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Die Angst vor Spinnen

Ein kleines Tier, aber oft Auslöser für ganz grosse Angst. Viele Menschen leiden an einer Spinnenphobie und fühlen sich von der Anwesenheit so bedroht, dass sie den Tod fürchten. Um diese Angst zu besiegen, wurde an der Universität Zürich in Zusammenarbeit mit dem Walter Zoo in Gossau (SG) ein Angstseminar entwickelt. Biologe Elia Heule erzählt.

Sie taucht urplötzlich auf, als schwarzer Fleck an Wänden oder Böden, kraxelt mit ihren acht Beinen durch die Wohnung und droht, einen direkt anzuspringen. Viele Menschen ergreifen die Flucht, wenn sie einer Spinne begegnen. Grund dafür ist eine Spinnenphobie, an der Betroffene teilweise gar zu sterben fürchten. Doch die Angst sei völlig unbegründet, wie der Biologe und Leiter Zoopädagogik im Walter Zoo, Elia Heule, erklärt: «Heimische Spinnen sind für den Menschen vollkommen harmlos, aber unglaublich wertvoll.» Dies müssten die Teilnehmenden des Angstseminars, das jeweils von zwei Biologen und einem Psychologen geleitet wird, erst einmal begreifen. «In einem ersten Schritt geht es darum, zu verstehen, was die Angst ausmacht», sagt Elia Heule. Der Hauptgrund sei oft das Aussehen des Tieres. «Wir Menschen sind auf Reaktionen und ein Feedback unseres Gegenübers, sei es Mensch oder Tier, angewiesen. Wir suchen Augenkontakt, möchten es verstehen und mögliche Handlungen berechnen können», weiss er. Doch eine Spinne gebe uns keines dieser Bedürfnisse. «Wir können die Spinne nicht lesen, können ihre Augen nicht sehen und es fällt uns somit schwer, einzuschätzen, wie sie reagieren wird», so der Biologe. Zudem fehle der Jö-Effekt. «Wir Menschen mögen Knopfaugen und finden die Fellzeichnung eines Tieres süss. Dabei vergessen wir, dass beispielsweise ein Tiger, der diese Anforderungen erfüllt, für uns lebensgefährlich ist, während von einer Spinne nie eine Bedrohung ausgeht», sagt er. Dies zeige den Teilnehmenden, dass die Angst vor Spinnen völlig unbegründet ist und es wichtig sei, sich ihr zu stellen.

DIE ANGSTKURVE ERLEBEN Weiter müssten die Phobikerinnen und Phobiker lernen, der Situation nicht aus dem Weg zu gehen. «Viele verlassen sofort den Raum, wenn sie eine Spinne entdecken. Dieses Vermeidungsverhalten lässt die Angst von Mal zu Mal wachsen», erklärt Elia Heule. Man müsse sich der Angst exponieren und sich bewusst werden, dass eine Angst nicht ins Unermessliche steigen oder tödlich sein kann. Darum liesse man die Teilnehmenden im Seminar die Angstkurve wieder und wieder erleben. «Dabei wird man herausgefordert und gelangt an den Entscheidungspunkt, ob man sich stellt oder die Angst meidet. Unsere Teilnehmenden entscheiden sich meistens für die Konfrontation und gelangen somit irgendwann an den Wendepunkt, der irrationale Befürchtungen, unerträgliche Angst und Ohnmacht verschwinden lässt. Daraus resultiert langfristig eine Zunahme von Selbstvertrauen und die Zufriedenheit darüber, die Herausforderung gemeistert zu haben», so der Biologe. Gestartet werde im Seminar mit dem Anschauen von Spinnen auf Bildern, später komme das Anfassen der Bilder dazu, bevor es zum Arbeiten mit echten, toten Spinnen und letztlich mit lebenden Tieren übergeht. Wichtig dabei sei es, das Verhalten der Spinne zu verstehen. SPINNEN UND IHRE ATEMPROBLEME Bewegt sich eine Spinne auf einer offenen Fläche, ist das für sie ein massiver Unfall, denn Spinnen bewegen sich normalerweise immer in der Nähe eines Unterschlupfs, in dem sie verschwinden können. «Die Spinne will dann wegrennen und erschreckt durch ihre ungewohnten Bewegungen den Menschen. Auch, dass das Tier nach einigen Zentimetern anhält, nehmen die Phobikerinnen und Phobiker als Bedrohung und Vorbereitung der Spinne auf einen Angriff wahr», erklärt Elia Heule. Dabei hat die Spinne mit Atemproblemen zu kämpfen und muss eine Pause machen. «Sie haben ein spezielles Atemsystem und können jeweils gar nicht weiter rennen», ergänzt er. Das Angstseminar wird durch einen Teil ergänzt, der aufzeigt, wieso die heimische Spinne gebraucht wird. Sie ist ein wichtiger Nahrungsbestandteil anderer Tiere, während sie wiederum Insekten frisst, die Menschen als Schädlinge bezeichnen würden. «Ohne die Spinne würden wir jährlich knietief in toten Insekten waten», sagt Elia Heule und schmunzelt.

Jana Berisha

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