Update WS 12/13

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Die moderne Netzgesellschaft und die klassischen Genossenschaften Ansätze und Impulse für eine erneuerte Betriebswirtschaftslehre Torsten Maier

Diplom-Ingenieur (FH) Torsten Maier MBA e-learning/Wissensmanagement Experte für Neue Lerntechnologien Der Autor ist langjährig in Genossenschaften an verantwortlicher Stelle aktiv und beschäftigte sich insbesondere mit den Themen neue Arbeits-, Lern- und Lebensformen. Torsten Maier war u.a. verantwortlich bei Raiffeisen Schweiz – St. Gallen, für die Fach-/ Verkaufs- und Bankapplikationsausbildung und das ­Thema Neue Lernformen in der Raiffeisen Academy. Weiterhin war er bei der Dresdner Bank in der strategischen Personalentwicklung tätig und der ING DiBa zentral verantwortlich für Lernformen. Aufbauend auf seiner gewerblichen Ausbildung als Indus­trieelektroniker und dem Studium der Elektrotechnik/Technische Informatik hat er berufsbegleitend mehrere Studiengänge abgeschlossen u.a. Experte für Neue Lerntechnologien und MBA e-learning/Wissensmanagement in Luzern. Seit drei Jahren ist er mit „Wissen schafft Werte“ – St. Gallen (Schweiz) selbständig und unterstützt Unternehmen bei der Gestaltung und Implementierung neuer Lern-, Wissens- und Innovationsprozesse. Weiterhin ist er Autor des Podcasts „Vision 2053 – Lernen und Arbeiten in der Zukunft“. E-Mail: torsten.maier@wissenschafftwerte.ch

Es wird in zwei Teilen aufgezeigt, was moderne Netzgesellschaften und klassische betriebswirtschaftliche Ansätze wie Genossenschaften gemeinsam haben. Der zweite Teil „Ansätze und Impulse für eine moderne Betriebswirtschaftslehre“ wird in einer der folgenden Ausgaben von Update erscheinen.

1. Neue Regeln und Gesetze in der Internetökonomie Das Internet und die damit einhergehende Entwicklung zu einer Netzgesellschaft und Netzökonomie schafft neue Möglichkeiten im Bereich der Information, der Kommunikation und 88

der Zusammenarbeit. Schon sehr bald werden das Internet und die derzeit lawinenartig neu entstehenden Informations-, und Kommunikations-Applikationen (insbesondere von Apple und Google über das iPhone/iPad und die Android-Geräte) einen Entwicklungsstand erreicht haben, der den Menschen eine optimierte Information und Kommunikation an jedem Ort und zu jeder Zeit ermöglicht – und dies zu oftmals extrem geringen Kosten. Die Auswirkungen dieser Entwicklung sind mittlerweile in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen nachhaltig zu spüren. Es bildet sich eine regelrechte Netzgesellschaft heraus, deren Grundzüge und vorherrschende Prinzipien sich zunehmend deutlich abzeichnen: Wirtschaft und Gesellschaft verändern sich signifikant. Menschen können sich über die neuen technischen Möglichkeiten in vielerlei Weise neu an wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Projekten und Fragestellungen beteiligen. Bücher, Zeitungen und Lexika werden vielfach nicht mehr nur gelesen und konsumiert, sondern auch von den Kunden „mitproduziert“ (siehe das wohl prominenteste Beispiel Wikipedia). Politische Abstimmungen und Meinungsbildungen finden komprimierter und beschleunigter statt, es bilden sich neue Formen der Zusammenarbeit und Partizipation heraus. Als aktuelle Beispiele mögen hier der Konflikt um Stuttgart 21, das Ringen um eine europäische Wirtschaftsordnung und -politik im Zuge der Finanzmarkt- und Schuldenkrise sowie die so genannte Arabellion in vielen autokratischen-diktatorischen Staaten des Arabischen Raumes gelten. Informationen, Wissen und Ideen/Innovationen sind dabei die treibenden Ressourcen dieser neuen Netzgesellschaft. Sie prägen faktisch alle beruflichen Tätigkeiten und das gesamte Arbeitsleben. Dabei fällt auf, dass Informationen, Wissen und Ideen/Innovationen auf eine signifikant andere Art und Weise produziert, ausgetauscht, gehandelt und genutzt werden, als die Ressourcen und Güter in der Landwirtschaft, in der Industrie und im Dienstleitungssektor. Wie schon das obige Zitat nach Georg Bernhard Shaw zeigt, herrschen andere Mechanismen und Regeln vor, die sich zum Teil wesentlich von der traditionellen Betriebswirtschaftslehre unterscheiden: Statt den Besitz an der Ressource zu sichern und zu bewahren und den persönlichen Nutzen hieraus zu maximieren, ist es bei Informationen, Wissen und Ideen/Innovationen in der Regel angezeigt, MitWisser und Mit-Macher zu gewinnen, um erfolgreich zu sein. Ganz im Gegenteil zur klassischen Lehre steigt der Wert einer unternehmenspraxis | update  15 | ws  2012/2013


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