St. Elisabeth
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Jung trifft alt – Praktikum in der Betreuung Die 19-jährige Kira Husfeld (KH) aus Husum hat ein vierwöchiges Praktikum im Christophorushaus in Schleswig gemacht und dabei den Betreuungskräften nicht nur über die Schulter geschaut, sondern sie auch tatkräftig unterstützt. Über die Eindrücke, die die junge Frau gewonnen hat, wollten wir gerne mehr erfahren.
Kira Husfeld
uug: Kira, wie kommt ein so junger Mensch wie Sie auf die Idee, ausgerechnet in einem Alten- und Pflegeheim in der Betreuung ein Praktikum zu machen und dort vier Wochen lang von Montag bis Freitag jeweils von 9:30 Uhr bis 14:30 Uhr zu arbeiten? KH: Ich habe mich schon lange für Themen interessiert, die Gleichaltrige nicht so spannend finden. Zurzeit mache ich gerade einen Hospizhelferinnenkurs mit, und da sollten wir ein Praktikum machen, bei dem wir einfach einen älteren Menschen besuchen, entweder im Heim oder in der Häuslichkeit. Wir sollten die Erfahrung machen, wie es ist, mit einem fremden Menschen Kontakt aufzunehmen und ins Gespräch zu kommen. Irgendwie kam bei mir die Idee, ich könnte ja dann auch gleich in einem Heim die Arbeit der Betreuungskräfte kennenlernen. uug: Möchten Sie denn auch beruflich mal in dieser Richtung etwas machen? KH: Im Grunde befinde ich mich gerade in einer Art Orientierungsphase. Mit der Schule bin ich fertig, und bis ich mein Studium der Kreativtherapie in Leeuwarden/Holland beginnen kann, dauert es noch eine ganze Weile. Diese Zeit möchte ich nutzen, um verschiedene Arbeitsbereiche kennenzulernen. uug: Was war denn Ihr erster Eindruck vom Christophorushaus, und
wie wurden Sie hier empfangen? KH: Beim Reinkommen fand ich das Haus hell und freundlich. „Gemütlich und schön übersichtlich“, habe ich gedacht. Die Pflegedienstleitung und die Kolleginnen aus der Betreuung waren sehr nett zu mir und haben sich gefreut, dass ich Lust hatte, ihre Arbeit kennenzulernen und auszuprobieren. Ganz toll fand ich, dass mir viel zugetraut wurde. Ich wurde immer gefragt, ob ich dieses oder jenes machen kann und möchte, aber dann durfte ich auch gleich einige Aufgaben übernehmen und musste nicht erst tagelang nur zugucken. uug: Gab es auch Situationen, in denen Sie sich unsicher gefühlt haben? KH: Ja, das gab es natürlich. Wenn ich zum Beispiel das erste Mal in ein Zimmer hineingeschickt wurde, und da lag ein Mensch im Bett, den ich gar nicht kannte und von dem ich ja auch so gut wie nichts wusste. Wenn das dann noch jemand war, der nicht gesprochen oder sonst wie reagiert hat, dann habe ich mich schon gefragt: „Was denkt dieser Mensch jetzt? Denkt er überhaupt etwas? Mag der, dass ich da bin? Was soll ich sagen?“ Das fand ich erst schwierig, aber mit der Zeit bin ich da immer sicherer geworden. uug: Was hat Ihnen denn besonders gut gefallen? KH: Vieles hat mir Spaß gemacht. Es
war schön mit den älteren Menschen; ihre Freude zu erleben, wenn ich mich mit ihnen unterhalten und beschäftigt habe. Ganz besonders toll waren für mich aber die beiden Tage, an denen ich allein mit den Bewohnern arbeiten durfte. Meine Anleiterin hatte das genau mit mir vorbesprochen, mir Ideen und Anregungen gegeben, aber dann durfte ich selbständig zwei Tage gestalten. uug: Und was haben Sie gemacht? KH: Wir haben eine Art Frage-Spiel gespielt, bei dem ich zum Beispiel gefragt habe: „Woran denken Sie, wenn Sie das Wort 'Bahnhof' hören?“, und die Bewohner haben dann nicht einfach nur gesagt: „Ich denke an Züge.“, sondern sie haben angefangen, von Reisen zu erzählen, die sie früher gemacht haben. Das war interessant. Oder ich habe aus der Zeitung vorgelesen, wir haben Mensch-ärgere-dichnicht gespielt, und mit Einzelnen habe ich Spaziergänge mit dem Rollstuhl draußen gemacht. Manchmal habe ich auch jemandem Essen angereicht oder einfach mit den Leuten Kartoffeln geschält. Besonders schön fand ich es, wenn gesungen wurde; dann war da so eine Lebendigkeit. Sonst sind viele Menschen sehr müde, finde ich. uug: Gab es auch etwas, das Ihnen an der Arbeit nicht gefallen hat oder das Sie schwierig fanden? KH: Manchmal habe ich gedacht: „Ich bin jetzt verantwortlich dafür, dass die alten Menschen sich glücklich fühlen; wir müssen ihnen jetzt einen glücklichen Moment bescheren.“ Das habe ich dann schon als ganz schönen Druck empfunden.
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