Abenteuer WEGE - Das Magazin für Menschen in Bewegung

ABENTEUER

Wege

NATUR

KULTUR

HISTORIE

ERLEBEN

10/2014

sonderdruck RUHRGEBIET Route der Industriekultur

REPORTAGE Ausgezeichnet mit dem Journalistenpreis der Metropole Ruhr

ABENTEUER

Das Magazin für Menschen

in Bewegung

Inklusive TITELPORTRÄT der Zeitschrift Abenteuer WEGE

Typisch Sarah:

digital unterwegs Typisch Ford:

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Editorial

REPORTAGEN

Harte Arbeit, ehrlicher Lohn Es ist der erste Anruf an diesem Tag. Auf dem Display eine Stuttgarter Nummer.

Relativ unverdächtig. „PR-Manufaktur Herz und Seele“, meldet sich eine freundliche Stimme. Doch verdächtig. Herz & Seele ist allerdings echt mal was anderes.

Ansonsten – gewiss das Übliche: wieder eine Agentur, die ein Reiseziel, ein Luxushotel oder ein absolut unverzichtbares Outdoor-Produkt in Abenteuer WEGE unterbringen möchte. Im Rahmen eines redaktionellen Beitrags – natürlich. Für solche Situationen haben wir im Verlag eine Gegenoffensive einstudiert.

Die geht etwa so: Holla – hört sich toll an! Bestimmt eine super Sache, da böte sich die wunderbare Möglichkeit, ein Inserat zu schalten. Gerne in Farbe, wenn Sie möchten sogar doppelseitig. Darf ich Sie vielleicht mit unserer Anzeigenleiterin verbinden? Ist ‘ne Nette.

Ob denn die Frau Johann zu sprechen sei, kommt es erwartungsgemäß vom anderen Ende der Leitung. Es muss dann immer die Chefredakteurin sein. „Annette Johann“, sinniere ich, um etwas Zeit für meine stets in Moll-Major-7 vorgetragene Replik zu gewinnen, „nein, die ist heute nicht im Haus. Aber ich kann ihr was ausrichten.“ In der Regel folgt dann ein „Ach, lassen Sie mal…“ oder eben die Super-Sache. Diesmal kommt es anders. „Ja, das wäre wunderbar.

Es geht um den Journalistenpreis der Metropole Ruhr, sagen Sie ihr doch bitte, ihre Reportage über die Route der Industriekultur ist nominiert.“ Herz & Seele – Namen bestimmen also doch, wie Peter Härtling einst schrieb, Schicksale. Ich stammle noch ein leicht verlegenes „Ähm, danke, mach‘ ich“ ins Telefon und schwöre beim heiligen Franz von Sales, Schutzpatron der Schriftsteller, Journalisten und Gehörlosen, endlich mit meinen ewigen Vorurteilen aufzuräumen.

Ein Preis! Was für ein Ding! Unfassbar. Nach dem euphorischen, optimistisch stimmenden Start von Abenteuer WEGE und den darauffolgenden harten eineinhalb Jahren, die geprägt waren von Zweifeln, vom Ringen um die Existenz und Anerkennung unseres Magazins, ist das wirklich mal was Neues. Ein Glück, ein Geschenk, eine riesen Freude. Danke dafür! Danke allen, die mit uns unverdrossen an den Erfolg von Abenteuer WEGE geglaubt haben. Danke unseren Leserinnen und Lesern, unseren Anzeigenkunden, Geschäftsfreunden und den vielen lieben, oft unsichtbaren Helfern. Danke selbstverständlich der Metropole Ruhr und der Stiftung Mercator. And finally: danke allen herzlichen Seelen!

Viel Spaß beim Lesen unseres Sonderdrucks anlässlich der Preisverleihung auf Zeche Zollverein wünscht Ihnen das glückliche Abenteuer WEGE-Team.

Monika Schulz Herausgeberin

ROUTEN

HINTERGRÜNDE

Ruhrgebiet

Route der

Industriekultur

Einer der markantesten Wege der jüngeren deutschen Geschichte durchquert den Lebensraum von 5,2 Millionen Menschen und den grössten Ballungsraum Deutschlands. Er Führt entlang der grössten Hoffnungsträger und des schmerzhaftesten wirtschaftlichen Niedergangs der letzten 150 Jahre – durch den Pott, wie Insider sagen.

Text und Fotos: Annette Johann

Route

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Bergisches Land: ruhiges Einrollen in die Historie.

Wie f채hrt man eigentlich Kurven mit der Badewanne?

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WDR 2, was sonst? Das prächtige alte Radio fängt zwar nicht viele, aber die richtigen Sender ein!

Duisburg-Bruckhausen: Emscher Aufbereitung für Staubkohle. Hier ist der Pott noch kein Denkmal, sondern brodelt ganz real

Schwieriger Norden Wie in ganz Deutschland liegen auch im Ruhrgebiet Welten zwischen Nord und Süd. Die A 40 bildet grob die Trennlinie. Wer südlich lebt, hat es meist gepackt, nördlich davon stapeln sich die Sozialprobleme.

Dort traf der wirtschaftliche Niedergang am härtesten. Die Arbeitslosenquote liegt in manchen Städten bei fast 15 Prozent

Abenteuer Wege

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V

erdammt, wir müssen runter von dieser Autobahn. Der Gewitterregen prasselt auf das schwarze Blechdach, Gischtfontänen schießen über und unter die Motorhaube – der alte Ford 17 M macht seinem Spitznamen „Badewanne“ alle Ehre. Die dünnen Weißwandreifen schlingern in zentimetertiefen Spurrillen, die spillerigen ChromWischerarme schnecken in endlos langsamen Zeitschleifen über die Panorama-Scheibe, obwohl der schwarze Bakelit-Schalter bereits bis zum Anschlag im Armaturenbrett steckt. Schnellgang! Bevor die immer formatfüllender im Rückspiegel auflaufenden Lastwagen die arme Badewanne überrollt haben, sollten wir weg sein.

Eigentlich war es eine prima Idee: das riesige Kölner Vorort-Konglomerat erst mal vierspurig geordnet verlassen und im Bergischen Land locker mit dem Ford einrollen.

Doch das Gewitter war schneller. Die Elemente blitzen und donnern inzwischen fast synchron, Opladen, Burscheid, Wermelskirchen, die Kilometer nehmen kein Ende, der Gischtnebel dagegen zu. Hoffentlich ist wenigstens der Verteiler dicht. Da, die Ausfahrt! Bloß jetzt nix vergeigen.

Vorsichtig eiern wir die enge Schleife runter, tasten uns halbblind durch die ersten Orte, wo der Regen in riesigen Pfützen Blasen schlägt. Eine Pommesbude mit Unterstand gibt erst mal Asyl, erschöpft fallen wir in die Plastikstühle.

Noch mal von vorn und ganz langsam: In den Pott soll es gehen, auf die Route der Industriekultur, mit einem knapp 50 Jahre alten Ford 17 M, stolzes Baujahr 1964.

Wir müssen es langsam angehen lassen, sowohl mit der Wanne als auch mit dem Pott. Altes Traditionseisen wird nicht im Handstreich erobert.

Landkarte auf den Tisch. Instruiert von einer BikerFraktion am Nachbartisch grübeln wir über den weiteren Weg. „In den Pott? Na, also unbedingt hier an den Talsperren Bever und Große Düme vorbei und dann über Solingen und Mettmann nach Kettwig, was meinste Kurt?“ „Genau! Und dann an der Ruhr links.“ Alles klar!

Zündschlüssel rum, bis sich der 55-PS-Vierzylinder mit dünnem Pöttern zu Wort meldet. Dann rechts den dürren Lenkrad-Schalthebel heranziehen und nach oben drücken, die altersschwache Kupplung kommen lassen und warten, wie sich die rote Wanne schaukelnd in Bewegung setzt. „Viel Glück, Mädels!“ Mit einem energischen Halbmeter-Armzug wie beim Freistilschwimmen rastet der zweite Gang ein, und wir nehmen gemächlich Fahrt auf. Wipperfürth, Kürten, Richtershagen, die Sonne blitzt schon wieder durchs Blätterdach prächtiger Alleen, der Duft frisch gemähter Wiesen weht durchs offene Fenster. Hinter Bechen wird das Hügelprofil kerniger. Die erste Kehre! Wir versuchen, das Tempo so lang wie möglich zu halten, jetzt kommt der Scheitelpunkt, die Wanne ächzt auf ihren schmalen 165er-Reifen, die Luftpumpenstoßdämpfer kurvenaußenseitig aufs Äußerste zusammengedrückt, das tortenplattengroße Lenkrad eisern eingeschlagen, bis die Kehre umrundet und das Asphaltband wieder auf geradem Kurs gen Himmel ist. Vollgas! Röchelnd ackert der alte Ford hinan.

Pferdekoppeln und Fachwerk-Bauernhöfe tauchen auf, es wird flacher. Dritter Gang! Nun heißt es, den dünnen

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Abenteuer Wege

Lenkstock feinfühlig von vorn unten nach hinten oben zu drücken! Der ganze Oberkörper muss dazu raus aus dem Sessel und in Bewegung, denn es gilt, den Hebel von knapp überm rechten Knie – mit kurzem Einrasten in der mittleren Neutralstellung – bis hoch übers Armaturenbrett zu drücken. Es ist herrlich. Der komplexeste Moment des ganzen Fahrbetriebs. Der 17 M nimmt nun entschlossen Fahrt auf, wir fliegen geradezu am Altenberger Dom vorbei. Vierter Gang. Das Finale. Der Wagen wird dadurch weder schneller, leiser oder sonst irgendwas, sondern es gehört einfach dazu: den Hebel mit ausgreifendem Armschwung gerade von oben nach unten ziehen. Fertig.

Der Körper sinkt zurück ins weiche Fauteuil, der Blick fällt entspannt durch die riesige Panoramascheibe, und das wohlige Gefühl eines vollbrachten, großen, kraftfahrerischen Ereignisses wallt auf.

Die Brücke der A 1 saust über uns hinweg, nun geht es geradewegs Richtung Ruhr. Zunächst noch romantisch am waldigen Ufer der Wupper entlang, dann in Solingen punktgenau auf die anvisierte B 224. Gräfenrath, Vohwinkel, Mettmann – fast da. Noch ein paar Meter, und schon fegen wir hinter Heiligenhaus steil runter nach Kettwig, die Wanne mit voll geblähten Bremsbacken auf Kurs. Zwischen kreischend badenden Teenies, Campern und weißen Segelbooten kommt der alte Ford am Fluss zum Stehen. Am anderen Ufer leuchten die alten Fachwerkhäuser von Kettwig, ländlicher Trabant der Metropole Essen. Hier beginnt sie, unsere Reise auf der Route der Industriekultur. Und hier beginnt die (neuere) Geschichte des Potts. Wo man bereits im frühen Mittelalter in den Ruhrbergen dieses schwarze Zeug entdeckte. Braunkohle.

Knapp unter der Oberfläche und herrlich brennbar. Anfangs nur lokal zum Anfeuern in Dorfschmieden genutzt, später im immer größeren Umfang abgebaut. Im 16. Jahrhundert reichten erste Schächte bereits mehrere Meter senkrecht ins Erdreich. Um 1830 legten technische Errungenschaften die Basis für den modernen Schachttiefbau und öffneten den Weg zur tiefer liegenden Steinkohle im Norden des Reviers – die allein die nötige Hitze zur Erzverhüttung brachte. 1758 floss zwar in der Oberhausener St.-Antony-Hütte bereits das erste kochende Eisen, doch es dauerte noch rund 80 Jahre, bis die Stahlproduktion im Ruhrgebiet wirklich konkurrenzfähig wurde.

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Vom alten Jahrtausend: Hüttenwerk Meiderich.

1902 von August Thyssen gegründet, 1985 stillgelegt, jetzt Landschaftspark

Route der

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Essener Zeche Zollverein: 1920 das modernste Kohlebergwerk der Welt und Arbeitsplatz für bis zu 5000 Kumpel

Die Giganten Neues versuchen, ohne Altes zu ignorieren: Zeche Zollverein, von der UNESCO 2001 zum Weltkulturerbe geadelt und Symbol der Kulturhauptstadt Europas, „Ruhr.2010“. Daneben krachende „Extraschicht“ im Landschaftspark Duisburg Nord. Im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Emscher Park (1989–1999) wurden viele Relikte der Montanindustrie unter Denkmalschutz gestellt, damit vor dem Abriss gerettet und künstlerisch umfunktioniert

Route der

Industriekultur

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Feuerwerk am Hochofen 5: Einmal im Jahr erleben die alten Giganten in der „Extra-Schicht“ eine magische Wiederbelebung

Rechts würde es ruhraufwärts Richtung Essen und zur Villa Hügel gehen, der Familienresidenz der Krupps, doch wir halten uns links in Richtung Mülheim und Duisburg. Noch immer von Pott keine Spur, die Ruhr schmiegt sich zwischen weite Auen und Felder. Radler auf dem Deich, Boote und kleine Yachten im Wasser dahinter und oben drüber wie entrückt die Mintarder Brücke mit der A 52, einer der Schlagadern des Reviers. In den Mülheimer Ortsteilen Saarn und Broich ist es noch ruhig, wir sind im südlichen, wohlhabenderen Teil des Reviers. Doch die Wegweiser zeigen bereits in Richtung Oberhausen und Duisburg. Es wird einschlägiger. Links ein zum Kulturzentrum umgebauter alter Ring-Lokschuppen, rechts der Wasserbahnhof. Dann eine unvermittelte Irritation in der Routenführung, wir geraten auf die östliche Flussseite, die rote Badewanne irrlichtert etwas verloren über riesige Kreuzungen, bevor sie nach einem beherzten Wendemanöver mit vor Anstrengung ratternder Kupplung wieder auf Kurs findet.

Sekundenlang gewinnt Stahl die Oberhand, als es, flankiert von einem donnernden Tross Harleys, unter einer ganzen Phalanx alter Gleisbrücken hindurch geht: die „Brückenlandschaft Ruhraue“. Dann säumen wieder prächtige Platanen still die Straße. Aber bald zeigt auch die Ruhr mit mächtigen Schleusen ihre Muskeln, während links der Duisburger Innenhafen beginnt. Wo früher alte Frachter am Kai vertäut lagen, Mühlen und Lagerhäuser die dunklen Backsteinmauern einstaubten, betreiben nun Kreative ihre Lofts, Bars und In-Treffs.

Flankiert von silbrig schimmernden Bürokomplexen im nachempfundenen Art-déco-Stil.

Wir bleiben auf nördlichem Kurs, und wenig später holpert der alte Ford über eine ganze Armada von Brücken: Ruhr, Hafen- und Vinckekanal breiten sich unter den stählernen Konstrukten aus. Die Rheinmündung nur noch ein paar Hundert Meter entfernt, beherrschen Krähne, Frachter und Container bis zum Horizont das Bild, am Ufer Gleise in zig-

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Route

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Lichtkunst in Gebläsehalle II: Jonathan Park inszenierte die dramatische Beleuchtung der alten Industrie-Monumente

fachen Verzweigungen: Duisburg. Der größte Binnenhafen Europas. Hier war die Verbindung zur Welt, und hier lag (und liegt) einer der entscheidenden Faktoren der Wirtschaftleistung des Ruhrgebiets: Eisenbahnen und Schiffe. Die Wasserwege bilden auf Rhein, Ruhr und zahllosen Kanälen noch immer ein Binnenschifffahrtsnetz von 272 Kilometer Länge.

Und boten damit die Logistik, Tonnen von Erz und Kohle heran- und Stahl von Krupp, Thyssen und Hoesch hinwegzutransportieren. Ein Stück weiter westlich stampfen auf dem Rhein mächtige Frachter im abendlichen Gegenlicht gen Norden.

Noch heute werden in Duisburg über 100 Millionen Tonnen Waren jährlich umgeschlagen.

Dazwischen wie surreal eine urbane Oase mit den gemütlichen Gässchen von Duisburg-Ruhrort, wo in den Straßen-

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Abenteuer Wege

cafés der Sommer genossen wird, während sich im Norden bereits die Schlote der Hochöfen von Duisburg-Bruckhausen und Marxloh am Himmel abzeichnen.

Quietschend geht es am Museum der Deutschen Binnenschifffahrt vorbei in Richtung Laar und Beeckerwerth, krachend über Schienen und Asphaltbuckel. Dann ist der letzte Rest an Landschaft schlagartig wie weggefegt, in Bruckhausen stattdessen die ganze Breitseite von Hüttenwerken, Rohren und rauchenden Schornsteinen am Start. Wir sind drin. Riesig, mächtig und besitzergreifend türmt es sich um uns herum, links die ehemalige Schutthalde Alsumer Berg, daneben Kokerei und Hochofenwerk Schwelgern, rechts die Emscher Aufbereitung zur Trocknung von Staubkohle. Dichter Rauch steigt aus den Schornsteinen, beißender Chemiegeruch durchdringt

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ekultur

Bestechende Logistik Schiff und Schiene – die Logistik der Schwer- und Montanindustrie.

Ihre Baumaterialen Eisen und Stahl gab’s ebenso vor Ort wie ihren Antrieb mittels Kohle und Dampf. Sie schafften Millionen Tonnen Erz und Kohle von den Zechen zu den Hüttenwerken und verschifften anschliessend die stählernen Produkte über den Rhein in die Weltmeere Domizil der Macht: 1864 von Alfred Krupp errichtete Villa Hügel. 269 Zimmer und 8100 m2 Wohnfläche in Essen Süd

die Luft, der ganze Himmel scheint plötzlich ausgefüllt mit Rohren, Stromleitungen und Türmen. Gerade ist Schichtwechsel, Autos und Motorräder drängen ungeduldig vorbei. Hier sind die späteren Zonen des Reviers entstanden, als bessere Fördertechniken die fettere Steinkohle in bis zu 1000 Meter Tiefe erschlossen. Hier beginnt der ärmere und auch härtere Teil des Potts.

Ein harter Rechtsknick, und wir sind auf der B 8. Auf ihr geht es rein in die Duisburger Stadtteile Hamborn und Marxloh, viele Häuser unbewohnt oder grau von jahrhundertelanger Zechennachbarschaft, bis in den 1980er Jahren die Krise der Montanindustrie trotz staatlicher Subventionen wie dem Kohlepfennig nicht mehr abgewendet werden konnte und in vielen Betrieben Schicht im Schacht war. Deutsche Kohle und Stahl waren auf dem Weltmarkt nicht mehr konkurrenzfähig. Von 470 000 Bergbau-Arbeitsplätzen der Hochzeiten Mitte der 50er waren 2009 noch 29 000 übrig, in der Stahlindustrie sank die Zahl von über 300 000 auf 57 000.

In den Läden Brautmoden, Sportwetten, Döner-Buden.

An einer Trinkhalle beim „Café B 8“ prostet man uns zu, „Wie cool, ‘ne Badewanne!“ Eine Türkin fragt, was wir da machen. Ah, Route der Industriekultur, breites Lächeln, wissendes Nicken. In den boomenden Zeiten der späten

50er und 60er Jahre angeworben, hatte zeitweise jeder zweite Bergarbeiter einen Migrationshintergrund. Als die Arbeitsmarktlage schwieriger wurde, kehrten die meisten Südeuropäer nach Hause zurück. Viele Türken jedoch blieben, holten ihre Familien nach, wurden heimisch.

An den Häusern Plakate. Von der IG-Metall bis zur Diakonie:„Strukturwandel jetzt!“ Mit dem Niedergang der Montanindustrie wurde der größte Ballungsraum Deutschlands mit 5,2 Millionen Einwohnern zum Sanierungsfall.

Vor allem im Norden hat die Arbeitslosenquote in vielen Orten die der neuen Bundesländer überschritten. Gelsenkirchen führt mit 14,8 Prozent die Statistik an und verzeichnet laut einer Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbands derzeit die höchste Harz IV-Quote der Republik.

Was Politologen wie Jörg Bogumil mit Sorge beobachten: „In diesem Umfeld wächst eine Generation ohne Perspektive heran“ (siehe Interview Seite 16).

Strukturwandel lautete das Zauberwort, das den Weg in die neue Welt bereiten sollte. Beispielhaft der Fall Nokia in Bochum. Rund 3000 ehemalige Montanindustriearbeiter erhielten 1988 Arbeit und Hoffnung durch den Einzug des finnischen Mobilfunk-Riesen im ursprünglichen Graetz-TVWerk in Bochum. Unterstützt von 60 Millionen Euro staatlicher Förderung. Als nach der EU-Osterweiterung 2007 die

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Lebenszeichen des Reviers: Die Trinkhallen gehören zum Pott wie einst Kohle und Stahl

Route der

Industriekultur

400 Kilometer Industriekultur Chemiepark Marl

Richtung Coesfeld

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Landschaftspark Duisburg

Binnenschifffahrt-Museum

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Castrop-Rauxel

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Richtung Ascheberg

Karte: Abenteuer WEGE

Richtung Hamminkeln

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Richtung Haltern am See

Industriekunst quer durchs Revier. Erfahrbar mit allen Arten der Fortbewegung. Wir wählten Ford 17 M „Badewanne“ von 1964. Geburtsort: Köln

Handy-Hersteller im rumänischen Cluj Produktionsmöglichkeiten zu einem Bruchteil der Bochumer fanden (rumänische Monatslöhne liegen bei 200 Euro), zogen die Finnen 2008 nach Osten ab. Und kassierten erneut Millionen an Struktur-Fördergeldern. Seit diesem Jahr steht allerdings Cluj genauso auf der Kippe wie das nächste Werk in Bochum: Opel. Vom US-Mutterkonzern GM seit Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 in regelmäßigen Abständen für unrentabel erklärt. Schwierige Zeiten für ehrliche Arbeit.

Ein, zwei Kilometer noch, und erneut ragen stählerne Gebilde empor. Der Landschaftspark Duisburg-Nord. Was romantisch nach Gartenbau und Rosenzucht klingt, ist die 200 Hektar große, 1902 von August Thyssen gegründete Eisenhütte Meiderich. Bis zum 4. April 1985 wurde hier in glühenden Hochöfen Roheisen geschmolzen. 57 Millionen Tonnen in 82 Jahren. Dann war auch hier Schicht. Doch statt sie abzureißen, entschloss man sich im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Emscher Park (1989 bis 1999), beispielhaft aus den alten Giganten Symbole von Strukturwandel und Neuanfang zu formen. Spannte einen Hochseilparcours in der Gieshalle 2, stellte Bartische in den Kraftraum und die ehemalige Gebläsehalle, bot Tauchkurse im alten Gasometer. Ein Erlebnispark.

Wir lassen den alten Ford ein wenig abkühlen, Öl verbrennt irgendwo auf heißem Eisen, verleiht auch ihm ein wenig historischen Odem. Um uns drängen sich die Menschen, die Klänge der Popband „Emily‘s Necklace“ branden auf. Heute ist „ExtraSchicht“. Die eine Nacht im Jahr, in der das Ruhrgebiet noch mal volle Kante gibt, mit Feuerwerk und bunten Scheinwerfern die alten Hochöfen und Fördertürme noch einmal aufleuchten und in eine Aura von Schönheit und erhoffter Unsterblichkeit taucht. Auch wenn ihre Zeit unwiederbringlich vorbei ist, egal, heute ist’s wurscht. Die Stauder-Pils-Flaschen knallen zusammen, die Band dreht die Verstärker auf – das ist unsere Heimat, scheinen die Menschen wie trotzig zu brüllen. Und sie haben recht.

Tourguide

Als 400 Kilometer lange Themenstrasse bietet die Route der Industriekultur Einblicke in alle (Lebens-) Bereiche der Montanindustrie.

Nirgends in Deutschland existieren so viele Zeugnisse der industriellen Vergangenheit wie im Ruhrgebiet. Zechen, Hochöfen, Stahlwerke, damals oft hochinnovativ, erinnern an die Lebens- und Arbeitsbedingungen früherer Generationen.

Die 1999 im Rahmen der Internationalen Bauausstellung er­ öffnete Route der Industriekultur verbindet mit 25 Anker­ punkten Industriedenkmäler unterschiedlichster Art und Ausrichtung (plus zusätzlicher Themenwege mit 100 Denkmälern).

Drei bieten Besucherzentren zur Orientierung: Landschaftspark Duisburg Nord, Zeche Zollverein in Essen sowie Zeche Zollern in Dortmund. Erkunden kann man die Route entweder mit dem Auto oder Motorrad, aber auch zu Fuß, mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie per Fahrrad. Für Letztere gibt‘s ein ausgeschildertes Wegenetz von über 700 Kilometern.

In den Besucherzentren finden sich Infos und Führer für jeden Bedarf. Vom ausführlichen Atlas mit präzisen Hintergrundinformationen für 19,90 Euro über Fahrradroutenvorschläge für 14,95 (Bruckmann-Verlag) bis zur Broschüre über einzelne Objekte. Wer sich für die Arbeit unter Tage interessiert, kann zusätzlich im Bergbaumuseum in Bochum in einen Besucherschacht absteigen. Die meisten Kulturdenkmäler sind kostenlos zu besichtigen, die aufwendiger umgebauten kosten Eintritt. Außerdem dienen viele Ankerpunkte als Rahmen für Veranstaltungen, Ausstellungen und Events. Alle Infos unter www.route-industriekultur.de. Besonderer Tipp: Kulturzentrum „Karawane“ in Duisburg mit unter anderem der geführten Motorradtour „Komm in die Pötte“. Infos: www.karawanepott.de.

(Reportage aus Abenteuer WEGE Heft 2/2012.)

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lnterview Jörg Bogumil

„DIE ROUTE IST EIN STÜCK

BEWÄLTIGUNG“ Der Sozialwissenschaftler Jörg Bogumil über den Struktur-

Foto: Ruhr-Universität Bochum

wandel und die neue

Nein, die haben sich ja ganz bewusst für diesen Arbeitsplatz entschieden, und der hatte auch Vorteile, war sehr gut bezahlt durch die ganzen Zulagen. Und man ist sehr früh, mit 48 oder 50, in Rente gegangen. Gesamtgesellschaftlich ist es dagegen eher eine Chance, denn man kann sicherlich öffentliches Geld besser ausgeben, als solche Arbeitsplätze zu subventionieren.

Von 143 Zechen in den 1950er Jahren sind drei übrig geblieben.

Ab Mitte der 70er Jahre mussten auch etliche Stahlwerke dichtmachen. Jörg Bogumil, Professor der Sozialwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum, hat sich mit dieser Umwälzung der wirtschaftlichen Strukturen auseinandergesetzt.

Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Route der Industriekultur?

Sie ist so eine neue Art der Identität, das ist sozusagen die Bewältigung des Strukturwandels. Sie bringt was Schönes.

Man kann diese Route abfahren – also auch die Leute, die das so gar nicht mehr kennen –, sieht die alten Industriestätten, weiß, dass die das Ruhrgebiet geprägt haben, sieht aber zugleich, dass Umstrukturierungen stattgefunden haben. Eine wunderschöne Form, darüber nachzudenken. Es sind tolle Konzert- und Veranstaltungshallen daraus entstanden, neue Nutzungungsformen wurden geschaffen, so dass die Arbeitsflächen von früher jetzt Freizeitanlagen sind. Die Route der Industriekultur ist ein sehr gutes Beispiel für einen produktiven Umgang mit der Vergangenheit.

Wenn eine halbe Million Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren, ist das ein gewaltiger Schock, auch wenn dies über Jahrzehnte geschieht. Subventionen können wirtschaftliche Einbußen abfedern, aber nicht den Identitätsverlust.

Das hat am Anfang sicherlich dazu beigetragen, dass man nicht allzu optimistisch in dieser Region war. Ich glaube aber, dass das mittlerweile ein Stück weit überwunden ist, weil die Menschen, die direkt davon betroffen waren, heute im Ruhestand sind.

Deshalb ist der Verlust von Kohle und Stahl aktuell kein Problem mehr im Sinne eines Identitätsverlustes.

Und wie schafft es ein einst reines Arbeiterrevier, eine Spitzenstellung in Forschung, High-Tech oder im Dienstleistungssektor einzunehmen? Die Anforderungen an die Menschen sind doch komplett gegensätzlich.

In dieser Zeit hat sich sehr viel getan, so dass wir nicht über die gleichen Arbeitsplätze und Arbeitskräfte sprechen. Wichtig war insbesondere die Gründung von drei großen Universitäten und etlichen Fachhochschulen, weil die dafür sorgen, dass die Menschen eine angemessene Ausbildung für die neuen Jobs erhalten und Leute von außerhalb hierherkommen und hierbleiben.

Doch wie haben die Menschen anfangs reagiert?

Zunächst haben sie versucht, die alten Strukturen aufrechtzuerhalten, vielleicht manchmal länger, als es wirtschaftlich nötig war. Der Arbeitsplatzabbau wurde zudem sozial abgefedert.

Dann haben sie sich auf neue Industrien konzentriert. Opel wurde z. B. in den 60ern hierhergeholt, so dass der Identitätsverlust eher schleichend war. Das passiert nicht von heute auf morgen.

Doch häufig wurde der Beruf Bergmann ja quasi vererbt.

Ja, aber als spätestens Mitte der 80er klar wurde, dass Kohle begrenzt ist, sind diese Jobs weniger gemacht worden. Und es gab auch immer weniger Möglichkeiten, in diese zu kommen.

Identität des Ruhrgebiets.

Das Interview führte Monika Rickert

Viele Bergleute waren stolz auf ihren Beruf. Wobei die Arbeitsbedingungen in der Kohle- und Stahlindustrie sehr hart waren. Somit lag in dem Strukturwandel auch eine Chance. Sehen das die Betroffenen auch so?

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Abenteuer Wege

Heute wird nur noch wenig Kohle, dafür umso mehr Kultur gefördert. 2010 war mit dem Ruhrgebiet erstmals eine Region Kulturhauptstadt. Wie funktioniert das, da es sich ja um ein Konglomerat aus elf Städten handelt?

Dass die zusammenarbeiten, ist bis jetzt eher selten. Bei der Kulturhauptstadt ist das sehr gut gelungen. Das hatte auch damit zu tun, dass man nur gemeinsam Kulturhauptstadt Europas

werden konnte, weil es für eine Stadt allein keine Chance gegeben hätte. Das ist ein Beispiel für die Zukunft des Ruhrgebiets, wie es in vielen anderen Bereichen auch sein müsste: mehr miteinander kooperieren, nicht gegeneinander arbeiten.

Und warum ist die Kooperation so schwierig?

Weil jede Stadt für sich meint, groß genug zu sein. Aber eigentlich ist für das Ruhrgebiet der wichtigste Punkt, gemeinsam nach außen aufzutreten. Da muss sich noch einiges tun, damit sich dieses Bewusstsein verstärkt.

Für welche Impulse sorgt solch eine Veranstaltung?

Das Image hat sich dadurch bei den Menschen außerhalb deutlich verbessert. Das Ruhrgebiet wird nicht mehr nur mit Kohle und Stahl, sondern auch mit Kultur in Beziehung gesetzt. Es sind 2010 ja viele Leute hergekommen, und die haben festgestellt, dass es hier sehr grün ist und eine Freizeitlandschaft gibt.

aber auch mit BvB und Schalke. Und sicher auch zunehmend mit den Hochschulen, die immer mehr Menschen anziehen.

Worin sehen Sie das besondere Potenzial des Ruhrgebiets?

Darin, dass wir hier seit sehr langer Zeit einen Strukturwandel bewältigen müssen und es gelungen ist, neue Strukturen zu schaffen. Natürlich gibt es auch nicht unerhebliche Problemlagen, doch das Potenzial steckt in einem sehr großen Wissenschaftsbereich, in Logistik und neuen Technologien. Da sind Kompetenzen, wo das Ruhrgebiet gut mithalten kann.

Eines der Highlights von „Kultur.2010“ war die riesige Party auf der gesperrten A 40. Warum sorgte dieser Event für so viel Begeisterung bei der Bevölkerung?

Auf der A 40 läuft ständig unheimlich dichter Verkehr. Jeder kennt sie, jeder benutzt sie. Das ist die schnelle Verkehrsverbindung zwischen den großen Städten – wenn sie frei ist. Und dass die völlig still liegt, man zu Fuß rauf kann, ist ein einmaliges Erlebnis. Denn sie stellt so etwas wie ein kleines Identifikationsmerkmal des Ruhrgebiets dar. Das hat durchaus mit dieser besonderen Straße zu tun. Sie teilt ja sozusagen auch den eher schlechteren Norden und den besseren Süden.

Viele der Kumpel waren Menschen mit Migrationshintergrund. Ließen die sich in den Strukturwandel integrieren?

Das ist sehr unterschiedlich. Das größte Problem im Ruhrgebiet ist, dass wir Stadtteile haben, in denen eher die Armen und weniger Gebildeten leben, auch deutsche Hartz-IV-Empfänger.

Das entstehende Problem ist ganz einfach: Die Reichen wohnen, wo sie wollen, und die Armen da, wo sie müssen. So rutschen bestimmte Stadtteile ab. Dort wachsen Kinder auf, die irgendwann keinen mehr kennen, der arbeitet. Beispielsweise wechseln in Bochum-Stiegel über 70 Prozent der Grundschüler aufs Gymnasium, in Stahlhausen jedoch nur rund zwölf Prozent. Die Unterschiede gibt es sicher in jeder großen deutschen Stadt, allerdings nicht so ausgeprägt wie hier. Alle, die keine Ausbildung oder schlechte Schulabschlüsse haben – und da sind Migranten nach wie vor überproportional betroffen –, haben natürlich die schlechtesten Zukunftschancen. Denn die einfachen Arbeitsplätze sind praktisch total weggebrochen.

Das Ruhrgebiet wirbt inzwischen als großer Freizeitpark mit sogar einer ganzjährig befahrbaren Skipiste. Welche Bedeutung haben solche Einrichtungen?

Sie sind wichtig geworden, weil sie die Lebensqualität erhöhen.

Der Kemnader Stausee, der Baldeneysee, die Fahrradwege, die Skateranlagen um diese Seen werden von den Bewohnern als Erholungsgebiet intensiv genutzt.

Hat die nächste Generation der Migranten dadurch den Anschluss verloren?

Zum Teil, nicht alle. Hier brauchen wir intensive Bemühungen, weil die Migrantenanteile im Ruhrgebiet insgesamt steigen. Im Kern brauchen wir die Kinder der jetzigen Migranten als qualifizierte Arbeiter für die Zukunft, weil wir gar nicht mehr genug deutsche Facharbeiter haben.

Kann auch Tourismus langfristig im Ruhrgebiet eine gewisse Rolle spielen?

Ich denke schon, denn die Mischung aus altem Industriegebiet, neuer Industriekultur, sonstigen kulturellen Einrichtungen, Freizeiteinrichtungen und Spitzenfußball ist schon was Besonderes.

Sie schreiben in Ihrem Buch vom „Verlust des Humanvermögens“. Was heißt das?

Wenn Leute ohne Berufsausbildung oder auch ohne Schulabschluss aufwachsen, wissen die ja auch, dass sie keinen Job mehr kriegen und unter Umständen dauerhaft Hartz-IV-abhängig bleiben. Wenn sie wissen, dass sie keine Aufstiegschance haben, fehlt auch jeder Anreiz, sich besonders anzustrengen.

Und das gilt für viele Menschen in ihrem Stadtteil. Das müssen wir dringend ändern und den Leuten eine Perspektive eröffnen.

Wir müssen motivieren! Wenn jemand überhaupt nicht mehr motiviert ist, keine gesellschaftliche Teilhabe erkennen kann, dann integriert er sich auch nicht. Im Gegenteil. Hier steckt ein großes Problempotenzial. In unserem Buch nennen wir das die neue Unterschicht. Da muss man mehr machen.

Sie haben gerade Fußball angesprochen. Können Sie die extreme Begeisterung und die geradezu fanatische Clubverbundenheit erklären? So plant ein Unternehmer aus Gelsenkirchen nun sogar einen Friedhof für Schalke-Fans.

Schalke und Dortmund haben eine lange Tradition und viele Erfolge in der Vergangenheit – und Dortmund ja auch in der Gegenwart. Das trägt jetzt natürlich. Bei Schalke hat sich der Verein direkt aus der Zeche heraus entwickelt, aber auch bei Dortmund war er eng mit der Montanindustrie verbunden.

Es war ein Freizeitausgleich für die Bergleute und Stahlkocher.

Fördertürme, Hochöfen, rauchende Schornsteine – die Insignien waren auch Identifikationsmerkmale. Womit identifiziert man sich jetzt? Etwa mit der Lagerhalle der Aldi-Zentrale oder der Arcandor-Verwaltung?

Nein, natürlich nicht. Man identifiziert sich mit den Sachen, auf die man stolz ist. Wie das Bergbau-Museum, die Freizeitseen,

Die Bestandsaufnahme „Viel erreicht – wenig gewonnen“, Jörg Bogumil, Rolf G. Heinze, Franz Lehner, Klaus Peter Strohmeier, Klartext verlag, 17,95 Euro

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Titelporträt

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D 7,50 € · A 7,80 € · CHF 14,50 BeNeLux 8,00 € · Italien 8,20 €

Reportagen Routen Hintergründe

BERLIN

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ABENTEUER

Das Magazin für Menschen

BERLIN Der Mauerweg PIEMONT Berge im Abseits

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in Bewegung

KOCHER Die Entdeckung eines Flusses TRENTINO Klettersteige in der Brenta

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Sie kennen unser Magazin für Menschen in Bewegung noch nicht? Na gut, , das ist jetzt ja gleich erledigt. Gestatten: Abenteuer WEGE! Also genau das, was Ihnen bis heute gefehlt hat.

Von Monika Schulz; Fotos: Johann, Eisenschink, Menn

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uch Abenteuer WEGE ist ein Stück Strukturwandel. Am Anfang war natürlich das Drama: eine Entlassungswelle, die durch den Blätterwald eines süddeutschen Verlags rauschte, ganze Hefte in den Gulli spülte und 40 Angestellte auf die Straße. Unter ihnen eine eingespielte Frauenstaffel aus der Redaktion einer nicht unbedeutenden Motorrad-Zeitschrift: Produktionerinnen, Grafikerinnen, Redakteurinnen, eine davon mit fotografischer Grundausbildung, alle gute Schwimmerinnen. Sie hielten sich über Wasser, fischten nach dem nötigen Handwerkszeug, zimmerten ihr kleines Rettungsboot namens PLAN b. und setzten im Mai 2012 das Segel: Abenteuer WEGE – Das Magazin für Menschen in Bewegung. Ein Format, mit dem der Aufbruch ins Neuland gelingen sollte.

Warum? Weil Abenteuer WEGE nicht das 123. „me-too“-Produkt, sondern etwas Neues ist.

Es verknüpft unterschiedlichste Outdoor- und Reise-Aktivitäten mit den Motiven eines Hintergrundmagazins, verbindet authentische Naturerlebnisse mit aktuellen, historischen, manchmal auch abwegigen Themen. Eine Kombination, die sich über die Grenzen der monothematisch strukturierten Zeitschriftenlandschaft hinwegsetzt und eine Zielgruppe von enormer Breite vereint: uns Menschen in Bewegung!

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Frankfurt am Main

Manhattan Ma

Transfers

Sie gehört nicht unbedingt zu den Städten, die Reisemagazine üblicherweise im Visier haben, auch wenn sie kürzlich von der New York Times zum interessantesten Ziel Deutschlands gekürt wurde.

Frankfurt – eine Stadt, die selbst einen höchst bemerkenswerten Weg zurückgelegt hat. Erkundungen in Strassenbahn-Linie 11.

Text und Fotos: Annette Johann

Abenteuer Wege

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Man nennt sie auch „Das schwarze Loch Europas“.

Die Täler von Stura, Maira und Varaita in den italienischen Westalpen. 90 Prozent Abwanderung in den letzten 100 Jahren, Verfallene Dörfer, einsame Wege – inmitten einer mystisch-schönen Bergwelt.

Text und Fotos: Annette Johann und Monika Schulz

Als einer der schönsten Trails Deutschlands wurde er aus berufenem Munde geadelt. Dieser coole Weg, den eine Handvoll engagierter Mountainbiker aus Pegnitz vor knapp zehn Jahren in ihrem Heimrevier ausgetüftelt und ausgeschildert hat. Die Chronologie einer Wegfindung.

Text: Gerhard Eisenschink und Annette Johann; Fotos: Eisenschink

Cottische Alpen

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Schweiz: Uri–Tessin

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DIE WEGMACHER Kein Ort

ist ungewiss. Eine Reise zu den letzten Nomaden und Halbnomaden Afrikas.

Hannibal und Caesar liessen ihn aus,

Text: Rea La Greca; Fotos: Günther Menn

er galt als unüberwindlich. Bis vor 800 Jahren durch einen hölzernen Steg die gesamte Schweizer Geschichte am Gotthard in Bewegung kam.

Text: Monika Schulz; Fotos: Annette Johann

Mythos

Abenteuer Wege

Gotthard Abenteuer Wege

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nirgends

Industriekunst quer durchs Revier. Erfahrbar mit allen Arten der Fortbewegung. Wir wählten Ford 17 M „Badewanne“ von 1964. Geburtsort: Köln

in eine neue Zeit. Hier ihre jahrhundertealte Tradition, dort die globalisierte Welt. Ihre Ankunft

Abenteuer Wege

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Nomaden in Afrika

Sie sind Wanderer zwischen den Welten, unterwegs

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Fränkische Schweiz

Wege im Piemont

Täler im Abseits

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Titelporträt

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as verbindende Element unserer Geschichten und Reportagen sind Wege – WEGE als Basis aller Reisen, ob über Land, auf dem Wasser, durch die Luft oder im Kopf. Wir folgen alten Handelsrouten und neuen Themenwegen, nehmen die Spuren von Pionieren und Flüchtlingen voriger Jahrhunderte auf, beschreiben einsame Wanderpfade, laute Großstadtboulevards, zeichnen Lebenswege, Umwege, mitunter auch mal Holzwege nach.

Unterwegs sind wir mit allem, was sich bewegt und bewegen lässt: in Wanderstiefeln, auf dem Mountainbike oder Motorrad, im Kanu, auf Skiern, am Kletterseil, per Oldtimer, Eisenbahn oder Frachtschiff. Ohne Berührungsängste – mit dem, was am besten zur jeweiligen Route passt: die Bergstiefel zum Steig, die Enduro zur alten Militärpiste, der Frachter zum Rhein oder eben ein alter Ford aus Köln zur Route der Industriekultur.

Ja, da haben wir uns ganz schön was vorgenommen.

Aber es funktioniert. Am Ende kommt jedenfalls immer ein Heft heraus, das sich irgendwie reimt. Mit dieser unkonventionellen Mischung möchten wir Leserinnen und Leser erreichen, die bislang von keiner Zeitschrift angesprochen werden. Die sich in den gängigen Storys über Ibiza oder Schnäppchenjagd in New York ebenso wenig wiederfinden wie in den Adrenalin-Touren von Special-Interest-Magazinen

oder zwischen den immer lächelnden, stets perfekt ausgerüsteten Protagonisten der Vogelzwitscher-Wander-PR-Blätter.

Menschen, die einfach gerne aktiv unterwegs sind – ohne Allüren, freiheitsliebend, offen für Neues. Menschen, die entdecken, verstehen, sich ausprobieren wollen. Jenseits von Wellness, willenlosen Jetset- und Schlemmertouren, allerdings auch ohne Trainingsprogramme und Astronautennahrung im Gepäck.

Dabei möchten wir einerseits mit neuen Wegen und Ideen überraschen, andererseits zeigen, dass das Abenteuer direkt vor der eigenen Haustür oder auf dem nächsten Bach beginnen kann. Wie was funktioniert und was man wozu braucht, beschreiben wir obendrein. Und warum die Welt so tickt, wie sie tickt. Wie verändert ein Tunnel in den Alpen das Leben der Menschen oben drüber? Warum entsiedeln sich manche Landstriche, während sich andere künstlich aufblähen?

Das Ziel liegt im Weg! Wenn Sie das ähnlich sehen und Ihnen die 100 tollsten Hotels der Welt ähnlich egal sind wie die Gepflogenheiten der Premium-Outdoorwelten, könnte Ihnen Abenteuer WEGE gefallen. Wenn Sie obendrein einen Hang zum Analogen haben, den Geruch von Papier und Inhalte zum Anfassen lieben, weil Sie lieber blättern, schauen und lesen statt „content“ zu „usen“, dann liegen Sie mit uns vielleicht sogar goldrichtig. Denn: Wir machen Hefte!

Nationalparks Bayerischer Wald und Böhmerwald

Von Hamburg sind es 744 Kilometer, von Düsseldorf 649 und von München sogar nur 181. Die Nationalparks im deutsch-tschechischen Grenzgebiet bringen uns die Weite und Wildnis Kanadas eine ganze Ecke näher.

Text: Sylvia Lischer; Fotos: Gerhard Eisenschink

Wie weit ist es nach Kanada?

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KULTUR

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14,50 7,80 € · CHF € D 7,50 € · A € · Italien 8,20 BeNeLux 8,00

Hintergründe

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HISTORIE

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ERLEBEN

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Der Tendepass

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Bin vom Themenmix gefesselt… Man merkt, dass die Texte erlaufen, erfahren und erlebt sind. Danke für das Leseerlebnis. Karim Schlosser, Berlin

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ITALIENISCHE

Reportagen Routen

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ERLEBEN

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ABENTEUER

Nun – dazu hatten wir uns natürlich etwas Schönes ausgedacht, super schlau und sehr seriös, inklusive Zielgruppenanalyse und allem. Doch dann… brachten es unsere Leserinnen und Leser irgendwie besser auf den Punkt.

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NEU

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Für jeden, vom Kletterer bis zum Motorradfahrer.

Leider musste ich deshalb das Heft vehement gegen Zugriffe meiner halbstarken Kinder und meines Mannes verteidigen. Das geht mir mit anderen Zeitschriften nicht so. Auch dass ich alle Berichte lese, ist eine Seltenheit, die mir nicht mal bei „Geo“ gelingt. Ute Ehrhardt, Mönchengladbach Zum ersten Mal ein Magazin, das über meine diversen Aktiv-Interessen berichtet. Es bräuchte sechs andere, um Euer Spektrum abzudecken. Martin Ilg, Tübingen Endlich mal nicht der Einheitsbrei für die Leser, die das angeblich möchten. Martina Heins, Herzogenrath Das Lesen verführt zum Loslaufen, -radeln, -fahren…

Sie machen genau die Zeitschrift, die ich schon immer haben wollte: eine, die alles vereint. Yvonne Ehret, Jork Eierlegende Wollmilchsau gibt es nicht? Doch! Jedenfalls jetzt. Und das ist gut so. Harald Freunbichler, Salzburg/A Nach dem ganzen Lob muss ich Euch nun doch mal kritisieren – wie kann man ein so tolles Heft nur 4 x im Jahr erscheinen lassen? Andreas Luppa, Pulheim Mein 15-jähriger, absolut lesefauler Sohn lässt ausrichten, WEGE sei richtig gut! Ab und zu „erwische“ ich ihn, wie er darin schmökert. Petra Ott, Külsheim

Ihre Werte und Ihr Magazin sind, was bewegte Menschen wirklich brauchen und Menschen in Bewegung bringen kann. Ilonka Etzold, Varel Für mich, den die „Propaganda-Organe“ der Globetrotter-Industrie oft langweilen: großes Kino!

Jan Hempel, Jena Lebendig, hautnah, als wäre ich selbst dabei. Genial!

Print! Winfried Friedel, Lanzingen Ragt deutlich aus dem Massenmarkt der austauschbaren „PR-Zeitschriften“ heraus. Andreas Daudert, Berlin Ein feines Heft. So was wie „brand eins“ der Reisepresse.

Rainer Janneck, Hamburg Sie haben den Spagat zwischen Wander-, Outdoor-, Abenteuer- und Reise-Magazin wirklich geschafft. Ich habe beim Preis echt gezögert, aber das Heft ist jeden Cent wert! Janine Mailliet, Roullingen/LU Nun mache ich mich auf den Weg. Mit dem Fahrrad...

Vielleicht zum Nordkap? Eure Artikel haben mich neugierig gemacht. Und mir den Mut gegeben, dass ich das schaffe. Stefanie Heilmann, Frankfurt a. M.

Impressum

Art Direction: Corinna Ehmann

REDAKTION UND VERLAG Abenteuer WEGE PLAN b. Medien Verlagsinhaberin Monika Schulz

Redaktion: Annette Johann, Monika Rickert, Monika Schulz

Bergwiesen 9 D-74245 Löwenstein Telefon + 49(0)7130/4019342 E-Mail: redaktion@abenteuer-wege.de www.abenteuer-wege.de

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Ich bin kein Berliner, aber Ihr Bericht über die Oranienstraße ist dermaßen gut, dass ich diesen Weg unbedingt gehen muss. Sie finden eine Sprache, die es mir unmöglich macht, Ihr Magazin zur Seite zu legen. Endlich lese ich wieder ganze Artikel, verspüre Lust, Ähnliches zu unternehmen. Ich bin sehr froh, Ihre Zeitschrift gefunden zu haben. Ohne es zu wissen, habe ich ganz lange danach gesucht. Dr. Wolfgang Schäper, Northeim

Abenteuer Wege

Produktion und Grafik: Corinna Ehmann, Edith Bode, Brigitte Schreiner Fotografie: Annette Johann, Jo Deleker, Gerhard Eisenschink Anzeigenvertretung: VMS Verlag und Mediaservice, Renate Brandes,

Brühlwiesenweg 9, D-72657 Altenriet, Telefon +49 (0) 7127/52 55 52, E-Mail: anzeigen@abenteuer-wege.de ABO- UND BESTELLSERVICE Siehe Redaktionsadresse E-Mail: abo@abenteuer-wege.de Abonnementpreis: 30 Euro/vier Ausgaben Ausland: zzgl. 2 Euro Portoanteil pro Heft Einzelheftpreis: Deutschland 7,50 Euro Abenteuer WEGE erscheint vierteljährlich

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Herbst / Winter · CHF 14,50 · A 7,80 € 8,20 € D 7,50 € 8,00 € · Italien BeNeLux

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© RTG / Lueger

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