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Mein liebstes Ding — Paradiespilze

| MEIN LIEBSTES DING |

Paradiespilze

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SIE SIND U.A. REICH AN EIWEISS UND ESSENTIELLEN B-VITAMINEN. Dabei sind sie weder Pflanzen noch Tiere, sondern bilden das dritte große Reich eukaryotischer Lebewesen: die Pilze. Auf unserem Speiseplan meist in Form des Champignons – jener braun/weißen Pilzart, welche scheinbar unbegrenzt in SupermarktPlastikschalen heranwächst. Mitten in Jena zeigt Dr. Evgeni Bratovanov, dass es weitaus mehr Sorten gibt und dass man diese auch regional produzieren kann …

Der Mikrobiologe hat sein Hobby zum Beruf gemacht und begründet seinen Pilz-Faible lächelnd: »Mit meiner Liebe für gutes Essen, zur Gartenarbeit, den Wald und zur Mikrobiologie war die Pilzzucht letztlich logische Schlussfolgerung.« In seiner Wohnung mit einem Bunsenbrenner als Mini-Sterilisationsraum (man möge sich das Prinzip fachkundig erklären lassen) machte der gebürtige Bulgare vor gut zwei Jahren seine ersten Versuche. Das ist es, so erklärt Evgeni, was das Pilzzüchten vorrangig bestimmt: das Prinzip »Trial and Error«. Denn: »Pilze sind extrem empfindlich. Jegliche Verunreinigungen oder falsche Temperaturen, Luftfeuchtigkeit und Lichtverhältnisse kann deren Wachstum negativ beeinflussen.« Als promovierter Wissenschaftler hat Evgeni Bratovanov hier natürlich die richtige Basis — in einem Versuchsbuch studiert er akribisch all seine Pilzkinder, notiert alle Einflussfaktoren und Ergebnisse. Ein halbes Jahr brauchte er, bis er den Prozess zuverlässig unter Kontrolle hatte. Noch immer lernt er, probiert sich aus, experimentiert und protokoliert all dies.

Heute hat er dafür in den Räumlichkeiten der Gartengemeinschaft FlussLandJena sein Domizil bezogen. Hier werden die Substrate geimpft, bilden ihr fadenförmiges Myzel, aus dem sich dann nach einigen Wochen die Fruchtkörper entwickeln. Die besten Bedingungen für diese zweite Stufe fand der Mikrobiologe dann in einem Jenaer Gebäudekeller. »Ich habe mich eines Tages mit einem Freund über das Projekt unterhalten und ihn gefragt, ob er nicht einen geeigneten Kellerraum kennen würde. Überraschenderweise antwortete dieser, dass er selbst so einen Ort habe. Ein rund 40 Quadratmeter großer Gewölbekeller, der jetzt aussieht, als würde ich darin eine Disko veranstalten. Die Pilze mögen nämlich blaues Licht und mit der zusätzlich dort aufgestellten Luftbefeuchtungsmaschine entsteht beinahe Partyatmosphäre«, erklärt Evgeni Bratovanov schmunzelnd. Im Sommer will er zudem auf den Feldern von »FlussLandJena« in Hochbeeten seine Pilze weiter anbauen. Denn die Freiluftpilze, so erklärt er, haben noch einmal ein ganz anderes Aroma, unterscheiden sich in Farbe und Geschmack von ihren Keller-Brüdern. »Sonne hilft immer. Auch die Pilze bilden dann noch mehr Vitamin D aus.« Wie ein Weinkenner spricht der Experte von seinen Pilzen, die so schöne Namen tragen wie »Taubenblau-, Rosen-, Zitronen- und Kastanienseitling« oder gar »Igelstachelbart«.

REGIONALE KREISLÄUFE SCHAFFEN

Damit diese gut wachsen, experimentiert Evgeni Bratovanov auch mit dem Substrat, in dem das Myzel heranwächst. Er deutet auf einen kleinen Trog in seinem Laborraum. Eine krümelige braun-feuchte Substanz befindet sich darin. »Das ist Biertreber«, erklärt er. »Der Rückstand, der beim Bierbrauen entsteht, wenn die Braugerste biologisch zu Malz aufgeschlossen wird.« Diese bezieht der Züchter aus dem nahen Ziegenhainer Tal von einem Bierbrauer. »Ich mische diesen Treber u. a. mit Sägespänen. Auch diese bekomme ich regional, von einem kleinen Holzhändler.« Das ist dem Pilzzüchter besonders wichtig: regionale Kreisläufe schaffen, Dinge miteinander teilen, Ressourcen wertschätzen.

JEDER PILZ BEGINNT SEIN WACHSTUM in einer Petrieschale. Möglichst steriles Arbeiten ist hier für Dr. Evgeni Bratovanov Grundvoraussetzung, beispielsweise um nicht unerwünschte Schimmelpilze einzuladen Das WWWW des Liebhabers:

Wer: Dr. Evgeni Bratovanov Was: Pilzzucht Seit wann: Seit zwei Jahren Wo: Jena

ARBEITEN IN UNGEWÖHNLICHEN AMBIENTE — der Gewölbekeller bietet mit Blaulicht & Luftbefeuchter ideale Bedingungen für das Pilzwachstum