BAUKULTUR 5_2011: hildesheimerBAUKULTUR

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hildesheimerBAUKULTUR

BAUKULTUR 5_2011

ZEITGENÖSSISCHE ARCHITEKTUR IN HILDESHEIM Beispiele aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute

Bis zu seiner fast vollständigen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg war Hildesheim eine mittelalterlich geprägte, bedeutende und prächtige Bischofsstadt mit großartigen Kirchen und Fachwerkbauten. Gebäude von Weltruf, wie z.B. die wieder aufgebaute romanische Michaeliskirche und der Dom, sind zu Weltkulturerbestätten geworden. Das Knochenhauer Amtshaus, als höchstes Fachwerkhaus der Welt, erstaunt in gleicher Weise. Dennoch, die Zerbombung der Stadt Hildesheim hat ihre Baukultur zerstört, ihr die Seele genommen. Geblieben war die Sehnsucht nach der hohen Kultur des Fachwerks, des kunstvoll verarbeiteten Klinkers, der Verbindung von hohem Gestaltungsmaß, handwerklichem Können und starkem Bürgerwillen. In diesem Spannungsfeld hat der Wiederaufbau nach 1945 stattgefunden. Der rekonstruierte Marktplatz und das Knochenhauer Amtshaus mit den benachbarten Gebäuden sind zu Besuchermagneten geworden, die den starken Bürgerwillen der Stadt widerspiegeln und sich gegenüber den gegenteiligen Argumenten großer Teile der Fachwelt durchgesetzt hat. Inzwischen ist Hildesheim zur „kleinen“ Großstadt geworden, überaus liebenswert und spannungsreich - sowohl seine 1200 Jahre alte Geschichte ausstrahlend als auch der reizvollen Moderne verpflichtet. Architektur unterliegt einem ständigen Wandel, in einer sich steigernden Geschwindigkeit, geprägt durch weltweite Einflüsse, technische Entwicklungen und unbegrenzte Freiheit des gestaltenden Geistes. Die kreative Faszination architektonischen Gestaltens ist und bleibt Motor jeglicher Baukultur, in deren Mitte der Architekt steht. Die gezeigten Bauten sind Beispiele der sich verändernden Architektur- und Gestaltungssprache. Die Fachschule für Holztechnik gab in den 1950er Jahren einen Beweis für die Formenstrenge des Bauhauses. In der Folge stehen Beispiele für konsequenten Kubismus bis zur freien Gestaltung in jüngster Zeit. Eugen Jung und Manfred Marquardt

Fachschule für Holztechnik und Gestaltung Ehemalige Tischlerfachschule Dammtor 1 Architekt: Dirk Gascard Fertigstellung: 1954 Aufstockung: 1960 Das Hauptgebäude besteht aus einem 4-geschossigen Stahl-Skelettbau mit geschosshohen Fensterausfachungen. Es besticht durch seine klaren, gut proportionierten Formen und die zurückhaltende Farbigkeit der Fenster und Gefache in zwei verschiedenen Blautönen. Typisch für die 1950er Jahre sind die runden Fenster in der Backsteinwandscheibe nach Westen.

Gymnasium Andreanum Hagentorwall 17 Architekt: Prof. Dieter Oesterlen Fertigstellung: 1962 Für den Wiederaufbau des Andreanums wurde ein Grundstück auf dem höchsten Punkt des Michaelisgeländes bestimmt. Hier stand bis zum Zweiten Weltkrieg eine alte Abtei in unmittelbarer Nähe zur Michaeliskirche, der sich die neue Baugruppe in jeder Beziehung unterordnen musste. Die Auflösung in 4 Baukörper mit kleinmaßstäblicher Struktur konnte dies erreichen, die kubischen Formen stehen in lebendigem Kontrast zur Michaeliskirche.


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BAUKULTUR 5_2011: hildesheimerBAUKULTUR by DAI Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine e.V. - Issuu