eignet sich die quadratische Produktionsfunktion am besten, um die Ertragswirkung der unterschiedlichen Stickstoff-Düngung zu erklären (Abb. 2). Lediglich für den Versuch in Sulzbach konnte keine Produktionsfunktion abgeleitet werden (Tab. 1). Der Maximalertrag beträgt 25,5 dt/ha bei einer Düngung von 92,6 kg N/ha. Höhere Stickstoffgaben führen zu Ertragsdepressionen. Diese Ergebnisse bestätigen die von Hoffmann-Bahnsen (2003) gemachten Beobachtungen in ähnlichen Versuchen in Norddeutschland. Bei einem Düngerpreis von 2 CHF/kg N liegt die ökonomisch optimale N-Düngung mit 75,8 kg N/ha knapp unter dem Maximum und bei einem Düngerpreis von 8 CHF/kg (Biorga) bei nur noch 25,2 kg N/ha. Dabei würde dann ein Ertrag von knapp 24 dt/ha erzielt werden. Wird für jeden einzelnen Versuch eine Produktionsfunktion angepasst, unterscheidet sich die optimale N-Düngung bei 2 CHF/kg trotz der unterschiedlichen Ertragsniveaus kaum (Tab. 1). Lediglich bei 8 CHF/kg N unterscheidet sich die ökonomisch optimale N-Düngung deutlich zwischen den Versuchen. Aus dem Vergleich von Biorga mit dem synthetischen Stickstoffdünger wird erkennbar, dass der Düngerpreis einen starken Einfluss auf die ökonomisch optimale N-Düngung hat. Abbildung 3 zeigt, wie sich bei der gegebenen Produktionsfunktion Änderungen des Düngerpreises und des Produzentenpreises von Hirse auf die ökonomisch optimale N-Düngung auswirken. Berechnungen eines Richtpreises von hofeigenem Dünger (Stallmist, Vollgülle, Vor- und Zwischenfrucht) sind sehr komplex. In der Literatur sind Werte zwischen 4 bis 7 CHF/kg N zu finden (Klöble 2009). Dies würde bei der gegebenen Produktionsfunktion eine ökonomisch optimale Düngung von  60 beziehungsweise 35 kg N/ha bedeuten (Abb. 3).

Tab. 1 | Übersicht der Rispenhirse-N-Steigerungsversuche (2010–2012): N min -Gehalt im Boden (kg N/ha) vor der Saat sowie mittlerer Kornertrag (dt/ha mit 14 % H2O). «N (Ertrag) Maximum» bzw. «N (Ertrag) Optimum» sind die aus den Produktionsfunktionen ermittelten Werte der N-Düngung (kg N/ha) und der dabei erzielte Ertrag in Klammern (dt/ha). Angabe des ökonomischen Optimums bei einem Düngerpreis von 2 bzw. 8 CHF/kg N

Standort

Jahr

Nmin vor Saat (kg N/ ha)

Ø-Ertrag (dt/ha)

V.K.1 (%)

N (Ertrag) Maximum

N (Ertrag) Optimum (2 CHF/kg N)

N (Ertrag) Optimum (8 CHF/kg N)

Dietikon

2010

36,7

18,9

12,3

81,8 (18,4)

63,4 (18,3)

8,1 (16,7)

2011

61,8

28,3

12,3

Seebach

2012

148,6

39,9

7,3

85,1 (39,9)

70,5 (39,8)

26,8 (38,5)

Schlieren

2012

80,9

11

56,9

74,8 (12,2)

69,6 (12,2)

54,0 (11,8)

Sulzbach

2

V.K. = Variationskoeffizient 2 Für Sulzbach 2011 konnte keine ableitbare Produktionsfunktion angepasst werden. 1

Agrarforschung Schweiz 5 (3): 118–121, 2014

119


Kurzbericht | Wie die Rispenhirse auf Stickstoff reagiert

100

y=22,5+0,065x−0,00035x²

Ertrag ( dt / ha )

130 150 170 190 210

20

22

60

● ●

Ökonomisches Optimum ( kg N / ha)

26

24

Erlös Hirse (CHF/dt)

80

N−Preis 2 CHF/kg N 8 CHF/kg N

40

28

0

20 0

20

40

60 80 N−Düngung ( kg N / ha )

100

120

0

2

4 6 N−Preis ( CHF/kg N)

8

Abb. 2 | Kornertrag von Rispenhirse als Funktion der N-Düngung. Graue Linie: das Ertragsmaximum, gestrichelte Linien: ökonomisch optimale N-Düngung für die N-Preise 2 CHF/kg N (synthetisch) und 8 CHF/kg N (Biorga), Fehlerbalken entsprechen den Standardfehlern.

Abb. 3 | Ökonomisches N-Düngungsoptimum von Rispenhirse in Abhängigkeit des Düngerpreises und des Produzentenpreises.

Stickstoff-Verwertung Mit Ausnahme des Versuchs in Schlieren (2012) ist ein Effekt des Vorrats an mineralischem Stickstoff (Nmin) vor der Saat auf das Ertragsniveau zu erkennen (Tab. 1). Allerdings ist der Effekt des zusätzlich gedüngten Stickstoffs auf den Ertrag von Rispenhirse unabhängig vom Bodenvorrat vor der Saat, da das Ertragsmaximum bei fast allen Versuchen bei ca. 80–90 kg N/ha eintrat (Tab. 1). Inwiefern andere Boden- oder Standorteigenschaften dafür mitverantwortlich sind, müsste in weiteren Versuchen abgeklärt werden. Es kann weder ein Zusammenhang zwischen N-Düngung und dem N-Entzug durch Korn und Stroh (Abb. 4) noch zwischen N-Düngung und Nmin nach der Ernte (Abb. 5) festgestellt werden. Grund dafür kann sein, dass der Rest des gedüngten Stickstoffs

noch in den Wurzeln der Hirse festgelegt ist oder aber in Bodenschichten tiefer als 90 cm verlagert wurde. Insbesondere in den Versuchen in Dietikon und Schlieren dürfte aber auch gedüngter N durch die Unkräuter aufgenommen worden sein. Nährstoffgehalte In der Gesamtauswertung zeigt sich ein hochsignifikanter Effekt der Versuchsumwelten auf die Nährstoffgehalte im Korn und im Stroh. Ein Einfluss der N-Düngung wurde nur für den Phosphor- und Magnesiumgehalt im Stroh beobachtet: Bei steigendem N-Angebot steigen die Gehalte an. Des Weiteren wurde beobachtet, dass die Sorte die Gehalte vor allem im Korn mitbeeinflusst (Tab. 2). So weist die Sorte Quartett etwas höhere Gehalte auf als die Sorte

Tab. 2 | Gehalte (g/kg Frischsubstanz) von Stickstoff (N), Phosphor (P), Kalium (K) und Magnesium (Mg) im Korn und Stroh von Sommer­ weizen und -hafer (Flisch et al. 2009) im Vergleich zu Rispenhirse. Mittelwerte (Minima und Maxima) Kultur Rispenhirse Sommerweizen Sommerhafer

120

10

Produkt

N (Min., Max.)

P (Min., Max.)

K (Min., Max.)

Mg (Min., Max.)

Korn

16,6 (15,2, 18,4)

2,8 (2,4, 3,2)

2,4 (1,8, 2,7)

1,2 (0,9, 1,4)

Stroh

10,7 (9,3, 11,6)

2,4 (1,3, 3,3)

18,8 (12,6, 25,3)

2,4 (1,8, 2,7)

Korn

20,2 (18,0, 26,0)

3,6 (3,1, 4,4)

3,6 (2,5, 4,2)

1,2 (1,0, 1,4)

Stroh

3,1 (3,0, 7,0)

0,8 (0,4, 1,3)

8,9 (6,6, 11,6)

0,7 (0,3, 0,7)

Korn

16,5 (13,0, 19,0)

3,5 (3,1, 3,9)

4,2 (3,3, 5,0)

1,0 (0,9, 1,3)

Stroh

4,1 (3,0, 7,0)

1,2 (0,9, 1,7)

17,4 (14,9, 19,9)

1,2 (0,6, 0,9)

Agrarforschung Schweiz 5 (3): 118–121, 2014


80 60 40

2010 Dietikon 2011 Sulzbach 2012 Seebach 2012 Schlieren

0

20

Nmin nach Ernte (kg N/ha)

150 100 50 0

N−Entzug, Stroh und Korn (kg N/ha)

200

Wie die Rispenhirse auf Stickstoff reagiert | Kurzbericht

0

30

60 N−Düngung (kg N/ha)

90

0

120

30

60 N−Düngung (kg N/ha)

90

120

Abb. 4 | Stickstoffmenge in der oberirdischen Biomasse (Stroh und Korn) von Rispenhirse an vier verschiedenen Standorten bei unterschiedlichen N-Düngungsniveaus. Legende siehe Abbildung 5.

Abb. 5 | N min -Gehalt im Boden nach der Ernte von Rispenhirse an vier verschiedenen Standorten in Abhängigkeit der N-Düngung.

Krupnoskoroje.Im Vergleich mit zwei anderen Sommergetreidearten, die alternativ zu Rispenhirse in der Fruchtfolge stehen können und bei denen der Verbleib des Strohs in der Düngerbilanz verrechnet wird, ist vor allem der hohe Stickstoffgehalt im Hirsestroh bemerkenswert (Tab. 2). Ebenso ist der im Vergleich zu Sommerhafer fast doppelt so hohe Gehalt an Magnesium auffallend. Es ist allerdings zu beachten, dass der Ertrag von Sommerweizen und Sommerhafer oft höher ist als bei Rispenhirse.

Schlussfolgerung

anschlagten Düngerpreis und dem Produzentenpreis ab. Im Biolandbau sollte deshalb eher eine N-Düngung mit kostengünstigeren Hofdüngern praktiziert werden. Eine höhere N-Düngung führte in den vorliegenden Versuchen nicht zu höheren Nmin-Gehalten nach der Ernte im Boden, was zu einem gewissen Grunde auch durch das Vorhandensein von Ackerbegleitarten und deren N-Aufnahme zu erklären ist. Die Nährstoffgehalte im Korn und Stroh sind mehr von den saisonalen und lokalen Bedingungen abhängig als von der N-Düngung. Im Vergleich mit anderen Sommergetreidearten ist der hohe N-Gehalt in Hirsestroh für die Düngebilanz zu beachten. n

Die Kornerträge variierten sehr stark zwischen den einzelnen Versuchen, was eine Abhängigkeit der Erträge von örtlichen und saisonalen Bedingungen zeigt. Die ökonomisch optimale N-Düngung hängt stark vom ver-

Wir danken der Stiftung Hauser (Weggis) und BioSuisse für die finanzielle Unterstützung.

Literatur ▪▪ Bélanger G., Walsh J.R., Richards J.E., Milburn P.H. & Ziadi N., 2000. Comparison of three statistical models describing potato yield response to nitrogen fertilizer. Agronomy Journal 92 (5), 902–908. ▪▪ Flisch R., Sinaj S., Charles R. & Richner W., 2009. GRUDAF 2009 – Grundlagen für die Düngung im Acker- und Futterbau. Agrarforschung Schweiz 16 (2), 1–97. ▪▪ Hoffmann-Bahnsen R., 2003. Wie viel Stickstoff braucht Rispenhirse ­( Panicum miliaceum). Untersuchungen zum Stickstoffbedarf und der ­D ynamik in der Pflanze. Mitteilungen der Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften 15, 304–305. ▪▪ Fuhrer J. & Jasper K., 2009. Bewässerungsbedürftigkeit in der Schweiz. Schlussbericht der Studie «Bewässerungsbedürftigkeit in der Schweiz (BBCH)». Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Zürich. 74 S.

Dank

▪▪ Humphrys C., 2005. Anbau von Rispenhirse in der Schweiz: Unkrautbekämpfung und Perspektiven einer alten Kulturpflanze. In: Unkrautbekämpfung. Neue Technologien, reduzierter Herbizideinsatz und Alternativen, FAL-Tagung, Zürich. ▪▪ Klöble U., 2009. Bewertungsansätze für interne Leistungen im ökologischen Landbau (Workshop). Zugang: http://orgprints.org/14334/ [11.12.2013]. ▪▪ Richner W., Flisch R., Sinaj S. & Charles R., 2010. Ableitung der Stickstoffdüngungsnormen von Ackerkulturen. Agrarforschung Schweiz 1 (11–12), 410–415.

Agrarforschung Schweiz 5 (3): 118–121, 2014

121


P o r t r ä t

Bernard Lehmann: in der Landwirtschaft verwurzelt Aufgewachsen ist Bernard Lehmann mit zwei Brüdern und einer Schwester auf einem Bauernhof im Kanton Waadt. Von Kindsbeinen an musste er auf dem Landwirtschaftsbetrieb mithelfen: «Ich war der Älteste, da hiess es früh zupacken.» Kein Wunder, dass er die landwirtschaftliche Lehre begann. Ein Lehrjahr absolvierte er in der Deutschschweiz: auf der Landwirtschaftlichen Schule Schwand. Dies sollte sein Leben in andere Bahnen lenken: «Ich war von der Arbeit der Agronomen fasziniert. Ich wollte auch solche Versuche durchführen.» Der damalige Schuldirektor unterstützte den Jugendlichen in seinem Vorhaben: Bernard Lehmann brach die Lehre ab, holte in Lausanne das Gymnasium und die Matura nach. Agrarökonomie und Agrarpolitik Die Landwirtschaft liess ihn aber nicht mehr los: Im Herbst 1973 zog es Bernard Lehmann nach Zürich, an die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH). Sein Studium der Agrarökonomie schloss er 1977 ab. Die folgenden Jahre waren der Agrarforschung und seiner Dissertation gewidmet. Nomen est omen: Das Thema lautete «Wirkungsanalyse agrarpolitischer Massnahmen». 1984 wechselte Bernard Lehmann zum Schweizerischen Bauernverband (SBV). Zuerst als wissenschaftlicher Mitarbeiter, zuletzt als stellvertretender Direktor. Er gründete die Gruppe Agrarwirtschaft beim SBV und leitete dabei verschiedene Untersuchungen: So zum Beispiel Studien im Zusammenhang mit der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten, die heute von Agroscope durchgeführt wird; mit seinen Mitarbeitenden entwickelte er ein Simulationsmodell zur Produktionslenkung. Zurück zur Forschung 1991 wurde Bernard Lehmann als ordentlicher Professor für Agrarökonomie an die ETH Zürich berufen. 20 Jahre leitete der heute 59-Jährige das Institut für Agrarwirtschaft und war zuletzt Vorsteher des Departements für Agrar- und Lebensmittelwissenschaften. Die ersten zehn Jahre seiner Professur waren «Schweiz-orientiert»: «Wir führten Studien zur Wettbewerbsfähigkeit des Agrarsektors durch. Die Abschaffung der Milchkontingentierung war ein brennendes Thema. Wir erstellten Modellrechungen zur Gegenwart wie auch Zukunft der Landwirtschaft: von Stickstoffüberschüssen bis zu Landwirtschaft im Jahr 2050». Die weiteren zehn Jahre waren

122

Agrarforschung Schweiz 5 (3): 122, 2014

stark international fokussiert: Schwerpunkte waren Afrika, Sri Lanka und die Mongolei. «Forschungsthemen waren: die Entwicklung im ländlichen Raum, von der Selbstversorgung zum Markt, Wertschöpfung, Übernutzung der Ressourcen.» Der Kreis schliesst sich 2011 wurde Bernard Lehmann BLW-Direktor. Er trat die Nachfolge von Manfred Bötsch an. «Die Agrarpolitik 2014 – 2017 war aufgegleist. Das war ein riesiges «Fuder», das ich da übernahm. Aber es war spannend. Ich konnte etwas bewegen. Ich rückte in die Nähe der Entscheidungsträger.» Der Anfang war für ihn nicht so einfach. Zwar kannte er ja die Materie von seiner bisherigen Arbeit, aber der Blickwinkel war ein anderer. Zugleich betreute er in einer Übergangsphase auch noch einige Doktorierende. Umso mehr freut es Bernard Lehmann nun, dass die AP 14 – 17 ab 2014 umgesetzt werden kann. «Das war für mich eine gute Lehre. Das Teamwork hier im BLW und mit Bundesrat Johann Schneider-Ammann gefällt mir sehr.» Als Ausgleich zu seiner Arbeit geniesst Bernard Lehmann seine Freizeit mit seiner Frau und den drei Kindern. Dazu arbeitet er gerne im Garten, er besitzt ein kleines Treibhaus: «So geht die Bodenhaftung nicht verloren…», meint er schmunzelnd. Karin Bovigny-Ackermann, Bundesamt für Landwirtschaft BLW


A k t u e l l

Neue Publikationen

VOLUME

L A VIGN E

1

Agroscope | Amtra

MALADIES FONGIQUES

OLIVIER VIRET KATIA GINDRO

Die Rebe Band 1. Pilzkrankheiten Pilzkrankheiten ist der erste Band eines Werkes unter dem Titel die Rebe. Dieses Werk setzt sich aus vier Bänden zu den Themen Pilzkrankheiten, Schädlinge und Nützlinge, Viren und Phytoplasmen und Physiologie der Rebe zusammen. Mit der Rebe wird in diesem Werke eine Pflanze eingehend thematisiert, welche weltweit zu den bedeutenden Kulturpflanzen zählt. Dieser erste Band, der nahezu 270 Seiten umfasst, dürfte die Erwartungen von Wissenschaftern, Lehrkräften, Studierenden, Beratern und weiten Publikumskreisen dank seinem klaren, gut strukturierten und reich bebilderten Aufbau befriedigen. Die Pilzkrankheiten machen wiederholte Pflanzenschutzbehandlungen während der ganzen Saison nötig. Damit werden im Rebbau der Umweltschutz, die Bemühungen zur Reduktion des Hilfsstoffeinsatzes und die Qualität der Ernte zu sehr wichtigen und stark beachteten Themen. Dieses Buch versucht auch besonders, auf kritische Fragen Antworten zu geben.

Eine fundierte Einleitung In der Einführung werden die phänologischen Stadien und die systematische Einteilung der Rebe erläutert. Die Herkünfte für natürliche Reistenzen gegen Pilzkrankheiten werden aufgezeigt, welche die Grundlage für eine ökologischeren Weinbau darstellen, da eine signifikante Reduktion des Hilfsstoffeinsatzes mit der Schaffung resistenter Rebsorten einhergeht. Dies erfordert vertiefte, aktuelle Kenntnisse der Systematik der phytopathologischen Pilze. Am Ende der Einführung folgt ein wichtiges Kapitel über die Bekämpfung der Pilzkrankheiten. Beschreibung der Krankheiten Alle Pilzkrankheiten werden mit reich bebildertem Text auf makroskopischer und mikroskopischer Ebene neu beleuchtet. Die morphologischen Merkmale der Pilzarten werden von Mykologen in separaten Bild-Text-­ Darstellungen eingehend erläutert. Jedes Kapitel enthält eine Liste mit ausgewählten Literaturangaben. Einfaches Lesen Alle Kapitel machen Angaben auf zwei verschiedenen Lesestufen: der Leser kann nach seinem Belieben die Informationen der ersten Stufe durch detaillierte Texte ergänzen, die den Zugang zu zahlreichen Originalarbeiten von Agroscope und anderen in der Weinbauforschung spezialisierten Instituten ermöglichen. Am Ende des Buches findet sich ein Fachwörterverzeichnis, eine Liste der Pilzkrankheiten der Rebe in französischer, lateinischer, deutscher, italienischer und englischer Sprache und ein nach Themen geordneter Index, welcher ein genaues Suchen ermöglicht. Das Buch erscheint als französische Ausgabe Mitte März 2014 und kostet CHF 65.–. Bestellungen sind zu richten an: AMTRA, Mme Antoinette Dumartheray route de Duillier 50 1260 Nyon 1 Tel. 079 659 48 31 antoinette.dumartheray@agroscope.admin.ch www.revuevitiarbohorti.ch Judith Auer und Eliane Rohrer, Agroscope und AMTRA

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Aktuell

Neue Publikationen

Die Wuchshöhe von Weiden und Wiesen messen ALP aktuell

Die Wuchshöhe von Weiden und Wiesen messen Merkblatt für die Praxis

Nr. 48 | 2013

Autor

Fredy Schori, Agroscope

Fredy Schori Agroscope Liebefeld-Posieux ALP-Haras Tioleyre 4 CH-1725 Posieux fredy.schori@agroscope.admin.ch Impressum Herausgeber: Agroscope Liebefeld-Posieux ALP-Haras www.agroscope.ch Redaktion: Christine Caron-Wickli, Agroscope Gestaltung: RMG Design, Fribourg Druck: Tanner Druck AG, Langnau im Emmental Copyright: Nachdruck, auch auszugsweise, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Herausgeberin gestattet.

Weidebetonte Milchproduktionssysteme sind wirtschaftlich interessant, wenn ein hoher Anteil der Biomasse auf der Weide genutzt wird. Regelmässige Messungen der Wuchshöhe und die anschliessende Schätzung des Futtervorrats pro Parzelle beziehungsweise pro Betrieb ermöglichen eine Gegenüberstellung von Grasangebot und Futterbedarf der Milchkühe. Solche Berechnungen dienen der Entscheidungsfindung bezüglich Anpassung der Weideflächen, Zufütterung von Rau- und/oder Kraftfutter, Parzellenreihenfolge usw. Ein Vergleich der gemessenen Werte mit bestehenden Richtwerten für optimale Wuchshöhen kann bei der täglichen Weideführung ebenfalls behilflich sein.

Im vorliegenden Merkblatt werden die verschiedenen Methoden zur Bestimmung der Wuchshöhe von Weiden und Wiesen vorgestellt. Obwohl die Messung und der Umgang mit Wuchshöhen von Weiden im Vordergrund stehen, werden vereinzelt auch Empfehlungen für Kurzrasen- und Umtriebsweidesysteme angegeben. Auf nachfolgende Fragen wird eingegangen: • • • •

Wie und womit die Wuchshöhe messen? Sind die Wuchshöhen vergleichbar? Wozu dienen die Wuchshöhen? Wie wird die Grasmasse geschätzt?

ISSN 1660-7570

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04.11.13 09:32

ALP Aktuell 48 Weidebetonte Milchproduktionssysteme sind wirtschaftlich interessant, wenn ein hoher Anteil der Biomasse auf der Weide genutzt wird. Regelmässige Messungen der Wuchshöhe und die anschliessende Schätzung des Futtervorrats pro Parzelle beziehungsweise pro Betrieb ermöglichen eine Gegenüberstellung von Grasangebot und Futterbedarf der Milchkühe. Solche Berechnungen dienen der Entscheidungsfindung bezüglich Anpassung der Weideflächen, Zufütterung von Rau- und/oder Kraftfutter, Parzellenreihenfolge usw. Ein Vergleich der gemessenen Werte mit bestehenden Richtwerten für optimale Wuchshöhen kann bei der täglichen Weideführung ebenfalls behilflich sein. Im vorliegenden Merkblatt werden die verschiedenen Methoden zur Bestimmung der Wuchshöhe von Weiden und Wiesen vorgestellt. Obwohl die Messung und der Umgang mit Wuchshöhen von Weiden im Vordergrund stehen, werden vereinzelt auch Empfehlungen für Kurzrasen- und Umtriebsweidesysteme angegeben. Auf nachfolgende Fragen wird eingegangen: • Wie und womit die Wuchshöhe messen? • Sind die Wuchshöhen vergleichbar? • Wozu dienen die Wuchshöhen? • Wie wird die Grasmasse geschätzt? Fredy Schori, Agroscope

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Nacherwärmungen bei Silagen: Ursachen und Vorbeugung

Tiere Agroscope Transfer | Nr. 1

Nacherwärmungen bei Silagen: Ursachen und Vorbeugung Januar 2014

Autor

Ueli Wyss, Agroscope

Ueli Wyss

Die Nacherwärmungen beziehungsweise Nachgärungen stellen in der Praxis eines der häufigsten Probleme bei der Silagebereitung dar. Davon betroffen sind insbesondere die qualitativ guten und energiereichen Mais- und angewelkten Grassilagen. Da der Prozess der Nacherwärmung nicht immer für das Auge sichtbar auftritt, wird er häufig übersehen und unterschätzt. Nacherwärmungen führen zu Energieverlusten, einem verminderten Futterverzehr und kosten daher bares Geld. Verantwortlich für die Nacherwärmungen sind in erster Linie die Hefen, die sich bei der Entnahme unter Lufteinfluss stark vermehren und zu den Erwärmungen führen. Dabei begünstigt einerseits eine ungenügende Verdichtung des Silierguts das Eindringen der Luft; andererseits spielt die Entnahmemenge beziehungsweise der tägliche Vorschub eine entscheidende Rolle.

Das vorliegende Merkblatt orientiert über • die Entstehung von Nacherwärmungen • Hauptprobleme: Schlechte Verdichtung und zu geringe Entnahmemengen • die Nacherwärmung oder Restwärme • Massnahmen bei warmen Silagen • Massnahmen zur Vorbeugung von Nacherwärmungen • Fazit

Agroscope Transfer Nr. 1 Die Nacherwärmungen beziehungsweise Nachgärungen stellen in der Praxis eines der häufigsten Probleme bei der Silagebereitung dar. Davon betroffen sind insbeso dere die qualitativ guten und energiereic hen Mais- und angewelkten Grassilagen. Da der Prozess der Nacherwärmung nicht immer für das Auge sichtbar auftritt, wird er häufig übersehen und unterschätzt. Nacherwärmungen führen zu Energieverlusten, einem verminderten Futterverzehr und kosten daher bares Geld. Verantwortlich für die Nacherwärmungen sind in erster Linie die Hefen, die sich bei der Entnahme unter Lufteinfluss stark vermehren und zu den Erwärmungen führen. Dabei begünstigt einerseits eine ungenügende Verdichtung des Silierguts das Eindringen der Luft; andererseits spielt die Entnahmemenge beziehungsweise der tägliche Vorschub eine entscheidende Rolle. Das vorliegende Merkblatt orientiert über • die Entstehung von Nacherwärmungen • Hauptprobleme: Schlechte Verdichtung und zu geringe Entnahmemengen • die Nacherwärmung oder Restwärme • Massnahmen bei warmen Silagen • Massnahmen zur Vorbeugung von Nacherwärmungen • Fazit Ueli Wyss, Agroscope

Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen

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Medienmitteilungen

www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen 25.02.2014 NABO goes Cuba: Netz zur Bodenbeobachtung nach Schweizer Vorbild

17.02.2014 Überträger der goldgelben Vergilbung mitten im Walliser Weinbaugebiet

In Kuba gefährden Emissionen von organischen Schadstoffen aus Industrie und Verkehr die landwirtschaftlich genutzten Böden. Jetzt etablieren das kubanische Forschungszentrum CENSA und Agroscope im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes ein Beobachtungsnetz nach dem Vorbild der Nationalen Bodenbeobachtung NABO der Schweiz. Mit den Daten soll der Schadstoffgehalt der Böden in vorerst zwei Provinzen von Kuba erstmals systematisch erfasst werden.

Agroscope-Forschende und kantonale Experten führten 2013 im Wallis eine Überwachungskampagne durch. Das Ziel: Im Walliser Weinbaugebiet nach der Zikade Scaphoideus titanus fahnden. Das Insekt überträgt nämlich die goldgelbe Vergilbung der Rebe. Und die Fachleute wurden fündig: Erstmals konnte man diese Zikade dort nachweisen.

20.02.2014 Im Verlauf der Evolution «verloren gegangene» Gene des Weizens wiederfinden Der Weichweizen ist aus der spontanen und aufeinanderfolgenden Kreuzung dreier wilder Weizen-Arten hervorgegangen. Nachdem man Hartweizen mit einem Wildgras (Aegilops tauschii) gekreuzt hat, ist vermutlich genau das geschehen, was vor 10 000 Jahren stattgefunden und zur Entstehung von primitivem Weichweizen geführt haben könnte. Durch diese Kreuzung erhält man nämlich ein Erbgut, das möglicherweise ursprüngliche Gene enthält, die im Verlauf der Evolution des Weizens «verloren gegangen» sind.

18.02.2014 Video «Raufutterqualität für Pferde» – eine Hilfe für Pferdehaltende Die Futterration für Pferde sollte hauptsächlich aus einwandfreiem und strukturreichem Raufutter bestehen. Pferdehalterinnen und -halter müssen daher die Eigenschaften von hochwertigem Raufutter kennen und beurteilen können. Das Schweizerische Nationalgestüt von Agroscope hat zu diesem Thema ein Video erstellt, welches anschaulich aufzeigt, worauf zu achten ist, um die Pferde mit gesundem Raufutter zu ernähren. Ab sofort stellt Agroscope diesen Film den Pferdehaltenden über soziale Netzwerke zur Verfügung.

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13.02.2014 Mehrere Resistenz-Gene halten Schadpilze länger in Schach Die Suche nach Krankheitsresistenzen bei Getreide ist ein wichtiger Forschungsbereich von Agroscope. Die ­Forschungsteams, die sich mit Pflanzenpathologie und molekularen Markern beschäftigen, unterstützen die Züchtung bei der Entwicklung von Sorten mit natürlichen Resistenzen. Der Anbau dieser Sorten benötigt weniger Pflanzenschutzmittel. Dies fördert eine nachhaltige Landwirtschaft in der Schweiz und im Ausland.

13.02.2014 Futtermittel: Kennzeichnung zu verbessern Agroscope hat den Auftrag, die in der Schweiz in den Handel gebrachten Futtermittel für Nutz- und Heimtiere (Petfood) zu kontrollieren. Damit stellt sie die erste Kontrollinstanz entlang der Lebensmittelkette dar. Im vergangenen Jahr wurden 1423 Proben erhoben und analysiert. Bei den Futtermitteln für Nutztiere gab es im Vergleich zum Vorjahr einige Beanstandungen mehr; beim Petfood hat sich die Situation verbessert.


Aktuell

Internetlinks

Veranstaltungen

Fachvideos von Agroscope http://www.youtube.com/agroscopevideo Die Fachvideos von Agroscope vermitteln auf informative und unterhaltsame Art Aspekte aus Forschung und Extension von Agroscope für schmackhafte Lebensmittel, für eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft und für eine gesunde Umwelt.

April 2014 10.04.2014 Jahrestagung Netzwerk Pferdeforschung Schweiz Nationalgestüt Avenches Mai 2014 06.05.2014 Brauchen Nutztiere Antibiotika? Fachtagung ETH Zürich, Vetsuisse Zürich und Bern, Agroscope ETH Zentrum, Zürich 06. – 07.05.2014 Landtechnik im Alpenraum Agroscope und BLT Wieselburg Feldkirch, Österreich

Vor schau April 2014 / Heft 4 In der Studie «Wirtschafts-, ­gesellschafts- und umweltpolitische Bedeutung des Pferdes in der Schweiz – Stand 2013» stellt das Schweizerische Nationalgestüt von Agroscope interessante ­Zahlen zur Pferdebranche Schweiz vor. (Foto: Carole Parodi, ­Agroscope)

••Die Schweizer Pferdebranche, Lea Schmidlin et al., Agroscope ••Synergien und Zielkonflikte zwischen Ernährungs­ sicherheit und Ressourceneffizienz, Birgit Kopainsky et al., Flury & Giuliani GmbH, Millennium Institute und BLW ••Globale Ernährungssicherheit – Schlussfolgerungen für die Schweiz, Barbara Becker et al., ETH Zürich, HEKS und BLW

21.05.2014 AgriMontana - Zukünftige Perspektiven der ­Berglandwirtschaft AgriMontana / Agroscope Landquart 21.05.2014 Fachtagung Düngerkontrolle MARSEP-/­ VBBo-Ringversuche Agroscope BLW, Bern 25.5.2014 Breitenhof-Tagung 2014, Treffpunkt der ­Steinobstbranche Agroscope Steinobstzentrum Breitenhof, Wintersingen Juli 2014 06. – 10.07.2014 AgEng 2014 Zurich International Conference of Agricultural Engineering Agroscope, ETH Zürich Zürich

••Stärker abgepresste Zuckerrübenschnitzel weisen gute Silagequalität auf, Ueli Wyss und Catherine Metthez Agroscope und Zuckerfabriken Aarberg und Frauenfeld ••Mechanische Regulierung der Begleitflora bei Rispenhirse, Rosalie Aebi et al., Agroscope

Informationen: Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen

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harasnational.ch

9ème réunion annuelle du Réseau de recherche équine en Suisse 10 avril 2014 9 h - 17 h, Théâtre du Château, Avenches -

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Journée ouverte à tout public avec exposés et posters De la science à la pratique Thèmes comme p. ex. Prévention et maladies, Elevage et génétique, Bien-être et détention, La branche équine en chiffres Prix (y. c. les repas): Tarif normal CHF 120.- (€ 100.-) Participant-e-s Equigarde® CHF 100.- (€ 85.-) Etudiant-e-s et doctorant-e-s CHF 40.- (€ 35.-) Inscription* obligatoire

* Inscriptions : www.reseaurechercheequine.ch

Neunte Jahrestagung Netzwerk Pferdeforschung Schweiz 10. April 2014 9 - 17 Uhr, Théâtre du Château, Avenches - Öffentliche Tagung mit Vorträgen und Ausstellung - Von der Wissenschaft in die Praxis - Themen wie z.B. Prävention und Krankheiten, Zucht und Genetik, Wohlbefinden und Haltung, Die Pferdebranche in Zahlen - Tagungsgebühren (inkl. Verpflegung): Normaltarif CHF 120.- (€ 100.-) Equigarde®- Reduktion CHF 100.- (€ 85.-) Studierende, Doktorierende CHF 40.- (€ 35.-) - Anmeldung* obligatorisch *Anmeldungen : www.netzwerkpferdeforschung.ch Renseignements : / Infos: Tel. 026 676 63 75 katja.sprenger@agroscope.admin.ch

AGrAr ForSchUNG Schweiz recherche AGroNomiqUe SUiSSe

Aktuelle Forschungsergebnisse für Beratung und Praxis: Agrarforschung Schweiz publiziert 10-mal im Jahr Forschungsergebnisse über Pflanzenbau, Nutztiere, Agrarwirtschaft, Landtechnik, Lebensmittel, Umwelt und Gesellschaft. Agrarforschung ist auch online verfügbar unter: www.agrarforschungschweiz.ch Bestellen Sie jetzt Ihre Gratisausgabe! Name/Firma

Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Partner der zeitschrift sind das Bundesamt für Landwirtschaft, die hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaft hAFL, die Beratungszentralen AGriDeA, die eidgenössische Technische hochschule eTh zürich, Departement für Umweltsystemwissenschaften und Agroscope, die gleichzeitig herausgeberin der zeitschrift ist. Die zeitschrift erscheint in Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenössische Ämter und an weitere Fachinteressierte.

Vorname Strasse/Nr PLZ/Ort Beruf E-Mail Datum Unterschrift Talon einsenden an: redaktion Agrarforschung Schweiz, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP-haras, Postfach 64, 1725 Posieux Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00 e-mail: info@agrarforschungschweiz.ch | www.agrarforschungschweiz.ch


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