AD 02/2020

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ARCHITECTURAL DIGEST. Stil, Design, Kunst & Architektur

Deutschland  Februar 2020 / 8 Euro

Bhutans verborgene Täler Reise durch das letzte Königreich im Himalaya

Gute Nacht

Der Weg zum Schlafzimmer Ihrer Träume

Out of Hollywood Anne Hathaway und ihr Hideaway in Kalifornien

Freistil

Willkommen 2020! Farbfrohe Aussichten fürs neue Stiljahr


Inhalt Februar 74

27 Editorial 28 Impressum 33 Private View 34 Agenda 38 AD stellt vor

Für Midgard schlägt Stefan Diez einen leuchtenden Bogen ins Heute.

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Projekt

Architektur

Stil 41

Neuheiten Die Zwanziger fangen gut an – mit einem Daybed von Jean-Marie Massaud für Poltrona Frau und Faye Toogoods abstrakten Teppichen für CC-Tapis. 50 Thema Antike

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Interview In Paris lassen Cassina und die Fondation Louis Vuitton Charlotte Perriands Werk in nie gekannter Pracht auferstehen. 56 Neuheiten Home Entertainment 58 Interview B&B Italia

Auf dem Dach der Welt 100

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Studio Gut schlafen ist eine Frage des Rückens, der Ruhe und kleiner Rituale. Tipps für ein achtsam gestaltetes Schlafzimmer. 68 Porträt Vispring 70 Betten 72 Praxis Küche

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Projekt Blick ins Zentrum des Denkens: die faszinierende Sammlung architektonischer Zeichnungen von Niall Hobhouse. 85 Radar

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Garten Letizia Le Fur fotografiert die geheimen Geschichten von Pflanzen und Orten.

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Fesche Natter!

Panorama 92 Reise Villa Kellermann

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Kunst Die Motive interessierten ihn nur für den Moment, nicht für die Ewigkeit – Adolph Menzel und seine Handzeichnungen. 98 Ausstellungen 99 Bücher

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Reise

Cover: Stephen Kent Johnson; Fotos: Florian Siebeck; Letizia Le Fur; Blue Carreon

Bhutan öffnet sich dem Tourismus mit fünf spektakulären Himalaya-Lodges. 104 Reise Neuheiten

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Angeblitzt!

Auf dem Cover: Im kalifornischen Ojai hat Anne Hathaway ihr Happy End in einem rusticoolen, von Pamela Shamshiri gestalteten Chalet gefunden.


Inhalt Februar 107

Leben 108

Süden ist da, wo es schön ist! Nämlich im farbglühenden Apartment, das Dimore Studio für eine junge Familie in Berlin entwarf. Mailand-Flair inklusive.

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Berlin alla milanese

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Harmonie und Material Von außen wirkt die historische Villa am Öresund ungeordnet. Innen gelang Jonas Bjerre-Poulsen ein großer Wurf: Hier ist alles wie aus einem Guss.

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Anne of Green Gables Es war einmal … So beginnen Märchen. Aber wie geht es nach dem Happy End weiter? Vielleicht so: Mit ihrem rustikalen Chalet in Südkalifornien erzählen Anne Hathaway, Adam Shulman und Pamela Shamshiri eine stilvolle Romanze.

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Neo Geo

Magnolien und Schildkröten

Backstein zu Beton: Rachel Nolan schenkt einem viktorianischen Terraced House in Melbourne einen minimalistischen Anbau.

Hannah Cecil Gurney wuchs zwischen handbemalten Tapeten auf. Deren Zauber teilt sie nun mit ihren Kindern in London.

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Fotos: Beppe Brancato; Midgard; Porträt: Stephen Kent Johnson

Ton, Steine …

74 Midgards Makeover

Erst entdeckte Evelyn Greite einen Tisch im Laden von Philipp Vogt. Dann ließ sie den Münchner Interiordesigner ihr ganzes Haus umgestalten.

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High Society

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Anne Hathaway

Mit Respekt und Chuzpe schreibt Decorator Francis Sultana die Geschichte des sagenhaften Londoner Albany fort. 162 Summaries 164 AD bei AD Design Summit 168 Apropos 170 Genie & Spleen


AD stellt vor

Anna Ahrens

Selina Lang pendelt zwischen Minimalismus und Opulenz. Ihren Blick für die stilistische Balance trainierte unsere Editorial Designerin bei der Ausbildung zur Fotografin oder den Designs fürs Züricher Opernhaus. „Ich umgebe mich gerne mit schönen Din­ gen. Auch im einfachen. Gerade suche ich nach einem einigermaßen aparten Spülschwämmchen.“ Dem Schönen schenkt sie einen eleganten Rahmen. Wie Jonas Bjerre-Poulsens Villa in Kopenhagen, ihrer Lieblingsgeschichte in diesem Heft. S. 118

ist quasi Detektivin. Als Abteilungsleiterin bei der Villa Grisebach betreibt sie „Spurensuche im Sinne der Kunst“. Für uns enträtselte sie Adolph Menzels Pas­tell­ blätter – was man ihr „am besten im Berliner Kupfer­ stichkabinett“ gleichtut. S. 94

Gregor Hohenberg

Florian Siebeck ließ uns regelmäßig rätseln: Wo steckt er eigentlich schon wieder? Bhutan (s. Foto)? L. A.? Frankfurter Bahnhofsviertel? Als Interimsreiseredakteur verbrachte Florian mehr Zeit in Bahn oder Flugzeug als am Schreibtisch in München. Doch als Mit­ bringsel hatte er stets Süßkram für uns im Gepäck – und eine Menge großartiger Geschichten. Nach 20 Monaten ist seine Zeit bei uns nun (vorerst) vorbei. Süßes, lieber Florian, tauschen wir hoffentlich dennoch weiter aus. S. 100

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Fotos: Studio Monbijou; Studio Gregor Hohenberg; Florian Siebeck; Thomas Skroch

hatte es in Potsdam bislang „‚nur‘ zu Joop geschafft“. Die Villa Kellermann betrat der Fotograf für uns zum ersten Mal – und war sofort begeistert: „Diese britische Mischung aus Art déco und Arts and Crafts, dazu die untergehende Sonne vom Heiligen See: malerisch!“ Am liebsten hätte Hohenberg „den ganzen Tag die Lichtspiele verfolgt“. Seine stimmungsvollen Bilder gelangen aber in weniger als drei Stunden. S. 92


AD Editorial

K „Die Antike war ein Fest der Farbe. Schauen Sie in Frankfurt nach!“ lands – die Ausstellung „Bunte Götter – Golden Edition. Die Farben der Antike“. Ein Homerun. Denn die Wanderausstellung mit bisher mehr als drei Millionen Besuchern, die vor allem auf den Forschungen des Archäologen Vinzenz Brinkmann basiert (der die Antikensammlung seit 2007 leitet und eine fantastische Schau nach der anderen auf die Beine stellt), tourt seit 15 Jahren um die Welt und kommt nun an ihren Ursprungsort zurück. Vor allem sensationeller Rekonstruktionen wie etwa des Perserkampfes auf dem Alexandersarkophag wegen (u.), die jeden Marvel-Comic alt aussehen lassen, müssen Sie da hin. Lebendiger kann die Antike kaum zurückgeholt werden. Na ja, außer vielleicht, Sie fangen an, die Geschichten auf einer alten Tapetenrolle nachzuzeichnen.

O liver Jahn

Foto: Liebieghaus Skulpturensammlung; Porträt: René Fietzek

aum etwas hat meine Fantasie als kleiner Junge so beschäftigt wie die Götterwelt der Antike. Ich kann mich gut erinnern, wie ich mit zehn oder elf Jahren – wie Millionen andere Jugendliche vor mir – „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums“ verschlang, die der Pfarrer und Altphilologe Gustav Schwab zwischen 1838 und 1840 am Fuß der Schwäbischen Alb so kongenial wie kindgerecht nacherzählt hatte. Kaum etwas faszinierte mich so nachhaltig wie die verworrenen Verwandtschafts-, Liebes- und Lebensverhältnisse der antiken Götter und Helden. Endlose Tage zeichnete ich auf der Rückseite einer alten Tapetenrolle die Stammbäume und Bezüge, um mir zu merken, wer nun mit oder gegen wen und warum. Zu den einprägsamsten Entdeckungen wurde dann ein paar Jahre später – die Antike hielt mich fest im Griff (und tut es bis heute) – ein alter Schinken, den ich für ein paar Mark aus der Grabbelkiste eines Antiquariats gezogen hatte (leider habe ich ihn nicht mehr und entsinne mich nicht des Titels), der von etwas handelte, bei dem mir völlig die Augen übergingen: der Polychromie der Antike. Wunderschön kolorierte Zeichnungen fanden sich da von Tempelanlagen Griechenlands, deren Fassaden, Giebel, Architrave, Friese in den eindrücklichsten Farben leuchteten. Plötzlich hatte ich die Geschichten von Zeus und Achill und Paris und Helena und all der anderen, die man mit der Lupe auf diesen Friesen sehen konnte, als Farbfernsehen im Kopf. Jeder, der heute durch die Antikensammlungen westlicher Museen streift, kennt das Bild: Phalangen hoch aufragender Gestalten, meisterhaft gemeißelte Gewänder, große Gesten, die Gesichter stolz und fern. Weißer Marmor. Im Grunde weiß man aber seit den Ausgrabungen des frühen 19. Jahrhunderts, dass die architektonische und bildhauerische Realität des griechischen und römischen Altertums eine andere war. Eine in Polycolor. Und da habe ich meinen Neujahrstipp für Sie! Ab dem 30. Januar zeigt das Frank­furter Liebieghaus – eh eines der tollsten Museen Deutsch-

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Stil

Neuheiten, Thema, Interview, Studio, Betten, Praxis und Projekt

Den Bogen raus … haben die „Rialto“-Gläser von Sir /  Madam für Coming Soon. Scham­ pusschalen „Coupe“ und Cocktail­tumbler „Old Fa­shioned“ schlagen eine feucht­fröhliche Brücke zwischen venezianischem Erbe und futuris­ tischem Pomp, ab 24 Dollar. MB

Redak tion Simone Herrmann und Sally Fuls

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Foto: Balarama Heller

coming so onnew york.com


Stil Neuheiten

Fidschi forever

Im Salon ein Südsee­ paradies? Naomi S. Clark malte dem dreiteiligen Vintage-Sofa „Le Blu La­ goon“ ein tiefseeblaues Canvaskleid. Stranden auf einsamer Insel ist damit ausgeschlossen! Unikat, 18 000 Dollar. for tmaker s.com

Put your hands up in the air Dieser Stuhl hat den Rhythmus im Korb! Kein Wunder, stammt sein Geflecht doch aus der kolumbianischen Amazonasregion. Salsa, Joropo, Merengue? Der „Nalgona Dining Chair 01“ mischt jedes gesetzte Dinner auf! NLV chriswols ton.com

Fotos: Gieves Anderson, Courtesy Fort Makers; Courtesy The Future Perfect; Omar Sartor (2)

Grenzenlos filigran! Too good to be true! Die britische Künstlerin Faye Toogood ist für ihre neue Kollektion „Doodles“ einfach ihrer Intuition gefolgt. Dabei entstanden Teppiche so schön wie abstrakte Gemälde. Grafische Steppdetails aus Baumwollgewebe bilden kuriose Muster – und verbinden die spielerischen Formen wie schwungvolle Pinselstriche. Eine Kombination dicker und feiner Wollgarne führt zu verschie­ denen Florhöhen und Texturen, 8211 Euro. cc -tapis.com


Cool, es regnet! Für B&B Italia entwarf Philippe Starck breitschultrige Gartenmöbel, die jedem Schauer trotzen. Ein Gespräch über Produktlügen, überflüssig werdende Berührungen und ein Parfum ganz ohne Sex. Inter view Oliver Jahn

D ie Outdoor-Saison startet Mitte Oktober, jedenfalls bei B&B Italia. Die Neuheiten 2020 werden in einer Villa am Comer See vorgestellt: Poufs mit wunderbar haptischem Geflecht wie aus Tauen; Naoto Fukasawas Polstermöbel mit Gestellen aus gerundetem Teak; einladend ausladende Sitze von Antonio Citterio. Das Atrium der Villa indes ist Philippe Starck vorbehalten und seinem neuen großen Wurf. Der Star

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ist anwesend und setzt zu einer Rede an. Er hebt den Kopf, blickt in den wolkenlos blauen Himmel und ruft zur allgemeinen Erheiterung: „Oh, it rains!“ So nämlich heißen die Outdoormöbel, mit denen Starck ein Dilemma des Genres ad acta legen will. Schon lange, sagt er, missfielen ihm die panikartigen Rettungsaktionen in Luxushotels, sobald Regen die Kissen der Gartenmöbel bedroht. Da haken wir nach! Gerade sprachen Sie von Ihrem Eindruck, Outdoormöbel zeigten immer

nur die Gutwetter-Seite, sie würden ­also quasi lügen. Wie meinen Sie das? Sehen Sie, ich wurde religiös erzogen, trotzdem bin ich kein gläubiger Mensch. Aber an eins glaube ich wirklich: die Idee der Gerechtigkeit. Wenn ich etwas sehe, das mir unwahr vorkommt, macht mich das rasend. Immer wenn ich – egal wo auf der Welt – Outdoormöbel im Regen sehe, denke ich: Wieder ganz falsch! Deshalb haben Sie nun für B&B Italia die Serie „Oh, it rains!“ entwickelt, die auch im Regen alles richtig macht.


Fotos: Guido Taroni (2); B&B Italia; Porträt: Jean-Baptiste Mondino

Stil Interview In den vergangenen Jahren habe ich an einer ganzen Reihe von Lösungen gearbeitet, bei denen man mit wenigen Handgriffen intervenieren kann, wenn es zu regnen anfängt. Dies hier ist der eleganteste Entwurf. Klappt man die Rückenlehne nach vorne, legt sie sich wie eine Schutzklappe über die Polster. Die Sonne kommt zurück? Lehne hoch, fertig. Die Botschaft ist: Ich muss euch nicht anlügen, denn ich bin für einen Wetterumschwung gerüstet. Und diese Ehrlichkeit sieht auch noch gut aus. Ihnen fällt auf, dass etwas nicht funk­ tioniert, und Sie entwickeln eine Lösung dafür – ist das Ihr Design-Ansatz? Ich bin gar kein Designer. Mich interessiert Design nicht. Mein Job ist es, von Dingen zu träumen. Eine Sache, die mich wirklich antreibt wie ein Motor, ist mein Gespür für Dinge, die gut gemacht und ehrlich sind. Oder wenn andererseits etwas Entscheidendes fehlt. Das ist doch der einzige Weg, wie man auf neue Ideen kommt. Dinge zu entwerfen, um eben Dinge zu entwerfen, wozu bitte soll das gut sein? Schlechtes, rätselhaftes Design kennt ­jeder: Man liegt im Hotelbett und möchte schlafen, aber man muss erst tausend Schalter ausprobieren, bis das Licht aus ist. Sie entwerfen ja auch Hotels – warum ist es so schwer, eine Lösung für einen ­ so einfachen Wunsch zu finden? Weil wir Menschen von Technik fasziniert sind. Weil jeder supersmart sein möchte, auch wenn wir am Ende gar nichts mehr verstehen. Friendly access war die geniale Formel von ­Steve Jobs: Die Dinge müssen sich selbst erklären. Woher weiß man, ob ein Produkt gut ist oder schlecht? Die Antwort: Wenn man eine Gebrauchsanweisung braucht, ist es schlecht – oder jedenfalls nicht zu Ende gedacht. Alles muss evident sein. Aber die Entwicklung geht ja weiter: Jede Materialität um uns herum muss und wird verschwinden. Einen Knopf zu betätigen oder eine Fläche zu berühren ist strukturell vulgär. Bewegungen, elegante Gesten, das wird die Steuerung der Zukunft sein. Heute wischen wir unentwegt auf Glas­ flächen herum. Rührt daher der Wunsch nach neuen taktilen Erlebnissen? Das Berühren generell wird verschwinden, der Prozess der Entmaterialisierung hat längst eingesetzt und funktioniert ja auch schon einigermaßen. Vor fünf Jahren kam eine kleine Drohne heraus, die sich mental steuern ließ. Die war nur noch ein bisschen zu kompliziert. Wenn alles das Hirn steuert, wo bleiben dann unsere taktilen Bedürfnisse?

Das Sofa wird zur Truhe: Blockstreifen wie bei einer Markise prägen den Look von „Oh, it rains!“ (li. S. und u.) – droht Regen, lässt sich die Lehne nach unten klappen (re.) und so das Polster schützen. Philippe Starck (oben) schuf die wetterwendige Kollektion. Sessel ab 5306 Euro.

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Stil Studio

Tex t Karin Jaeger und Nina Luisa Vesic

„Hier sollte eine minimalistische, fast klösterliche Atmosphäre herrschen. Dafür habe ich japanische und skan­dinavische Elemente zusammenfließen lassen.“ Die nötige Geborgenheit schafft Pierre Yovanovitch mit natürlichen Materialien: Leinen, Wolle, Hanf. Und Eiche! „Holz bringt eine wunderbare Wärme. Daher ist es ideal, um große Schlafzimmer in gemütliche zu verwandeln.“

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Sandmännchens Geheimwaffe Gut schlafen ist eine Frage des Rückens, der Ruhe – und der kleinen Rituale. Ein achtsam gestaltetes Schlafzimmer schafft den richtigen Rahmen dafür.


W er nachts oft wach liegt, weiß es nur zu gut: Guter Schlaf ist keine Frage des Willens. Er lässt sich nicht erzwingen, und je ver­ krampfter man sich aufs Einschlafen kon­ zentriert, desto munterer wird man. Er­ folgversprechender ist es, offensichtliche Störquellen auszuschalten: die durchge­ legene Matratze, stickige Luft, undichte Fens­ter, Vorhänge, die den Raum nicht aus­ reichend abdunkeln. Solche Basics sind wichtig, doch eine Garantie für guten Schlaf liefern auch sie nicht. Denn oft hat es nicht nur körperliche Gründe, wenn man hellwach im Bett liegt, statt entspannt ins Unbewusste abzutauchen: Der Stress Ein Raum, der Raum lässt: Interiordesigner Neal Beckstedt schichtet Texturen, aber spart bei der Farbe – umso mehr Tiefe schafft das satte Petrol der Rückwand oben, weiter des Tages lässt sich nicht abschütteln, man verstärkt durch George Chaplins kleines Aquarell. Für eine ähnlich ruhige Atmosphäre: fragt sich, ob man eigentlich das Fahrrad 1 Geome­trisch-schlichte Metallleuchte „Tangent“ im Farbton „Desert Sand“ woud.dk abgeschlossen hat, oder grübelt über die 2 Marmor­uhr „Stilla“ mit Messingzeigern ay tm.dk 3 Baumwollbettwäsche „Sublime“ im Zukunft des Journalismus. Kurz: Die Ge­ Ton „Opale“ d­ e sc amp s.com 4 Blattförmiges Rattantischchen „Stromboli“ india-­m ahdavi. dan­ken kreisen zu schnell, das innere Tem­ c om 5 „Recovery + Sleep“ entspannt mit ätherischen Ölen anatom e.c o 6 Besser als stumm schalten: silberner Smartphone-Tresor „The Bed“ von Elmgreen & Dragset po ist zu hoch, um die Kurve ins Reich der ge org jensen.com 7 Baumwoll-Steppdecke „Roma“ schramm -werks tae t ten.com Träume zu kriegen. Man schafft es nicht, von der Autobahn des Tages abzubiegen und ein paar Gänge herunterzuschal­ten. Sehr hilfreich können dafür Einschlaf­ 2 rituale sein. Denn beim Schlaf sind Körper 3 und Geist Gewohnheitstiere. Die immer gleichen Wege zu trotten gibt Geborgen­ heit, Sicherheit und dem Körper das Signal, 1 in den Entspannungsmodus zu schalten. Man liest ein paar Seiten (am besten auf Papier, denn das blaue Licht von Tablets verzögert laut Harvard Medical School die Müdigkeit), schreibt Tagebuch, hört Musik oder trinkt heiße Milch mit Honig. Unter­ stützt werden kann der Prozess des Um4 und Abschaltens durch ein Schlafzimmer, das „nicht nur dem Körper, sondern auch der Seele einen Ort zum Ausruhen bietet“, wie es das für seine frischen Farbgeome­ trien bekannte italienische Interiorduo Marcante Testa ausdrückt. Wie gestaltet man so ein Schlafzimmer am besten? Für den privatesten und per­ sönlichsten Raum der Wohnung gibt es 7 kaum noch feste Dos and Don'ts – googeln Sie also lieber gar nicht erst überkommene Regeln wie „Kühle Farben wirken beruhi­ gend“, sondern hören Sie auf Ihre Intuition (und den Rat eines sensiblen Innenarchi­ tekten). Erlaubt ist, was entspannt und was den jeweiligen Vorlieben und persönlichen Abend- und Morgenritualen entgegen­ kommt; das sieht Interiorstar Pierre Yova­

Fotos: Jean-Francois Jaussaud / Luxproductions; Stephen Kent Johnson; Woud; AYTM; Descamps; © India Mahdavi; Anatome; Georg Jensen; Schramm Werkstätten; Porträt: Vincent Desailly

Durchatmen

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Zeichenhaft Blick ins Zentrum des Denkens: Im ländlichen Somerset hat Niall Hobhouse eine einzigartige Sammlung architektonischer Skizzen zusammengetragen. Tex t Andreas Kßhnlein


Architektur Projekt

Skizzen: © The Architect / Drawing Matter (2); Foto: Guus Kaandorp

A m Anfang stehen Kühe. Schwarz-weiße, wohlgenährte Tiere, an denen die meisten Besucher bass erstaunt vorbeidefilieren; aber wer kann schon so genau sagen, auf welcher Seite die Überraschung größer ist. „Sind wahrscheinlich hoch bezahlte Thea­ terstatisten aus London“, sagt Niall Hobhouse, Sohn der großen Garten-Lady Penelope Hobhouse, und freut sich über den irritierten Blick. Auch wenn es aussieht, als sei man auf dem Land, in Wahrheit ist das hier West London, eine Art erweiterte Vorstadt. Wir befinden uns in Somerset, genauer Yarlington, einem kleinen Nest zwischen grünen Hügeln. Noch präziser: Shatwell Farm. Den Hof von Niall Hob­ house erreicht man über winzige Sträßchen, dann eine noch schmalere Einfahrt. Die eben mitten durch den Kuhstall führt, von Stephen Taylor um einen Säulengang erweitert, dessen Pfeiler zum Großteil aus dem Erdreich des Anwesens bestehen. „Meine modernistischen Freunde sagten, sie hätten ihm nie ganz über den Weg getraut“, erzählt Hobhouse. „Und die Revisionisten regten sich über die Säulen auf, die nicht mal ein ordentliches Kapitell haben. Mir gefällt, dass ich so beide ärgern konnte.“ Die erste Regel auf Shatwell Farm lautet: Dieser Ort soll nie ganz fertig sein. Auch heute wird gebaut, in einer Scheune entstehen Gästezimmer, Lagerräume und eine Theaterbühne, halb im Freien. Das eigentliche Herz der Farm aber schlägt nebenan, in einem einfachen, zweiteiligen Bau aus massivem, kreuzverleimtem Holz. Hugh Strange hat ihn entworfen, ohne zusätzliche Isolierung oder Membran; ein Haus aus Zellulose für Zellulose. Denn daraus besteht auch der Schatz im Inneren: Drawing Matter, die weltweit größte private Kollektion von Architekturzeichnungen, 10 000 Blätter von unschätzbarem Wert. Original-Briefe von Le Corbusier neben Bleistiftskizzen von Frank Lloyd Wright, Entwürfe von Schinkel bis Superstudio. Unter Kennern genießt diese Sammlung Weltruhm; Forscher, Kuratoren und praktizierende Architekten kommen von überall hierher. Heute ist es ein junger Mitarbeiter des Met, neulich war „Liz“ Diller mit zwei Kollegen aus Princeton da – zwölf Stunden, nach denen die Wände über und über mit großformatigen Papieren bedeckt waren.

Schubladendenken: o. Skizze und Modell für die Quinta da Malagueira von Álvaro Siza. Am liebsten, sagt Hobhouse, sammle er komplette Projekte. Li. S.: eine neue Welt in ein paar Tuschestrichen – Superstudios Kästchenutopien, hier aus den Original-Sketchbooks von Adolfo Natalini, entstanden 1969 / 70.

Sie alle kommen nicht nur, um in der schieren Menge einzigartiger Blätter zu schwelgen. Sondern um eine Kollektion zu erfahren, die in Summe mehr erzählt als ihre einzelnen Bestandteile. Ihre Zusammensetzung geht nicht zuletzt auf Hobhouse’ endlose Beschäftigung mit den großen Institutionen, dem CCA, dem Getty Research Institute oder dem Met, zurück. Der frühere Kunsthändler ist nicht nur leidenschaftlicher Sammler, sondern ein ebenso munterer Kritiker. „Das Problem dort ist“, erklärt der 65-Jährige, „dass man vorab wissen muss, was man sehen, woran man forschen will. Damit aber steht das Ergebnis schon mehr oder weniger fest.“ Auf Shatwell Farm darf man jede Schublade aufziehen, darin stets ein Moment der Überraschung; jene besondere Mischung aus Zufall und subversiver Lenkung durch den Hausherrn und seine Archivare, die zu unerwarteten Assoziationen führt. Dazu sicherheitshalber Regel Nummer zwei: Mehr als zwölf Leute um eine Zeichnung

sind zu viele. Kein Zweifel, Hobhouse hat sichtlich Spaß daran, das Sandkorn im Getriebe des Diskurses zu sein, den Leuten, die hier forschen, Ideen in den Kopf zu setzen, die ihre konservativen Entsender vielleicht ein bisschen ärgern. Alles, was sie finden, ist Teil einer gemeinsamen Erzählung, hier gelandet durch bewusste Entscheidung des Besitzers. Nichts kaufen, was die Sammlung nicht irgendwie substanziell verändert, so lautet dessen dritte Regel. Seinen Fokus legte Hobhouse im Lauf der Zeit auf den sozialen Wohnungsbau der 60er und 70er, weil damit eine wirklich neue Typologie entstanden sei; dazu jene Momente, „in denen künstlerische und architektonische Praxis einander besonders nah kamen“. Und: Skizzenbücher wie jene Álvaro Sizas, deren Erwerb für Drawing Matter einen Schlüsselmoment darstellte. Eine Architekturzeichnung ist eben kein Kunstwerk, sondern Ausdruck eines Denkprozesses, an dessen Ende – meistens – ein Gebäude steht. Wenn man sich hier ernst-

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Tex t Florian Siebeck

Über den Dingen Bhutan, das letzte König­reich im Himalaya, blieb der Welt lange verschlossen. Nun eröffnet „Six Senses“ fünf Lodges über das Land ver­teilt: an Orten, die den Lauf der Zeit vergessen lassen.

Vom Nebel umarmt: Drei Stunden dauert der Fußmarsch zum Tigernest, dem wohl berühmtesten Kloster Bhutans. Taktshang, wie es in der Landessprache heißt, liegt auf schwindelerregenden 3120 Höhenmetern über dem Tal von Paro und wurde 1692 von Mönchen gebaut. Heute dürfen es auch Touristen besuchen.

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Panorama Reise

Weltvergessen: Im „Six Senses“ in Paro finden Gäste nach der langen Wanderung zum Tigernest in einer das Tal überblickenden Badewanne Ruhe. Doch auch die Begegnungen mit Mönchen (unten während einer Zeremonie im Kloster Samtenling) sorgen für Momente der Einkehr.

Fotos: Forian Siebeck; Kiattipong Panchee (2)

W er hat das Tigernest nur auf diesen Fels gesetzt? Mit jedem Schritt des stundenlangen Fußmarsches wachsen die Zweifel, ob es dieses sagenumwobene Luftschloss wirklich gibt. Durch die Baumwipfel kriecht der Nebel, die Luft ist dünn; 800 Meter geht es steil bergauf, Hunderte Stufen hinab und Hunderte wieder hinauf. Plötzlich, ganz plötzlich lichten sich die Wolken, und auf einem schmalen Felsvorsprung über dem Tal von Paro thront das schneeweiße Kloster wie ein Adlerhorst. Fromme Mönche haben es im Jahr 1692 auf eine Nase der steil aufragenden Felswand gebaut, um Guru Rinpoche zu ehren, der den Buddhismus nach Bhutan gebracht hat. Drei Jahre, drei Monate, drei Wochen, drei Tage und drei Stunden soll er hier oben in einer Höhle meditiert haben, immerhin ohne die Mühen des Aufstiegs – der Guru sei von Tibet aus auf dem Rücken eines Tigers hergeflogen, heißt es. In den weiß gekalkten Höhlen des Tempels errichteten die Mönche mannshohe Statuen seiner Würden, die Rinpoche Dämonen und

Geister bezwingen lassen. Die Stille wird nur hie und da vom Murmeln einiger Mönche durchbrochen, die stoisch mit wippendem Oberkörper ihre Mantras in die weihrauchgeschwängerte Luft hinaustragen. Bis vor Kurzem war Nichtbuddhisten der Besuch des Klosters verwehrt. Überhaupt hatte das Königreich Bhutan sich bis ins 20. Jahrhundert hinein von der Außenwelt weitgehend abgeschottet. Nur durch Trampelpfade war das von hohen Felswän-

den beschützte Land mit der Außenwelt verbunden. 1961 kam die erste Straße, 1974 die ersten Touristen. Seit 1983 gibt es einen kleinen Flughafen, der in ein derart zerklüftetes Tal gebaut wurde, dass nur eine Handvoll Piloten ihn anfliegen können. Bhutan hatte bislang kaum Ambitionen, sich weiter zu öffnen. Wie es schiefgehen kann, sehe man ja in Nepal. (Selbst das Bergsteigen ist in Bhutan verboten, es gibt hier noch unbestiegene Siebentausender.


Anne of

Es war einmal … So beginnen Märchen. Aber wie geht es nach dem Happy End weiter? Vielleicht so: Mit ihrem rustikalen Chalet in Südkalifornien erzählen Anne Hathaway, Adam Shulman und Pamela Shamshiri eine stilvolle Romanze.

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Tex t Mayer Rus St yling Michael Reynolds Fotos Stephen Kent Johnson

Der Geist von Yves Saint Lau­ rent, Wes Anderson und David Bowie weht durch die Gemäu­ er. Anne Hathaway und Adam Shulman ließen das Schlaf­ zimmer frisch verliebt erröten (Farrow & Ball, selbst gemixt). „Sie mögen einfach Pink“, sagt Pamela Shamshiri. Auch das Bett ist maßgefertigt.

Ojai

Green Gables


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ARCHITECTURAL DIGEST. Stil, Design, Kunst & Architektur

Cover: Stephen Kent Johnson

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