Union in Deutschland Informationsdienst

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10. FEBRUAR 1966 20. JAHRGANG

INFORMATIONSDIENST der Christlich Demokratischen und Christlich Sozialen Union

Die Positionen abgesteckt „Forum 66" in Wiesbaden - Junge Union und Wirtschaftsrat tagten gemeinsam

Die Junge Union Deutschlands und der Wirtschaftsrat in der CDU veranstalteten in der vergangenen Woche gemeinsam in Wiesbaden das „Forum 66 zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik", eine Tagung, die unter dem Motto stand „Die junge Generation gestaltet ihre Zukunft". Naturgemäß sind die Referate von besonderer Bedeutung, die sich mit aktuellen politischen Fragen beschäftigen. Zu ihnen gehört u.a. die Ansprache von Bundeswirtschaftsminister Schmucker, der den erkrankten Geschäftsführenden Vorsitzenden der CDU, Dufhues, vertrat. Minister Schmücker warb für ein stärkeres politisches Engagement der Unternehmer. Politische Abstinenz habe gerade in der Vergangenheit gezeigt, zu welchen Ergebnissen sie führen könne. Im Zusammenhang mit den gegenwärtigen Auseinandersetzungen in Lohnund Tariffragen unterstrich der Minister seine Auffassung, daß in diesem Streit das bessere Argument obsiegen solle. Beide Sozialpartner könnten heute nicht mehr unter Mißachtung der öffentlichen Meinung handeln. Gerade sie sei ein Gradmesser für die Vernunft und eine jaremse gegen den reinen Egoismus. Auf Dciden Seiten sollten daher alle Möglichkeiten nur in einem wirtschaftlich vertretbaren Maß genutzt werden. Minister Schmücker machte sich anheischig, ein konjunkturgerechtes Verhalten der Unternehmen notfalls durch das Mittel der Vergabe öffentlicher Aufträge zu erzwingen. Allerdings ließ Schmücker keinen Zweifel daran, daß der Staat — also Bund, Länder und Gemeinden — mit gutem Beispiel voranzugehen habe. Schließlich sei er nicht nur die größte wirtschaftliche Potenz, sondern auch mehr als nur ein einzelnes Wirtschaftsunternehmen. Die Politiker aller Parteien sollten mehr als bisher daran gemessen werden, wie sie ihren öffentlichen Auftrag „in einer fairen Abgewogenheit zu den Möglichkeiten des einzelnen Bürgers" wahrnehmen. Neben einem von gewichtigem Fachwissen getragenen Referat von Prof. Dr. Percy Ernst Schramm von der Universität Göttingen zu der Frage, ob es die junge Generation besser habe als ihre Väter und einer Rede des Ministerpräsi-

denten von Baden-Württemberg, Dr. Kurt Georg Kiesinger, zu der ideologischen Basis der CDU, stand die Ansprache von Dr. Rainer Barzel, dem Fraktionsvorsitzenden der Unionspartei im Bundestag, im Mittelpunkt der Tagung. Dr. Barzel behandelte das Thema der Tagung: „Die junge Generation gestaltet ihre Zukunft". Er führte aus, daß die CDU/CSU es nicht nötig habe, wenn sie von der Zukunft spreche, von ihrer Vergangenheit abzulenken. Diese Manöver könne man getrost den Sozialisten überlassen. In der Weimarer Zeit sei die politische Arbeit häufig nach dem ausgerichtet worden, was als Fazit der Entschlüsse von Links und Rechts im Parlament her-

auskristalliert worden sei. Diese Art Politik zu treiben, sei ein für allemal vorüber. Aber heute entstehe eine neue Gefahr, die mit dem Schlagwort Demoskopie umrissen ist. Es sehe manchmal so aus, als werde die Politik zu einer „demoskopischen Anpassungsartistik" erniedrigt und das freie Urteil der Politiker dadurch assimiliert. Dr. Barzel hatte gute Beispiele auf seiner Seite, als er etwa darauf hinwies, daß solch eine unpopuläre Entscheidung, wie die Einführung der Wehrpflicht nie hätte getroffen werden können, wäre die demoskopische Meinungsumfrage zur Richtlinie des Handelns gemacht worden. Allein daraus ergebe sich schon, daß jeder politische Erfolg durch eine „unpopuläre Durststrecke" erkämpft werden müsse. Stimmt man dem zu, und wer könnte es nicht, dann ist nach den Worten Dr. Barzels klar, daß die CDU Akzente für Fortsetzung Seite 2

„Peinlich und unverständlich" CDU/CSU-Fraktion verurteilt Demonstration in Berlin Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion befaßte sich auf ihrer Sitzung vom 8. 2. 66 zunächst mit den Vorgängen in Berlin. Der Fraktionsvorsitzende Dr. Barzel erklärte dazu: „Gestern sind schon wieder Schüsse an der Mauer gefallen. Die deutsche Wirklichkeit ist unfriedlich. Dieser Zustand ist auf die Dauer für die Deutschen unerträglich. Vor diesem Hintergrund wirken die jüngsten Demonstrationen in Berlin gegen die amerikanische Vietnampolitik geradezu peinlich, gespenstisch und unverständlich. Diese Demonstrationen waren ein schlechter Gebrauch der Freiheitsrechte, die gerade diese Macht sichert. Wir müssen dies mit allem Nachdruck zurückweisen." Dr. Barzel schlug vor, die CDU/CSU solle alle Möglichkeiten nutzen, um in Berlin mit der akademischen Jugend zu diskutieren. In Zusammenarbeit mit der Berliner CDU solle versucht werden, alle möglichen Gesprächskontakte herzustel-

len. Die Berliner Sozialdemokraten forderte Dr. Barzel auf, vor den Berliner Studenten die sozialdemokratische Auffassung zu Berlin und Vietnam darzulegen. Dr. Barzel berichtete anschließend über ein Gespräch, das am 8. 2. unter seiner Leitung zwischen Vertretern der Rektorenkonferenz, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Max-Planck-Gesellschaft stattgefunden hat. Das Gespräch sei von beiden Seiten aufgeschlossen geführt worden. Man habe vereinbart, die Gespräche fortzusetzen. Die Vertreter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hätten erneut betont, daß die CDU/CSU Ja zur Priorität der Bildung in ihrer Politik sage, auch wenn dadurch andere Vorhaben zurückgestellt werden müssen.


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