Ausgabe 213 am 3. Dezember 2016
Verzichten
Kein Kaninchen
Dialog
Tipp
SC Freiburg
SPD-Politiker Erhard Eppler und Wachtumskritiker Niko Paech debattieren über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Seite 2
Bach und Mozart
Nach drei Niederlagen in Folge und dem ziemlich chancenlosen Auftritt gegen Leipzig geht es nun nach Leverkusen. Seite 9
Johannes Braun dirgiert die Camerata Academica Freiburg bei ihrem Adventskonzert in der Uni-Kirche. Seite 16
Rechtsruck gegen Rechts Eine repräsentative Studie der Bertelsmann-Stiftung mit dem Titel „Globalisierungsangst oder Wertekonflikt“ hat interessante Zahlen zutage gebracht. Fast auf Augenhöhe sind die Gegner und Befürworter der Globalisierung. Von Michael Zäh
D
as ging ja schnell. Nach dem Brexit-Votum in Großbritannien und der Wahl von Trump zum US-Präsidenten jubelten schon überall in Europa die Rechtspopulisten. Nun ist eine Studie der Bertelsmann-Stiftung erschienen, die repräsentativ für die Europäische Union und deren neun größte Mitgliedstaaten ist. Die Studie heißt „Globalisierungsangst oder Wertekonflikt“, wurde bereits im August durchgeführt (also vor Trump), und will eben genau ergründen, wie der Zusammenhang zwischen dem Erstarken der Populisten und der Angst der EU-Bürger ist. Diese Studie ist insofern sehr aufschlussreich, als sie mit ihren Zahlen diesem diffusen Gefühl allgemeiner Verunsicherung eine klare Basis gibt. Sie zeigt, dass das Thema Globalisierung die Europäer spaltet. Eine Mehrheit von 55 Prozent sieht sie als Chance, fast jeder zweite (45 Prozent) als Gefahr. Das ist also fast auf Augenhöhe. „Je niedriger das Bildungsniveau und je höher das Alter der Befragten, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Menschen Globalisierung als Gefahr empfinden“, sagte Isabell Hoffmann, Autorin der Studie. Ihrer Meinung nach ist es aber eine gute Nachricht, dass es die Angst vor der Globalisierung ist, die die Wähler in die Arme der Rechtspopulisten treibt. „Das ist ein Hoffnungsschimmer für die Politik, denn Angst lässt sich leichter auflösen als fest zementierte Werte.“ Wie es zu erwarten war, hängt die Globalisierungsangst auch maßgeblich von der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation der
HALLO ZUSAMMEN
Das ist aber mal originell
Betroffenen ab: 63 Prozent der Befragten in allen EU-Ländern aus der Mittelschicht, sehen demnach die Globalisierung als Chance, in der Arbeiterschicht trifft dies nur auf 53 Prozent zu. Höherqualifizierte sehen die Globalisierung häufiger positiv (62 Prozent) als Geringqualifizierte (53 Prozent). Und bei den jungen Europäer zwischen 18 und 25 Jahren betrachten 61 Prozent die Globalisierung als Chance. Alle diese Zahlen zeigen ein gefährliches Gefälle, das mitten durch die europäische Gesellschaft verläuft: Zwischen den Jungen und den Alten, den Gebildeten und den weniger Gebildeten, den „Abgehängten“ und den Aufstrebenden. Dies ist es auch, was den Konflikt so grundsätzlich werden lässt. „Wir dürfen das Werben um besorgte Bürger nicht den Populisten überlassen. Die etablierten Parteien
müssen die Angst vor der Globalisierung in ihre Arbeit einbeziehen“, so Aart De Geus, der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann-Stiftung zum Studienergebnis. Aber wie geht das? In Ungarn und Polen stellen die Nationalpopulisten ja bereits die Regierung. In der Schweiz, in Dänemark, Schweden und den Niederlanden prägen sie Politik maßgeblich mit. In Frankreich gewinnt der Front National ständig an Einfluss. Und die AfD ist die neue politische Macht in Deutschland. Es sagt sich immer leicht, dass man den Bürgern die Angst nehmen wolle. Doch was ist es genau, das ihnen an der Globalisierung Angst macht? Auch hier gibt die Studie eine klare Antwort: Die Migration ist jene globale Herausforderung, die 53 Prozent derjenigen, die vor der Globalisierung Angst haben als
Bedrohung sehen. Die politische Landschaft in Europa könnte sich bald verändern. In Frankreich soll François Fillon für die Konservativen in die Wahl 2017 gehen, weil er selbst als so weit rechts eingestuft wird, dass das die Front National am ehesten stoppen könnte. Und in Deutschland hat kürzlich Angela Merkel ihre erneute Kanzler -Kandidatur zur Bundestagswahl 2017 bekannt gegeben. Damit hat sich das leibhaftige Feindbild der AfD und deren Wähler beworben. Man könnte sagen, dass dies offensiv ist. Und es ist wohl auch so, dass ein gefährliches Vakuum entstanden wäre, wenn Merkel es nicht mehr gewollt hätte. Sie hat ja außerdem Horst Seehofer an ihrer Seite, der die „französische Karte“ spielen kann: Rechts gegen Rechte.
Ab sofort gibt es also eine deutsche Ausgabe der Satire- Zeitung „Charlie-Hebdo“ an den Kiosken. Na gut, wir sind ja um jede Bereicherung froh und sagen deshalb einfach mal: Willkommen! Natürlich ist Charlie-Hebdo für uns für immer mit dem Attentat auf die Macher der Zeitung in Paris verbunden. Wohl kaum einer von uns hat das Blatt vorher gekannt, oder sich gar mit den Inhalten beschäftigt. Es ging uns nur allen gegen den Strich, dass Mörder gegen die Zeichner aufmarschiert sind. Nun also diese tolle neue Marketingidee: Angela Merkel vorne drauf, breitbeinig auf einer Kloschüssel hockend, und als Toilettenlektüre halt ein Charlie-Hebdo-Heft in der Hand. Der lockere Spruch dazu: „Charlie Hebdo. Wirkt befreiend. Jetzt auch in Deutsch.“ Schön, prima und so originell! Dann können wir uns von der ZaS ja wie jedes Jahr in die Weihnachtsferien verabschieden. Wie alle Menschen brauchen auch wir mal eine Pause, und genau dasselbe wünschen wir Ihnen ebenso. Wir kommen am 21. Januar wieder. Michael Zäh