XAVER 05 | 18

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Namika Bank immer noch da. Egal wo, aber natürlich auch in Frankfurt sitze ich gerne gemütlich auf so einer Parkbank. Man denkt nach und das gewährt einem ja auch so den Blick nach vorne. X: Aber gibt es diese eine, bestimmte Bank, oder geht’s in dem Song um die Idee der Bank? N: Es ist keine konkrete Bank gemeint, es geht tatsächlich um die Idee. X: Die aktuelle Single „Je ne parle pas français“ dreht sich um die Sprachbarriere bei einer Urlaubsbekanntschaft – gab es denn die Situation und wenn ja, was ist daraus geworden? N: Ja, diese Urlaubsbekanntschaft gab es tatsächlich. Da war ich im Urlaub in Marokko, lag gerade am Strand und habe mich gesonnt, als dann auf einmal dieser unheimlich gutaussehende, junge Mann auf mich zukam und mich auf Französisch ansprach. Ich habe ihm dann mehr oder weniger mit Händen und Füßen klar gemacht, dass ich ihn nicht verstehe. Ich fand die Sprache aber unheimlich schön und dachte nur so „Was solls, dann eben mit Händen und Füßen, je ne parle pas français, aber bitte red’ weiter!“ (lacht)

: Namika lou Que Wa se am CD-Relea 18 20 01. Juni

X: Das ist ja ein sehr fröhlicher, luftiger Song. Am anderen Ende des Spektrums des Albums steht „Ahmed“, der sehr persönliche Song über deinen Dad. Den hast du nie als Vater erlebt und er ist auch schon tot. Hast du deine Mum vorher gefragt, ob du Euer Familienleben so in der Öffentlichkeit ausbreiten darfst? N: Na klar darf ich das, ich bin 26 und muss meine Mutter nicht mehr um Erlaubnis fragen. Aber ich habe sie natürlich gefragt, ob das für sie OK ist, den Song so rauszubringen. Ich kannte meinen Vater ja nicht, hatte aber sehr viele Fragen. Und durch die Geschichten, die mir meine Mutter und andere aus meiner Familie erzählt haben, konnte ich überhaupt erst diesen Song schreiben. Sie ist nur bei einer Passage zusammengezuckt, eben wo ich erzähle, dass er sich nicht anpassen kann und angefangen hat, Drogen zu verkaufen. Und da hat sie dann, O-Ton, zu mir gesagt: „Ach, warum musst du denn so was sagen, er ist doch tot. Über Tote spricht man nicht schlecht!“ Ich habe ihr dann gesagt, dass HipHop nicht immer bequem ist und ich die Geschichte so erzählen will, wie sie war. X: Aber hey, der hat sie hochschwanger sitzen lassen und sie setzt sich noch dafür ein, dass man nach seinem Tod nicht schlecht über ihn spricht? Wow! N: Das ist super selbstlos, ja. Sie ist halt total happy, dass sie uns hat. Ihre Kinder sind ihr Ein und Alles! Und meine Mama war immer eine Löwin. Ich erzähle in dem Song ja sehr detailliert die Geschichte. Mir ging’s aber auch darum, anderen in einer ähnlichen Situation zu zeigen, dass man, auch wenn man schlechte Startbedingungen hat oder aus schlechten Verhältnissen kommt, trotzdem ein glückliches Leben haben und etwas aus sich machen kann. Das war mir wichtig dabei! X: In deinem Wikipedia-Eintrag steht auch, dass du eine von nur drei Ladys in Deutschland bist, die es mit einem HipHop-Song auf die Nummer 1 der Charts geschafft hat – wer war das denn noch außer dir? N: Das würde ich auch gern wissen! (lacht) Ich nehme mal stark an, dass eine der beiden

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Sabrina Setlur ist, aber die andere? Aber hier, auf Wikipedia sollte man eh nicht alles für voll nehmen; die haben bis heute meinen Geburtstag falsch gelistet – ich habe nicht im September Geburtstag! X: Stimmt wenigstens das Geburtsjahr? N: Was steht denn da? ‘91? Ja, das stimmt! X: Du hast auch ein paar Gäste auf dem Album. Lary zum Beispiel: Deren Album „Futuredeutschewelle“ von 2014 finde ich bis heute unfassbar gut. Ich habe jetzt aber schon eine ganze Zeit nix mehr von ihr gehört, was macht die denn so? N: Ja, freu dich, das nächste Album ist unterwegs und ich kann jetzt schon mal verraten: Es wird ziemlich geil! X: Eure Bekanntschaft, hat die denn auch was mit dem Produzententeam der Beatgees zu tun, gibt es da Überschneidungen? N: Ja, wir haben tatsächlich dieselben Produzenten. Wir kennen uns auch aus diesem Studiokomplex, wo die Beatgees drin sind, und haben uns da kennengelernt. Wir haben uns dann gegenseitig Songs vorgespielt und ausgetauscht und so kam das dann, dass sie da eine Strophe übernommen hat. X: Ein anderer Gast ist Farid Bang. Der hat dieser Tage jede Menge Presse, hat sich das aber wohl auch nicht so gewünscht. Du kennst ihn schon sehr lange, hast ihn ganz anders kennengelernt und sein Part auf Deinem Album zeigt auch eine ganz andere Seite von ihm … war das beim Echo nur eine krasse Promonummer, oder wie muss man den Mann verstehen? N: Na ja, das ist eine sehr gute Frage! So weitgehend haben wir über diese Themen auch nicht gesprochen. Aber ich beobachte das natürlich auch alles und kau mir quasi permanent an den Nägeln und frag mich „Was machst Du da, Junge!?“ Ich schätze Farid als Mensch, als sehr netten und höflichen Typen – also rein persönlich. Aber ich kann mit seiner Musik überhaupt nichts anfangen. Wut, Hass, Battle, Beef – das ist alles nicht meine Welt. Ich distanziere mich von Hass, in jeder Form! In meiner Musik geht’s um Liebe. Aber zurück zum Feature. Wir haben uns zufällig in Düsseldorf getroffen und saßen zusammen im Auto und haben uns neue Songs vorgespielt. Und da war eben auch der Song „Hände“ für meine Großmutter dabei. Und Farid war beim Hören des Tracks die ganze Zeit komplett ruhig. Und du weißt ja, wie Farid aussieht, das ist halt so ein Schrank. Er war also die ganze Zeit beim Song komplett still, drehte sich danach zu mir um und sagte: „Sag mal, weißt du eigentlich, dass wir dasselbe Schicksal haben? Dass ich auch ohne Vater aufgewachsen bin und viel bei meiner Oma war?“ Meine Mutter war beim Arbeiten und bildete mit meiner Oma quasi so ein Tagteam und bei ihm war das genauso. Das Feature hat sich also angeboten. Und als dann seine Strophe zurückkam, konnte ich meinen Ohren nicht glauben, was ich da hörte! Ein komplett anderer Farid, ich war so gerührt, wie ehrlich er da ist und diese ganz andere Seite von sich zeigt. Und ich war sehr glücklich, dass es ihm auf meinem Track gelingt, eine Frau zu würdigen! X: Es ist ein weiterer toller Track auf einem grandiosen Album. Ich danke dir fürs Interview! N: Ach, ich danke dir, es war schön! [Foto: David Daub, Text: Thomas Jentsch]


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