medianet retail

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Freitag, 1. März 2013

© medianet/Szene1/Katharina Schiffl

2 – medianet

Interview Jamal Al-Wazzan über seinen Werdegang zu einem der einflussreichsten Vermittler von Handelsflächen Österreichs

„Ich bin alles, was Sie wollen“ Die nächsten Projekte: Massimo Dutti am Kohlmarkt, Hallhuber auf der Mariahilfer Straße und in der City. natalie Oberhollenzer

Wien. Er ist keiner der Sorte Manager, die von Emotionen reden, als wären sie ein lästiges Abfallprodukt in der Welt der Geschäftemacherei. Er macht seine Deals grundsätzlich aus dem Bauch heraus und das habe sich bis dato noch jedes mal gerechnet. Wie viel er im Jahr umsetzt oder verdient, weiß er nicht, es scheint ihn auch nicht sonderlich zu interessieren. Das Imperium, das er in den letzten 30 Jahren zusammen mit seinem Bruder Haythem und ein paar Teilhabern aufgebaut hat, zählt mittlerweile 150 Handelsstandorte in ganz Österreich. Die meisten der Geschäfte befinden sich in renommierten und äußerst lukrativen Lagen wie der Kärntner Straße oder der Mariahilfer Straße in Wien. Mit dem ihm vorauseilenden Ruf, der König der Wiener City zu sein, kann er nicht viel anfangen, ebenso wenig fällt ihm auf die Schnelle eine passende Berufsbezeichnung für seine Arbeit ein. „Ich bin durch die Bank alles, was Sie wollen. Ich versuche immer nur Geld zu verdienen“, so der österreichischirakische Unternehmer, der im Interview von seinen aktuellen Projekten erzählt und erklärt, warum sich mit Neuem immer gutes Geld verdienen lässt. medianet: Sie mögen Ihr Image, „König der Innenstadt“ zu sein, nicht besonders?

Jamal Al-Wazzan: Ich sehe das einfach nicht so. Ich habe in der Kärntner Straße vielleicht 15 bis 18 Mietverträge, 40 in der ganzen City. Aber so ist das halt: Seit ich Schöps gekauft habe, reden die Leute über mich, vieles davon ist Unsinn. Ich kann es nicht ändern. medianet: Was ist von der einst so florierenden Textilhandelskette übriggeblieben? Al-Wazzan: Wir haben sie filettiert. Die Gold- und Silberstücke haben wir behalten, plus minus 30 Läden. Den Rest haben wir hergegeben oder zugesperrt. medianet: Sie verdienen Ihr Geld in erster Linie mit Immobilien? Al-Wazzan: Im Moment ja. Ich kaufe mir einen Mietvertrag, der Hausbesitzer gestattet mir unterzuvermieten. Dann bringe ich quer Beet alle möglichen Händler herein – hier, in der Kärntner Straße, beispielsweise Fossil, A1, T-Mobile, Geox, Benetton, Footlocker, Swatch, Nespresso, Wolford ... medianet: Gehören Ihnen manche der Standorte auch? Al-Wazzan: Einige wenige. Vor einem Jahr haben wir das Wiener Shopping Center la Stafa gekauft. Dort sind wir dabei, das Haus mit Händlern zu befüllen. In ein bis zwei Jahren, wenn die ganze Planung, Wohnbaueinreichpläne, etc. fertig sind, kommen nur mehr Einzelmieter hinein. Dann wird

es kein Einkaufszentrum mehr im herkömmlichen Sinne sein – nur zwei Mieter, einer davon Billa und im Turm kommt noch ein anderes Gewerbe hinein. medianet: Letzten Sommer wollten Sie bei der insolventen SardanaGruppe einsteigen. Der Deal ist geplatzt, seitdem ist es recht ruhig um Sie geworden. Was hat sich getan?

„Wie lange ein neues Handelsformat gutgeht, hat unterschiedlichste, groteske Ursachen. Stefanel war plötzlich wegen der Serie ‚Miami Vice‘ mausetot.“ jamal al-wazzan

Al-Wazzan: Die Geschichte mit Sardana ist natürlich nicht so gelaufen, wie ich es gern gehabt hätte. Die Flughafen-Shops hätten mich nie interessiert, ich wollte nur einzelne Geschäfte in der Stadt. Aber im Nachhinein ist es so auch gut. Im Moment beschäftige ich mich mit

einer größeren Geschichte am Kohlmarkt. Wenn alles gut geht, und die Vorzeichen stehen gut, dann werde ich in der Hausnummer neun einen schönen Modeladen hineinbringen, den alle sehr gern haben werden, einen Massimo Dutti. medianet: Sie sind bekannt dafür, immer neue internationale Handelsmarken nach Österreich zu bringen. Ist das ein besonders gewinnbringendes Feld? Al-Wazzan: Ja. Du musst den Leuten immer wieder was Neues verkaufen, dafür geben sie Geld aus. Es spielt keine Rolle, ob der Konsum schwächer geworden ist oder ob wir eine Krise haben. Was zählt, ist, das richtige Produkt am Markt zu haben. Wenn ich den x-ten Benetton in Wien mache, brauche ich mir kein großartig hinaufgehendes Geschäft erwarten, darauf hätte ich auch keine Lust. medianet: Wie lange taugt dieses Neue im Normalfall als Melkkuh? Al-Wazzan: Unterschiedlich. Von drei bis zu 15 Jahren. Wie lange etwas gutgeht, hat verschiedenste, groteske Ursachen. Wenn ich Stefanel hernehme, der lief damals, als ich ihn ins Land gebracht habe, fünf Jahre sehr gut. Dann kam ‚Miami Vice‘ und innerhalb weniger Wochen sind die Leute nur mehr im T-Shirt und Sakko herumgerannt. Sie wollten keine Strickware mehr kaufen; die Marke war plötzlich mausetot.

medianet: Welches Handelsformat lancieren Sie als nächstes? Al-Wazzan: Das bayrische Bekleidungshaus Hallhuber haben wir neu nach Salzburg gebracht. Den möchten wir auch in der Mariahilfer Straße und in der Innenstadt aufsperren. medianet: Wie oft wird jemand wie Sie am Tag angerufen? Al-Wazzan: Im Schnitt etwa 300 mal. Deswegen sind mir auch die Geschäfte die liebsten, bei denen ich keinen Zores habe. (lacht) Nein, ich mache das alles gern, das ist ja mein Problem.

facts Jamal Al-Wazzan ist 1962 im Alter von vier Jahren von Bagdad nach Österreich gekommen und in einer Klosterschule bei Wien aufgewachsen. Seine Karriere begann er als Franchise-Partner der italienischen Modekette Stefanel. Heute wickeln er und sein Bruder Haythem gemeinsam mit Teilhabern Miete und Weitervermietung von über 150 Handelsstandorten in den bedeutendsten und gewinnbringendsten Lagen in ganz Österreich ab, sie betreiben die Geschäfte zum Teil auch selbst. Bekannt wurde Al-Wazzan, als er 2008 die in die Insolvenz geschlitterte Traditionstextilkette Schöps übernommen hat. Er bringt regelmäßig neue, internationale Händlerformate wie aktuell Massimo Dutti von der Inditex-Gruppe ins Land und gilt als einer der am schnellsten und professionell reagierendsten Player in der heimischen Handelsszene.


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