Wildnis hautnah - Wilderness International

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AUS EINER ALTEN INDIANISCHEN SAGE

Hier, an der Westküste Kanadas, wo die riesigen Regenwälder wachsen, stürmt es immer wieder mächtig. Eines Tages gab es bei einem Sturm derart riesige Wellen, dass die ganze Küste bedeckt war mit bunten, fünfarmigen Kreaturen: Seesterne so weit das Auge reichte. Ein junger Indianer war unterwegs auf Jagdzug, als er am Strand - inmitten der großen bunten Berge von Seesternen - einen alten Fischer sitzen sah. Der alte Mann nahm einen Seestern nach dem anderen in die Hand und warf diesen dann ins Meer zurück. Der junge Jäger wollte seinen Augen kaum trauen, und so ging er zum Fischer hinüber und fragte ihn: „Alter Mann, glaubst du, dass das, was du hier tust, irgendeinen Unterschied macht? Hier sterben gerade Millionen von Seesternen am Strand - du verschwendest deine Zeit!“ Der alte Fischer blickte nicht auf. Er nahm den nächsten Seestern, einen herrlichen, roten Seestern, betrachtete diesen und setzte ihn vorsichtig ins Wasser zurück. Dann blickte er dem jungen Jäger in die Augen und sagte mit ruhiger Stimme: „Für den hier macht es einen Unterschied.“

HERZLICH WILLKOMMEN LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,

mit dem Buch „Wildnis hautnah – Entdecken - Schützen - Leben“ möchten wir Dich mitnehmen auf eine Reise durch die vergangenen Jahre mit Wilderness International: Mitnehmen auf Umweltbotschafer-Expeditionen in die kanadische Arktis und an die Pazifkküste British Columbias in Kanada, gemeinsam mit deutschen und indianischen Schülern, Wissenschaflern, Fotografen und Filmemachern.

Mitnehmen zu Forschungsprojekten in den temperierten Regenwald Westkanadas, der wissenschaflich noch kaum erfasst ist. In eine Welt, so gigantisch und zugleich zerbrechlich, dass sie ihresgleichen auf unserem Planeten sucht.

Mitnehmen auch nach Deutschland, zu den Wildnisläufen in Dresden, Radebeul und Radeberg, Berlin, Chemnitz und Frankenberg, Leipzig und Taucha, Oberursel und Frankfurt, Köln, Weimar, Stuttgart und Sindelfngen.

Wilderness International hat zwei wesentliche Ziele: Wir möchten so viel Wildnis schützen wie möglich, Stück für Stück und Tag für Tag. Dabei möchten wir so viele Menschen wie möglich als Mitstreiter und Wildnisschützer gewinnen.

Wir möchten Dich nun, liebe Leserin, lieber Leser, im Einzelnen von unserer Arbeit begeistern. Vielleicht so sehr begeistern, dass auch Du den Wunsch verspürst, Dich für den Erhalt der einmalig schönen und unberührten Wildnisgebiete unserer Erde einzusetzen.

Wir wünschen viel Lesevergnügen und grüßen herzlich,

Ellen Weiland

Stifungsratspräsidentin, Berlin

Stifung Wilderness International

Kai Andersch

Vorstandsvorsitzender, Dresden

Stifung Wilderness International

David MacDonald

Managing Director, Edmonton (Alberta)

Wilderness International (Canada)

Inhaltsverzeichnis

1. WILDERNESS INTERNATIONAL

S.003 1.1 Kurzportrait von Wilderness International

S.006 1.2 Why Canada? / Warum engagiert sich Wilderness International in Kanada? / David MacDonald

S.008 1.3 Temperierter Regenwald

S.010 1.4 Die Zerstörung der Vielfalt - Kahlschlag im Ancient Forest

S.012 1.5 Wildnispatenschaften mit Geokoordinaten – unsere Revolution im Naturschutz

S.014 1.6 Schüler schützen Natur – Wildnisläufe: Take a Walk for the Wild

S.018 1.7 Schulprojekte

S.020 1.8 Wissenschaftliche Arbeit bei Wilderness International – Kooperationen zum Schutz der Natur

S.023 1.9 Ein Totempfahl für Köln – Projekt der Begegnungen

2. UNSERE ERFOLGE IM NATURSCHUTZ

S.028 2.1 Lage der Naturschutzgebiete von Wilderness International

S.030 2.1 Toba Valley

S.032 2.1.1 Land der Grizzlybären

S.034 2.1.2 Land der Geisterblumen

S.036 2.2 Porcher Island

S.038 2.2.1 Land der Adler

S.040 2.2.2 Land der Wölfe

S.042 2.3 Koksilah Ancient Forest – Im Reich der Letzten Riesen

S.044 2.4 Die Peel River Watershed – Land of the Painted Mountains

Inhaltsverzeichnis

3. WISDOM SEEKERS - KNOWLEDGE KEEPERS

Das Umweltbotschafterprogramm von Wilderness International

S.050 3.1 Das Umweltbotschafterprogramm von Wilderness International

S.054 3.2 2008 Expedition » Three Rivers «

S.055 3.2.1 Expeditionsteilnehmer

S.058 3.2.2 Karten

S. 060 3.2.3 Tagebuch

S.101 3.3 2010 Expedition » Algen zum Abendbrot «

S.103 3.3.1 Expeditionsteilnehmer

S.106 3.3.2 Karten

S.108 3.3.3 Tagebuch

S.137 3.4 2011 Expedition » Das Paradies im Dauerregen «

S.139 3.4.1 Expeditionsteilnehmer

S.144 3.4.2 Karten

S.146 3.4.3 Tagebuch

S.171 3.5 2012 Expedition » Riesendouglasien und das Geräusch von Kettensägen «

S.173 3.5.1 Expeditionsteilnehmer

S.178 3.5.2 Karten

S.180 3.5.3 Tagebuch

S.211 3.6 2014 Expedition » Wölfe um uns herum «

S.213 3.6.1 Expeditionsteilnehmer

S.216 3.6.2 Karten

S.218 3.6.3 Tagebuch

Inhaltsverzeichnis

4. DANKSAGUNGEN & IMPRESSUM

S.252 4.1 Danksagungen

S.254 4.2 Impressum

1. Wilderness International

KURZPORTRAIT VON WILDERNESS INTERNATIONAL

Warum engagieren wir uns für intakte Natur? Wir sind überzeugt, dass im Umweltschutz derzeit der größte Nutzen mit dem Schutz von intakten Ökosystemen erreicht werden kann. Vom Menschen wenig beeinfusste Naturgebiete werden immer seltener und damit zu Schätzen für uns und nachfolgende Generationen. Eine einmal durch Industrialisierung, Bergbau und Landwirtschaf veränderte Natur ist, wenn überhaupt, nur mit großem Aufwand und hohen Kosten reparabel.

Wilderness International ist eine als gemeinnützig anerkannte, rechtsfähige Stifung bürgerlichen Rechts mit Sitz in Dresden. Die Stifung arbeitet in enger Partnerschaf mit der Schwesterorganisation Wilderness International (Canada), einer kanadischen NGO (=Nichtregierungsorganisation) mit Sitz in Stony Plain bei Edmonton, Alberta, Kanada.

Wilderness International wurde am 6. April 2008 durch 25 Gründungsstifer ins Leben gerufen, die sich seitdem ehrenamtlich im Stifungsrat, im Vorstand oder als Förderer engagieren. Die Stifung beschäfigt im Jahr 2016 acht Mitarbeiter (in verschiedenen Arbeitszeitmodellen).

Kernpunkte der Arbeit von Wilderness International sind der Schutz unberührter Naturgebiete, die Umweltbildungsarbeit mit Schülerinnen und Schülern zahlreicher Schulen im Rahmen der Wildnisläufe und das Umweltbotschafer-Projekt „Wisdom Seekers - Knowledge Keepers“.

Wilderness International arbeitet in Kanada mit zahlreichen Umweltschutzorganisationen, der Cowichan First Nation und der Tetlit Gwich’in First Nation zusammen, während in Deutschland ein großes Netz an Partnern wie das Helmholz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und die Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen mit Wilderness International kooperieren.

1.1 Kurzportrait von Wilderness International

1.1

Gründungsstifter

• Agnes S. Weiland

• Ellen Weiland (Präsidentin Stiftungsrat)

• Dr. med. Georg H. Merker

• Dr. med. Gert Andersch

• Dr. agr. Guido Richter †

• Hans Dierstein (Vorstand Projekte)

• Henner Kollenberg

• Johanna Diehl

• Kai Andersch (Vorstandsvorsitzender)

• Kathrine Kollenberg

• Marit Richter (Stiftungsrat)

• Matthias Burchert

• Matthias Kappelhoff

• Nelli Theyel

• Niels Hahmann

• Jürgen Thiele (Finanzvorstand)

• Sandra Zügge (Stiftungsrat)

• Sebastian Reuter

• Sissel Hammerstrøm (Stiftungsrat)

• Dr. med. Steffen Kolschmann (Vizepräsident Stiftungsrat)

• Stephan Hürten

• Tom Andersch (Stiftungsrat)

• Dr. med. Ulrich Zügge

• Vera Phillipps (Stiftungsrat)

• Yvonne Sirtl

Zustifter bis Ende 2015

• Petra England

• Prof. Dr. Bernd Klauer

• Thomas Kimmel (Stiftungsrat)

• Henrik Voigt

Team in Dresden 2015/16

Kai Andersch: – Vorstandsvorsitzender

Jürgen Thiele – Finanzvorstand

Hannes Holtermann – Head of Operations

Brigitte Heyduck – Umweltpädagogik, Interkulturelles Lernen

Dr. Kristin Mundt – Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation

Tobias Hürten – Projektmanager Team Challenge / Wildnislauf

Pia Schirrmeister – Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation

Henriette Wessel – Koordination Westarktisprojekt

Jenin Ziemens - Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation

Luisa Keim – Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation

Maria Kielb – Design und Layout

Miriam Heyduck – Interkulturelle Kommunikation

Team in Leipzig

Anna-Katharina Klauer – Projektleitung Wildnislauf Leipzig

Kristina Schmid – Design und Layout

Team in Berlin

Ellen Weiland – Präsidentin Stiftungsrat

Hans Dierstein – Vorstand

Team in Kanada

David MacDonald – Managing Director,

Wilderness International Canada, Edmonton (Albterta)

George und Tina Lewis, Yut`xwam, Harold Joe Sr.

Ehemalige: Hwiemtun, Jaksun Grice

Kurzportrait von Wilderness International

1.1 Kurzportrait von Wilderness International

Ehemalige FÖJler (Freiwilliges Ökologisches Jahr)

Florian Reza, Astrid Gläsel, Jasmin Matthes, Claudia Brandt, Theresa Naacke, Anne Albert, Marten Stute, Anton Kamolz, Luise Wolf, Christina Handke, Pascale Emondt

Unterstützung Wildnisläufe & Umweltbildung

Jonathan Bonsels, Steve Crowley, Frank Wagner, Susann Bromberger, Matt Chambers, Anja Zabel

Ehemalige Mitarbeiter

Christiane Kolschmann, Gesine Götze, Karsten Schiebe, Dörte Ackermann, Antje Morgenroth

Ehemalige Praktikanten

Eric Schmeiß, Lisa Krause, Martin Schneider, Grainne Nestor

Grafk & Programmierung

Katharine Schwarzer, Kristina Schmid, Martin Popp, Claus Stumpp, Maria Kielb

Unsere vielen ehrenamtlichen Mitstreiter unterstützen uns, meist projektbezogen... ... bei Wildnisläufen, Layout von Drucksachen, Textkorrekturen, Bilddatenbank, Sponsorenevents,...

Bild und Film

J. L. Diehl

Niklas Drude

Sami Fayed

Reinhardt Mink

Robert Morgenstern

Robert Pohle

Peter-Hugo Scholz

Ronny Scholz

Boas Schwarz

Katharine Schwarzer

Johannes Timpernagel

Jan Wagener

Ronny Geißler

Übersetzung

Hildegard Diehl-Bode

Pilar Wolfstädter Partner

Keith McCanna

Ole Schulz

Kay Steinbach

Klaus Weichbrodt

Wissenschaft

Dr. Fred Ditsch

Prof. Dr. Thomas Efferth

Prof. Dr. Andreas Huth

Josef Kaiser

Prof. Dr. Bernd Klauer

Richard Mally

Dr. Matthias Nuss

Gudrun Pfüger

Herman Schneider

Charlotte Voigt

WHY CANADA?

It doesn’t take a lot of deep investigation to see the profound impact humans are having on our planet. In virtually every part of the globe, humans are waging an assault on nature out of ignorance, necessity and greed that is not only continuing but escalating. Perhaps nowhere is this happening more intensely than in Canada. Already more than 50 % of Canada's boreal forest region and 80 % of its coastal rainforests are under tenure. No other country accepts more land being leased to logging companies and being put aside for mining every year. Dedicated land for mining operations in Canada right now far surpasses similar developments in Brazil and Russia. Our seemingly quenchless thirst for oil has created what may turn out to be the world’s single largest environmental catastrophe in the oil sands extraction project in northern Alberta. One of the main problems we at Wilderness International feel is the lack of accurate, publicly available information. Without such information, an informed decision-making process is virtually impossible and hinders accountability. For example, logging companies in Canada supposedly no longer “clear-cut.” While, it is true that the current logging practices have developed so that the size of the cut area has been reduced, and reforestation, reserves and variable retention are on the rise. But in summer 2012 I stood in one of these "cuts" myself, and I don't see how it could be called anything but "clear-cut". Yes, the forests are being replanted but typically with only one or two economically viable species. This efectively reduces these ancient, bio-diverse ecosystems into monocultures, the long-term efects of which we have yet to realize. Our futures are determined by the choices we make. This is why Wilderness International has chosen Canada. It is here where we feel our choices will have the greatest impact on the future of life on our earth. We have been fortunate to have the teachings of many First Nations elders to guide us. Their teachings have been inspirational in moving forward.

We are extremely grateful for this gif! Whether by default or by design, humans have been lef as stewards of this planet and, for the moment, we are doing a lousy job! The war we are waging on nature can only ultimately end our demise. Ironically, though the need is great, the sense of urgency is not. The barrier of technology and information we have erected separates us from the destructive consequences of our choices. But nothing could be more urgent. The importance of this time in our history cannot be underestimated. The problems Canada and the rest of the world are facing are vast and complex. In their shadow, it is easy to give in to fear and hopelessness.

But this is a time for action! It is time to stand true and awaken that spirit which lies dormant within each of us.

The struggles and challenges that we face now can be the means of our salvation. They can propel us toward a new, brighter future. Our place in this future world is not guaranteed nor will it be given to us, it must be taken! We must wrest it back from those who, in their naivete, would have it otherwise. Not through violence but with simple, peaceful, conscious, compassionate acts. In Germany and Canada tens of thousands of people, young and old, are doing just that. Students from all over Germany continue to participate in Wilderness International's "Walk for the Wild" events, raising money to protect ancient rainforest in Canada. Many others are simply adopting their own piece of forest, protecting it for future generations. We must not fail in this quest! If we do, the price we and our descendants ultimately must pay may be too high.

Auch ohne gründliche Analysen sind die schwerwiegenden Auswirkungen menschlichen Handelns auf unseren Planeten ofensichtlich. An nahezu jedem Ort der Erde bekämpfen Menschen die Natur, aus Ignoranz, Notwendigkeit und Gier. Dies geschieht nicht nur fortwährend, sondern es eskaliert zunehmend. Das trif ganz besonders auf Kanada zu. Bereits mehr als 50 % der borealen Waldregion Kanadas und 80 % seiner Küstenregenwälder sind verpachtet. Kein anderes Land verpachtet mehr Land an Forstkonzerne und reserviert mehr Land für den Bergbau. Die Landzuteilung für den Bergbau in Kanada übersteigt jetzt deutlich vergleichbare Entwicklungen in Brasilien und Russland. Unser scheinbar unstillbarer Durst nach Öl hat mit der Ölsandextraktion in Nord-Alberta die weltweit bisher größte Umweltkatastrophe geschafen. Eines der wesentlichen Probleme ist unserer Ansicht nach das Fehlen von exakter, öfentlich zugänglicher Information. Ohne diese ist eine faktenbasierte Entscheidungsfndung so gut wie unmöglich und verhindert es, Verantwortliche zur Rechenschaf zu ziehen. Zum Beispiel führen Forstkonzerne in Kanada angeblich keinen Kahlschlag mehr durch. Es ist wahr, dass die Größe der Schlagfächen reduziert wurde und Flächen für Auforstung, für Schutz und für Umtriebsplantagen vergrößert wurden. Im Sommer 2012 stand ich selbst auf einer dieser Schlagfächen und ich verstehe nicht, wie das anders als mit „Kahlschlag“ zu bezeichnen ist. Ja, Wälder werden wieder aufgeforstet, aber typischerweise nur mit einer oder zwei ökonomisch brauchbaren Arten. Das reduziert diese uralten, artenreichen Ökosysteme abrupt zu Monokulturen. Über die langfristigen Efekte dessen müssen wir uns erst noch klar werden. Unsere Zukunf wird durch die von uns getrofenen Entscheidungen bestimmt. Deshalb hat Wilderness International Kanada ausgewählt. Hier werden unsere Entscheidungen den größten Einfuss auf die Zukunf des Lebens auf der Erde haben. Wir hatten das Glück, durch die Lehren vieler Ältester der First Nations begleitet zu werden. Ihre Lehren waren sehr inspirierend für unsere Arbeit. Wir sind äußerst dankbar für dieses Geschenk! Ob durch ein Versäumnis oder durch Planung, wir Menschen

wurden als Verwalter dieses Planeten zurückgelassen. Im Moment machen wir einen lausigen Job! Der Krieg, den wir gegen die Natur führen, kann letztlich nur unser Ende bedeuten. Obwohl die Notwendigkeit groß ist, der Sinn für Dringlichkeit ist es ironischerweise nicht. Die von uns selbst errichtete Barriere aus Technologie und Desinformation trennt uns von den zerstörerischen Konsequenzen unserer Entscheidungen. Dennoch könnte nichts aktueller sein. Die Wichtigkeit unserer Zeitepoche darf nicht unterschätzt werden. Die Probleme, denen Kanada und der Rest der Welt gegenüberstehen, sind gewaltig und komplex. In deren Schatten ist es einfach, in Angst und Hofnungslosigkeit zu resignieren.

Aber dies ist eine Zeit für Taten! Es ist Zeit aufzustehen, und den Kämpfer in uns zu wecken.

Die Kämpfe und Herausforderungen, denen wir jetzt gegenüberstehen, können der Weg unserer Rettung sein. Sie können uns in eine neue, vielversprechende Zukunf führen. Unser Platz in dieser zukünfigen Welt ist weder garantiert, noch wird er uns gegeben, wir müssen ihn besetzen! Wir müssen ihn denen entreißen, die ihn in ihrer Naivität andernfalls inne hätten. Nicht mit Gewalt, sondern mit einfachen, friedlichen, bewussten und mitfühlenden Taten. In Deutschland und Kanada tun zehntausende Menschen, junge und alte, genau das. Schüler aus ganz Deutschland nehmen immer wieder an den Wildnisläufen von Wilderness International teil, erlaufen Gelder zum Schutz der uralten Regenwälder Kanadas. Viele andere übernehmen einfach Patenschafen für ihr eigenes Stück Wald und schützen es so für zukünfige Generationen. Wir dürfen in diesem Bestreben nicht scheitern! Wenn wir scheitern, könnte der Preis, den wir und unsere Nachkommen letzten Endes zahlen müssen, zu hoch sein.

1.2 Warum engagiert sich Wilderness International in Kanada? / Why Canada? David MacDonald

1.3 Temperierter Regenwald

DER TEMPERIERTE REGENWALD

Uralte Baumriesen. Mysteriöse Geisterblumen. Lachsdurchströmte Flüsse. Kreisende Adler. Das ist der temperierte Regenwald Westkanadas. Vom Pazifk trägt der Westwind feuchte Lufmassen an die kanadische Küste. Wenn diese dann am Küstengebirge aufsteigen kommt es regelmäßig zu ausdauernden und hefigen Niederschlägen. Zum Vergleich:

Während in Dresden im Mittel jedes Jahr 584 mm Niederschlag fallen, sind es in Vancouver City 1868 mm und in Prince Rupert (in der Nähe unserer Landstücke auf Porcher Island) sogar 2558 mm pro Jahr!

Durch die ausgleichende Wirkung des Ozeans gibt es keine Extremtemperaturen: die Sommer sind kühl, die Winter mild - so ähnlich wie an der Deutschen Nordseeküste. Dieses Klima ermöglicht ein gigantisches Wachstum: Bäume werden hier über 100 m hoch – höher als die Kuppel der Dresdner Frauenkirche. Die höchsten Bäume der Welt sind hier zu Hause. Nirgendwo sonst wächst ein Wald, der so viel CO2 in seiner Biomasse speichert. Das Unterholz des Regenwaldes ist undurchdringlich dicht. Farne und Flechten wachsen sogar auf den Ästen der Urwaldbäume, die teilweise einen „Pelz“ aus Moos tragen.

Im unberührten Zustand beherbergt dieser temperierte Regenwald eine weltweit einzigartige Artenvielfalt, z.B. über 600 Arten von Moosen, und Jahrtausende alte Bäume. Er ist Heimat zahlreicher Pfanzen- und Tierarten, viele davon bis heute kaum erforscht. Außerdem bildet er die Grundlage der außergewöhnlichen Kultur der indigenen Westküstenvölker.

Doch die einzigartige Schönheit und Vielfalt ist bedroht. Weniger als 25 % dieses Ökosystems sind noch unberührt und immer größere Flächen werden abgeholzt. Dadurch verlieren wir für immer wesentliche Kohlenstofsenken und ein noch unerforschtes Reservoir an Heilpfanzen. Durch die Holzgewinnung im Kahlschlagverfahren wird der natürliche Kreislauf erheblich gestört: Ist der Wald erst einmal abgeholzt, trocknet die Sonne den nun unbeschatteten Waldboden aus. Es kommt bei Regen sehr bald zu intensiver Bodenerosion. Durch den abgespülten Boden werden die Flüsse trüb und eutrophieren. In die Flüsse getragene Holzreste bilden Staudämme, sodass der Flusslauf unterbrochen wird. Beides zusammen hat weitreichende Folgen: Die Lachse können im Spätsommer und Herbst nicht vom Meer zu ihren Laichplätzen zurückkehren, wodurch Bären und Wölfe ihre Hauptnahrungsquelle in dieser Jahreszeit verlieren. Da die Lachse nicht laichen können, verringert sich ihre Population in den Folgejahren drastisch.

Der temperierte Regenwald ist ein Wunder der Natur. Die bis zu zweitausend Jahre alten Bäume und der von ihnen gebildete Lebensraum sind auf unseren Schutz angewiesen.

1.4 Die Zerstörung der Vielfalt – Kahlschlag im Ancient Forest

ZERSTÖRUNG DER VIELFALT – KAHLSCHLAG IM ANCIENT FOREST

Einsam und traurig, so stehen diese beiden letzten Bäume inmitten einer kahl geschlagenen Fläche.

Mehr als 75 % der temperierten Westküstenregenwälder wurden bereits auf diese Weise zerstört. Die Rodungsgebiete zerfressen die Urwälder förmlich. Das ganze Ausmaß wird erst aus der Luf ersichtlich.

Die noch vorhandenen Regenwälder in Westkanada sind größtenteils an Forstkonzerne zur Abholzung verpachtet und damit akut bedroht.

Die Schäden sind irreparabel. Der temperierte Westküstenregenwald stellt das artenreichste Ökosystem der Nordhalbkugel dar, ist Lebensraum zahlreicher bedrohter Tier- und Pfanzenarten und besitzt die größten Biomassevorräte unserer Erde. Er ist Weltmeister in der Bindung von CO2 und damit ein unersetzbarer Klimaschutzgarant. Dass die Bäume dort ins Riesenhafe wachsen, liegt nicht nur am günstigen Klima, sondern auch am besonders nährstofreichen Mutterboden. Sind die Flächen jedoch abgeholzt, erodiert dieser in die Flüsse und es bilden sich Algenblüten, welche sich negativ auf die Lachspopulation auswirken. Die Lachse sind jedoch ein unersetzbarer Bestandteil in den Nahrungsketten von Küstenwölfen, Schwarzbären und Grizzlies...

5000 Bäume pro Maschine und TagNur eine Woche dauert es so bis zwei Forstmaschinen ein 10 Kilometer langes Urwaldtal abholzen.

Teilweise werden die gerodeten Flächen wieder aufgeforstet. Dafür werden Monokulturen eingesetzt, die nach etwa 40 Jahren erneut im Kahlschlagsverfahren abgeholzt werden. Nachhaltige Waldnutzug sieht anders aus.

1.5 Wildnispatenschaften mit Geokoordinaten – unsere Revolution im Naturschutz

WILDNISPATENSCHAFT MIT GEOKOORDINATEN – UNSERE REVOLUTION IM NATURSCHUTZ

Was macht die Arbeit von Wilderness International so einzigartig? Es gibt viele Arten, durch Spenden zum Naturschutz beizutragen, doch die wenigsten zeigen messbare, nachvollziehbare Erfolge.

Wir bei Wilderness International wollen jedem Einzelnen ermöglichen, handfest Natur zu schützen. Unser System der Wildnispatenschaf macht diese Transparenz möglich. Jeder Euro garantiert hier direkt den Schutz von uralten Bäumen und einzigartigen Tieren an der kanadischen Westküste – für alle Zeit. Mit dem Geld einer Wildnispatenschaf kauf Wilderness International Gebiete im temperierten Regenwald. Diese werden im Grundbuch eingetragen und sind dadurch für immer rechtssicher geschützt. Alle Wildnispaten erhalten eine personalisierte Urkunde mit den exakten Geokoordinaten und einem Lufbild ihres geschützten Waldstückes. So können die Paten genau nachverfolgen, welches Stück einmaliger Wildnis sie für immer bewahrt haben. Mit Ihrer Spende investieren Sie somit direkt in den Schutz einzigartiger Natur, auch für zukünfige Generationen. Den Beweis liefert die Patenschafsurkunde.

WERDEN SIE WILDNISPATE

Mit einer Spende von 50 € wird ein 64 m2 großes Stück Regenwald an der Westküste Kanadas für alle Zukunf unter Schutz gestellt. Ihre Spende ist steuerlich absetzbar und Sie erhalten eine Spendenbescheinigung.

Ihr Weg zur Wildnispatenschaft

Auf www. wilderness-international.org/wildnispatenschaf können Sie sich auf einer der Karten Ihre persönliche Fläche aussuchen, um Pate zu werden.

Bankdaten

Bank: HypoVereinsbank Dresden IBAN: DE91 8502 0086 0612 2687 46 Swif /BIC: HYVEDEMM496

facebook.com/wildernessinternational instagram.com/wildernessinternational youtube.com/ProtectWilderness

1.5 Wildnispatenschaften mit Geokoordinaten - unsere Revolution im Naturschutz

1.6 Schüler schützen Natur – Wildnisläufe: Take a Walk for the Wild

TAKE A WALK FOR THE WILD – UNSER SPONSORENLAUF FÜR DIE WILDNIS

Schülerinnen und Schüler schützen gemeinsam die Jahrtausende alten Bäume und die Artenvielfalt des temperierten Regenwaldes an der Westküste Kanadas. Zuerst gehen wir in die Schulen und informieren alle Beteiligten in multimedialen Vorträgen über das Ökosystem des temperierten Regenwaldes. Wir stellen Ihnen den Wildnislauf und damit eine Möglichkeit zum Wildnisschutz vor. Die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler suchen sich auf freiwilliger Basis Sponsoren, die pro gelaufene Runde einen vereinbarten Betrag spenden.

Am Tag des Sponsorenlaufs werden die Schüler von uns begrüßt – an manchen Läufen auch von unseren Partnern der First Nations. Nach einer Erwärmung laufen die teilnehmenden Schüler eine Stunde lang so

viele Runden, wie sie schafen. Je mehr Runden gelaufen werden, desto mehr Wald wird geschützt! Wir sorgen für ausreichend Wasser, Snacks und gute Stimmung. Zur Motivation unterstützt uns ein DJ mit seiner Musik. Etwa ein halbes Jahr später kommen wir zur Auswertung wieder in die Schulen, um Urkunden und Preise zu übergeben.

Patenschafsurkunden mit genauen Geokoordinaten erhalten:

↗ Schüler, die 64 m² Wald oder mehr geschützt haben (50 € entsprechen 64 m ² geschützten Urwaldes)

↗ Klassen – die von allen Schülern der Klasse gemeinsam geschützte Fläche wird gewürdigt

↗ die Schule – die von der gesamten Schule gemeinsam geschützte Fläche wird gewürdigt

Auch lokale Umweltprojekte an den teilnehmenden Schulen werden gefördert. 20 % der eingegangenen Sponsorengelder kann die teilnehmende Schule bei Wilderness International für die Umsetzung eigener Umweltprojekte abrufen. Die von den Wildnisläufen 2013 abgerufenen Beträge lagen beispielsweise zwischen 150 € und 3.000 €! Von diesen Geldern wurden Schulhöfe und - innenräume begrünt, Schulteiche und Steingärten angelegt, Fledermauskästen gebaut und Schulgärten mit neuen Hochbeeten bereichert.

„ Es war beeindruckend zu sehen, wie viele deutsche Schüler sich für die Regenwälder und den Naturschutz in Nordkanada interessieren. Es fühlt sich nun für uns nicht mehr so an, als ob wir nur aus einer kleinen, unbedeutenden Ortschaf in der Arktis kommen, sondern wir empfnden uns jetzt als Teil einer globalen Gemeinschaf.“

Wade Vaneltsi, Gwich’in-Indianer, über seine Teilnahme am Wildnislauf in Dresden

1.6 Schüler schützen Natur – Wildnisläufe: Take a Walk for the Wild

WILDNISLAUF – SCHULERGEBNISSE DER GESCHÜTZTEN WILDNIS

SCHULE

32. Grundschule „Sieben Schwaben“

32. Mittelschule „Sieben Schwaben“ 13.312

36. Mittelschule Dresden

51.

61.

75.

Förderzentrum

Anton-Philipp-Reclam-Schule 22.464

Evangelische Kita St. Moritz 1.344

Freie Waldorfschule Leipzig 9.280

Freies Gymnasium Naunhof 8.192

Georg-Schumann-Schule 256

Geschwister-Scholl Gymnasium Taucha 51.968

Grundschule „Am Park“ 2.368

Grundschule Auguste 2.560

Gustav-Hertz-Gymnasium Leipzig 10.240

Gymnasium Engelsdorf 12.928

Gymnasium Neue Nikolaischule Leipzig 6.400

Humboldt-Gymnasium Leipzig 8.256

Leipzig und Umgebung

Immanuel-Kant-Gymnasium 1.856

Integrationskindergarten „Fröbelchen“ 768

Integrationskindergarten „Sonnenstrahl“ 5.568

Kita der Nachbarschaftsschule 448

Leipzig International School 31.744

Louise Otto Peters Schule 20.928

Max-Klinger-Schule Leipzig 3.520

Mittelschule Mölkau 1.408

Musikalisch-Sportliches Gymnasium 21.952

(Rahn & Partner)

Pablo-Neruda-Grundschule 896

Regenbogenschule Leipzig 896

Rudolf-Hildebrand-Schule 6.976

Sportgymnasium Leipzig 4.160

Thomasschule zu Leipzig 256

Wilhelm-Ostwald-Gymnasium 24.384

Dr.-Wilhelm-André-Gymnasium 11.008

Pablo-Neruda-Grundschule 2.048

Landesschule für Blinde und Sehbehinderte 576

Astrid-Lindgren-Grundschule 1.472

Martin-Luther-Gymnasium 2.560 Dresden und Umgebung

Chemnitz

1.6 Schüler schützen Natur – Wildnisläufe: Take a Walk for the Wild

Berlin Brandenburg International School 15.168

Berlin Cosmopolitan School 5.184

Berlin International School 9.600

Ernst-Habermann Grundschule 9.472

Heinz-Berggruen-Gymnasium Berlin 4.352 Marie-Curie-Oberschule 37.952

Max-von-Laue-Oberschule 2.496 Sophie Scholl Oberschule 13.312

Böblingen und Sindelfngen International

Stuttgart und Umgebung

und Umgebung

Frankfurt und Umgebung

1.7 Schulprojekte

DIE SCHULPROJEKTE – MITTELABRUF

20 % der beim Wildnislauf eingegangenen Sponsorengelder können teilnehmende Schulen für die Umsetzung eigener Umweltprojekte bei Wilderness International abrufen. Damit werden beispielsweise naturnahe Lebensräume für einheimische Pfanzen und Tiere auf dem Schulgelände geschafen. Diese dienen zugleich als Beobachtungs- und Forschungsobjekte für die Themenbereiche Artenkenntnis und Ökologie im Biologie- und Geographieunterricht. Außerdem können sie als Entnahmefäche für Proben zur Wasser- oder Bodenuntersuchung verwendet werden. Auf diese Weise ist zum Beispiel die Gestaltung eines Grünen Klassenzimmers durch den Mittelabruf möglich. Weitere mögliche Umweltprojekte sind die Begrünung der Schulfassaden und der Innenräume oder die Schafung bzw. Erweiterung einer Umweltbibliothek.

LÖßNITZGYMNASIUM RADEBEUL

TEICHSANIERUNG

Durch die Nutzung des Mittelabrufes vom Wildnislauf konnte der marode Schulteich des Lößnitzgymnasiums Radebeul unter Mithilfe der Stadt Radebeul, der Stadtentwässerung Dresden und des Fördervereins des Lößnitzgymnasiums saniert werden. Dabei wurde auch das Umfeld des Teiches neu bepfanzt, Sitzgelegenheiten aufgestellt, ein neuer Weg aus Sandstein und Mosaikelementen angelegt und ein Brunnen zur besseren Wasserversorgung gebohrt. Von einem Beobachtungssteg aus können nun Wasserproben entnommen und die Tierwelt des Teiches beobachtet werden.

FREIE WALDORFSCHULE LEIPZIG

ENTSIEGELUNG & BAUMPFLANZUNG

Die Freie Waldorfschule Leipzig konnte mit dem Mittelabruf einen Teil des Schulhofs entsiegeln und eine Baumscheibe für die Pfanzung eines Gingko anlegen. Der Baum wird mit zunehmender Größe für Schatten und Kühlung auf dem Schulhof sorgen. Er dient zudem als Anschauungsmaterial für den Biologieunterricht. Die Baumscheibe wurde zusätzlich mit Wildblumen bepfanzt, welche den Schulhof für die Schüler attraktiver gestalten. Sie dienen außerdem als Insektennahrung und schützen den Boden der Baumscheibe vor Austrocknung und Abschwemmung.

1.7 Schulprojekte

DR.-WILHELM-ANDRÉ-GYMNASIUM CHEMNITZ

TROCKENBIOTOP UND GRÜNES KLASSENZIMMER

Das Dr. Wilhelm-André-Gymnasium in Chemnitz hat einen Hügel von etwa drei Metern Durchmesser angelegt und diesen mit einheimischen Büschen, u.a. Haselnuss, Weißdorn und Felsenbirne, bepfanzt. Diese Büsche dienen Vögeln als Nähr- und Schutzgehölz. Granitbruchsteine und Wildblumen ergänzen die Gestaltung des Trockenbiotops. Damit wurde eine Lebensrauminsel für Vögel und wärmeliebende Kleintiere geschafen. Diese ergänzt nun das Grüne Klassenzimmer und ermöglicht spannende Beobachtungen.

WISSENSCHAFTLICHE ARBEIT BEI WILDERNESS INTERNATIONAL – KOOPERATIONEN ZUM SCHUTZ DER NATUR

Wilderness International arbeitet mit renommierten Forschungseinrichtungen zusammen. So können wir unsere Naturschutzprojekte wissenschaflich begleiten und untermauern.

Partner sind das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), die Senckenberg Gesellschaf für Naturforschung, die Technische Universität Dresden, die Johannes Gutenberg Universität Mainz und das Bamfeld Marine Science Center.

In Kooperation mit engagierten Wissenschaflern dieser Institutionen führen wir Feldstudien und Laboruntersuchungen durch und erstellen Computersimulationen und –modelle. Wir erforschen beispielsweise gemeinsam die Artenvielfalt von Pfanzen und Tieren sowie die Kohlenstofreisläufe in den Naturschutzgebieten von Wilderness International.

Die Inventarisierung der Naturschutzfächen dient unterschiedlichen Zwecken:

↗ Dem Verständnis des Ökosystems

↗ Der Ermittlung der Biodiversität als wichtiges Argument für den Flächenschutz

↗ Der Bildungsarbeit mit Schülerinnen, Schülern und Besuchern

↗ Der Bewertung von Flächen ähnlicher Charakteristik mit Hilfe eines Artensets typischer Arten oder Schlüsselarten

↗ Dem Langzeit-Monitoring

KANADISCHE MOTTEN

Heute Abend geht sie los, die Reise zur Erforschung der westkanadischen Küstenregenwälder. Für meinen Kollegen Matthias und mich heißt das: Motten suchen! Fünf Wochen Lichtfang in der Nacht, Keschern am Tag und fünf Wochen atemberaubende Wildnis. Wir suchen gezielt nach Lepidoptera, Schuppenfüglern, wie die Gesamtheit aller Schmetterlinge und Motten wissen-

KOKSILAH – EIN RÜCKBLICK

Vom 1. bis 11.7. lagerten wir am Koksilahfuss und hatten viel Sonne aber trotzdem kaum mehr als 15 Grad Celsius Luftemperatur. Das war nicht ideal zur Erforschung eines Regenwaldes. Bei nächtlichen Temperaturen von bis zu 7 Grad fogen nur wenige Tiere an unsere Lampen an. Insgesamt fngen wir etwa 50 Nachtfalterarten, eine Menge, die man in Mitteleuropa bereits in einer “normalen” Nacht nachweisen kann. Etwa die Hälfe der von uns nachgewiesenen Arten gehört zu den Spannerartigen (Geometridae). Eine genaue Betrachtung der gesamten Ausbeute zeigt, dass wir in fast jeder Nacht zusätzliche Arten am

1.8 Wissenschaftliche Arbeit bei Wilderness International – Kooperationen zum Schutz der Natur

schaflich bezeichnet wird. Von winzigen, wenige Millimeter großen Micros bis zu dicken Brummern wie den Eulenfaltern und Schwärmern wird uns alles interessieren. Wer Tiere in ihrem Lebensraum erforschen möchte, muss viel Ausrüstung ins Feld schleppen. In unserem Fall: zwei Kisten mit Leuchtröhren, Leuchttürmen, Kabeln, Leuchtfallen, Akkus, Sammelkisten, Keschern und

vielem mehr. Dazu kommen natürlich noch Zelte, Schlafsäcke und Klamotten.

Richard Mally Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Museum für Tierkunde Dresden 28. Juni 2011

Licht nachweisen konnten. Wir schließen daraus, dass der Wald deutlich mehr Arten beherbergt, als wir in der kurzen Zeitspanne unseres Aufenthalts fangen konnten. Am Tage gab es nur wenige Falter zu sehen, was sicher am geringen Blütenpfanzenspektrum in dem alten Wald liegt. Die Rückkehr in die Zivilisation mit dem schweren Gepäck war anstrengend. Zum Glück besuchten uns die Umweltbotschafer an den letzten zwei Tagen und packten kräfig mit an. Danke Euch!

Dr. Matthias Nuß

Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Museum für Tierkunde Dresden 15. Juli 2011

1.8 Wissenschaftliche Arbeit bei Wilderness International – Kooperationen zum Schutz der Natur

BANG A DRUM, BANG IT LOUDLY! – EIN RÜCKBLICK

Die Eindrücke dieser Expedition hallen noch Tage und Wochen nach. Und ganz besonders: die grandiosen Naturerlebnisse! Aber auch die vielen kahl geschlagenen Waldfächen, die aus der Luf wie eine Hautkrankheit von Mutter Erde wirkten. Eine meiner Aufgaben bestand darin, herauszufnden und darzustellen, wie die Ökosysteme Meer und Wald zusammenspielen. Ich hatte befürchtet, dass dies schwer werden könnte. Doch es war so einfach! An jeder Ecke waren Elemente zu fnden, die diese Systeme miteinander verbinden. Teils durch fundierte wissenschafliche Arbeit im Bamfeld Marine Science Center oder durch Gespräche mit Fachleuten wie Peter Mieras. Teils aber auch durch genaues Hinsehen und Hören. Noch nie hatte ich so deutlich sehen können, wie sich das Leben vom Dach der Wälder bis in die dunklen Tiefen unserer Weltmeere in einem großen ganzheitlichen System fortsetzt, trägt und immer wieder aufs Neue beeinfusst. Wie die Bewahrung natürlicher Lebensräume in den Regenwäldern Kanadas auch den Lebensraum Meer positiv beeinfusst. Küstenwälder binden CO2, das die Übersäuerung anheizt, sobald es freigesetzt wird oder verschwindende Wälder dieses nicht mehr binden

können! Sedimenteinträge durch Kahlschlag zerstören Seegraswiesen –auch diese binden CO 2 ! Das natürliche System zu bewahren, wird nur gelingen, wenn Werte und gesellschafliches Verhalten uns mit dem Kreislauf des Lebens und dessen Regeln verbinden. Dafür waren die Vertreter der First Nations wundervolle Botschafter! Und die Jugendlichen der Schülerexpedition waren die Funken der Hofnung, diese Botschaf in die Welt hinauszutragen.

Bang a drum, bang it loudly!

Es war toll, auf solche jungen Menschen zu trefen.

Reinhard Mink In Kooperation mit dem Bamfeld Marine Sciene Center 17. August 2012

1.9 Ein Totempfahl für Köln – Projekt der Begegnungen

EIN TOTEMPFAHL FÜR KÖLN – PROJEKT DER BEGEGNUNGEN

Im Jahr 2013, vom 21. August bis zum 05. Oktober, entstand am Kölner Olivandenhof ein ca. acht Meter hoher Totempfahl. Ermöglicht wurde diese Aktion durch die großzügige Unterstützung von Globetrotter Köln. Aus einem über 100 Jahre alten Riesenlebensbaum fertigte der kanadische Schnitzmeister Harold Joe aus Duncan, Vancouver Island, zusammen mit seinem Helfer George Rice den ersten Kölner Totempfahl. Der Baum war in einem Wald bei Dormagen gewachsen und musste wegen einer Stammfäule gefällt werden. Durch die Unterstützung der Schutzgemeinschaf Deutscher Wald konnte der Stamm für unsere Aktion zur Verfügung gestellt werden. So wurde ein mehr oder minder gewöhnlicher Riesenlebensbaum in einen einzigartigen Totempfahl verwandelt. Über mehrere Wochen nahmen die Tiere auf dem Totempfahl Gestalt an. Als solcher steht er für die enge Verbindung zwischen Natur und Mensch. Seit Mitte November 2014 steht der Kölner Totempfahl im Garten der Kinderklinik Amsterdamer Straße. Dort kann er alle Patienten, Angehörigen und Mitarbeiter immer wieder neu auf die natürlichen Kreisläufe des Lebens verweisen und stets als Mutmacher dienen.

1.9 Ein Totempfahl für Köln – Projekt der Begegnungen

Auszüge aus unserem wildblog vom 21.08.2013:

Sobald die beiden am Stamm des wunderschönen Baumes arbeiten, bleiben die Passanten stehen und staunen. Viele von ihnen greifen selbst zum Schnitzmesser und lassen sich unter fachkundiger Betreuung von Uncle Harold zeigen, wie man die vorgesehenen Figuren am besten schnitzt. Besonders Kinder bleiben begeistert stehen und überreden die Schnitzmeister, selbst auch mithelfen zu dürfen. Die beiden Cowichan spüren die Wärme und das anhaltende Interesse der Kölner an ihrer Arbeit und an den alten Urwäldern der Westküste Kanadas. Sie freuen sich, auf diese Weise ein Stück ihrer bedrohten weitergeben und auf die Bedrohung der Wälder ihrer Heimat hinweisen zu können.

Auszug aus unserem wildblog vom 08.10.2013:

Die Aktion „Ein Totempfahl für Köln“ erfüllt uns mit Stolz. Gemeinsam haben wir mitten in der Kölner Fußgängerzone ein Zeichen für den Waldschutz gesetzt. Damit nicht bald jemand fragt: „Wo ist denn der Regenwald?“

Ich bin die Bärin. Ich bin stark und kann Dich beschützen.

Ich bin der Donnervogel. Ich fiege weit oben über der Erde und behalte den Überblick. So kann ich Dir zeigen, wo es langgeht.

Wir sind die Lachse. Als winzige Fische im Gebirgsbach geboren, machen wir uns auf den weiten Weg ins Meer. Wenn unsere Zeit kommt, schwimmen wir zurück: mit aller Kraft gegen die Strömung und ohne Angst vor den Gefahren, die uns drohen. Aufgeben gilt nicht!

Ich bin die Wölfn. Ich beobachte meine Umgebung sehr genau. Das solltest Du auch tun! Es wird Dir helfen, Dich zurecht zu fnden.

1.9 Ein Totempfahl für Köln – Projekt der Begegnungen

Wir danken allen beteiligten Partnern:

• Globetrotter Köln

• Schutzgemeinschaf Deutscher Wald

• Rautenstrauch-Joest-Museum

• Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße

und den Schnitzmeistern, sowie den vielen ehrenamtlichen Helfern, die diese wunderbare Schnitzaktion sechs Wochen lang begleitet haben.

2. Unsere Erfolge im Naturschutz

2.1 Lage der Naturschutzgebiete von Wilderness International, Stand Mai 2016

DAS LAND DER GIZZLIES UND DAS LAND DER GEISTERBLUMEN

Seit 2012 hat Wilderness International zwei Gebiete im Toba Valley im Küstengebirge Westkanadas, 160 Kilometer nördlich von Vancouver City, gekauf und dadurch geschützt.

iesige, 500 Jahre alte Ahornbäume, mit Riesenlebensbäumen am Stamm verwachsene Sitkafchten, Berglöwen, Luchse, Wapitihirsche, Kolibris und Weißkopf-Seeadler sind hier zu Hause. In den Gletscherfüssen schwimmen mehr als 40 Jahre alte Saiblinge und im Herbst wandern zehntausende Lachse den Toba Fluss hinauf, um in den Bächen zu laichen. Unter einem riesigen Ahornbaum befndet sich die Höhle des lokalen Küstenwolf-Rudels. Das Toba Valley weist eine der höchsten Populationsdichten an Grizzlybären weltweit auf.

Unsere

Vision im Toba Valley ist die Schaf ung eines geschützten Grizzlybären-Korridors.

2.1 Toba Valley

Land der Grizzlybären

Toba Valley, British Columbia

Größe in m2:

623.215

langfristig geschützt durch Patenschaftsspenden: 61,01% (Stand 10.5.2016)

offzielle Bezeichnung im Grundbuch:

DL 1897, Range 1, Coast District. (PID 009-896-856)

Geokoordinaten:

Nord Ost 124°12'4.253"W / 50°31'9.602"N

Nord West 124°12'42.971"W / 50°30'40.494"N

2.1.1 Toba Valley

Land der Geisterblumen

Toba Valley, British Columbia
Valley

langfristig geschützt durch Patenschaftsspenden: 60,24% (Stand 10.5.2016)

offzielle Bezeichnung im Grundbuch:

DL 1890, Range 1, Coast District. (PID 006-631-941)

Geokoordinaten:

Nord Ost 124°13'47.0"W / 50°31'13.8"N

Nord West 124°14'27.8"W / 50°31'13.6"N

2.1.2 Toba Valley
Größe in m2:
728.434

DAS LAND DER ADLER UND DAS LAND DER WÖLFE

In den Jahren 2009 und 2010 hat Wilderness International zwei je ca. 50 ha umfassende Gebiete auf Porcher Island an der Nordwestküste Kanadas gekauf und damit geschützt. Damit wurde ein bereits bestehendes Naturschutzgebiet, die Gitxaala Nii Luutiksm / Kitkatla Conservancy erweitert. Das Gesamtgebiet umfasst nun insgesamt etwa 18 000 ha. Es beinhaltet zahlreiche verschiedene Küsten-, Moor- und Waldlebensräume. Diese Gebiete sind ökologisch äußerst sensibel und reagieren auf Veränderungen sehr empfndlich. Im Moor wachsen bonsaiartige, hunderte Jahre alte Kiefern und Lebensbäume. Im Land der Adler wurde unser Wissenschaflerteam von mehr als einem Dutzend Adler begrüßt und im Land der Wölfe erwartete uns bei unserem ersten Besuch ein Küstenwolf am Strand.

Unsere Vision auf Porcher Island ist der sukzessiven Kauf aller Privatlandfächen, so dass langfristig ein riesiges, zusammenhängendes Naturschutzgebiet entsteht.

Land der Adler

2.2.1 Porcher Island
Porcher Island, British Columbia

Größe in m2:

501.810

langfristig geschützt durch Patenschaftsspenden: 96,92% (Stand 10.5.2016)

offzielle Bezeichnung im Grundbuch:

District Lot 1770, Coast District, Range 5, Land District 14 (PID: 010-218-092)

Geokoordinaten:

Nord Ost 130°38'3.3"W / 53°57'1.4"N

Nord West 130°39'3.8"W / 53°57'0.9"N

2.2.1 Porcher Island

Land der Wölfe

2.2.2 Porcher Island

Größe in m2: 488.860

langfristig geschützt durch Patenschaftsspenden: 87,40 % (Stand 10.5.2016)

offzielle Bezeichnung im Grundbuch:

District Lot 1769, Coast District, Range 5, Land District 14, (PID: 015-109-771)

Geokoordinaten:

Nord Ost 130°42'12.4"W / 53°55'54.4"N

Nord West 130°43'22.1"W / 53°55'53.8"N

2.2.2 Porcher Island

IM REICH DER LETZTEN RIESEN - EIN BERICHT VON PETER-HUGO SCHOLZ

Die Expedition von Wilderness International 2011 nahm die letzten Regenwälder auf Vancouver Island ins Forscher-Visier – um sie vor Kahlschlag zu schützen.

Vancouver Island im milden Südwesten Kanadas gilt als schönste, abwechslungsreichste und spannendste Insel des nordamerikanischen Kontinents. So erlebten sie auch die Mitglieder der diesjährigen Wilderness-International-Expedition: Gymnasiasten und Wissenschafler aus Sachsen, kanadische Schüler aus Duncan und Cowichan. Doch schon der erste Ausfug in die Umgebung von Duncan, der 4.800 Einwohner zählenden „Hauptstadt“ der Cowichan, löst eine Art Kulturschock bei uns deutschen Teilnehmern aus. Hwiemtun, einer der Cowichan, zeigt uns, dass sich direkt hinter der Kulisse imposanter Baumriesen an den Highways gewaltige Kahlschlag-Gebiete befnden. Öde Ländereien, schon gezeichnet von Bodenerosion. Hwiemtun gilt seinem Volk als „Jäger der Weisheit und Bewahrer des traditionellen Wissens“. Er erzählt: „Noch vor 100 Jahren war Vancouver Island ganz und gar mit Riesenlebensbäumen, Hemlock-Tannen und Douglasien bewaldet. Heute sind nur noch Reste von vielleicht zwei Prozent der ursprünglichen Wälder übrig! Mein Volk lebte im und vom Wald, aber ohne ihn zu zerstören. Damals wohnten hier etwa 80.000 Cowichan; heute sind wir noch 4.800, und die meisten sind eingepfercht in sogenannte

"Reservate". Der Forstwissenschafler Kai Andersch, der bereits die dritte derartige Expedition in Kanada leitet, ergänzt: „Dem Profthunger der Forstkonzerne fallen die wertvollsten Regenwälder der Welt zum Opfer. Sie speichern mehr Kohlendioxid als ihre Verwandten auf der Südhalbkugel, in Brasilien oder Malaysia. Die Bäume wachsen hier im gemäßigten, regenreichen Klima zu Giganten. Um sie herum bilden sich mächtige Humusschichten und ebenso CO2-speichernde Moose, Flechten und Moore aus.“ Die inzwischen von der kanadischen Regierung verfügte Wiederauforstung der Kahlschlagsfächen kann die Verluste nicht ausgleichen, weil die Unternehmen dabei Monokulturen aus Douglasien oder Hemlock-Tannen bevorzugen. Natürlich nachwachsende Erlen- und Ahornbäume werden wie Unkraut mit Gif bekämpf . Dabei werden auch unzählige weitere im Mischwald lebende Tier- und Pfanzenarten unwiederbringlich vernichtet. Die Expedition startet im Koksilah Ancient Forest. Mit Tonnen an Equipment, geht es zu Fuß in einen der letzten Urwälder unweit von Duncan. Nach dem ersten Staunen über das Naturparadies gehen die Jungforscher den Profs zur Hand. Die Baumriesen müssen für eine erste Waldinventur vermessen und alle Daten akribisch aufgezeichnet werden. Daraus lässt sich später die Biomasse ermitteln und die CO2-Speicherkapazität ableiten. Auch

nachts wird gearbeitet. Mit Dr. Matthias Nuß von den Dresdner Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen gibt es einen Schmetterlings-Experten im Team und er macht mit präparierten Lampen im Dunkeln seine Fänge. Er fndet viele Falter-Arten, die bei einem Kahlschlag ihren natürlichen Lebensraum verlieren würden. Außerdem geht er davon aus, dass im temperierten Regenwald bisher noch unbekannte Falterarten leben, die dann vor ihrer Entdeckung aussterben würden. Ein Grund mehr für die Stifung Wilderness International, sich für den Kauf des Terrains zu engagieren – bevor es zu spät ist. Die Verhandlungen mit dem Eigner über 800 Hektar Regenwald im Koksilah-Tal laufen... Beim Kraxeln auf die nächstgelegenen Hügel werden die Expeditionsteilnehmer Zeugen eines Waldmassakers. Holzernte-Maschinen fressen sich durch grüne Wände. Langholz-Trucks fahren die frisch gefällten Riesen sofort ab. „Die gehen von hier in den nächsten Hafen und dann direkt nach China oder Japan,“ erzählt Holzfäller Kevin Well. David MacDonald von Wilderness International Canada weist auf weitere Folgen solcher Totalschläge hin. „Der Regen trägt Unmengen an Mutterboden in die nahen Flüsse ein. Die Lachse fnden im verschlammten Wasser ihre Laichgruben im Kies nicht mehr. Die Natur funktioniert nur ganzheitlich. Wir müssen uns weiterhin für ein Ende dieses Wahnsinns einsetzen!“

2.3 Koksilah Ancient Forest

DER KOKSILAH ANCIENT FOREST

Der Koksilah Ancient Forest ist das letzte Urwaldgebiet im Süden von Vancouver Island. Seit 2010 ist Wilderness International in Verhandlungen zum Schutz dieser riesigen Douglasien und Riesenlebensbäume eingebunden, gemeinsam mit lokalen Naturschutz-Organisationen und dem Volk der Cowichan First Nation. Ein schnelles Verhandlungsergebnis ist nicht in Sicht, der Eigentümer ist ein Forstkonzern der mehrere Millionen Euro für den Kauf dieses Gebietes fordert.

Wer an die Natur Kanadas denkt, dem erscheinen wohl zuerst unberührte Wildnis, kristallklare Flüsse und riesige Urwaldbäume vor Augen. Die wenigsten wissen, dass genau das gefährdet, vielerorts sogar schon unwiederbringlich zerstört ist.

ARKTISCHES PARADIES – DIE PEEL RIVER WATERSHED

Die Peel River Watershed ist ein Juwel im Norden Kanadas. In einem Gebiet von der Größe Österreichs durchqueren Karibuherden die unberührte Bergwelt. Grizzlybären und Wölfe trinken aus kristallklaren Gletscherfüssen. Es ist ein Paradies für seltene Blütenpfanzen, Moose und unzählige Flechtenarten. Die Völker der Tetlit Gwich’in und Nacho Nyak Dun leben seit Jahrtausenden in dieser Region. Nachdem die First Nations in Kontakt mit Pelzhändlern und Missionaren kamen, wurden sie im Süden und im Norden der Region sesshaf . Das Einzugsgebiet des Peel Rivers ist auch heute noch unberührte Wildnis.

Warum Naturschutz in der kanadischen Arktis?

Lange Zeit war eine wirtschafliche Nutzung der Peel River Watershed nicht vorstellbar. Doch steigende Rohstofpreise sind verantwortlich dafür, dass der Abbau von Bodenschätzen heute auch unter extremen Bedingungen wirtschaflich sein kann. Eine solche Nutzung wird das Gebiet aber durch den Bau von Infrastruktur, Errichtung von Siedlungen und freigesetzte Schadstofe nachhaltig beschädigen.

Nutzungskonfikte in der Peel River Watershed

Seit Tausenden von Jahren sind die Tetlit Gwich’in mit den Karibus durch die Peel River Watershed gezogen, haben von den Beeren und Sträuchern, den Tieren und dem glasklaren Wasser gelebt. Bis heute ist diese Region daher ein lebendiges Geschichtsbuch der Tetlit Gwich’in, der Ursprung ihrer Vorfahren, ihrer Lebensweise, Kultur und Tradition - sie ist ihre Identität.

Im 20. Jahrhundert trafen die First Nations eine Abmachung mit der Regierung des Yukon Territoriums: Für die Abgabe eines Großteils ihres Landes.sollten sie im Gegenzug in die Planung und Nutzung dieser Gebiete einbezogen werden. 2003 entschieden einige der Ältesten der First Nations, dass die Peel River Watershed mittels eines Landnutzungsplans geschützt werden sollte. Daher wurde eine unabhängige Kommission gebildet, die aus Nominierten der Regierung und Vertretern der First Nations bestand. Ihr Ziel war es, einen ausgewogenen, wissenschaflich und kulturell fundierten Plan zu entwickeln, welcher für alle Parteien verbindlich die zukünfige Landnutzung der Peel River Watershed festschreibt. Die bereits registrierten Schürfrechte (2003 mehr als 12.000 Claims von Bergbaukonzernen und Einzelpersonen) können erst nach Verabschiedung des Landnutzungsplans wahrgenommen werden. In den folgenden acht Jahren erstellte die Planungskommission detailliertes Kartenmaterial der Region, welches die ökologischen und geologischen Grundlagen, die traditionelle Nutzung durch die First Nations sowie die Interessen der Bergbauindustrie darstellt.

Es bestand ein klassischer Interessenkonfikt:

1. Tetlit Gwich’in: Ihre Hauptnahrungsquellen sind nach wie vor die Karibus und die Fische, sowie das Trinkwasser aus den Flüssen der Region. Diese wären durch den Rohstof abbau unmittelbar in Gefahr.

2. Ökotourismusindustrie: Der zweitgrößte Wirtschafszweig der Westarktis beruht direkt auf der Ursprünglichkeit dieser Region.

3. Bergbaukonzerne: Diese hatten vor 2003 schon hunderte Millionen Dollar in Schürfrechte investiert, um künfig einige der weltgrößten Vorkommen an Eisenerz, Kupfer, Uran, Kohle und Gas in der Peel River Watershed abzubauen. Durch den Abbau würden viele Arbeitsplätze geschafen und substanzielle Beiträge zum Staatshaushalt geliefert werden.

Aufgrund dieser Ausgangslage wurden alle Interessensgruppen in die weitere Planung einbezogen: First Nations, Regierungsvertreter, Bergbaukonzerne, Tourismusindustrie und alle betrofenen Kommunen.

2.4 Die Peel River Watershed - Land of the Painted Mountains

Das Volk der Tetlit Gwich’in suchte Partner für ihr lebenswichtiges Vorhaben: Den Schutz der Peel River Watershed. Sie haben uns gebeten, Ihnen bei der Rettung ihrer Heimat zu helfen. Seit 2006 führen wir gemeinsam mit den Tetlit Gwich’in Projekte durch, um die Weltöffentlichkeit zu informieren und Partner vor Ort zu vernetzen. Um dies zu erreichen, führten wir einen interkulturellen Austausch zwischen Jugendlichen der Tetlit Gwich’in und deutschen Jugendlichen durch. Zusammen mit Ältesten der Tetlit Gwich’in und Wissenschaflern engagierten sie sich dabei für die Zukunf der Peel River Watershed.

Tetlit Gwich’in in Deutschland

Im Sommer 2007 kamen Schüler und Lehrer der Tetlit Gwich’in nach Deutschland und machten auf ihre Situation aufmerksam. Während dieser Zeit lernten sie viel über die Situation des Naturschutzes im industrialisierten Deutschland, aber auch über Naturtourismus, Recycling und regenerative Energien. Unter anderem besichtigten sie einen Tagebau, ein Bergwerk und den Nationalpark Sächsische Schweiz, welcher noch vor 150 Jahren eine devastierte, baumlose Landschaf war.

Stimmen der Teilnehmer des Kulturaustausches zum Aufenthalt bei uns in Deutschland:

„Wir waren zwei Wochen in Deutschland unterwegs und das einzige wilde Tier, das wir gesehen haben, war ein Eichhörnchen. Stellt euch vor, EIN Eichhörnchen!“

Gladys Alexie

„Es macht mich unheimlich traurig, wenn ich mir vorstelle, dass unsere Heimat in Kanada auch eines Tages von Tagebau, Straßen und durchlöcherten Bergen geprägt sein wird. Einfach nur hässlich – meine Traurigkeit ist schwer zu beschreiben!“

Hoe

Die Reise der Tetlit Gwich'in war ein voller Erfolg: In Deutschland wurden viele tausend Schüler erreicht und Zeitungsberichte veröfentlicht. In Kanada wurden ebenfalls zahlreiche Pressemitteilungen und Radioberichte publiziert und ein zweiteiliger Film über die Reise produziert welcher landesweit im Aboriginal Peoples Television Network ausgestrahlt wurde.

"Three Rivers" – Peel River Watershed Expedition

Der Gegenbesuch fand im Juli 2008 statt. Während der dreiwöchigen Expedition auf dem Snake River konnten die deutschen und Gwich’in Jugendlichen die Schönheit dieser unberührten Bergregion kennen lernen.

Auch diese Reise war sehr erfolgreich: Der Film „Land of the Painted Mountains“ wurde 2010 auf dem Festival NaturVision mit dem Preis für Newcomer ausgezeichnet. Tausende Schülerinnen und Schüler schrieben Briefe an die Regierung des Yukon Territoriums und sprachen sich für die Rettung der Region aus.

2.4 Die Peel River Watershed - Land of the Painted Mountains

ENTWICKLUNG DES LANDNUTZUNGSPLANS SEIT 2008

Unsere Presse- und Medienarbeit mit Filmen und Zeitungsartikeln wurde nach der Expedition 2008 kontinuierlich fortgesetzt. 2011 stellte die Planungskommission die fnale Version des Landnutzungsplans der Öfentlichkeit vor: 80 % der Peel River Watershed sollten langfristig geschützt und nicht für industrielle Nutzungen geöfnet werden. In den westlichen Randbereichen sollte unter strengen Aufagen Bergbau genehmigt werden. Dies war ein bedeutender Erfolg für den Naturschutz, da am Beginn der Verhandlungen zum Landnutzungsplanung lediglich 30 % der Fläche unter Schutz gestellt werden sollten. Doch 2014 erklärte die Regierung des Yukon Territoriums zum Erstaunen aller Beteiligten, dass der verbindliche Plan der Kommission nicht verabschiedet wird, sondern statt 80 % nur 29 % der Fläche unter Schutz gestellt werden. Die Lobbyisten der Bergbaukonzerne hatten ofenbar gute Arbeit geleistet! Im Gegensatz dazu sprach sich in öfentlichen Umfragen eine große Mehrheit der Bevölkerung des Yukon Territoriums für den Schutz der Peel River Watershed als Naturerbe aus. Die beiden seit Beginn der Landnutzungsplanung engagierten, kanadischen Nichtregierungsorganisationen Canadian Parks and Wilderness Society Yukon Chapter

und die Yukon Conservation Society zogen daraufin mit breiter öfentlicher Unterstützung vor Gericht, um die Verabschiedung des ursprünglichen Landnutzungsplanes der Kommission zu erwirken.

Das oberste Gericht des Yukon Territoriums entschied, dass die Regierung tatsächlich die Vereinbarung verletzt hatte, und dass der gesamte Prozess auf das Jahr 2011 zurückgesetzt werden soll. Auf einen Zeitpunkt, bevor im Landnutzungsplan 80 % der Fläche für den Naturschutz festgeschrieben und als Ergebnis kommuniziert wurde. Damit muss erneut verhandelt werden, wie viel Land unter Schutz gestellt und wie viel zur Nutzung freigegeben werden sollte; die langjährige Arbeit der Planungskommission wurde komplett zunichte gemacht.

Die Frage nach der Landnutzung der Peel Watershed soll nun vor dem obersten Gerichtshof Kanadas in Ottawa entschieden werden. Dessen Entscheidung wird einen Präzedenzfall dafür statuieren, wie derartige Landnutzungspläne in Zukunf entwickelt und respektiert werden.

Weitere Kooperation mit den Tetlit Gwich’in

Um einen Prozess am obersten Gerichtshof erfolgreich zu führen, braucht es die Aufmerksamkeit der Weltöfentlichkeit.

Daher streben die Tetlit Gwich’in erneut einen öfentlichkeitswirksamen Jugend- und Ältestenaustausch in Kooperation mit Wilderness International an. Momentan befndet sich ein erneutes Austauschprojekt in den Vorbereitungen.

Die Zukunf dieser Region betrif uns alle. Wir können beeinfussen, ob die Landnutzung vorrangig von globalen Rohstofnteressen gestaltet wird oder eines der letzten ganz großen Wildnisgebiete der Erde erhalten bleibt.

3. Wisdom Seekers - Knowledge Keepers

Das

3.1 Das Umweltbotschafterprogramm von Wilderness International

EINLEITUNG IN DAS UMWELTBOTSCHAFTERPROGRAMM

Die grundlegende Motivation, ein Umweltbotschaferprogramm zu entwickeln, bestand für mich darin, Schülerinnen und Schülern unabhängig von ihrer fnanziellen Situation durch ein Stipendium die Möglichkeit zum direkten Engagement in Kanada zu geben. Die tiefgehenden Natur- und Kulturerlebnisse in Kanada befähigen die Schüler, sich direkt im Naturschutz zu engagieren, die indigene Lebensweise kennenzulernen, ein eigenes Urteil über die Arbeit von Wilderness International zu bilden und nach der Reise ihr Umfeld von der Wichtigkeit der Projekte durch Vorträge, Ausstellungen und Präsentationen in Internet, Radio und Printmedien zu überzeugen. Eine wichtige Bühne stellen dafür die in Deutschland und Kanada beteiligten Schulen dar. Die Stipendiaten aktivieren auf Grundlage ihrer Erfahrungen als passionierte Botschafer viele tausend Mitschüler zum Umweltengagement und bringen sich in vielfältiger Weise auch in der Stifungsarbeit von Wilderness International ein.

Alles begann 2008

Februar 2008: Wilderness International lädt zum ersten Mal Schüler der 9. - 11. Klassen zum Auswahlverfahren für das Umweltbotschaferprogramm ein. Das große Interesse der Schüler macht uns

die Auswahl nicht leicht. Am Ende können sieben Schüler verschiedener

Dresdner Schulen dank eines Stipendiums auf Kanadaexpedition in die Peel River Watershed gehen. Erste Voraussetzung für die Zulassung zum Bewerbungsverfahren um ein Stipendium ist die Teilnahme der Schule an den Wildnisläufen von Wilderness International, in denen die Schüler Grundlegendes über die Ziele und die konkrete Umsetzung des Naturschutzkonzeptes bei Wilderness International erfahren. Die schrifliche Bewerbung beinhaltet das Entwickeln eines wissenschaflichen Projektes zu einem frei gewählten oder vorgegebenen Thema, wie z.B. „Der Lachs”, „Wald und Biodiversität” oder „Lebensraum Meer”.

Das Auswahlverfahren

Nach einer ersten Auswahl der schriflichen Bewerbungen lädt das Auswahlgremium von Wilderness International geeignete Bewerber zu einem persönlichen Auswahlgespräch ein – im Jahr 2012 sogar in drei Städten: Dresden, Leipzig und Oberursel. Bei der Entwicklung des Auswahlverfahrens war für mich wichtig, dass wir die Schüler in ihrer ganzheitlichen Persönlichkeit kennen lernen und verschiedene, für das Projekt wichtige Fähigkeiten näher

beleuchten. Begeisterung und Eigenmotivation der Schüler sind für uns unerlässlich. Die Bewerber absolvieren im Auswahlgespräch vier bis fünf Stationen: die Gruppendiskussion, die

Kurzvorstellung ihres Projektthemas, ein Gespräch auf Englisch, ein persönliches Interview, sowie seit Neuestem ein spontaner Dreh vor der Videokamera. Die ausgewählten Umweltbotschafer haben allesamt ein strenges Auswahlverfahren durchlaufen und ihre Entscheidung für die Mitarbeit ausreichend refektiert. Dies führt zu einem begeisterten Engagement der Stipendiaten bei den Projekten von Wilderness International, für das wir sehr dankbar sind und welches uns hofnungsvoll auf die nächste Generation blicken lässt! Besonderen Wert legen wir auf die gute und langfristige Vorbereitung der Schüler auf die Kanadaexpedition. Neben der konkreten wissenschaflichen Projektvorbereitung stehen ein interkulturelles Training mit Rollenspielen und sehr praktische Übungen zur Vorbereitung auf die kanadische Wildnis auf dem Programm, wie z.B. Wissen über essbare Pfanzen, Zeltaufauen und Erlernen von Verhaltensweisen im Umgang mit wilden Tieren.

3. 1 Das Umweltbotschafterprogramm von Wilderness International

Langfristiges Engagement der Umweltbotschafter

Ziel des Umweltbotschaferprogramms ist es, Jugendliche durch den direkten Kontakt mit der kanadischen Wildnis nicht nur für kurze Dauer von den Zielen der Stifung zu begeistern, sondern eine Möglichkeit zum lang- fristigen, internationalen und konkreten Engagement für den Umweltschutz zu bieten. Einige beispielhafe Höhepunkte beweisen, dass uns dies über den Zeitraum der letzten sechs Jahre bereits gelungen ist:

Wildblog

Die Umweltbotschafer Josef Kaiser und Karl Schiebe der ersten Expedition (2008) haben, inspiriert durch ihre eigenen Erfahrungen, den Wildblog (www.wildblog.org) ins Leben gerufen, um einerseits die Expeditionserlebnisse live aus Kanada in die Welt zu verbreiten und andererseits eine Plattform für die vielen Bemühungen anderer junger Menschen für den Erhalt der Wildnis zur Verfügung zu stellen.

Von der Teilnehmerin (2008) zur Expeditions-Fotografn (2012) bzw. zur Expeditions-Organisatorin (2016) Es ist uns eine große Freude, dass Shayla Snowshoe, eine Tetlit Gwich’in aus der Westarktis, einst als Schülerin mitkam und über die Jahre ihr ehrenamtliches Engagement für Wilderness

International (WI) ausgebaut hat.

Freiwilliges Ökologisches Jahr bei Wilderness International in Dresden Bisher haben sich bereits neun Umweltbotschafer für das FÖJ nach dem Abitur bei WI entschieden: Florian Reza und Astrid Gläsel (Expedition 2010), Claudia Brandt (Expedition 2011) und Theresa Naacke (Expedition 2012), Anton Kamolz (Expedition 2012) und Tobi Hürten, Henriette Wessel, Pia Schirrmeister, Pascale Emondt (Expedition 2014).

Interkulturelles Praktikum bei Wilderness International in Dresden Miriam Heyduck (Expedition 2012) absolviert ein Praktikum bei WI in Dresden, bei dem sie vor allem die interkulturellen Aspekte des Umweltbotschaferprogramms betreut. Sie wird die Expedition 2016 als Betreuerin der wissenschaflichen Projekte begleiten.

Nominierung im Bundeswettbewerb Jugend forscht 2016 Lina Valeska von Wedel (Expedition 2014) ist beim Landeswettbewerb Jugend forscht von Sachsen für den Bundeswettbewerb nominiert worden. Ihr wissenschafliches Projekt Ethnobotanik hat sie ausgebaut, in Laboruntersuchungen in Mainz und Radeberg weiterentwickelt und als Projekt eingereicht: Einfussfaktoren auf die Bildung antikanzerogener

Wirkstofe in gleichen Pfanzenarten kanadischer und deutscher Flora. Wir wünschen ihr viel Glück! Wie wichtig das Umweltbotschaferprogramm für die indigene Bevölkerung Kanadas ist, betont Shayla Snowshoe (Tetlit Gwich`in), wenn sie sagt: “I absolutely love the experiences that I have had with Wilderness International and I completely 100 % agree with what they stand for and what they are trying to accomplish. Because I come from a land that is endangered, I would like to raise more awareness and help to protect the land, which I think Wilderness International can help with. When I go on these trips, people will want to know why and once they know why they will fnally realize what is going on and the threats that could endanger and completely destroy their land.”

Abschließend möchte ich im Namen von Wilderness International allen bisherigen Stipendiaten für ihren großartigen Einsatz als Umweltbotschafer danken. Eure kontinuierliche Mitarbeit und Eure Ideen sind inspirierend und zeigen, dass das Engagement jedes Einzelnen zum großen Ganzen beiträgt!

Stiftungsratspräsidentin, Berlin Stiftung Wilderness International

Tagebuch 2008 Expedition »Three Rivers«

15. Juli 2008 – 05. August 2008

Yukon, Kanada

»Three Rivers«

»Wenn man die Naturschutzexpedition mit Wilderness International mitgemacht hat und die tolle, unberührte

Landschaf erleben durfe, ist die Motivation, sich einzusetzen, viel größer. Jetzt müssen wir noch unser Engagement auf viele andere übertragen, denn wir haben ja alle gelernt: Gemeinsam sind wir stark.«

Expeditionsteilnehmer

EXPEDITIONSLEITUNG

Kai Andersch

Jaksun Grice

Hans Dierstein

MEDIEN TEAM

Johanna Diehl, Fotographie

Eva Lehnen, Journalistin Robert Morgenstern, Film

Tom Andersch, Ausrüstung

KANADISCHE WILDNISFÜHRER

Thomas

Christel

Jef

Chris

Vern

Sean

FIRST NATIONS/INDIANER:

Gladys Alexie

Hwiemtun, Fred Roland

Joanne Snowshoe, Elder

Walter Alexie, Elder

Jennifer Greenland

Janelle Wilson

Ashtyn McLeod

Jefrey Robert

Tony McDonald

Shayla Snowshoe

Daniel Robert

Merle Koe

Umweltbotschafter – Deutschland

CHRISTIN FUCHS, 16 JAHRE

Gymnasium Dresden Cotta

Wie verlief die Expedition? Welche Höhepunkte gab es? Wie fühlten sich die Teilnehmer und wie haben sie den Alltag sowie die Projekte bewältigt? Und: Wie haben alle den Bärenbesuch heil überstanden? All diesen Fragen widmet sich mein Projekt in Form eines Expeditionstagebuchs.

JAKOB WINTER, 15 JAHRE

Humboldt-Gymnasium Radeberg

Ein Fußabdruck bleibt 100 Jahre sichtbar, erklären uns die Elders der Gwich’in. Wir bewegen uns vorsichtig während wir Pfanzenproben für unser Projekt sammeln. Frosch-Orchideen, wilde Lupinen, leuchtende Flechten - die Natur der North West Territorys lässt uns immer wieder stauen. Der ewige Kreislauf des Gebens und Nehmens spielt in der Kultur der Gwich’in eine wichtige Rolle. Deswegen hinterlassen wir an jeder Stelle, an der wir Proben nehmen, etwas Zucker oder Tabak, als Zeichen der Dankbarkeit.

JULIA SCHULER, 16 JAHRE

Evangelisches Kreuzgymnasium Dresden

Unser Projekt beschäfigt sich mit der Flora der Westarktis. So besitzen Pfanzen neben ihrer Ästhetik auch vielerlei heilende Wirkstofe, welche von den dort lebenden First Nations seit vielen Generationen erfolgreich eingesetzt werden. Mithilfe einer Pfanzenextraktion während der Expedition und einer anschließenden Untersuchung zusammen mit dem Krebsforschungsinstitut Heidelberg und der TU Graz wurden gesammelte Pfanzen auf ihre Wirksamkeit gegen Krebszellen untersucht, wobei erstaunliche Ergebnisse zu Tage traten.

LISANNE HÖLTING, 16 JAHRE

Evangelisches Kreuzgymnasium Dresden

Bergbau ist ein großer Geldbringer für den Nordwesten Kanadas, weshalb man sich darauf einlässt, ohne die andere Seite der Medaille – die Zerstörung der Natur – zu bedenken. Um die Natur zu schützen und dennoch Einnahmen zu generieren, lohnt es sich, nach Alternativen zu suchen. Das hat sich mein Stipendiatenprojekt zur Aufgabe gesetzt. Eine Teillösung kann Ökotourismus sein, der Tourismus und Naturschutz verbindet.

JONAS HENNIG, 17 JAHRE

Gymnasium Dresden Klotzsche

Das Wasser des Snake River, auf dem wir unterwegs waren, könnte kaum klarer sein — die Elbe kann mit solch einem natürlichen Fluss keinesfalls konkurrieren. Mein Projekt möchte zum einen diese Unterschiede in der Wasserqualität deutlich machen, zum anderen aufzeigen, welche zerstörerischen Folgen der Bergbau und die daraus folgenden, teils radioaktiv verseuchten Abwässer auf das empfndliche Ökosystem haben würden.

JOSEF KAISER, 15 JAHRE

Marie-Curie-Gymnasium Dresden

In meinem Projekt spielt die Lufqualität eine wichtige Rolle, denn auch die kann durch den Bergbau stark beeinfusst werden. Die Frage ist, welche unterschiedlichen Lufinhaltsstofe sich in Dresden und dem Yukon-Territorium fnden lassen bzw. ob sich eventuell bereits Anzeichen für eine zunehmende Luf verschmutzung selbst in solch einem Gebiet fnden lassen.

Des Weiteren war eine Analyse der Wetterlage während der Expedition ein Bestandteil der Projektarbeit.

KARL FRIEDRICH SCHIEBE, 17 JAHRE

Evangelisches Kreuzgymnasium Dresden

Das von uns bereiste Gebiet besitzt eine unglaubliche Schönheit, die wir, auf Film gebannt, allen vermitteln wollen, die sie nicht vor Ort erleben können. Des Weiteren zeigt die Kamera Szenen des Expeditionsalltags, sowie der Stipendienprojekte, sodass eine große Zahl an Beiträgen entstand, darunter ein Expeditionsflm, der auch im Fernsehen ausgestrahlt wird.

Boreal/Taiga

Three Rivers Region

Route

Dresden — Whitehorse

A Whitehorse — Duo Lakes

B Duo Lakes — Snake River – Peel River

C Peel River — Ft. McPherson

D Ft. McPherson — Midway Lake

E Midway Lake — Polarkreis

F Midway Lake — Inuvik

G Inuvik — Whitehorse

Whitehorse — Dresden

Yellowstone to Yukon

1

15. Juli 2008

Die Reise kann beginnen

Die Kofer sind gepackt, alles ist gut verstaut, Eltern und Kinder umarmen sich zum letzten Mal, dann fährt der Bus nach Frankfurt ab. Endlich geht es los in Richtung Abenteuer.

» Was uns wohl erwarten wird in der Wildnis Kanadas? «

Nach einem halben Jahr intensiver Trefen, bei denen von nassen Socken bis zu gefährlichen Grizzly-Attacken alles besprochen wurde, fühlen wir uns gut vorbereitet. Am Frankfurter Flughafen ist das deutsche Expeditionsteam fast komplett: Sieben Schüler-Stipendiaten, Robert (der Filmemacher), Johanna (unsere Fotografn), Eva (Journalistin), Hans (unser Betreuer) und Tom (Expeditionstechniker) sind mit von der Partie. Kai, unser Chef-Organisator, und Hwiemtun von Wilderness International Kanada erwarten uns laut Plan am Flughafen Whitehorse. Schnell schließen wir noch Wetten darüber ab, wie viele Bären wir wohl sehen werden, dann hebt das Flugzeug von deutschem Boden ab.

Neun Stunden später erwarten uns Hwiemtun, Kai und Thomas De Jager, unser Hauptguide, strahlend am Rollfeld in Whitehorse. Sie bringen uns samt Gepäck in unser erstes Lager, den Tatshenshini-Hotsprings, einen Campingplatz mit wunderbar heißen Quellen.

Wir erkunden die Gegend rund um unser Lager und staunen: Hier sind wir noch mitten in der Zivilisation, doch davon ist weit und breit nichts zu sehen. Hohe, dicht bewaldete Berge, umgeben von weit ausladenden, grünlich schimmernden Tälern; klare, sprudelnde Bächlein, in denen warme Sonnenstrahlen spielen, neugierige Eichhörnchen, die bis auf einen Meter herankommen- und nicht zu vergessen die unendliche Ruhe, die uns umgibt.

Start Dresden, Deutschland — Ziel Whitehorse, Kanada

Während wir am Nachmittag eine Mahlzeit in Form von Burgern und Tee zu uns nehmen, stößt das kanadische Gwich`in-Team aus Fort McPherson dazu, die gemeinsam mit uns an der Expedition teilnehmen. Unsere Gruppe besteht jetzt aus 26 Leuten mit 15 Teenagern, zwei Stammesältesten, den so genannten Elders, zwei Lehrern der Gwich’in, einem Filmemacher, einer Fotografn, einer Journalistin und fünf Mitgliedern von Wilderness International. Nachdem sich alle kurz vorgestellt haben und die Regeln für die nächsten Wochen besprochen sind, genießen wir alle das abendliche Zusammensein. Dann zeigen Kai und Thomas uns schnell noch, wie man die Zelte aufaut, und alle mummeln sich gemütlich in ihre Schlafsäcke, lauschen einer Weile dem Rauschen der Bäume, bis die Augen nach einem erlebnisreichen Tag zufallen.

Jakob, 15 Jahre

Auszug aus der Packliste

/Zelt und Schlafsack /Dicke Sachen /Regenjacke /Wanderschuhe /Händedesinfektion!

»So bootartig sich das Flugzeug auch anfühlt, es fliegt.«
— Lisanne, 16 Jahre

16./18. Juli

Tag 2-3

16. Juli 2008

Wir sind im Radio!

Der erste Morgen in Kanada. Mein Zeitgefühl ist immer noch nicht besonders zuverlässig, als ich aus dem Zelt krieche und mich frage, wie spät es wohl sein mag. Und ich bin immer noch müde, nachdem wir, bis auf ein paar Nickerchen im Flugzeug, fast 24 Stunden lang wach waren.

» Öfentlichkeitsarbeit für die Expedition … «

Es dauert eine Weile, bis sich auch der Letzte aus seinem Schlafsack gequält hat und wir uns nach dem Frühstück gemeinsam auf den Weg zum Wildlife Preserve machen.

Das Wildlife Preserve ist ein Wildgehege in dem die in der Region heimischen Tiere in ihrem natürlichen Umfeld zu

sehen sind. Darunter auch einige Arten, die bereits bedroht sind oder die man in der freien Natur nur selten zu Gesicht bekommt, wie z.B. Luchse, Elche, Bisons und Bergziegen. Gleich neben dem Aussichtspunkt, an dem wir unsere Sandwichs essen, liegen Geweihe, die von Tieren des Parks abgeworfen worden sind.

Nachmittags heißt es für zwei unserer Schüler: Öfentlichkeitsarbeit für die Expedition beim regionalen staatlichen Radiosender der Rundfunkgesellschaf CBC zu machen.

Der freundliche Moderator mit Pferdeschwanz begrüßt uns und bittet darum, vor den Mikrofonen Platz zu nehmen.

Seine Fragen können wir ohne Umschweife beantworten. Er scheint von unserer Expedition ganz begeistert zu

Notizen

Yukon Wildlife Preserve www.yukonwildlife.ca

Bilderarchiv www.wilderness-international. org/pictures/westarktis

sein. Das Interview geht gut über die Bühne. Und wir erreichen über das Radio viele Menschen, die von unserem Projekt vorher noch nie etwas gehört haben. Am Abend stellen wir in der Universität von Whitehorse unsere Projekte und das Ziel unserer Expedition vor und lernen dabei die Mitglieder der örtlichen Naturschutzbehörde kennen, die sich ebenfalls sehr für unser Projekt interessierten.

Unser erster Tag in Kanada endet mit gegrillten Hamburgern und einem Bad in den heißen Quellen der TatshenshiniHotsprings.

Julia, 16 Jahre

Whitehorse

17. Juli 2008

Start Whitehorse — Ziel Duo Lakes

Von Wasserfugzeugen und Mondlandschaften

Meiner Meinung nach sollte jeder einmal im Leben um vier Uhr morgens bei aufgehender Sonne auf dem Campingplatz »Tatshenshini Hotsprings« bei Whitehorse frühstücken. Einfach genial! Nach dem Frühstück geht es mit einem roten Schulbus, der mindestens 20 Jahre alt ist und entsprechend langsam fährt, auf den Klondike Highway. Dieser Highway führt bis Alaska und ist eine Schotterpiste, da es auf Permafrostboden nicht möglich ist, geteerte Straßen, geschweige denn Autobahnen zu bauen. In unserem ratternden Gefährt ist es ziemlich zugig, so dass wir in unsere wärmsten Klamotten gemummelt die Five Finger Rapids passieren. Bis zu diesen wilden Stromschnellen waren im letzten Jahrhundert die Dampfschife aus Whitehorse gefahren. Bis hierher waren die Menschen und ihre Maschinen vorgedrungen. Bis hierher und nicht weiter. An diesem Punkt unserer Reise beginnt die Wildnis. Sieben Stunden Fahrzeit brauchen wir bis zum Hansons Lake, einem See, an dem wir die Wasserfugzeuge besteigen. Auf dem Weg dorthin beeindrucken uns besonders die Mondlandschafen, an denen wir vorüber fahren. Hier haben Feuer gewütet und nichts als Asche hinterlassen. Im hohen Norden dauert es viele Jahre, bis nach einem Waldbrand das Leben in die verbrannte Erde

zurückkehrt. Nur vereinzelt wachsen Pfanzen. Besonders auf ällig ist das Schmalblättrige Weidenröschen, dessen rosa bis purpurne Köpfe in der schwarzen Landschaf erblühen. Es verbreitet sich nach Waldbränden sehr schnell, und von dieser Eigenschaf leitet sich auch sein englischer Name »Fireweed« ab. Die nordamerikanischen Ureinwohner verarbeiteten die äußeren Fasern der Stängel zu Fischernetzen. Von Joanne, die uns viel von der traditionellen Verwendung der Wildpfanzen erzählt, erfahren wir, dass die Gwich’in die langen Samenhaare des Fireweed zu Decken und Umhängen verwebten. Da dies jedoch sehr aufwendig ist und ein hohes Geschick erfordert, gerät die Technik immer mehr in Vergessenheit, wie so viele Bräuche und Riten der Gwich'in.

So ein Wasserfugzeug, ein Hydroplane, ist schon ein skurriles Ding. Es hat unter jeder der beiden Tragfächen einen Schwimmer, der innen Luf enthält und sich durch seine Form schon bei geringer Geschwindigkeit aus dem Wasser hebt.

Und wie! Der Flug ist einfach atemberaubend. Eine unglaubliche Landschaf voller Berge, Seen, Flussschlingen liegt unter uns. Kein Mensch, kein Auto! Stelle sich das mal einer in Deutschland vor, bei einer Bevölkerungsdichte von

230 Einwohnern pro Quadratkilometer.

Die Finger unserer Fotografn Johanna scheinen fast am Auslöser der Kamera zu kleben.

Beim Landeanfug auf den Duo Lakes werden wir von einem doppelten Regenbogen begrüßt. Jonas beobachtet, wie ein Karibu von einem Wolf angefallen wird, aber fiehen kann. Wir können es nicht glauben Zeugen eines solchen Augenblicks zu sein!

Lisanne, 16 Jahre

Notizen

Der Klondike Highway wurde um 1897 errichtet, um den Goldrausch in Dawson zu bewältigen.

Die Five Finger Rapids wurden mittlerweile teilweise gesprengt und so für Boote passierbar gemacht.

18. Juli 2008

Ein

Bär im Lager!

Ausschlafen! Die Letzten schälen sich erst gegen zehn Uhr aus ihren Schlafsäcken. Bei einem Frühstück unter der Regenplane stärken wir uns erst einmal mit leckeren Pancakes (Pfannkuchen). Die Temperatur ist stark abgefallen und es nieselt, aber das tut der guten Stimmung keinen Abbruch. Außerdem gibt es einiges zu tun: Unsere Schlauchboote müssen aufgepumpt, das Gepäck klug aufgeteilt werden, und ein paar von uns steigen tapfer zum Waschen in den eiskalten Fluss.

» Plötzlich ein Schrei: Grizzly bear! «

Hans hat einen Bären entdeckt, der zielstrebig auf unser Camp zuläuf . Panik bricht aus. Die Guides schnappen sich sofort die Shotgun und ihr Bärenspray und laufen dem Bären entgegen. Jaksun zündet einen Bearbanger, eine Art Silvesterböller – zum Glück erschrickt der Bär und macht sofort kehrt. Erleichtert beobachten wir, wie das Tier sich immer weiter entfernt. Als wir später die Tatzenabdrücke im Camp fnden, wird uns allen klar, mit was für einem kräfigen Bären wir es gerade zu tun hatten. Unsere Wildnisführer sind ebenfalls ziemlich beeindruckt und sagen, dass sie noch nie einen derart großen Grizzly gesehen haben.

Als wir uns von diesem Schreck erholt haben, verstehen wir, warum der Bär so nah an unser Camp herangekommen ist. Nicht weit von unseren Zelten entfernt liegt das blutende Karibu, das Jonas gestern vom Wasserfugzeug aus bei der Flucht vor einem Wolf beobachtet hat. Bären haben eine außergewöhnlich gute Nase – das ist auch der Grund, warum wir nichts Essbares, keine Zahnpasta und kein Deo in unseren Zelten haben dürfen.

Unsere Guides rufen uns zur großen Besprechung, und wir lernen, dass wir so ziemlich alles falsch gemacht haben, was man falsch machen kann, wenn ein Bär in der Nähe ist. Rennen und Schreien sind in Anwesenheit eines Bären absolut nicht ratsam. Von nun an entfernt sich keiner mehr leichtfertig von der Gruppe.

Am Nachmittag überqueren wir die weite Ebene und wandern zu einem Berg an den Duo Lakes. Wir halten immer wieder an, um die korallenartigen Flechten, die den Boden wie eine große weiche Bettdecke überziehen, zu betrachten. Die grazilen, symbiotischen Systeme aus Algen und Pilzen stellen die Hauptnahrungsquelle der Karibus dar. Es ist arktischer Sommer, und so blüht hier nahezu jede Pfanze. Oben auf dem Berg belohnt uns der Ausblick für den anstrengenden Aufstieg. So weit das Auge reicht, sehen

Start Duo Lakes — Ziel Snake River

wir nichts mehr, was von Menschenhand geschafen wurde. Im Umkreis von 500 Kilometern Entfernung gibt es keinen Menschen, kein Auto, kein Haus. Schweigend blicken wir hinab in das weite Tal. Josef studiert den Zug der Wolken, die direkt an uns vorüber zu schweben scheinen. Nichts stört die Stille. Joanne, eine der Gwich’in Elders, erzählt uns etwas über die traditionelle Verwendung von Wildpfanzen. Wir könnten ihr ewig zuhören, doch irgendwann wird es Zeit, umzukehren.

Karl, 17 Jahre

Notizen

Verletzungen oder Tod durch einen Bären kommen sehr selten vor, da sie den Menschen meistens nicht als Feind sehen und ihn deshalb nicht aktiv angreifen.

Notizen

Bilderarchiv www.wilderness-international. org/pictures/westarktis 19. Juli

19. Juli 2008

Der erste Schritt

Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.

» Danach ist wieder Geschichtenzeit.«

Heute ist endlich der große Tag: Start unserer Rafting-Tour auf dem Snake River. Ungeduldig bauen wir die Zelte ab, und unsere Guides erklären, worauf es beim Rafing ankommt und wie wir uns verhalten sollen. Weder der anhaltende Regen, noch der erste Kontakt mit dem 6°Celsius kalten Wasser trübt unsere gute Laune.

Obwohl es in den letzten Tagen reichlich geregnet hat, führt der Fluss noch nicht genug Wasser, sodass wir of im Flussbett stecken blieben. Dann heißt es: rein ins kalte Nass, Boot anschieben und schnell wieder rein springen, sonst wäre das Boot weg, und zwar ohne uns. Nicht wenige nehmen dabei ein

unfreiwilliges Tauchbad oder holen sich ein paar blaue Flecken. Spätestens eine Stunde nach unserem Start bibbern und zittern wir alle.

Höhepunkt des Tages ist die schnelle, kurvenreiche Fahrt durch einen kleinen Canyon, wo uns ein verirrter Sonnenstrahl ein paar zusätzliche Glückshormone schenkt.

Jeder ist froh, als wir endlich die kleine Bucht am Reptile Creek erreichen, die für das Camp gedacht ist. Zum Abschluss des Tages trinken wir heiße Schokoloade am Lagerfeuer und rekapitulieren gemeinsam den ersten Tag auf dem Wasser.

Danach ist wieder Geschichtenzeit. So erzählt uns die Gwich’in - Älteste Joanne zum Beispiel, wie der Snake River zu seinem Namen gekommen ist. Vor dem Start unserer Reise hatten wir angenommen, dass der Name Schlangenfuss auf seinen kurvenreichen

Auf dem Snake River

Verlauf zurückzuführen sei, doch den Legenden der Gwich’in nach lebte in dem See, in dem der Fluss entspringt, eine große Schlange. Sie schwamm den Fluss hinauf und hinab und jagte den Menschen Angst und Schrecken ein. Deshalb nannten sie den Fluss »Schlangenfuss«.

Irgendwann geht auch die spannendste Gute-NachtGeschichte zu Ende und wir fallen erschöpf in unsere »Betten« und träumen von längst vergangenen Zeiten, als Menschen noch in der Wildnis lebten und Schlangen noch in den Flüssen schwammen… Christin, 16 Jahre

20. Juli 2008

Auf dem Snake River

Von First Nations lernen

Von den Strapazen des vergangenen Tages noch sehr erschöpf , erwachen viele erst spät an diesem Morgen. Doch schnell sind wir munter und schauen uns erstaunt um:

» Die Berge ringsum haben über Nacht weiße Mützen bekommen. «

Wer erwartet schon im Hochsommer Schnee? Hwiemtun bringt uns mit lustigen Cowboyspielen in Bewegung, und dann machen wir uns an die Projektarbeit. Unter Anleitung der Gwich’in-Ältesten sammeln die einen feißig Pfanzen, die anderen führen Interviews mit den Guides zum Thema Ökotourismus. Wieder andere führen Lufmessungen durch oder entnehmen Wasserproben. Am Nachmittag folgen wir dem Reptile Creek stromaufwärts und rasten auf den mit weichen Flechten bedeckten Klippen. Von dort haben wir einen wundervollen Blick auf das Tal, die Berge und die sich schlängelnden Wasserläufe. Die Stammesälteste Joan-

ne zeigt uns, wie man früher nur mit ein paar Zweigen und einem Stück Schnur eine Falle für Kleintiere, wie zum Beispiel Hasen, baute. Und tatsächlich: Ihr Test-Handschuh geht sofort ins Netz und kommt so schnell auch nicht wieder heraus.

Zurück im Lager sägen wir um die Wette Feuerholz. Auch an diesem Abend kommen wir alle am prasselnden Lagerfeuer wieder zusammen. Joanne erzählt uns Episoden aus ihrem Leben. Zum Beispiel, wie sie in der Wildnis überlebt hat oder wie hart es für ein Gwich'in-Kind auf dem von Europäern eingerichteten Internat war. Erstaunlich, was diese starke und liebe Frau in ihrem Leben schon alles erlebt hat. Es erfüllt uns alle mit Freude, sie auf unserer Reise mit dabei zu haben.

Christin, 16 Jahre

21. Juli 2008

Teure Köstlichkeiten

Schon eine Weile vor dem morgendlichen Wake-Up-Call werde ich sanf durch einen Regentropfen auf meiner Nase geweckt. Ich beschließe, einmal als Erster aufzustehen und die Morgenstimmung zu genießen. Vorsichtig robbe ich ins Freie. Eine mystische, schlafende Welt eröfnet sich mir, als ich es mit klammen Fingern endlich geschaf habe, die Zeltwand zu öfnen. Nebelschleier umweben die Zelte ringsum, und in der Ferne ist gerade noch unsere Feuerstelle zu erkennen. Der Schlangenfuss rauscht bedächtig. Nach dem Tag Pause gestern wollen wir heute in Richtung Mount McDonald, dem höchsten Berg auf unserer Reise und dem schönsten Lagerplatz, aufrechen. Ein ganzer Tag eifriges Paddeln steht uns bevor.

Langsam gehe ich in Richtung Feuerstelle und merke, dass ich nicht der einzige Frühaufsteher bin. Alle Guides stehen im Kreis um einen großen Kochtopf auf dem Gaskocher, die Mützen tief ins Gesicht gezogen und jeder die Finger an einem dampfenden Becher wärmend.

»Morning« – »Morning, You like tea?« Ich nicke und bekomme ebenfalls einen Becher mit heißem Kamillentee. Nach dem Frühstück werden alle losgeschickt, um ihre Sachen zu ordnen. Die über 70-jährige Joanne hält ihr Morgengebet, dann springen alle in die Boote.

Gegen Mittag braucht jeder nach gut drei Stunden Fahrt auf dem Rafingboot ein wärmendes Feuer. Wir fnden eine Kiesinsel im Fluss und braten dort unsere Sandwichs.

» Ein Weißkopf-Seeadler sitzt nur ein paar Meter von uns entfernt majestätisch auf einer hohen Fichte.«

Am Nachmittag, als wir wieder unterwegs sind, kommt endlich die Sonne raus und taut uns alle richtig auf. Ist die Sonne einmal da, heizt sie durch ihre enorme Strahlung die Luf in wenigen Sekunden von kalt auf heiß auf. Plötzlich fuchtelt Kai wie wild mit den Armen und bedeutet uns allen still zu sein.

Ein Weißkopf-Seeadler sitzt nur ein paar Meter von uns entfernt majestätisch auf einer hohen Fichte. Vorsichtig paddeln wir ans nahe Ufer. Wir warten in den Booten und beobachten, wie Robert und Johanna, die Kameras im Anschlag, aus dem Boot steigen und sich dem Vogel nähern. Der interessiert sich gar nicht für sie und bleibt weiter gelassen sitzen. Am späten Nachmittag taucht der Mount McDonald aus dem sich nun wieder bildenden Dunst auf. Merle, ein Gwich’inStipendiat, schlägt vor, mit mir am jetzt breiten Schlangenfuss angeln zu gehen.

Auf dem Snake River

Merle bastelt eine Angel, die aus nichts weiter besteht, als aus seiner runden Wasserfasche, einer Schnur und einem Fisch-Attrappen- Köder.

Sorgfältig wickelt er die Schnur um die Flasche. Dann wirf er die sich abwickelnde Schnur mit einem leisen Sirren aus. Schnell zieht er sie wieder auf sich zu. Mit einem Nicken bedeutete er mir, es ihm gleich zu tun. Plötzlich straf sich die Schnur. Merle nimmt mir die Flasche aus der Hand und wickelt sie mit kräfigen Handbewegungen wieder auf. Er stößt einen Freudenschrei aus und zieht den Fisch mit aller Kraf aus dem Wasser. Später klärt mich Kai auf, dass wir einen der am besten schmeckenden Fische Kanadas, eine Äsche, gefangen hätten. In New Yorker Nobelrestaurants würden sie ein Vermögen kosten. Wir nehmen unsere Äsche aus und braten sie in Butter auf einer schweren Eisenpfanne über dem Feuer. Sie schmeckt herrlich.

Jakob, 15 Jahre

Notizen

Die Äsche war 2011 Fisch des Jahres in Deutschland und hält sich bevorzugt in sehr sauberen Gewässern auf.

Der Snake River ist auf Grund seiner hervorragenden Wasserqualität als Lebensraum für sie sehr gut geeignet.

22. Juli 2008

Nass, kalt und wunderschön

Mein Ohr zuckt. Hört Klänge längst vergangener Zeit. Oder doch nicht? Nein, es ist Hwiemtuns unvergleichlicher Gesang, der mich aus den Tiefen meiner Traumwelt holt. Okay, rechtes Auge auf – welch Wunder, ein Sonnenstrahl! Schnell das linke Auge auch geöfnet und raus aus dem Zelt. Und? Und? Wieder ein grauer Himmel! Einen Augenblick später fallen auch schon die ersten Regentropfen. Das kann doch nicht wahr sein! Um die Mittagszeit hat sich der Himmel soweit aufgeklart, dass wir es wagen, uns auf eine Wanderung zum Mount McDonald zu begeben. Nach einigen Foto- und Filmpausen und einem lehrreichen Vortrag über Flechten, erreichen wir den Vorberg.

» Während der Lunchpause

öf nen sich alle Himmelsschleusen. Kein Brot bleibt trocken –und wir auch nicht.«

Nur wenige Hartgesottene gehen mit Kai auf den »kleinen« Vorberg. Der Rest kehrt mit Jaksun zum Camp zurück. Wir kommen an frischen Bärenspuren vorbei und so manchem in der Gruppe rutscht das Herz fast in die Hose. Sofort ist uns allen das Bild des Bären vor Augen, den wir erst vor ein paar Tagen zu Besuch im Camp hatten. Der Körper eines Grizzly ist stämmig, die Gliedmaßen lang und

kräfig. Er hat dunkelbraunes Fell und weist einen Höcker am Nacken auf, der aus Muskelmasse besteht. Diese braucht er, um seine Vorderpranken wirkungsvoll einzusetzen. Die Pranken sind enorm beeindruckend und beängstigend zugleich. Trotz seines massigen Körperbaus kann ein Grizzly mit einer Geschwindigkeit von über 60 km/h rennen. Außer bei der Jagd tappt er gemächlich dahin. Nach dem Anblick der frischen Bärenspuren wandern wir schnurstracks zu unserem Lager zurück, immerzu laut singend. Den Rest des Nachmittags verbringen wir damit, unsere Künste im HackySack (Werfen einer Münze) zu verbessern und Gladys, Chanelle und Jennifer beim Bannock (Trapperbrot) backen zuzuschauen. Einige Stunden später trefen auch unsere hartgesottenen Bergsteiger ein, und zwar nass bis auf die Knochen. Ein weiterer, wundervoller, nasskalter Tag geht zu Ende…

In dieser Nacht besucht uns erneut ein Bär! Meister Petz läuf im Camp herum und schnüfelt begierig an unseren Zelten. Zum Glück haben wir Vorkehrungen getrofen und all unser Essen in Tonnen außerhalb des Lagers versteckt. So zieht der braune Kerl unverrichteter Dinge wieder ab. Als humaner »Snack am Snake« muss glücklicherweise keiner herhalten.

Jakob, 15 Jahre

Mount McDonald

Notizen

Die Residential Schools bezeichnen eines der dunkelsten Kapitel in der kanadischen Geschichte.

Von Mitte des 19. Jh. bis 1996 wurden die Kinder der First Nations von ihren Eltern ferngehalten, um jegliche Weitergabe der eigenen Kultur zu unterdrücken. Der kanadische Staat versuchte ab 1998 vor allem durch monetären Ausgleich die Vergangenheit wiedergutzumachen.

23. Juli Tag 9

23. Juli 2008 Auf dem Snake

Vom Fluss begleitet geht es weiter

Der Himmel hat uns über Nacht ein Wunder geschenkt: hell leuchtenden

Sonnenschein und kleine Wölkchen zum Frühstück –perfekt! Heute heißt es nach einer Pause wieder: Camp abbauen und auf zur nächsten Etappe.

» Was für eine Erfahrung!

Ein Fußballspiel mitten im wildesten Teil des Yukon! «

Kurz nach dem Frühstück starten wir.

Durch reißende Ströme und vorbei an messerscharfen Felskanten führt unsere heutige Tour. Und dann geschieht, was früher oder später zu erwarten war: Das Team »Awesome« geht eine zu enge Beziehung mit einem Felsen ein und das Boot muss viel Luf lassen. Nun folgt eine lange Pause, in der das Transportmittel gefickt werden muss. Sofort zieht eine Gruppe los und holt Holz für ein Feuer, über dem wir uns leckere Sandwichs toasten.

Unsere indianischen Begleiter und Freunde packen ihren Fußball aus, und wir erklären eine Sand- und Steinbank als Fußballfeld. Was für eine Erfahrung! Ein Fußballspiel mitten im

wildesten Teil des Yukon!

Die Indianer erweisen sich als sehr gute Spieler, so dass wir weniger geübten Deutschen Probleme haben, mitzuhalten. Der Ruf des deutschen Spiels war uns vorausgeeilt, die Erwartungen entsprechend hoch. Egal, Spaß macht es uns trotzdem! Zwei Stunden später geben unsere Guides das Startzeichen zum Aufruch. Das Loch im Gummiboot ist vernäht und wir müssen unseren Zeitverlust aufolen. Es folgen also sehr anstrengende Stunden. Viele halten sich mit Singen bei Laune. Der Blick in die Natur beidseits des Flusses ist einfach atemberaubend! Diese wunderschöne Berglandschaf! Immer wieder frage ich mich »Bin ich wirklich hier in dieser Wildnis?«. Joanne beweist heute, dass sie trotz ihres fast biblischen Alters zu den beständigsten und stärksten Paddlern gehört. Sie ist im Gebiet der drei Flüsse aufgewachsen und glücklich darüber, nach über sechzig Jahren wieder an den Ort ihrer Kindheit zurückzukehren.

Joannes Familie hatte einst am Snake River gelebt und war das Jahr über mit den Herden der Karibus gezogen, bis

die Kinder ein staatliches Internat besuchen mussten und gezwungen wurden, ihre Sprache und ihre kulturelle Identität aufzugeben. Auch Joanne ist Teil dieses traurigen Kapitels kanadischer Geschichte. Sie hat jedoch nie ihre Herkunf vergessen oder verleugnet, sondern immer versucht, die Bräuche und das Wissen der Gwich’in den kommenden Generationen nahe zu bringen. Da sich der Tag dem Ende neigt, beginnt natürlich wieder die Suche nach einem geeigneten Ort zum Campen. Nach längerem Ausschauhalten fnden wir ihn auch. Alle sind nun sehr erschöpf . Da tut das warme Abendbrot richtig gut. Nach diesem ereignisreichen und schönen Tag mummele ich mich nun in meinen warmen Schlafsack. Von draußen höre ich nur noch das Rauschen des Flusses... Christin, 16 Jahre

River

24. Juli 2008

Auf dem Snake River

Tanz unter der Mitternachtssonne

Der Canyon wartet. Die heutige Strecke wird wohl kein Zuckerschlecken werden. Um bestens auf die wilde Schlucht, die wir in unseren verletzlichen Gummibooten durchqueren werden, vorbereitet zu sein, langt manch einer beim Frühstück kräfig zu. Wir bauen die Zelte ab, verstauen unser Expeditionsgepäck wasserdicht in den Rafs und machen uns auf den Weg.

Der endlos blaue Himmel und das goldgelbe Licht lassen die Berge in den verschiedensten Farben erstrahlen. Durch Lichtrefexe und Schattenwürfe der Felsvorsprünge wirkt ein Gebirgszug wie der fossile Rücken einer gewaltigen Urzeitechse. Ein anderer erstrahlt in violetten und gelben Streifen.

Nach fünf Stunden Paddeln erreichen wir den Eingang des stark eingeschnittenen Tales. Die scharfantigen Felsen und die spitzen Felsvorsprünge lassen nur einen engen Durchgang. Der friedliche, türkisfarbene Snake hat sich in ein reißendes, weiß schäumendes Wildwasser verwandelt. Gleich am Eingang warten zwei hohe Wellen auf uns; eine bricht und überschwemmt unser Rafingboot; die andere trägt uns auf ihrem Kamm hinein in die Schlucht.

Wir halten im schäumenden Wasser nur knapp Abstand zu der spitzen Felswand, die unser kleines Gummiboot schon bei leichter Berührung sprengen würde. Plötzlich ist es stockfnster. Bei einem Blick nach oben wird uns klar:

» Wir sind im Herz des Canyons angelangt. «

Zum Glück haben unsere umsichtigen Guides alles unter Kontrolle. Ihren Anweisungen folgen wir, ohne nachzudenken, denn unser Leben hängt davon ab. Wir paddeln wie wild, und nach ein paar Sekunden liegt die Schlucht hinter uns. Vor Erleichterung, und wohl auch aus Übermut, macht Jef einen Salto Mortale von einem Felsvorsprung ins kühle Nass. Wir ziehen unsere Boote bei einer Wollgrasebene ans Ufer. Die Gwich'in sagen, die Moskitos seien dort weniger lästig. Und es stimmt: Heute haben sie Erbarmen mit uns. Wir schlagen unser Camp auf. Einige nehmen ein reinigendes Bad im sechs Grad »warmen« Wasser. Andere wechseln nach fünf Tagen mal wieder ihre Socken. Große Wäsche ist angesagt. Am Abend trommelt Hwiemtun und singt mit seiner eindringlichen Stimme

den Invitationsong einer Zeremonie. Umrahmt vom goldenen Licht der Mitternachtssonne tanzen wir dazu bis zum Umfallen. Julia und Jakob sind jedoch noch lange nicht müde. Sie sammeln wilde Kräuter und stellen Alkoholextrakte her, wohingegen Josef noch die Feuchtund Trockentemperatur bestimmt. Bis spät in die Nacht beobachten wir das Schauspiel der Zuckerwattewölkchen, die die Bergkette in ein rosafarbenes Licht tauchen. Der Anblick ist einfach überwältigend schön. Mit dem guten Gefühl, den Tag sowohl überlebt, als auch genossen zu haben, verschwinden die Expeditionsmitglieder nach und nach in ihren Zelten. Und nach nur wenigen Minuten sind die ersten Schnarcher zu vernehmen. Gute Nacht, lieber Snake.

Karl, 17 Jahre

25. Juli Tag 11

25. Juli 2008

Mückenalarm!

So toll die Mitternachtssonne gestern auch geschienen hat – als wir heute Morgen unsere Zelte öfnen, sehen wir zunächst nicht besonders viel. Ein breiter Nebelteppich hat sich ausgebreitet und wir bezweifeln, dass die Sonne heute überhaupt einmal herauskommen wird. Immerhin verzieht sich der Nebel, je weiter wir den Fluss herunterpaddeln.

Wie im Theater, wenn der Vorhang aufgezogen wird: Mit einem Mal sieht die Landschaf völlig anders aus.

Die Berge, die den Snake River während unserer gesamten Reise rechts und links gesäumt haben, sind fachen Hügeln gewichen. Ab und zu schauen wir zurück auf die Berge hinter uns. Es ist wie ein Abschied von vertrauten Bekannten. Und wir fragen uns, ob wir in unserem Leben die Natur hier überhaupt noch einmal so erleben können.

Als wir die Berge passiert haben, konnte man förmlich sehen, was für Schätze sie in sich eingeschlossen haben. Wir haben ockerfarbene Berge, braune, tief rote, fast violette Berge – prall gefüllt mit Mineralien, gesehen.

» Was passiert, wenn die Bergbaukonzerne kommen und ihre Minen aufmachen? «

Immer wieder gilt es, Felsen und Klippen zu umschifen und Stromschnellen sicher zu passieren. Was dabei herauskommt, wenn man nur für einen kleinen Augenblick unaufmerksam ist, sehen bzw. hören wir, als es einen ziemlich lauten Platsch macht. Eva, unsere Journalistin, ist in einer Stromschnelle mit einer Rolle rückwärts über Bord gegangen. Chris und Hans bekommen sie jedoch schnell zu packen und hieven die triefende Eva zurück ins Boot. Während wir an Land paddeln, damit Eva sich umziehen kann und wir Mittagspause machen können, sehen wir einen Vielfraß, der auf allen Vieren am Ufer herumturnt. Ein Vielfraß! In Mitteleuropa sind diese Tiere längst ausgestorben und hier läuf eins davon einfach so herum. Wahnsinn! Als wir am späten Nachmittag eine geeignete Stelle für unser Nachtlager gefunden haben, merken wir, was es

bedeutet, dass wir nun die Berge hinter uns gelassen haben. Kaum haben wir angelegt, machen sich jede Menge richtig aggressiver Mücken über uns her. Beim Zeltaufau passen wir gut auf, dass die Biester nicht ins Innenzelt geraten – was uns nur bedingt gelingt. Ziemlich schnell verkriechen wir uns nach dem Abendessen in die Zelte und ziehen die Reißverschlüsse in dieser Nacht besonders gut zu! Wehe dem, der später noch einmal raus und zur Toilette muss! Die Mücken machen nicht mal vor blanken Hinterteilen halt. Bevor es still wird, hört man noch hier und da zuerst ein Fluchen und dann meist noch ein Klatschen. Ein sicheres Zeichen, dass in irgendeinem unserer Zelte mal wieder eine Mücke erlegt werden musste.

Eva, Begleiterin

Auf dem Snake River

26. Juli 2008

Eine Elchdame ziert sich

Als Hwiemtun wie jeden Morgen seine Aufwachzeremonie veranstaltet, ist einer schon längst auf den Beinen: Gwich in Merle sägt Holz für das Lagerfeuer. Es brennt schon lichterloh, als sich die letzten doch noch entschließen, den warmen Schlafsack zu verlassen. Würste und Bacon brutzeln, auch die Pancakes sind schon fertig, und alle lassen es sich bei einer heißen Tasse Tee oder Kakao schmecken. Wetterfrosch Josef und sein Partner Daniel studieren bereits das Wetter, und Jonas entnimmt dem Snake River noch schnell eine Wasserprobe, bevor sich alle für die Weiterfahrt bereit machen. Schnelles Wasser ermöglicht uns heute eine zügige Fahrt, sodass wir uns eine ausgedehnte Mittagspause erlauben dürfen. Das hat auch einen guten Grund, denn Jonas darf um 15 Uhr kanadischer Zeit seinen »deutschen« Geburtstag feiern. Die Wassertaufe wird mit einem gekonnten Sprung ins kalte Nass begangen, und als Geschenk gibt es ein Ständchen, sowie einen mit einem Karibugeweih präparierten Helm, was ein lustiges Foto abgibt. Kaum sind wir wieder unterwegs,

da lacht plötzlich die Sonne und alle nutzen den Augenblick für eine ausgiebige Wasserschlacht. Viele gehen mehr oder weniger freiwillig in voller Montur baden und sind bis zum Abend durchnässt.

» …und schlägt ihn vernichtend mit unglaublichen

25 Marshmallows. «

Um allein und in Ruhe vielleicht doch noch ein wildes Tier zu entdecken, f ährt die Kanubesatzung ein gutes Stück voraus. Diese Mühe wird belohnt, denn kurze Zeit später taucht am linken Flussufer eine grasende Elchkuh auf. Unbeirrt lässt sie es sich schmecken und beobachtet die ihr unbekannten Wesen auf dem Wasser. Doch kaum hat Kai die Kamera übervorsichtig aus dem Gepäck geholt, verschwindet die Elchdame in den angrenzenden Wald. Als sich der Tag dem Abend nähert, ist es Zeit, ein Quartier für die Nacht zu suchen. Das ist heute ein langwieriges Unterfangen, da wir das Gebirge verlassen haben und uns jetzt die stark zunehmende Zahl der Mücken von

Auf dem Snake River

jedem passenden Platz vertreibt. Doch schließlich haben wir Erfolg und schlagen unsere Zelte auf.

Die Küche ist schnell einsatzbereit und die Nudelsuppe mit Elchfeisch im Nu gar. Satt und glücklich setzen sich alle um das Lagerfeuer und lassen den Tag Revue passieren. Guide Jef packt ein paar Tüten Marshmallows aus, die wir mit Stöcken über dem Feuer grillen. Kameraexperte Robert nimmt die Herausforderung von Guide Jaksun an und schlägt ihn vernichtend mit unglaublichen 25 Marshmallows. Eine andere Verwendung für die weiße Süßigkeit fndet sich im Happy-BunnySpiel, bei dem es darum geht, ohne zu kauen oder zu schlucken so viele Marshmallows wie möglich in den Mund zu stecken und nach jedem Stück »Happy Bunny!« zu rufen.

Jonas, 17 Jahre

27. Juli Tag 13

Notizen Bilderarchiv www.wilderness-international. org/pictures/westarktis

27. Juli 2008

Geburtstag!

Heute wartet ein anstrengender Tag auf uns, an dem die längste Tagesstrecke der Expedition zurückgelegt werden soll. Wir wollen so weit paddeln, dass wir das Ziel unserer Flussreise erreichen und noch einen freien Tag zur Verfügung haben. Entsprechend früh werden wir aus dem Schlaf getrommelt.

» Der Karibuhelm wird feierlich übergeben…«

Alle packen müde, aber motiviert Schlafsäcke, Isomatten und Zelte ein und beseitigen alle Spuren, die wir hinterlassen haben. Unterstützt durch das gute Wetter hält sich die gute Laune und wir paddeln ein gutes Stück vorwärts, bis wir die erste Pause einlegen. Wie immer stärken wir uns mit Sandwichs, und Shayla, Geofrey und Ashtyn versuchen abermals, Jonas bei der »Elimination« zu schlagen, der Kunst, einen Fußball so lang wie möglich zu jonglieren. Auf der Weiterfahrt lassen

Auf dem Snake River

wir es uns nicht nehmen, das Wasser für eine kurze Abkühlung zu nutzen. Auf sehr stilvolle Art und Weise tut dies Jef mit einem rafnierten Rückwärtssalto. Nun sammeln sich so langsam alle Boote, denn die Uhr zeigt wieder 15 Uhr – diesmal heißt das Geburtstagskind Christin, und auch sie muss die Wassertaufe überstehen. Der Karibuhelm wird feierlich übergeben und selbstverständlich ein Geburtstagslied gesungen. Die Fahrt strengt zunehmend an, da der Fluss immer breiter und damit langsamer wird... Der Snake River scheint plötzlich endlos lang zu sein. Da wir schon bald erschöpf sind und sich auch die Lust am Paddeln auf dem Tiefpunkt befndet, legen wir eine zusätzliche Pause ein. Schokolade und Cookies tragen dazu bei, dass die Laune wieder steigt. Mit neuer Motivation geht es nun weiter, und das selbsternannte »Technoboat« macht mit skurrilen Tönen und Beats Stimmung. Nach mehr als 70 Kilo-

metern erreichen wir die Mündung in den Peel River, der drei Mal so breit wie der Snake River ist. Nun muss mit letzter Kraf nur noch das linke Ufer erreicht werden. Geschaf . Endlich!

Die Boote werden an Land gezogen und die Zelte auf steinigem Untergrund aufgebaut. Wenige Wagemutige nehmen noch ein Bad im kalten Fluss, alle anderen entspannen sich am gemütlichen Feuer bei Speis und Trank oder sind bereits in den Schlafsäcken verschwunden. Der mit Abstand anstrengendste Tag liegt nun hinter uns, und alle freuen sich auf den nächsten freien Tag. Auch die Sonne entschädigt uns mit wunderschönen Farben, bis sie für kurze Zeit untergeht.

Jonas, 17 Jahre

28. Juli 2008 Am Peel River

Ein uralter indianischer Brauch

Zwar werden wir heute von der Sonne begrüßt, aber es fühlt sich auch ein bisschen seltsam an: Kein schnelles Frühstück, kein Zeltabbau, keine Boote, die bepackt und startklar gemacht werden müssen. Heute Morgen haben wir alle Zeit der Welt. Unsere Reise auf dem Snake River ist zu Ende. Noch bis morgen früh werden wir unser Camp auf der Taco Bar aufgeschlagen lassen, bevor uns wir per Motorboot zurück in die »Zivilisation« gebracht werden.

Ein Wasserfugzeug kommt, um unsere Guides, die Boote, unsere Schwimmwesten und unser Kochgeschirr auszufiegen. Als der Abschied kommt, werden wir alle richtig sentimental, schließlich haben wir den Guides so viel zu verdanken: Ihre Erfahrung hat uns auf dem Fluss beschützt, all ihr Wissen über die Wildnis hat uns so sehr bereichert.

Noch lange winken wir dem Wasserfugzeug nach, bis es hinter einer Flussbiegung verschwunden ist. Zum Glück »versüßt« uns Hwiemtun den Abschied. Wer will, kann mit ihm in den Wald ausschwärmen und Holz suchen. Hwientun will uns zeigen, wie man nach uraltem indianischen Brauch eine »Sweat Lodge« baut, eine Schwitzhütte, die am Abend fertig sein soll. Wir schleppen so viele Äste heran, wie wir tragen können und bauen unter Hwiemtuns Anleitung am Flussufer eine

kleine, runde Hütte aus gefochtenen Ästen auf. Als das Gerüst endlich steht, bauen wir die Wände. Wir müssen improvisieren, nehmen Blätter, Zeltplanen und Schlafsäcke, immer wieder kontrolliert Hwiemtun, ob die Sweat Lodge auch wirklich schön dicht ist. Später bei der Zeremonie soll kein Licht von außen herein dringen. Vor der Hütte baut Hwiemtun einen Altar auf, dahinter eine große Feuerstelle.

» Die Mitternachtssonne hat den Himmel rot gefärbt, als wir endlich alle nacheinander in die Sweat Lodge krabbeln.«

Dicht an dicht hocken wir in Badesachen beieinander. Gespannt lauschen wir nun Hwiemtuns Erklärungen. Wer mag, darf irgendeinen Gegenstand, der ihm wichtig ist, auf den kleinen steinernen Altar legen. Draußen auf der Feuerstelle liegen dicke Steine in der Glut. Hwiemtun wird sie später nach und nach in die Hütte tragen und im Loch in der Hütte, in dem sich Grundwasser gesammelt hat, versenken. Hwiemtun hat seine Trommel dabei, er bittet um Ruhe, und dann beginnt die spirituelle Zeremonie. Hwiemtun trommelt, singt und betet, immer wieder steht er auf, um von draußen heiße Steine zu holen. Zischend

Notizen

Eine Sweatlodge-Zeremonie besteht traditionell aus vier Runden, bei der jeweils sieben neue heiße Steine hinzugelegt werden.

Die zweite und dritte Runde ist dabei jeweils den Frauen und den Männern gewidmet, wobei immer nur das eine Geschlecht das Wort führen darf.

tauchen sie in das Wasserloch ein, den ersten von uns laufen Schweißtropfen die Stirn herunter. Völlig versunken sitzen wir da – und auch, wenn den meisten von uns diese Form der Spiritualität neu ist – so spüren wir sie: die Besonderheit dieses Ortes hier draußen in der Natur. Eine, oder vielleicht eineinhalb Stunden, dauert die Zeremonie, bevor auch der letzte Stein im Wasserloch verschwunden ist. Ungewohnt, aber angenehm still und in uns gekehrt – von zig Mücken gejagt – laufen wir die paar Schritte hinunter zum eiskalten Fluss, um uns im Wasser abzukühlen. Zum ersten Mal kommt es uns nicht gar so kalt vor.

Eva, Begleiterin

15

»Zwei Steine sind schon gefallen, doch auch der Dritte steht nicht mehr so sicher wie einst.«
— Shaylas Onkel

29. Juli 2008

Ankunft bei den Gastfamilien

Heute Morgen fahren wir mit sechs Motorbooten auf dem Peel River nach Fort McPherson. Den ganzen Tag scheint die Sonne, doch ich nehme das kaum zur Kenntnis und schlafe erst mal ein paar Stunden; glücklich, aber erschöpf nach knapp zwei Wochen Paddeltour.

» Abends essen wir in der Schulküche, die sonst im Unterricht zum Zerlegen von Karibus und Elchen verwendet wird.«

Zum Lunch holen die Gwich’in Unmengen an Fisch und Fleisch heraus. Fast alles davon ist selbst gejagt oder gefscht. Die Gwich’in ernähren sich traditionellerweise hauptsächlich von Fleisch. Schon vor mehr als 180 Jahren hing das Überleben des nördlichsten Forts der Europäer von der Fleischversorgung durch die Gwich‘in ab. Die Indianer lieferten allein im Jahre 1826 rund 10.000 Pfund frisches und 3.500 Pfund getrocknetes Fleisch, 1.000 Karibu-Zungen und 3.000 Fische. Dafür erhielten sie Eisenwaren wie Messer, Äxte, Nadeln oder Perlen, dazu Hüte, Gürtel, Kapuzen, Decken, Hosen, Kämme aber auch Gewehre, Munition und Schießpulver. Shaylas Onkel erzählt eine Legende über die Shildii Rocks, an denen wir vorbeifahren. Eine Formation von drei

Felsvorsprüngen existierte dereinst etwas entfernt von Fort McPherson am Peel River. Sie galten als Sinnbild für das Schicksal der Menschen auf der Erde. Der erste Fels fel zu Beginn des 1. Weltkrieges in den Peel River, der zweite bald darauf während des 2. Weltkriegs. »Zwei Steine sind schon gefallen, doch auch der Dritte steht nicht mehr so sicher wie einst.«, sagt Shaylas Onkel traurig. Laut Prophezeiung wird beim Fall des letzten Felsens die Kultur der Gwich’in untergehen.

Wir überqueren die Landesgrenze vom Yukon zu den Northwest Territories und zum Polarkreis. An der Anlegestelle »8 Miles« begrüßen uns unsere Gastfamilien und schließen ihre Kinder endlich wieder in die Arme. Fast das halbe Dorf heißt uns willkommen. Die Straßen in Fort McPherson bestehen nur aus Kies, die Häuser sind meist kleine Holzhütten, und alle fahren mit uns riesig erscheinenden Pick-Up Trucks. Insgesamt leben hier 800 Leute.

Abends essen wir in der Schulküche, die sonst im Unterricht zum Zerlegen von Karibus und Elchen verwendet wird. Zum Weitergeben der Traditionen gehört eben auch, dass die Schüler lernen, alle Teile eines erlegten Tieres zu nutzen, um diesem Respekt zu zollen. Die Stimmung an diesem Abend ist mal wieder genial, da sich die Gwich’in

Start Peel River — Ziel Fort McPherson

aus unserer Gruppe so freuen, wieder zu Hause zu sein und wir uns von ihrer guten Laune anstecken lassen! Nach einer warmen Dusche bei meiner Gastschwester holt uns Ashtyn mit ihrem roten Truck ab – und wir fahren durch die Straßen. Das ist ziemlich komisch: die »Stadt« ist so winzig, dass wir innerhalb von eineinhalb Stunden bestimmt 20mal an der Schule vorbeikommen. Bettzeit ist bei allen ungefähr halb vier.

Lisanne, 16 Jahre

Notizen

Der Gwich’in Name von Fort McPherson lautet »Teetl’it Zheh« und heißt übersetzt »am Kopf des Wassers«

30. Juli 2008

Umweltschutz ist nicht selbstverständlich

Die erste Nacht in einem richtigen Bett tut meinem Rücken ziemlich gut. Nur leider kann der Anblick von Fort McPherson nicht mit der wundervollen Sicht mithalten, die wir die letzten zwölf Tage auf dem Fluss hatten.

» Also sitzen wir wieder im Auto, drehen die Musik auf und schauen uns die Sehenswürdigkeiten

Müllhalde und Abwassersee an.«

Immer noch nicht ganz ausgeschlafen, trefen wir uns am Morgen erst einmal in der Schule, um mal wieder Gepäck zu sortieren und mächtig umzupacken. Danach machen wir uns daran, Fort McPherson zu erkunden. Mit etwa 800 Einwohnern zählt es nicht unbedingt zur Kategorie Stadt, aber es ist einer der letzten Orte vor dem Nordpolarmeer.

Die Häuser in Fort McPherson sind ziemlich einfach und die Straßen im Grunde genommen nur Schlammwege.

Unser erster Weg führt uns zu einem der beiden Supermärkte, in dem alles unglaublich teuer ist – aufgrund des weiten Anlieferungsweges.

Als wir zurück in die Schule kommen, ist meine Gastschwester ganz erstaunt, dass wir zu Fuß unterwegs waren. Normalerweise würde man in Fort McPherson die 500 Meter mit dem Auto fahren. Von da an kutschieren auch wir mit Autos herum. Zwischendurch halten wir mal kurz an, besuchen jemanden und gucken eine amerikanische Soap oder spielen ein bisschen Fußball.

Als meine Gastschwester dann keine Lust mehr auf Autofahren hat, kommt einer der drei Taxiunternehmer des Ortes und bietet an, uns ein wenig die Umgebung zu zeigen. Also sitzen wir wieder im Auto, drehen die Musik auf und schauen uns die Sehenswürdigkeiten Müllhalde und Abwassersee an. Viel mehr gibt es in Fort McPherson leider nicht zu sehen. Außer natürlich die schöne Kirche im Sonnenuntergang. Wir dürfen sogar

dabei sein, als ein paar Bekannte des Taxifahrers die frisch gejagten Karibus für das Auseinandernehmen vorbereiteten. Nach einem Zwischenstopp beim Kiosk, der einem der Taxifahrer gehört, wo wir uns mit Cola und Eis eindecken, fahren wir weiter.

Natürlich kann man sich, da wir ja auf einer Exkursion sind, die sich für den Umweltschutz einsetzt, über das sinnlose Autofahren aufregen, aber das ist es nicht, was mich am meisten stört. Als ich die Eiscreme-Verpackung in den Mülleimer des Autos stecken will, nimmt sie mir der Taxifahrer aus der Hand, hält kurz am Seitenstreifen an, kurbelt das Fenster runter und wirf sie weg. So entsorgen manche den Müll in Fort McPherson.

Julia, 16 Jahre

Fort McPherson

31. Juli 2008 Fort McPherson

Alltag in Fort McPherson

Heute Nacht ist in Fort McPherson eine Frau an den Folgen von Alkoholkonsum gestorben. Alle trauern und nehmen Anteil. Die Menschen leben und sorgen füreinander. Sie spenden Geld, damit weit entfernt lebende Verwandte zur Beerdigung anreisen können. Sie unterstützen die Familie, wo sie nur können. Die ganze Gemeinschaf ist wie eine Familie, und dies ist ein sehr intimer Moment, an dem uns die Gwich’in teilnehmen lassen.

Diese Frau hätte nicht sterben müssen. Alkohol ist in der Gemeinschaf verboten, denn die Gwich’in können, wie auch andere Völker, nicht das nötige Enzym bilden, um Alkohol abzubauen.

» Und trotzdem gelangt das Gif des weißen Mannes immer wieder in beträchtlichen Mengen in den Ort.«

Doch trotz der bedrückten Stimmung lassen es sich die Gwich’in nicht nehmen, uns in ihren wichtigsten Gebäuden zu empfangen. So besuchen wir zum Beispiel das Verwaltungszentrum von Fort McPherson, wo wir Fragen über die Struktur und den Alltag der Gemeinschaf stellen können. Im Gemeindezentrum hören wir uns einen sehr informativen Vortrag über die Kultur-

lehrprogramme an, die an der örtlichen Schule durchgeführt werden. Es ist erschreckend zu sehen, wie wenig von ihrer so vielseitigen Kultur in der heutigen jungen Generation noch übrig geblieben ist. In der Schule lernen die Kinder jetzt wieder ihre Stammessprache, sie werden über die traditionelle Ernährungsweise ihrer Vorfahren aufgeklärt und dazu animiert, diese wieder anzunehmen, denn Fastfood und Sofdrinks bilden das Grundnahrungsmittel vieler junger Menschen.

Währenddessen besuchen Johanna und Eva die Gwich’in-Schülerin Ashtyn und ihre Familie. Ashtyn ist eine Expertin im Schneeschuhlaufen und war bei den letzten Arktischen Winterspielen mit mehreren Medaillen für die Gwich’in sehr erfolgreich. Der Fellkragen an ihrer Jacke besteht aus dem Pelz eines Vielfraßes, dem einzigen bekannten Material, an dem die Atemluf nicht zu Eis gefriert.

Fort McPherson hat einen eigenen Radiosender. Fast jeder im Dorf hört ihn und hat eingeschaltet, als wir heute für zwei Stunden im Studio sind und von unseren Erlebnissen und Erfahrungen, von unseren Projekten und Spielen, dem nie endenden Regen und dem Grizzlybär im Camp erzählen. Als wir von den gesichteten Tieren berichten, kommt prompt ein Anruf ins Studio: »Und warum habt

ihr keins erlegt? Großvater Walter hat doch seine Büchse dabei gehabt!« Wir müssen gestehen, dass wir ihn gerade noch vom Schießen abhalten konnten. Immer wieder rufen Leute an und wollen noch mehr wissen und erfahren. Mit dieser Radiosendung haben wir fast alle Einwohner erreicht und über unser Projekt auflären können. Als wir danach durch den Ort laufen, kommen immer wieder Leute auf uns zu und wollen mit uns über Themen reden, über die wir noch vor fünf Minuten live im Radio gesprochen haben.

Julia, 16 Jahre

Notizen

Die Arktischen Winterspiele bestehen zum Teil aus relativ normalen Sportarten wie Curling und Hockey, aber auch etwas ungewöhnlichere Sportarten wie z.B. Hundeschlittenrennen und Alaskan High Kick stehen dabei auf dem Programm.

1. August 2008

Start Fort McPherson — Ziel Midway Lake

Von der Herzlichkeit einer bedrohten Kultur

Der Midway Lake liegt vierzig Kilometer südwestlich von Fort McPherson am Dempster Highway, der einzigen festen Straße Nordamerikas nördlich des Polarkreises. Im Schatten der Richardson Mountains trefen sich die Gwich’in seit über zwanzig Jahren jeden Sommer, um eine Woche lang auf dem Musikfestival gemeinsam bis früh in die Morgenstunden zu singen und zu tanzen. Im August packen ungefähr 1500 Menschen ihre wichtigsten Besitztümer ein und lassen ihre Mikrowellengeräte und Fernseher zurück, um sich auf den Weg nach Midway zu machen. An diesem Freitag werden wie jedes Jahr über zweihundert Zelte aufgestellt, und wir sind mittendrin im geschäfigen Treiben.

Gemeinsam mit unseren Gastfamilien bauen wir die großen Zelte auf, in denen bis zu 15 Personen übernachten können und die sogar mit kleinen Öfen ausgestattet sind. Die Familien Roberts und Snowshoe nehmen uns herzlich auf und zeigen uns, wie man einen kräfigen Karibu-Sud bereitet, getreu dem Motto »Caribou is good for you«. Holz wird gehackt, Tee aus wilden Kräutern gebrüht und Beeren gesammelt. Die Gwich’in kochen Trockenfsch und Elchsuppe und laden uns alle zum Essen ein. Sie scheinen uns

genauso ins Herz geschlossen zu haben, wie wir sie. Jeder lädt jeden ein, um zu schmausen und zu jiggen. Jigging – das ist ein volkstümlicher Stepptanz, der zur rhythmischen Fiedelei der Musikanten aufgeführt wird. Im Land der Mitternachtssonne gibt es weder Tag noch Nacht.

» Rund um die Uhr wird hier gesungen und getanzt.«

Auch wir schließen uns dem Ringelreihen an und tanzen bis in den frühen Morgen. Das Licht ist von magischer Intensität. Alkohol und Drogen sind auf dem Festival verboten. Nicht ohne Grund. Das Thema wird totgeschwiegen. Da durch die hohe Arbeitslosenquote von über 30 Prozent Perspektivlosigkeit herrscht, greifen viele Gwich’in zur Flasche. Schmuggler nutzen das Leid der Leute zum großen Geschäf . Eine Flasche Wodka ist nicht für unter 100 Dollar zu haben.

Das größte Problem ist wohl der Verlust der kulturellen Identität. Durch die staatlichen Internate, welche die Gwich’in bis in die 80er Jahre besuchen mussten, spricht nur noch etwa jeder Fünfe die Stammessprache. Die athabaskanische Sprache der Gwich’in

wird nur noch von etwa 700 Menschen in Alaska und Kanada gesprochen und droht zu verschwinden. Und es sterben mehr alte Gemeindemitglieder, als neue geboren werden.

Dadurch, dass der Stamm früh auf brutale Art und Weise christianisiert wurde, ist von ihrer ursprünglichen Stammesreligion quasi nichts mehr erhalten. So ist es großartig, dass es das Midway Lake Festival gibt. Es stellt eines der wenigen gemeinsamen kulturellen Ereignisse der Gwich’in dar. Nicht nur Singen und Tanzen stehen im Vordergrund, sondern es bietet auch Gelegenheit, beim Essen in der Gemeinschaf Problemfälle zu besprechen und sich gegenseitig zu helfen. Karl, 17 Jahre

Notizen

Video – Jigging Contest 2010

https://www.youtube.com/wa

tch?v=HMcijVKjzBQ&feature =related

2. August Tag 19

2. August 2008 Midway Lake

Stepptanz mit First Nations

Immer noch ziemlich müde kriechen wir aus unseren Schlafsäcken. Aber ein Musikfestival ist wahrscheinlich einfach der falsche Ort, um zu schlafen. Bis spät in die Nacht haben die Fiedel-Spieler und die Bands auf der Bühne gestanden. Und jetzt, am frühen Morgen, ist natürlich auch schon wieder ziemlich viel Action auf dem Gelände.

Einige von uns haben in ihren eigenen Zelten geschlafen, andere haben in Hütten bei ihren Gastfamilien auf dem Festivalgelände übernachtet. Bis am Nachmittag der Jigging Contest – der große Tanzwettbewerb – losgeht, wollen wir noch einen Ausfug zum Polarkreis, dem Arctic Circle, unternehmen. In einem kleinen Bus und einem Auto brechen wir auf. Wer kann schon von sich sagen, dass er einmal am Polarkreis gewesen ist?

Nach einer relativ kurzen Fahrt haben wir das Ziel erreicht. Einerseits: ziemlich unspektakulär. Nicht mehr als ein einfacher Rastplatz mit ein paar Erklärungstafeln. Andererseits: Der Polarkreis ist eben »nur« eine geographische Marke, ein Breitengrad. Was soll schon zu sehen sein? Von etwas viel Spektakulärerem kann hingegen die Truppe aus dem Auto von Kai und Tom berichten. Gleich neben dem Highway haben sie einen Grizzly beobachten können, der sich auch von den

Motorgeräuschen beim Beerensammeln nicht aus der Ruhe hat bringen lassen. Zum Glück war es diesmal nur ein kleiner Grizzly, aber immerhin! Und ein lustiger dazu: Richtige Mätzchen hat er vor der Kamera gemacht. Jedenfalls müssen wir alle ziemlich lachen, als uns Robert seine Aufnahmen zeigt.

Wir anderen wollen den Bären natürlich auch sehen und machen uns schnell auf den Weg zurück. Und tatsächlich: Der Bär sitzt immer noch da und lässt sich fotograferen.

» Wenig später sehen wir noch eine riesige Herde Karibus, die links von der Straße durch die Tundra zieht.«

Es ist unglaublich: Nun sind wir seit über zwei Wochen unterwegs und jeden Tag sind wir aufs Neue von dem beeindruckt, was die kanadische Natur zu bieten hat. Doch auch wenn die Karibuherde riesig ist, mit Tausenden von Tieren, und so friedlich durch die Landschaf streif –der Karibubestand ist gefährdet.

Die Bergbau- und Rohstof aktivitäten in der Region bedrohen den Lebensraum der Tiere und die Lebensgrundlage der Gwich in, für die Karibus einerseits heilig, andererseits aber auch eine wichtige Nahrungsquelle sind. Mit gemischten

Gefühlen kehren wir zum Festivalgelände zurück. Der »Jigging-Contest« ist schon in vollem Gange, schnell laufen wir zur Tribüne, um den Wettbewerb zu verfolgen. Jakob hält es nicht lange auf seinem Platz. Auch er mischt sich unter die Tanzenden und unter die Augen der Jury und – tätä! – gewinnt den »Jigging Contest« (Stepptanz-Wettbewerb) in seiner Altersklasse. Natürlich ist Jakob der Star des Abends – denn das haben die Gwich in noch nicht erlebt: Ein junger Deutscher, der so großartig die Schritte des indianischen Volkstanzes auf die Bretterbühne bringt. Und auch wir sind mächtig stolz auf unseren besten Tänzer!

Eva, Begleiterin

Notizen

Der Polarkreis verschiebt sich durch die Erdneigung jedes Jahr um ca. 14,4 Meter

3. August 2008

Start Midway Lake — Ziel Inuvik

Abschied von liebgewonnen Menschen

An diesem Tag wache ich morgens auf und weiß, dass es der Tag ist, an dem wir uns von unseren Gastfamilien verabschieden müssen. Bei diesem Gedanken überkommt mich Wehmut: Ist nun die spannende Zeit wirklich schon vorbei? Bin ich in zwei Tagen tatsächlich schon wieder zurück in Dresden?

»…und unsere Freunde, die wir so ins Herz geschlossen hatten, werden im Rückspiegel kleiner und kleiner. «

Meine Gastfamilie lädt zum Abschluss noch mal alle deutschen Schüler zum gemeinsamen Frühstücken ein und das ist, um es mit nur einem Wort zu beschreiben: wunderbar. Dieses deutsche Wort kennen sogar die Gwich'in aus der Fernsehwerbung für einen Müsliriegel. Der Abschied rückt immer näher. Ein letztes Mal gehe ich über die vom Regen aufgeweichten Straßen des Midway-Festivals zu unserem Sammelpunkt. Dort verabschieden wir uns. Eine letzte Umarmung, schon sitzen alle im Bus und unsere Freunde, die wir so ins Herz geschlossen hatten, werden im Rückspiegel kleiner und kleiner.

Nun folgt eine lange Fahrt Richtung Inuvik. Dort übernachten wir in einem Hotel. Der Luxus kommt uns nach unse-

rer Expedition total unwirklich vor. Wir gehen erst einmal alle nacheinander unter die heiße Dusche – auf diese sanitäre Errungenschaf hatten wir für mehrere Wochen verzichten müssen.

Am Ende des Tages lädt uns ein Taxifahrer zu einer kleinen Stadtrundfahrt ein. Den krönenden Abschluss bildet das Abendessen mit lustigen Gewinnspielen. Die Stimmung ist super. Wir bestellen Pizza, Pommes und alles Ungesunde, was wir »vermisst« haben und feiern unsere erfolgreiche Expedition, bis unsere Bäuche kugelrund sind und wir nicht mehr lachen können. Die weiblichen Expeditionsmitglieder haben die Ehre, in einem großen Doppelbett zu schlafen (kuschelige Decke, Klimaanlage, Lichtschalter direkt am Bett, Monstermatratze), wohingegen die »harten Kerle« mit dem Teppichboden vorlieb nehmen müssen. Doch auch dieser Boden ist im Vergleich zu dem steinigen Untergrund unserer Zelte komfortabel. Alle wollen gerade ins Bett gehen, als der Taxifahrer das Hotel stürmt: Es seien Schwarzbären auf der Müllhalde gesichtet worden. Eine kleine Gruppe bricht auf und kann tatsächlich im Dunkeln ein paar Bären ausmachen. Einige Tiere haben sich schon so sehr an den Menschen und seinen Geruch gewöhnt, dass sie sich sogar in die Nähe menschlicher Siedlungen wagen, um dort auf Futter-

suche zu gehen. Wenn vermehrt solche »Problembären« auf auchen, werden sie betäubt und per Hubschrauber bis zu 100 km Richtung Osten ausgefogen und dort ausgesetzt.

Josef, 15 Jahre

Notizen

Bilderarchiv www.wilderness-international. org/pictures/westarktis

3. August Tag 20

4. August Tag 21

4. August 2008

Start Inuvik — Ziel Whitehorse

Kanada von oben

Heute fiegen wir von Inuvik nach Whitehorse, das über tausend Kilometer entfernt ist. In den letzten Tagen haben wir uns schon daran gewöhnt, dass uns Hwiemtun nicht mehr mit Trommel und Gesang weckt, doch das Aufstehen zu den monotonen Klängen des Weckers fällt uns schwer. Auch die »Oberhäupter« Kai und Jaksun, die auf der Expedition immer als erste auf den Beinen waren, gönnen sich etwas mehr Schlaf. Nach einem leichten Frühstück muss jeder sein Hab und Gut zusammenpacken und im Jeep verstauen. Dann geht es los zum Flughafen. Mit gemischten Gefühlen betreten wir das Flugzeug: Einerseits freuen wir uns auf die Rückkehr, andererseits heißt es nun Abschied nehmen vom kanadischen Norden.

» Während des Fluges überqueren wir das McKenzie-Delta, ein Traum von abertausenden Seen und dem gewaltigen Fluss, der im Sonnenlicht glitzert –ein unvergesslicher Anblick... «

Dann machen wir uns bereit für den Anfug auf Old Crow, einen kleinen Ort mit etwa eintausend Einwohnern, unseren ersten Zwischenstopp.

Kaum sind wir wohlbehalten wieder in der Luf , bereiten wir uns auf die Landung in Dawson City vor. Dieser Ort hat schon rund zweitausend Einwohner, doch der Flughafen ist genauso klein wie in Old Crow. Das nächste und in Kanada letzte Ziel: Whitehorse, die Hauptstadt des Yukon Territoriums. Der nette Flugbegleiter reicht uns mehrmals Getränke und kleine Snacks, Karl flmt unablässig die schöne Landschaf unter uns und Josef analysiert die Wolken. Bis auf kleinere Lufunruhen landen wir schließlich wohlbehalten in Whitehorse, wo uns Thomas, einer der Guides, erwartet. Er ist es auch, der uns zu unserem Hotel in der Innenstadt bringt und uns auf dem Weg dahin Tipps für die Stadt gibt. Im Hotel begrüßt uns das deutsche Servicepersonal und wir beziehen sogleich unsere Zimmer. Zwei von unserer Gruppe machen sich auf zum Radiosender CBC und zur regionalen Zeitung, die von unserem Abenteuer berichten wollen. Am Abend trefen wir uns alle wie verabredet in einem Restaurant, um den Abschluss unserer ungewöhnlichen Reise zu feiern.

5. August

Tag 22

Ein langer Nachhauseweg

Heute ist unser Rückreisetag, der letzte Tag in Kanada. Als ich heute Morgen aufwache, freue ich mich zwar unglaublich, meine Familie wieder zu sehen und in mein gewohntes Umfeld zurück zu kommen, aber andererseits bin ich auch traurig, dass unsere Tour damit zu Ende ist. Am Flughafen erwartet uns noch ein Interview mit dem lokalen Fernsehsender, und wir berichten vor der Kamera über unsere Expedition.

» Sein Gesang ist wirklich beeindruckend.«

Hwiemtun, Tom und Kai warten mit uns in der kleinen Wartehalle von Whitehorse auf unseren Abfug nach Frankfurt. Die drei fiegen nach Vancouver, ihr Flug geht erst morgen. Als Hwiemtun für uns zum Abschied eines seiner Lieder singt, richten sich plötzlich alle Augen in der Wartehalle auf uns: Sein Gesang ist wirklich beeindruckend. Irgendwann sitzen wir schließlich im Flugzeug und sehen ein letztes Mal Kanada unter uns. Da wir alle ziemlich müde sind und einen Großteil des Fluges verschlafen, kommt er uns gar nicht so lang vor. Als wir nach der Landung in Frankfurt endlich alle schweren Taschen beisammen haben, trennt sich die Gruppe. Wir Schüler und Schülerinnen und Robert, unser Filmer, setzen uns in den Zug und fahren noch ein paar Stunden nach Dresden, wo uns unsere Familien und Freunde erwarten. Julia, 16 Jahre

Start Whitehorse, Kanada — Ziel Dresden, Deutschland

Tagebuch 2010 Expedition

» Algen zum Abendbrot «

4. Juli 2010 – 26. Juli 2010 Vancouver Island

, Kanada

»Algen zum Abendbrot«

»Und dann ist es auch schon so weit: Die Ausrüstungsliste ist besprochen, der Muskelkater von Probewanderungen in der Sächsischen Schweiz ist vergangen und die Flugtickets sind gekauf . Wir wissen bereits, dass wir in der ersten Woche von Insel zu Insel paddeln werden, dann sind ein paar Tage bei unseren Austauschschülern in der Stadt Duncan geplant. Die letzte Woche wollen wir im Norden Vancouver Islands verbringen – im temperierten Regenwald, einem einzigartigen Ökosystem, das leider bedroht ist. Wir freuen uns darauf, einmal in unserem Leben tausendjährige Riesenlebensbäume umarmen zu können und vielleicht sogar einen Bären zu sehen...«

Astrid

Expeditionsteilnehmer

EXPEDITIONSLEITUNG

Kai Andersch

Hannes Holtermann

Katharina Klauer

Matt Chambers

MEDIEN TEAM

Kasimir Zierl, Film

FORSCHUNG

Tim Kulchyski, Meeresbiologe

Della Rice, Ethnobotanikerin

FIRST NATIONS/INDIANER (GWICH’IN):

Hwiemtun, Fred Roland

Darla Smith

Ron George

Jackie Rodriguez

Dean Peter

Gerald Jim

Sophia Elliot

Nathan Luckenbill-Williams

Emma Muriel Peter

Jimmy-Joe Johnnie

Umweltbotschafter – Deutschland

ULRICH LEO, 16 JAHRE

Evangelisches Kreuzgymnasium Dresden

Wer einmal unter einem 90 Meter großen Baum den Kopf in den Nacken gelegt hat, der weiß, was die Menschheit durch die Abholzung solcher Giganten verliert.

SOPHIE KRONE, 15 JAHRE

Dresden International School

Nach der Expedition sehe ich das Leben, die Welt, die Gesellschaf und die Natur mit ganz anderen Augen. Ich verstehe plötzlich, was die wirklich wichtigen Elemente des Lebens sind und spüre den Drang danach, etwas zu verändern und zu schützen, was uns langsam verloren geht.

FLORIAN REZA, 16 JAHRE

Evangelisches Kreuzgymnasium Dresden

Jeder Tag der Expedition brachte neue Erfahrungen, die man ein Leben lang behalten wird.

ALEXANDER KLEMM, 15 JAHRE

Dresden International School

All das Planen und Vorbereiten für dieses Buch ist ja schön und gut, sie kann aber nur bedingt die Schönheit der Wildnis wiedergeben.

ASTRID GLÄSEL, 16 JAHRE

Evangelisches Kreuzgymnasium Dresden

Wenn man der Stille im kanadischen Regenwald lauscht, lernt man, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Wichtig ist mir geworden, dass dies später auch einmal die Kinder unserer Kinder erleben können.

MAREIKE BÖTTCHER, 17 JAHRE

Evangelisches Kreuzgymnasium Dresden

Am Fuße eines Baumes zu stehen, dessen Größe nicht einmal erahnbar, dessen Umfang mit zehn Menschen nicht fassbar und dessen Alter das unsere um ein Hundertfaches übersteigt – dieses Gefühl kann nur derjenige nachvollziehen, der es selbst erlebt hat.

Vancouver Island

Britisch Columbia

Duncan — Vancouver City

Zebulos
Port
Mc Neill
Nootka
Estavan Point
Duncan — Gulf Islands
Gulf Islands — Duncan
Duncan — Cape Scott
Vancouver City — Dresden
Nanaimo
Ladysmith
Gabriola
Ganges
Cobbie
Sidney
Leechtown
Sooke
Melchosin
Cordova
River Jordan
Chemainus
Lake Cowichan
Cowichan Station
Westholme
Victoria

Standorte

1 Kanuexpedition der Gulf Island

a Lady Smith

b Kuper Island

c Willy Island

d Sansum Narrows

2 Duncan a Cowichan Bay

3 Koksilah Old Growth Forest Koordinaten N 48°38.510 W123°49.044

4 Cape Scott 5 Vancouver City

Courtenay
Comox
Ucluelet
Bamfield
Port Renfirew
Sooke Duncan
Campbell River
Powell River
Port Alberni
Nanaimo Victoria Vancouver City

Vorwort

Liebes Tagebuch...

…in unseren Schränken hängen bunte T-Shirts, die wir uns wie viele andere Dresdner Schülerinnen und Schüler bei Regenwaldläufen für Wilderness International feißig erlaufen haben. Und nun haben wir uns im Februar 2010 als Umweltbotschafer beworben. Das Programm umfasst einen Besuch von indianischen Gastschülern in Deutschland, eine dreiwöchige Naturschutzexpedition in die temperierten Regenwälder Westkanadas auf Vancouver Island und anschließend eine Ausstellung, in der das Erlebte und Gelernte verarbeitet und der Öfentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Knappe zwei Wochen später der sehnlich erwartete Anruf: Du bist ausgewählt!

Wir – sechs Schülerinnen und Schüler der Klassen 9 bis 11 – lernen uns schon im Vorfeld der Reise kennen und verstehen uns auf Anhieb. Bei jedem Trefen schmieden wir gemeinsam Pläne, fragen uns, was wir wohl erleben werden und febern dem Sommer entgegen. Anfang Mai lernen wir auch unsere kanadischen Austauschschüler kennen, die zu dem Indianerstamm der Cowichan gehören und zwei Wochen bei uns in Dresden verbringen.

Und dann ist es auch schon so weit: Die Ausrüstungsliste ist besprochen, der Muskelkater von Probewanderungen in der Sächsischen Schweiz ist vergangen

und die Flugtickets sind gekauf . Wir wissen bereits, dass wir in der ersten Woche von Insel zu Insel paddeln werden, dann sind ein paar Tage bei unseren Austauschschülern in der Stadt Duncan geplant.

Die letzte Woche wollen wir im Norden Vancouver Islands verbringen –im temperierten Regenwald, einem einzigartigen Ökosystem, das leider sehr bedroht ist. Wir freuen uns darauf, einmal in unserem Leben tausendjährige Riesenlebensbäume umarmen zu können und vielleicht sogar einen Bären zu sehen... Unser Team besteht aus drei Mitgliedern von Wilderness International (Kathi, Kai und Hannes), einem Filmemacher (Kas), den kanadischen Expeditionsteilnehmern (Schüler, Stammesälteste und Begleiter) und uns sechs aufgeregten deutschen Schülern.

In Zusammenarbeit mit unseren Austauschpartnern betreut jeder von uns ein eigenes Projekt zu den Themen Umweltschutz und Wert der Natur. Im Vorfeld haben wir bereits zu unseren Projektthemen recherchiert und nun wartet das Land der Adler darauf, dass wir die Schätze der Wildnis selber zu hören, riechen, schmecken, sehen und fühlen lernen...

Astrid, 16 Jahre

4. Juli 2010

Start Dresden, Deutschland — Ziel Duncan, Kanada

Wenig Schlaf und viel Aufregung

Mit Rucksäcken voller Erwartungen und Ausrüstung stehen wir am Dresden International Airport, Matt reicht uns unsere Tickets, wir wickeln das Gepäck zum Schutz in Folien und besteigen die Flugzeuge. Als wir das erste Mal Kanada von oben sehen, sind alle Beinschmerzen von den unbequemen Sitzen vergessen, und nach aufregenden Eskapaden mit den kanadischen Zollbeamten steigen wir schließlich in das Flugzeug nach Victoria um.

» Nach einer halben Stunde schließlich brechen wir beim Landeanfug durch die Wolken und unter uns ist ein großes, grünes Meer von Bäumen zu sehen.«

Wenig später begrüßen wir die ersten Indianer unserer Truppe, und auch der Letzte merkt: Wir sind angekommen!!! Schnell sammeln wir unser Gepäck oder versuchen es zumindest, denn zwei Gepäckstücke sind von der Fluggesellschaf verschlampt worden, schießen ein Gruppenfoto, steigen in einen gelben Schulbus und auf geht’s nach Duncan. Nach der Hälfe der Strecke gibt es einen Halt an einem Aussichtspunkt. Einige bewundern den Wald vor uns, die Anderen befnden sich bereits im Reich der Träume. Eine halbe Stunde später kommen wir im Dorf

an. Von der Begrüßungszeremonie mit rituellen Gesängen bekommen wir vor Müdigkeit leider nicht mehr so viel mit. So fallen wir danach todmüde in die Betten und sind sofort weg.

Ulrich, 16 Jahre

Notizen

In der Stadt Duncan leben heute circa 5000 Menschen. Sie wird auch The City of Totems , die Stadt der Totempfähle, genannt.

5./6. Juli

Tag 2-3

5. / 6. Juli 2010

Start Duncan — Ziel Gulf Islands

Biolumineszenz – oder doch Zauberei?

Direkt nach dem Frühstück paddeln wir in unseren Kanus los und machen am Mittag eine Pause auf dem Wasser, essen Wassermelone und Lachs mit Honig und lehnen uns zurück, um in die Sonne zu blicken.

» Wir ziehen uns alle schnell unsere Badesachen an und tauchen ein in das eiskalte glitzernde Wasser.«

Der Lachs und insbesondere der Sockeye-Salmon gilt bei den Cowichan Indianern als eine Art Grundnahrungsmittel. Ob gegrillt, geröstet oder geräuchert, es gibt die verschiedensten Arten, ihn zuzubereiten. Doch woher kommt dieser Fisch und wie wird er gefangen?

Der Sockeye-Salmon ist einer der populärsten Lachse auf und um Vancouver Island. Er besitzt eine tiefrote Färbung und ein charakteristisch gebogenes Maul. Besonders seine Größe und sein nahrhafes Fleisch werden von vielen

Leuten geschätzt. Die Cowichan Indianer haben als First Nation ein besonderes Privileg, da jeder Stammesangehörige Fisch für den eigenen Bedarf angeln darf, ohne Angelschein.

Auf unseren Kanus sind die Ersten bereits eingeschlafen, die Nächsten dösen verträumt vor sich hin, während sie in den perfekt hellblauen, klaren Himmel blinzeln. Plötzlich sehen wir zum ersten Mal Adler über den Strand fiegen, wie sie stolz und prachtvoll ihre Flügel schlagen! Sie schweben hoch in der Luf , ziehen elegante Kreise übers Meer und beobachten die Lage von oben. Nach dem Abendessen am Lagerfeuer steigen wir noch einmal in die Kanus und fahren ein kleines Stück raus auf das Meer. Alles scheint uns normal, der Himmel ist dunkel, mit vielen glitzernden Sternen übersät und das Wasser unter uns ist bis in die Tiefe pechschwarz. Doch als ich meine Hand im Wasser bewege, passiert etwas Faszinierendes: Das Wasser beginnt an den Stellen, an denen wir es in Bewegung bringen, zu glitzern. Ich habe so etwas Wunderschönes noch nie gesehen. Kai erklärt uns, dass dieses Phänomen auf Deutsch Meeresleuchten und auf Englisch fuorescent water (fuoreszierendes Wasser) heißt und wie es kommt, dass es leuchtet. Doch ich will das gar nicht so genau wissen. Für mich ist dieser Moment wie in einem Märchen,

wie in einem Traum. Wir ziehen uns alle schnell unsere Badesachen an und tauchen ein in das eiskalte, glitzernde Wasser. Mit unserem Schlafdefzit fällt es nicht leicht, jeden Morgen aus dem warmen Zelt zu krabbeln. Nach dem Frühstück geht es wieder ab in die Kanus. Wir erleichtern uns das Paddeln mit Singen und unterschiedlichen Paddel- Rhythmen. Der Abend klingt wieder am Feuer unter einem gigantischen Sternenzelt aus, Geschichten werden erzählt und es wird viel gelacht. Von uns aus könnte es ewig so weitergehen...

Sophie, 15 Jahre und Astrid, 16 Jahre

Notizen

Das Meeresleuchten wird durch Ansammlungen von Mikroorganismen erzeugt, die bei einem Berührungsreiz Lichtsignale aussenden. Zu ihnen gehören u.a. Mikroorganismen, die auch an den Roten Gezeiten (Red Tide) beteiligt sind.

7. / 8. Juli 2010

Start Willy Island — Ziel Sansum Narrows

Der Sternenhimmel ist unser Zelt

Heute Morgen brechen wir alle gespannt auf, um die Umgebung zu erforschen. Einige gehen um die Insel herum und fnden ein verlassenes Blockhaus, andere versuchen, mit einem alten Netz ein paar Fische und Krabben zu fangen.

» Auf dem Weg kommen wir an einem Sägewerk vorbei, in dem aus den gefällten Riesenlebensbäumen Zellstof gemacht wird. «

Glücklicherweise gelingt es uns meistens, die im Seegras erspähten großen Krabben (der Panzer ist etwa so groß wie eine CD) gleich mit dem Stab rauszuholen. Schließlich haben wir genügend gesammelt und kehren an Land zurück. Hier hat Hwiemtun, unser indianischer Guide, am Strand einige Rindenstücke des Riesenlebensbaumes gefunden und daher verbringen wir die nächsten Stunden damit, uns das Flechten mit Rinde erklären zu lassen. Auf dem Weg kommen wir an einem Sägewerk vorbei, in dem aus den gefällten Riesenlebensbäumen Zellstof gemacht wird.

Am Donnerstag sind wir bereits auf dem Weg zurück zum Territorium der Cowichan Indianer.

Wir unterhalten uns mit einem Mann, der auf den im Wasser gelagerten Stämmen arbeitet. Er erzählt von seinem Alltag und erklärt uns genau, wie das Holz gelagert und verarbeitet wird.

Der Durchschnittspreis für einen Festmeter Holz (Standardangabe zur Messung von Holzmengen) beträgt je nach Qualität 50-100 Euro. Für das Holz von Riesenlebensbäumen zahlen Kunden wegen der guten Haltbarkeit und des geringen Gewichts das Drei- bis Vierfache, für Spezialholz sogar bis das Sechzehnfache. Dabei muss beachtet werden, dass ein großer Riesenlebensbaum doppelt so hoch und dreimal so dick ist wie zum Beispiel eine deutsche Eiche, d.h. dass einige der Riesenlebensbäume mindestens 150 mal so viel Holz besitzen wie eine durchschnittliche Eiche im deutschen Forst. Mit der Abholzung eines einzigen Baumes können Firmen also riesige Gewinne erwirtschafen, daher ist das Fällen solcher Bäume sehr attraktiv. In einem Hafen nahe des Säge-

werks holen wir Tim ab, einen Cousin Hwiemtuns, der uns mit seinem unerschöpfichen Wissen über das Meer sehr beeindruckt. Die Mädchen genehmigen sich eine Dusche unter dem Wasserschlauch am Steg – verständlich, denn schließlich sind es über 30°C heute!

Wir beginnen, mehr und mehr über die interessanten Traditionen der Cowichan zu lernen. Und deshalb essen wir mittlerweile Sachen, die wir auf dem heimischen Fischmarkt getrost bei Seite lassen oder die wir uns nur in einem ausgesuchtem Sushi Restaurant zu Gemüte führen würden, dazu zählen z.B. Seegras, Seeigel und Krabben. Für den Abend hat sich eigentlich jeder dafür entschieden, das Zelt gegen den Himmel zu tauschen, auch um am nächsten Tag schneller mit dem Packen fertig zu sein. Deshalb müssen wir uns jetzt beeilen, um noch einen Platz in der ersten Reihe zu bekommen. Gute Nacht.

Ulrich, 16 Jahre und Florian, 16 Jahre

7./8 Juli Tag 4-5

9. Juli

6

Ungewohnte Nahrung

Für heute ist ein Seafood-Day geplant, das heißt, alles, was wir heute essen, sollte aus dem Meer kommen.

Es herrscht gerade Red Tide, wir können also keine Muscheln essen, was schade ist bei dem Anblick von schwarz glänzenden Muschelbänken! Red Tide ist das Englische Wort für Rote Gezeiten, eine Algenblüte, die Muscheln durch aus den Algen herausgeflterte Nervengife ungenießbar macht. Dies ist ein völlig natürlicher Prozess, welcher auch schon vor der heutigen Umweltverschmutzung aufrat.

Statt Muscheln gibt es heute also andere Köstlichkeiten des Meeres. Zum Mittagessen werden getrocknete Algen gereicht, ohne Gewürze und ungekocht. Salzig genug sind sie auf jeden Fall. Nach dem Mittagessen müssen wir unsere restlichen, normalen Nahrungsmittel

vor der glühenden Sonne beschützen. Mit dem Prinzip der Verdunstungskälte bauen wir einen Kühlschrank aus Moosen und Flechten. Diese legen wir über die Boxen und befeuchten sie.

» Mit dem Prinzip der Verdunstungskälte bauen wir einen Kühlschrank aus Moos und Flechten.«

Hwiemtun geht mit uns auf eine kleine Wanderung durch den Wald, in dem wir gerade zelten. Auf dem Weg erklärt er uns einige Dinge über den Baum des Lebens, die Red Cedar (Riesenlebensbaum). Seine Rinde wird zum Beispiel schon seit Jahrhunderten geerntet und dann zu Körben, Gürteln, Bändern, Schmuck und vielem anderen verarbei-

tet. Das wollen natürlich alle ausprobieren und so tragen wir am Ende unserer Wanderung eine stattliche Menge Zedernrinde unterm Arm. Diejenigen, die sich ums Essen kümmern, bereiten frische Krabben zu. Tim zeigt uns, wie man sie richtig knackt und die Organe entfernt, sodass nur noch das Fleisch übrig bleibt. Es ist gar nicht so schwer, wenn man einmal den Dreh raus hat. Mit dem Blick auf das Meer und den wunderschönen Sternenhimmel geht ein weiterer Tag zu Ende.

Alex, 16 Jahre

Sansum Narrows

Notizen

Totempfähle stammen ursprünglich aus der Region von British Columbia. Mit arben au Pfanzen bemalt, dienten Totempfähle zugleich als Prestigesymbole, Familienwappen oder Grabsteine.

Ein Gastfamilientag

Wir haben keine Ahnung, wie weit es eigentlich noch bis Duncan ist, hier draußen verliert man jegliches Zeitgefühl.

Tatsächlich erreichen wir unser Ziel sogar ausnahmsweise mal zu früh!

» Denn heute fndet das Finale der Fußballweltmeisterschaf statt, das uns um elf Uhr morgens alle zusammenführt,...«

Im Hafen werden wir von unseren Gastfamilien mit einem Willkommensgruß inklusive Gesang empfangen. Viel Trubel, Begeisterung, erste spannende Geschichten, Freudentränen und Gelächter zeigen, wie ausgelassen und voller Freude alle sind. Nachdem wir alle unser Gepäck gefunden haben, fahren wir mit unseren Familien nach Hause, um uns

unseren wohlverdienten Schlaf zu gönnen.

Da wir an einem kulturellen Schüleraustausch teilnehmen, bietet der nächste Tag eine gute Gelegenheit, einmal der deutschen Kultur zu frönen.

Denn heute fndet das Finale der Fußballweltmeisterschaf statt, das uns um elf Uhr morgens alle zusammenführt, zum gemeinsamen Brunchen und Fußballfebern. Unseren weniger fußballbegeisterten indianischen Freunden ist es herzlich egal, ob nun Spanien oder die Niederlande Weltmeister werden und uns ehrlich gesagt auch. Wir wickeln uns also in die tischtuchgroße Deutschlandfagge und jubeln einfach bei jedem Tor. Anschließend feuern wir uns gegenseitig bei dem unvergesslichen Freundschafsspiel Cowichan gegen Deutsche an. Den Nachmittag verbringt jeder

von uns mit seiner Gastfamilie. Meine Gastschwester zeigt mir das Zentrum von Duncan, wo in diesen Tagen das »Summerfestival« stattfndet. Besonders interessant fnde ich die vielen Totempfähle, die alle individuell geschnitzt und gestaltet sind – so ganz muss ich mein von Karl May geprägtes Indianerbild also doch nicht ablegen. Und heute Abend ist sogar ein Kinoflm angesagt! Es ist ein seltsames Gefühl, in einem Saal im Kinosessel zu sitzen, nachdem wir nun eine Woche lang Krabben und Algen gegessen haben, nachts unterm Sternenhimmel schliefen und vom Inventar eines Badezimmers gerade mal Seife, Shampoo und eine Zahnbürste dabei hatten...

Sophie, 15 Jahre und Astrid, 16 Jahre

Start Sansum Narrows — Ziel Duncan
»Wir ziehen uns alle schnell unsere Badesachen an und tauchen ein in das eiskalte, glitzernde Wasser.«

Sophie, 15 Jahre und Astrid, 16 Jahre

12. Juli 2010

Eine alte Cowichan-Tradition

Um 13 Uhr trefen wir uns alle bei der Turnhalle in Duncan. Wir erwarten all die Menschen, die an der Tribal Journey teilgenommen haben, einer Kanuwanderung von Völkern der Westküste Kanadas und der USA.

» Sie tragen aufwändige Kostüme, tanzen ausgelassen, singen und trommeln.«

Als die Kanus endlich ankommen, können wir über die Vielfalt nur staunen: alle Größen, Farben und Muster sind vertreten. Jedes Kanu paddelt einzeln näher ans Land und die Paddler beginnen ein Lied zu singen.

Sie geben den Takt mit ihren Paddeln an, indem sie sie auf das Kanu schlagen, so wie wir das die Tage zuvor bei unserem Kanutrip auch gemacht haben. Die Cowichan gehören kulturell zu der Gruppe der Salish. Die Küsten-Salish sind eine Gruppe der First Nations, deren Ursprünge an der Pazifkküste Nordamerikas liegen.

Die Cowichan First Nation gehört zu den sechs Stämmen der Hul‘q'umi‘num'Gruppe, zu denen noch die Halalt, Chemainus, Penelakut und Lyackson zählen. Die Cowichan stellen dabei rund 60% der Gruppe, die insgesamt über 7.000 Indianer repräsentiert. In vielerlei Hinsicht leben die Cowichan nicht mehr so,

wie man sich das vielleicht von Indianern vorstellt. Sie leben in großen Häusern, haben Fernseher, essen amerikanische Pancakes mit Ahornsirup und fahren zum Teil große Autos. Ihr Tagesablauf ähnelt mittlerweile sehr dem der westlichen Kultur, von der traditionellen Lebensweise und Sprache ist über die Jahre und Jahrhunderte viel verloren gegangen.

Als die Europäischen Besetzer 1862 das Territorium der Cowichan übernahmen, schickten sie alle Kinder auf Internate (Lost Generation), wo ihnen die westliche Kultur aufgezwungen wurde.

Umso interessanter ist es für uns, heute Teil einer der wenigen traditionellen Zeremonien sein zu dürfen, die auch heute noch gepfegt werden: dem eigentlich wichtigsten Teil der Tribal Journey.

Am Anfang steht die Auf ührung der Cowichan, da sie die Gastgeber dieses Abends sind. Sie tragen aufwändige Kostüme, tanzen ausgelassen, singen und trommeln.

Nachdem wir zwei Stunden später Gesänge und Tänze der anderen Stämme gesehen und gehört haben und auch wir nicht um eine Darbietung herum gekommen sind, ist das Fest zu Ende und uns geht dieses laute, bunte und bewegende Ereignis noch lange im Kopf herum.

Sophie, 15 Jahre

Notizen

Video auf Youtube

Tribal Journeys 2010 und Invitation for 2014

https://www.youtube.com watch?v=UzNkyXYrm4Q

13./14. Juli 2010

Im Märchenwald

Start Duncan — Zwischenstopp Koksilah Old Growth Forest — Ziel Cape Scott

Der Tag heute ist ein Vorgeschmack auf das, was uns erwarten wird, wenn wir zum Cape Scott wandern. Es geht in den Koksilah Old Growth Forest, einen der letzten Orte auf diesem Planeten, auf dem noch gigantische Urwaldbäume stehen. Der Weg, den wir nehmen, ist schwerer als gedacht; es geht alle zehn Meter hoch und runter.

» Wie Watte liegt uns die Stille auf den Ohren, so plötzlich und unerwartet sind die Geräusche der Zivilisation verstummt. «

Die Anstrengung ist aber schnell vergessen, als wir nach einer Weile die Baumriesen inmitten wunderschöner Natur sehen. Fast 100 Meter hoch sind Einige, mit einem Umfang von über zehn Metern! Mittagessen mit dem Rücken an mehr als 500 Jahre kanadischer Geschichte gelehnt ist doch auch mal etwas, was man nicht jeden Tag macht! Nachdem wir mit den Autos in Richtung Cape Scott gestartet sind, holen wir an der nächsten Tankstelle unseren Expeditionsgast Della Rice ab, eine Stammesälteste, die ihr vielfältiges Wissen im Bereich der Botanik beisteuern wird. Nach über 500 Kilometern am Cape Scott Parkplatz angekommen, essen wir unser verdientes Abendbrot: Kartofel-

salat mit Würstchen und hartgekochten

Eiern. Der Parkplatz liegt auf einer kleinen Anhöhe, sodass man einen Teil des Waldes von hier aus schon überblicken kann. Es wird langsam Abend und die ersten Nebelfelder scheinen zwischen den Wipfeln hängen zu bleiben. Als alle Rucksäcke geschultert sind, laufen wir auf die majestätischen Bäume zu, von deren langen Ästen die Moosfechten wie Spinnweben herabhängen. Kaum sind wir von Grün umgeben, wird die Luf merklich kühler und der weiche Waldboden dämpf unsere Schritte. Wie Watte liegt uns die Stille auf den Ohren, so plötzlich und unerwartet sind die Geräusche der Zivilisation verstummt. Rechts und links vom Trail ist der Waldboden bedeckt von umgestürzten Bäumen, die mit Moosen und mannshohen Farnen bewachsen sind. Wenn ich den Kopf hebe, blitzt der Himmel an einigen Stellen hell durch das dicht verzweigte Geäst der Bäume. Sie wirken wie Riesen, die darin wetteifern, mit ihren Armen nach den Wolken zu greifen.

Florian, 16 Jahre und Astrid, 16 Jahre

15./16. Juli

Tag 12-13

Notizen

Das maximale Gewicht eines Wanderrucksacks sollte ein Viertel des eigenen Körpergewichts niemals überschreiten. Da muss man ganz schön an Gepäck sparen.

15./16. Juli 2010

Kricket in der Wildnis

Heute passiert wieder das, was wir seit einer Woche vermisst hatten: Hwiemtun weckt uns mit seinem Morgengruß! So kommen wir aus unseren Zelten, stärken uns und putzen die Zähne mit Salzwasser. Dann stellen wir uns in einem Kreis auf, lockern uns gegenseitig die Beinmuskeln.

Schließlich setzen wir die Rucksäcke auf, denn wir haben heute riesige Lasten zu tragen; Schlafsäcke, Rettungsringe, Zelte und Kartofelsalat. Auf den ersten hundert Metern wird alle paar Meter angehalten, hier und dort drücken die Rucksäcke, da fehlt ein Band, und weiter hinten muss jemand die Last umverteilen, doch diese Schwierigkeiten sind bald überwunden. Die nächsten Stunden sind zunehmend von Härte geprägt, auch wenn (oder gerade weil) wir uns mit spektakulären 1.5 km/h fortbewegen, schmerzen die Beine viel zu schnell und der 20 kg schwere Rucksack wird

immer schwerer. Später sitzen wir müde am Lagerfeuer und löfeln unser Abendessen, während uns Matt, der mit dem Boot kam, erzählt, wie er heldenhaf unsere Vorräte gegen einen anrückenden Schwarzbären verteidigen musste. Am nächsten Morgen können wir entspannt in den Tag starten. Als ob wir nicht schon genug Gepäck hätten, hat Matt noch seine Kricketschläger mitgenommen. Da wir so viele Leute sind, werden die Regeln großzügig ausgelegt, so dass wir am Ende ein Spiel spielen, das nicht wirklich Kricket, dafür aber umso lustiger ist.

» Schließlich setzen wir die Rucksäcke auf, denn wir haben heute riesige Lasten zu tragen; Schlafsäcke, Rettungsringe, Zelte und Kartofelsalat.«

Hinterher gibt es noch eine neue Aufgabe, nämlich Wasser zum Kochen und Trinken zu beschafen. In etwa 1500 Metern Entfernung ist ein kleiner Bach, dort schauen wir, ob das Wasser nach einer Filterung trinkbar ist. Das Wasser stellt sich als sehr klar heraus und die Filterung geht recht schnell. Nun müssen wir aber mit zwei 20-Liter-Kanistern wieder zurück über Felsen und Kieselstrand. Selbst zu zweit ist das schwerer als gedacht!

Ulrich, 16 Jahre und Alex, 15 Jahre

17./18. Juli 2010

Cape Scott Provincial Park

Am Cape Scott

Heute müssen wir feststellen, dass keiner unserer Wasserflter mehr funktioniert. Das bedeutet im Klartext: kein Trinkwasser. Schließlich entscheiden wir uns dafür, das Wasser über dem Feuer abzukochen, auch wenn der Wind ständig die kalte Asche hineinbläst.

» Das bedeutet im Klartext: kein Trinkwasser.«

Na gut, das Ergebnis schmeckt widerlich. Aber wir halten uns beim Trinken einfach die Nase zu und denken an Vanilleeis mit Himbeeren, denn sonst müssten wir schon morgen nach Duncan zurückkehren anstatt, wie geplant, zum Cape Scott zu wandern.

Doch so machen wir uns am nächsten Morgen auf den Weg und wir merken schon nach einer halben Stunde, als wir eine Karte anschauen, dass wir nur sehr langsam vorankommen. Macht aber nichts, wir durfen uns vorher gut mit Proviant in Form von Nüssen, Rosinen, Cranberries und der begehrten Tauschware – getrocknete Mango – eindecken. Der nördlichste Teil der Insel ist geformt wie ein Tropfen, der nur durch einen etwa 500 Meter breiten Dünenstreifen mit dem Festland verbunden ist. Nach dem Mittagessen am warmen, weichen,

weißen Strand schlafen wir einfach da, wo wir gesessen haben, für eine halbe Stunde ein. So ein kurzer Mittagsschlaf tut gut. Im Eiltempo marschieren wir die restlichen 3 Kilometer bis zu dem kleinen Leuchtturm. Dort gibt es wieder etwas zu Essen. Kathi hat einfach alles, was es in dem winzigen Laden gab, gekauf: ein paar kleine Tüten Chips und ein paar Schokoriegel. Hört sich ganz gut an, bis jemand auf die Idee kommt, das anzusprechen, was keiner wirklich hören will: Dass das alles bis jetzt erst der halbe Weg gewesen ist!

Astrid, 16 Jahre und Alex, 15 Jahre

17./18. Juli Tag 14-15

Notizen

Die ersten Trails in diesem Gebiet wurden von den Kwakwaka´wakw First Nation angelegt. Heute ist der Cape Scott Provinvial Park ein von Park Rangern überwachtes Naturschutzgebiet.

19. Juli

Tag 16

Forschungsarbeit

Heute haben wir uns alle viel Schlaf verdient, denn die langen 30 Kilometer zum Cape Scott stecken uns immer noch in den Beinen. Allzu lang kann die Freude jedoch nicht weilen, denn bei brütender Hitze hält man es nach 9 Uhr nicht mehr lange im Zelt aus.

» Der Geograph mit Hang zur ausgefallenen Verköstigung setzt eine Bodenart auf den Vesperplan…«

Klassischerweise kombinieren wir also heute unser Breakfast und Lunch zu einem Brunch.

Für den Nachmittag hat Kai uns unsere zweite Waldinventur angekündigt. Doch heute geht es für uns, im Gegensatz zur ersten Inventur, in einen Second Growth

Forest (aufgeforsteter Wald). Dafür fnden wir ein Stück Wald, in dem schon gegen 1890 dänische Siedler ihr Quartier aufgeschlagen hatten, die auch die eine oder andere Maschine hinterlassen haben. Einen Leckerbissen hat Hannes für heute vorbereitet.

Der Geograph mit Hang zur ausgefallenen Verköstigung setzt eine Bodenart auf den Vesperplan, für die man in Japan angeblich viel Geld bezahlt.

Diese Köstlichkeit heißt im Fachjargon Podsol und ist sogar recht appetitlich, wenn man nicht daran denkt, was man da eigentlich gerade isst. Nebenbei erklärt Hannes uns auch noch Wissenswertes zu den einzelnen Erdschichten und deren Bedeutung. Während die meisten von uns dann schon auf dem Heimweg sind, suchen Mareike und Jackie sich immer noch ihren Stinkkohl zusammen,

den sie destillieren und untersuchen wollen. Diese Informationen wollen sie dann an das Krebsforschungszentrum in Heidelberg schicken, wo möglicherweise Stofe gefunden werden können, die bei bestimmten Krankheiten eine heilende Wirkung besitzen.

Florian, 16 Jahre

Notizen

Der Podsol, auch Grauoder Bleicherde genannt, ist ein saurer, an Nährstoffen armer Boden, was in diesem Fall für einen Second Growth Forest typisch ist.

20 Juli Tag 17

Bärenalarm!

In wenigen Tagen werden wir wieder im Flugzeug nach Deutschland sitzen –zurück ins alte Leben, vollgepumpt mit neuem Wissen und Bildern einer bislang unbekannten Welt. Wehmütig werden wir zurückblicken auf die Zeit, die wir hier erleben durfen, da bin ich mir sicher.

Aber im Moment? So langsam kann ich die Wraps, Peanutbutter, Porridge (Haferbrei) oder so manche seltsamen Essensexperimente nicht mehr sehen. Das Plumpsklo im Wald, zu dem man über den halben Strand laufen und dann über Wurzeln in Richtung der Fliegenschwärme stolpern muss, die kalten Nächte zu dritt im Zelt und der Feuergeruch in allen Sachen geht mir auf die Nerven. Ich möchte wieder warm duschen können – mit Süßwasser! Bis dahin müssen wir noch etwas durch-

halten. Doch dieses Gefühl, am Morgen, aus dem Zelt zu krabbeln und, während man am rauschenden Ozean sitzt, der Sonne beim Aufgehen zuzusehen, werde ich vermissen!

»…ein Bär, ein echter Bär!, den wir in der Bucht nebenan entdecken. «

Nach dem Frühstück kommt heute endlich die Destille zum Einsatz, die wir einen so langen Weg mit uns getragen haben. Neben den Pfanzen, die Jackie und ich in kleine Fläschchen mit Alkohol füllen und denen, die wir trocknen oder pressen, stellen wir mithilfe der Destille gleich Extrakte her.

Derweil lassen sich Alex, Sophie und Astrid bis zum Hals am Strand einbuddeln, um sich danach frei zu strampeln und in

den eiskalten Ozean zu rennen.

Als Highlight des Tages kommt dann doch noch ein Erlebnis, das alles toppt –ein Bär, ein echter Bär!, den wir in der Bucht nebenan entdecken.

Alle rennen hinüber, kriechen vorsichtig die Böschung herab und legen sich hin. Der Bär am anderen Ende der Bucht ist noch recht jung und macht keinerlei Anstalten, sich in unsere Richtung zu bewegen, aber ein abenteuerliches Gefühl ist dieses stille Dasitzen und Beobachten allemal. Einen Bären sieht man nun mal nicht alle Tage…

Mareike, 17 Jahre

21./22. Juli

Tag 18/19

21./22. Juli 2010

Abschied vom Norden Vancouver Islands

So schön diese Zeit auch war, heute ist’s vorbei. Wir haben heute Morgen schon das Gefühl gehabt, dass dies ein harter Tag wird. Die Nacht auf den so langsam eingelegenen Sandbetten geht also zum letzten Mal mit indianischem Gesang zu Ende. Irgendwie traurig...

»...denn die meisten ihrer Lieder sind uns mittlerweile sehr vertraut.«

Zuerst packen wir die Zelte zusammen, dann den Rest der Küche und alles, was sich halt so über die Woche angesammelt hat. Auf dem Weg herrscht eher betretene Stimmung, alle sind fertig von der Woche und müssen erst einmal die ganzen Erlebnisse verarbeiten. Das Erste, was uns wieder an Zivilisation erinnert, ist die Sixties-Pop-CD, die auch auf dem Rückweg wieder gute Stimmung verbreitet. Erst spät in der Nacht

kommt unser Konvoi an. Heute schlafe ich das erste Mal seit einem gefühlten Jahrzehnt aus. Danach dusche ich mich das erste Mal seit einer Woche wieder in einer richtigen Dusche. Ein tolles Gefühl!

Um 16:30 Uhr fnden wir dann noch einmal alle zusammen, um Astrids Geburtstag und unseren Abschied zu feiern. Es wird viel gegessen und geredet. Wir Stipendiaten aus Deutschland bedanken uns für die Gastfreundschaf und Unterstützung. Nach dem Essen verabschieden wir uns von allen Stammesmitgliedern, natürlich begleitet von Gesang und Getrommel, sodass es uns in den Ohren dröhnt. Es ist ein wunderschönes Erlebnis, von den Ältesten in den Arm genommen zu werden und sogar mit ihnen zusammen singen zu können, denn die meisten ihrer Lieder sind uns mittlerweile sehr vertraut.

Alex, 15 Jahre und Sophie, 15 Jahre

Start Cape Scott Provincial Park — Ziel Duncan

Notizen

Video auf Vimeo Expedition 2011 - Learning about the Cowichan Culture - Part 1 http://vimeo.com/45356926 mit Gesang von Hwiemtun

23. Juli 2010

Start Duncan — Ziel Vancouver City

Ein Tag in Vancouver City

Wir müssen schon um 7 Uhr aufstehen, damit wir rechtzeitig loskommen. Heute fahren wir schon wieder? Ist die Zeit wirklich so schnell vorbei gegangen? Ich kann es einfach nicht glauben.

» Es ist unglaublich, wie wunderschön dieses Feuerwerk und diese Musik sind, unsere Münder bleiben ofen stehen und fast kommen mir die Tränen. «

Es kommt mir alles vor wie ein Traum. Der Abschied ist schwer; Tränen kullern, alle umarmen sich und wir versprechen, dass wir irgendwann mal wieder kommen.

Ich verabschiede mich auf der Fähre von dieser unglaublichen Insel, sie hat mir gezeigt, was wirklich wichtig ist im Leben, sie hat mir mit ihrer unglaublichen Schönheit die Augen geöfnet. Abends gehen wir dann alle zusammen an den Hafen von Vancouver, um uns die Celebration of Light anzuschauen. Es ist unglaublich, wie wunderschön dieses Feuerwerk und diese Musik sind, unsere Münder bleiben ofen stehen und fast kommen mir die Tränen. Dann laufen wir durch das nächtliche, hell erleuch-

tete Vancouver, eine Stadt, die wohl niemals schläf . Als wir alle nicht mehr weiter können, gehen wir zu Tim Horton’s und schieben uns Zuckerbomben in den Mund. Als wir dann wieder durch Vancouver laufen, sind wir alle extrem albern; ich bin mir sicher, da kommen der Zucker, die Erschöpfung der letzten Wochen und das Glücksgefühl über die wunderbaren Momente, die wir erlebt haben mit dem Wissen zusammen, dass wir bald alle wieder zu Hause sind.

Den Rest dieser Nacht verbringt nur ein kleiner Teil unserer Gruppe schlafend…

Sophie, 15 Jahre

Notizen

Die Celebration of Light , das Fest des Feuers, ist ein jährlicher Feuerwerkswettbewerb in Vancouver City, der über mehrere Tage tattfndet. Im ahr war Spanien der Sieger –an diesem Tag haben wir die Fireworks miterlebt.

23. Juli

Tag 20

» ...langsam trennen wir uns, aber die Gedanken an die letzten Wochen und unsere unvergleichlichen Erlebnisse werden bleiben.«

Mareike, 17 Jahre

24. /25. Juli

Tag 21-22

24./25. Juli 2010 Start Vancouver City, Kanada— Ziel Dresden, Deutschland

Die Erinnerung bleibt

Nun heißt es, endgültig Abschied zu nehmen von Kanada. Schon jetzt fehlen mir die Abende am Feuer, das Meeresrauschen zum Einschlafen, die Ruhe.

» Wir haben Algen gegessen, Krabben auseinander genommen, Seegurke probiert und einen Seelöwenkiefer gesehen…«

Aber ich will es nicht leugnen, nach meinem eigenen Bett sehne ich mich auch. Doch zunächst genießen wir noch den Vormittag in Vancouver. Nach dem Frühstück fahren wir mit einem Wasserbus nach Granville Island, wo wir uns in kleineren Gruppen etwas umsehen und uns in der Markthalle unser Mittagessen zusammensuchen, welches wir dann gemeinsam am Hafen in der Sonne verspeisen.

Am Fluss entlang laufen wir zur Sky Tram, die uns zum Flughafen bringen soll. Dort am Check-In noch eine letzte Aufregung – das Gepäck muss neu verteilt werden, wir haben zu viel und vor allem zu schweres Gepäck. Im Flugzeug siegt dann die Müdigkeit.

Während wir in London auf dem Flughafen sitzen – oder davor oder danach, das Zeitgefühl ist völlig neben der Spur –

wird es Montag. Ulrich trennt sich in London von uns und fiegt gleich in den Urlaub; wir fiegen schließlich nach einiger Wartezeit, die wir uns mit Schlafen oder Dominospielen vertreiben, zurück nach Dresden.

Im Terminal gesellt sich jeder schnell zu seiner Familie. Und doch fühlt es sich komisch an, so dazustehen… Drei Wochen haben wir Tag für Tag und Nacht für Nacht gemeinsam verbracht, haben gemeinsam gepaddelt, gesungen, sind gewandert und haben nebeneinander unter einem beeindruckenden Sternenhimmel geschlafen.

Wir haben Algen gegessen, Krabben auseinander genommen, Seegurke probiert und einen Seelöwenkiefer gesehen und gerochen. Wir waren tausende Kilometer von zu Hause entfernt an einem der wenigen Orte, an denen man noch unberührte Natur sehen kann, haben eine uns völlig unbekannte Kultur kennen gelernt und nun langsam trennen wir uns, aber die Gedanken an die letzten Wochen und unsere unvergleichlichen Erlebnisse werden bleiben.

Mareike, 17 Jahre

Tagebuch 2011 Expedition

» Das Paradies im Dauerregen «

29. Juni 2011 – 24. Juli 2011 Vancouver Island, Kanada
»Cape

Scott und die höchsten Wellen der Welt«

Zwischen riesigen, umgefallenen Bäumen, dicken Wurzeln, mitten im Busch und auf fast keinem Quadratmeter waagerechte Fläche wachten wir heute Morgen auf.

Nachdem wir alle unser Frühstück zu uns genommen hatten, wurde uns auch gleich die Möglichkeit geboten, unsere Regenausrüstung auf Wetterfestigkeit zu überprüfen, denn wir haben uns raus aus dem blauen Planenmeer gewagt und unseren Tag mit Tim begonnen. Tim ist Meeresbiologe vom Stamm der Cowichan und ist für uns so etwas wie ein wandelndes Lexikon. Er konnte uns den Vormittag mit seinem Wissen versüßen, indem er uns von Muscheln, Seegras und viele andere Meeresbewohner erzählte, alles natürlich nach unserem Tagesmotto: Raindrops keep falling on my head - alles im Regen! Uta, 18 Jahre und Kristin, 17 Jahre

Expeditionsteilnehmer

EXPEDITIONSLEITUNG

Kai Andersch

David MacDonald, Alberta

Dörte Ackermann

Keith McCanna

Matt Chambers

Jason Time

MEDIEN TEAM

Peter Hugo Scholz, Autor und Filmemacher

Robert Pohle, Regie

Johannes Timpernagel, Fotographie und Film

Boas Schwarz, Film

FORSCHUNG

Dr. Matthias Nuss, Biologe

Prof. Dr. Bernd Klauer, Umweltforschungszentrum

Richard Mally, Biologe

Hermann Schneider, Fortwissenschafler

Tim Kulchyski, Meeresbiologe

Katharina Klauer, Biologin

FIRST NATIONS/INDIANER (GWICH’IN):

Hwiemtun, Fred Roland

Mina Paguan

Tousilem

Nathan Lukenbill-Williams

McKenzie Taylor

Hayley Geroge

Tashina Geroge

Umweltbotschafter – Deutschland

KRISTIN LEHRER, 17 JAHRE / Gustav-Hertz-Gymnasium Leipzig

Mein Name ist Kristin, ich bin 17 Jahre alt und mache momentan mein Abitur in Leipzig. Da ich gern reise, neue Kulturen kennen lerne und mich für die Umwelt interessiere, nutzte ich die Gelegenheit dieser Reise, um meine drei Leidenschafen zu verbinden. Auf Vancouver Island haben mich die Baumriesen mit ihren moosverwachsenen Ästen und der Umgang der Cowichan mit der Natur sehr beeindruckt. Den Leitgedanken, dass man für alles, was man sich nimmt, auch etwas gibt, trage ich heute noch mit mir. Der Monat in Kanada war für mich eine der prägendsten Reisen meines Lebens, ich habe in dieser Zeit nicht nur sehr viel über mich selber gelernt, sondern noch einiges mehr über die Natur und welchen Schutzes sie bedarf.

LUKA BÜTTNER, 17 JAHRE / Evangelisches Kreuzgymnasium Dresden

Mein Name ist Luka Büttner, ich bin 17 Jahre alt und besuche das Evangelische Kreuzgymnasium in Dresden. Mich interessieren Pfanzen und deren Bedeutung sowie verschiedene Kulturen, weshalb ich mich auf der Stipendiatenreise 2011 mit dem Thema Ethnobotanik befasst habe, was mir sehr viel Spaß gemacht hat.

Die teilweise noch unberührte Natur in Kanada zu sehen, in ihr und mit den Cowichan zu leben, etwas über ihre Kultur zu erfahren und mich dabei für die Erhaltung einzigartiger Regenwälder einzusetzen, war der Anspruch der Reise und hat mich begeistert.

BLANKA, 17 JAHRE / Romain-Rolland-Gymnasium Dresden

Eine Expedition an das andere Ende der Welt in eine fremde Kultur eintauchen, Jahrhunderte alte Urwälder sehen und aktiv etwas zum Umweltschutz beitragen - die Beschreibung von „Wisdom Seeker – Knowledge Keeper“ klang wie gemacht für mich. Vor Ort habe ich dann versucht so viel wie möglich über den Lebensraum Regenwald und die Kultur der Cowichan herauszufnden, was ungalublich interessant war. Am meisten beeindruckt hat mich die Stille der Natur, die man in Deutschland so nirgendwo fndet.

HANNES, 15 JAHRE / Humboldt-Gymnasium Radeberg

Ich bin Hannes und besuche die Humboldt-Gymnasium Radeberg. Im Sommer 2011 hieß es für mich: raus aus dem Schulalltag du rein ins Abenteuer Kanada. Im Rahmen meines Projekts beschäfigte ich mich während der Expedition mit Ethnobotanik, weil ich den Zusammenhang zwischen Natur und Kultur sehr spannend fnde. Die Zeit in Kanada war unglaublich intensiv und mein 16. Geburtstag, den ich dort feiern durfe, wird unvergesslich bleiben!

MOMO PAULA LÜHMANN, 17 JAHRE / Dresden International School

Ich bin Momo Paula Lühmann, besuche die Dresden International School und habe 2011 an der »Wisdom Seekers - Knowledge Keepers« Expedition in die Regenwälder Kanadas teilgenommen. Neugierig, engagiert und interessiert wie ich bin, trif man mich überall dort an, wo das Abenteuer, die Herausforderung und die Natur nicht weit sind, deshalb auch mein Engagement bei Wilderness International.

CLAUDIA BRANDT, 18 JAHRE / Geschwister-Scholl-Gymnasium Taucha »Nimm niemals, ohne etwas zurückzugeben!« Dieser Satz enthält einen wichtigen Teil der Philosophie der Cowichan, mit welcher ich mich bei meiner Reise in die wunderschönen Regenwälder Kanadas auseinandergesetzt habe. Er beschreibt am besten, wie die absolute Zerstörung in den kanadischen Regenwäldern in den letzten Jahren hätte verhindert werden können. Die atemberaubende und schützenswerte, wilde Seite Kanadas zu erfahren und die Kultur der Cowichan kennenzulernen, waren für mich sehr prägende Erlebnisse.

GINA DREYER, 18 JAHRE / Evangelisches Kreuzgymnasium Dresden

Faszination Natur. Faszination Kanada. Ein scheinbar unermesslich großes Land. Wald, soweit das Auge reicht. Doch das Auge reicht nicht in alle Ecken des Waldes. Erst aus der Luf sieht man die weißen Flecken am Boden. Live durfe ich das sehen, doch was ist mit all den anderen, die in dem Glauben leben, Kanada habe schon immer eine intakte Natur und das würde auch so bleiben? Genau diesen Menschen will ich die Augen öfnen. Alle sollen daran teilhaben. An der Faszination Natur. An der Faszination Kanada.

JOHANNA KLAUER, 17 JAHRE / Geschwister Scholl Gymnasium Taucha

In meiner Projektarbeit habe ich mich mit den Algen von British Columbia beschäftigt. Ich habe sehr viele verschiedene gefunden, winzig kleine und faszinierend große! Einige habe ich gesammelt und gepresst. Außerdem habe ich versucht, so viel wie möglich über die traditionelle Nutzung durch die Indianer herauszufnden. In Kanada hat mir besonders die Stille und tiefe Ruhe der Wildnis gefallen.

UTA VOGTMANN, 18 JAHRE / Gymnasium Engelsdorf, Leipzig

Hi, ich bin Uta Vogtmann, ehemalige Schülerin am Gymnasium Engelsdorf in Leipzig. Die Stipendiatenreise nach Kanada war bisher das beeindruckendste Erlebnis in meinem Leben, die Natur mit ihrer einzigartigen Vielfalt hat mich sehr fasziniert und ich konnte daraus sehr viel auch für mich persönlich schöpfen.

Vancouver Island Zebulos
Port Mc Neill
Nootka
Estavan Point
Duncan — Broken Islands über Ucluelet
Broken Islands — Duncan über Bamfield
Duncan
Nanaimo
Ladysmith
Gabriola
Ganges
Cobbie
Sidney
Leechtown
Sooke
Melchosin
Cordova
River Jordan
Chemainus
Lake Cowichan
Cowichan Station
Westholme
Victoria

Standorte

British Columbia

1 Duncan

2 Kanuexpedition der Gulf Island

a Lady Smith

b Kuper Island

c Samsun Narrows

3 Koksilah Old Growth Forest

Koordinaten N 48°38.510 W123°49.044

4 Broken Group Islands

a Rain Island & Birthday Island

Courtenay
Comox
Ucluelet
Bamfield
Port Renfirew
Sooke
Duncan
Campbell River
Powell River
Port Alberni
Nanaimo
Victoria
Vancouver

29./30. Juni

Tag 1-2

29./30. Juni 2011

Start Dresden, Deutschland — Ziel Duncan, Kanada/Koksilah

Regenwald und Trommelschlag

Jetzt, in diesem Moment, befnden wir uns über Grönland und ich habe soeben meinen ersten Blick aus dem Fenster riskiert – den ersten Blick auf meinem allerersten Flug. Ich fnde, Fliegen an sich ist wie Zugfahren, bis auf den Start. Oder wie Johanna – kurz nachdem wir abgehoben hatten – meinte: »So, das war’s. Der Rest des Fluges sind neun Stunden Langeweile.« Doch zumindest der Ausblick ist gigantisch. Jetzt sind es nur noch fünf Stunden, bis wir endlich, endlich da sind. Kanada, wir kommen!

Auf dem Flughafen in Vancouver schleppen wir unseren gigantischen Berg an Gepäck zum Sky Train, um den Weg zur Fähre anzutreten. An Deck haben wir dann auch Zeit, die Wissenschafler aus Leipzig und Dresden, die mit uns unterwegs sind, ein wenig näher kennen zu lernen. Dabei machen wir die Erfahrung, dass es ziemlich stressig sein kann, als Expeditionsgruppe samt Gepäck in einen Bus ein- und wieder auszusteigen. Wir können es kaum erwarten, unsere Nasen in den Wind zu halten und die wunderbare Landschaf um uns herum zu betrachten. Schließlich kommen wir auf Vancouver Island an. Mit »Welcome«Plakaten stehen die Cowichan am Ausgang der Fähre und bereiten uns einen herzlichen Empfang. Von diesem Moment an geht es auf unserer Reise weniger touristisch, als viel-

mehr abenteuerlich zu. Wir fahren in einem gelben Schulbus bis nach Duncan, wo wir in unsere Gastfamilien aufgeteilt werden.

» Jetzt, in diesem Moment, be fnden wir uns über Grönland und ich habe soeben meinen ersten Blick aus dem Fenster riskiert –den ersten Blick auf meinem allerersten Flug.«

Am nächsten Morgen schultern wir das schwere Forschungsgepäck, und auf geht´s in den Koksilah Forest. Denn in diesem ursprünglichen Stück Natur wollen die Wissenschafler ihr Camp aufschlagen. Unsere Vorfreude auf den ersten Marsch in einen echten Regenwald wächst.

Der Ballast auf unseren Rücken ist zwar beschwerlich, da der Weg ins Dickicht führt und teilweise steil und eng ist, aber er trübt keinesfalls unsere Begeisterung. Die Baumgiganten, die unseren Weg hinunter zum Koksilah River säumen, das dichte Moos auf dem Waldboden und vor allem diese intensiven Gerüche des Waldes – so etwas haben wir noch nie erlebt!

Zurück in Duncan sind wir zu einer Drummer Performance eingeladen, welche mein persönlicher Höhepunkt

des Tages ist. Wir lauschen der Musik und sind umgeben von sehr herzlichen Menschen. Absolut erfüllt von diesem Ereignis und vor allem voller Vorfreude auf die kommenden Tage, legen wir uns jetzt ins Bett. Goodnight Canada!

Claudia, 16 Jahre

Notizen

Koksilah Forest ist eines der letzten Gebiete unberührter Natur auf Vancouver Island und von großräumigen Kahlchlag f chen umgeben.

Es liegt ca. 45 Minuten von Duncan entfernt, der Heimat der Cowichan.

Seit Jahren bemüht sich Wilderness International, das Gebiet von einem Forstkonzern zu kaufen.

1./2. Juli

Tag 3-4

Duncan/Victoria

Canada Day und der erste Weißkopfseeadler

Der Nationalfeiertag in Kanada ist eine große Angelegenheit. Zum Mitfeiern, Mitjubeln und Staunen geht es nach Victoria, der größten Stadt auf Vancouver Island.

» …angesichts dieser fantastischen Szenerie überkommt mich plötzlich ein übermütiges Gefühl der Freiheit! «

Fährt man dort mit dem Auto durch die Straßen, so hat man immer die hinter den Hochhäusern liegenden schneebedeckten Berge im Blick. Wunderschön! Zusammen mit tausenden anderen Menschen bilden wir eine riesige Kanada-Flagge. Dieser schöne Tag gipfelt im Feuerwerk mit kanadischer Hymne und anderer Livemusik. Es ist toll zu sehen, wie stolz eine Nation auf ihr Land sein kann: eine ganze Stadt in Rot und Weiß! In Deutschland wäre diese Art von Patriotismus unvorstellbar. Heute ist unser erster »Family Day«, also ein Tag, den wir mit unserer jeweiligen Gastfamilie ohne ein gemeinsames Programm verbringen. Wir, also Luka, Nathan und ich, dürfen mit den Quads der Familie und dem Golfcar über das riesige Grundstück fahren und das kanadische Lebensgefühl genießen. Am Nachmittag fahren wir zum Hafen in Duncan,

essen dort ein Eis und machen dann einen Ausfug mit dem Boot zwischen den Inseln vor Vancouver Island. Schon kurz nachdem wir den Hafen verlassen haben, sehen wir, wie ein kleines schwarzes Etwas aus dem Wasser vor unserem Boot auf aucht. Erst als es sich umdreht, kann man erkennen, dass es eine Robbe ist. Immer mehr dieser niedlichen Tierchen tauchen neugierig aus dem Wasser auf. Auch ein paar majestätisch aussehende Weißkopfseeadler begleiten uns auf unserer Bootstour und angesichts dieser fantastischen Szenerie überkommt mich plötzlich ein übermütiges Gefühl der Freiheit!

Claudia, 16 Jahre und Hannes, 15 Jahre

Notizen

Der »Canada Day« geht auf den British North America Act am 1.7.1867 zurück. Dieser beschließt den Förderalismus und die Zusammengehörigkeit der einzelnen Provinzen.

Kultur

Begrüßungs- und andere Zeremonien sind bei den Cowichan immer noch von großer Bedeutung, da man so Vertrauen schafft. So ist es beispielsweise wichtig, sich nicht nur mit seinem Namen, sondern auch mit dem Namen seiner Eltern vorzustellen.

3./4. Juli Tag 5-6

03. /04. Juli 2011

In das Kanu. Fertig. Los.

Um uns auf den morgigen Tag vorzubereiten und zu wildnistauglichen Menschen zu machen, erklärt uns Keith, wie man auf der Reise das Essen und andere riechende Dinge wie Zahnpasta und Co. vor einem Bären schützt: Am besten hängt man die Sachen in einem Sack in einen Baum, und zwar an einen vom Stamm weit abgehenden, aber trotzdem dicken und stabilen Ast in ungefähr 3-4 Meter Höhe. Das sagt sich so leicht, doch schon das Werfen des mit einem Stein beschwerten Seils über den Ast ist eine Herausforderung.

» Na dann viel Glück in der Wildnis! «

Es ist der absolut perfekte Tag, um unsere 4-tägige Paddeltour zu starten. Die Sonne ist auf unserer Seite, es sind kaum Wolken am Himmel und wir haben das Vergnügen, die schönsten Seiten Kana-

das vom Meer aus zu entdecken. Nach vier Stunden anstrengenden Paddelns in zwei großen Kanus erreichen wir unseren Ziel-(Traum)-Strand. Mit einer Begrüßungszeremonie erbitten wir uns die zweitägige Übernachtung bei den Einwohnern der Insel. Dazu werden die Paddel aufgerichtet und mit dem Grif rhythmisch auf den Kanurand gestoßen. Am Abend sitzen wir am Strand, genießen den Sonnenuntergang vor einer traumhafen Bergsilhouette und glitzerndem Wasser und freuen uns auf das bevorstehende Abendbrot, denn schließlich gibt es Tortillas mit Hühnchen, Reis und Gemüse.

Nachdem sich jeder satt gegessen hat, sitzen wir alle rund um das Lagerfeuer und Hwiemtun beglückt uns mit wundervoller Musik auf seiner »Zauberföte«.

Keith überrascht uns mit einem tollen Dessert, wonach wir schnell »süchtig« werden – dem höchst delikaten »Banana-

boat«: Man nehme eine Banane, schneide eine Spalte heraus, fülle diese mit Schokotropfen und benutze Marshmallows als Deckel. Dann wickle man diese Mixtur in Alufolie und gebe sie feierlich für einige Minuten ins Feuer.

Diese Bananaboats werden nun bei einem wunderschönen Sonnenuntergang verspeist. Aber nicht nur die Sonne geht unter, sondern auch der Mond. Der Sichelmond verschwindet bei sternklarem Himmel hinter den Bergen…Traumhaf! So ist auch der weitere Verlauf der Nacht, denn wir dürfen unter dem Sternenhimmel schlafen. Ich muss sagen, ich habe noch nie in meinem Leben so viele Sterne gesehen, und der Anblick ist überwältigend.

Luka, 15 Jahre und Gina, 17 Jahre

Start Duncan — Ziel Gulf Islands

5. Juli

Tag 7

Notizen

Aus Holz und Rinde des Riesenlebensbaumes fertigten die Cowichan z.B. Hüte, Westen, Körbe, aber auch komplette Häuser und Boote an.

Da es in der Kultur der Cowichan jedoch wichtig ist, nur so viel zu nehmen, wie man selber braucht, können wir auch heute noch diese eindrucksvollen Bäume bewundern.

05. Juli 2011

Zedern, Muscheln und Tanzen

Früh morgens werden wir von Hwiemtun mit traditionellem Gesang und Trommelklängen geweckt. Um unseren Kreislauf in Schwung zu bringen, gehen wir wagemutig im gefühlt 5°C kalten Ozean schwimmen.

Danach gibt es Frühstück, und das ist in dieser Umgebung eine wahre Wonne: Man schaut auf das Meer und vergisst den stressigen Alltag von zu Hause. Man ist glücklich, denn man hat etwas im Magen und einen aufregenden Tag vor sich.

Für meine Projektarbeit bin ich mit Hwiemtun unterwegs, und unsere Tour beginnt mit einer Strandwanderung. Es ist allerdings eher eine Kletterpartie, denn auf dem gesamten Strandabschnitt stapelt sich das Treibholz.

» Und schuld daran ist die Forstindustrie! «

Nach jedem Kahlschlag werden die toten Stämme auf dem Meer zu Flößen zusammengebunden, um sie so auf dem Meer zu lagern oder zu transportieren. Dabei gehen viele der Baumstämme verloren und treiben einzeln aufs Meer, bei Ebbe werden sie dann an den Strand gespült, wo sie sich wie hier stapeln und den Strand nahezu unzugänglich machen können. Doch am Ende erreichen wir doch noch das Objekt der Begierde: den Riesenlebensbaum. Wir ernten die Rinde und sind überrascht, als Hwiemtun uns erzählt, wie viele Verwendungszwecke sie bietet.

Nach dem Mittagessen ist wieder eine Runde Entspannung angesagt. Es tut wahnsinnig gut, einfach mal da zu sitzen und nichts zu tun. Nur du und die Natur.

Nach einem Bad im (okay, noch einmal muss ich es nicht erwähnen) Wasser, geht es dann ans

Muscheln suchen. Man erspäht ein kleines Loch im Sand, setzt den Spaten an oder benutzt seine bloßen Hände und dann gräbt und fscht man, bis fast zu den Schultern im Schlamm versinkend, nach allerlei Muschelgetier. Das Finden und Ausgraben ist für mich, im Gegensatz zum Verzehr, eine echte Wonne. Für mein Projekt über die traditionellen Tänze der Cowichan wird mir später noch ein Freundschafstanz beige-bracht. Es ist wirklich eine ganz andere Kultur, und man fühlt sich schon sehr komisch dabei, diese Bewegungen, die so gar nicht vergleichbar sind mit dem europäischen Tanz, zu erlernen.

Momo, 15 Jahre

06./07. Juli 2011

Paddle hard!

Die wärmenden Sonnenstrahlen kitzeln das Gesicht, als wir an diesem Morgen erwachen. Mit ein paar anderen Stipendiaten zusammen haben wir die letzte Nacht unter dem atemberaubendsten Sternenhimmel der Welt verbracht. Leider heißt es heute Abschied nehmen von dieser wunderschönen Insel, auf der wir die letzten Tage das totale, stressfreie Glück genießen durfen. Nach einem letzten Gourmetfrühstück mit dem Ozean gleich vor der Nase (vermischt mit Kafee- und Haferbreigeruch) sind wir ausreichend gestärkt für das nächste Abenteuer: eine ca. 8-stündige Paddeltour zur nächsten Insel. Aber gut, die Sehnsucht nach einem bequemen Sessel und Radiomusik im Ohr werden schnell wieder verdrängt, denn schließlich sind wir hier, um reife Überlebenskünstler zu werden.

Also, los geht’s! Auch die Betreuer haben ihren Spaß, als Johanna (da sie frecherweise das Kanu wieder einmal Boot nennt) in das kalte Ozeanwasser geworfen wird. Doch zum Glück müssen wir keine Haie fürchten, denn unsere einzigen treuen Begleiter sind die Robbengruppen, die uns mit ihren großen, runden Augen beobachten. Bald schon kommen wir an unserem Pausenziel an: einer Stelle neben einem riesigen Sägewerk. Wir passieren immense Tanker, gefüllt mit den Spänen unserer großen

Baumfreunde. Bei diesem Anblick überkommt einige von uns ein ermattendes Gefühl völliger Hilfosigkeit…

» Beim Aufwachen sehen wir die Fontänen von Walen…«

...und hören, wie sie mit den Flossen auf die Wasseroberfäche schlagen. So schön wird man nicht alle Tage geweckt! In unserer Gruppe kommt es leider immer wieder zu einigen Diskrepanzen zwischen den Cowichan und den Deutschen. Deswegen bilden wir zwei Gesprächskreise, um der Sache auf den Grund zu gehen. Anschließend gibt es einen großen Kreis, in dem jeweils jede Nationalität einen Wunsch und ein Geschenk äußert. Es wird sehr viel geredet, was ich auch als sehr wichtig empfnde, und nebenbei wird das Ganze mit Bonbons versüßt. Nach dem Mittag müssen wir uns daran machen, die Kanus wieder zu bepacken, denn es soll heute noch zurück zu unseren Gastfamilien gehen. Es ist sehr windig und deshalb auch sehr anstrengend zu paddeln – wir kommen nur langsam voran. Zu Hause empfängt uns unser Gastvater und wir freuen uns auf eine warme Dusche. Spät und erschöpf schlafen wir ein.

Blanka, 16 Jahre und Uta, 17 Jahre

6 /7. Juli Tag 8-9

Notizen

Boot ≠ Kanu!

Boot = Motor + groß

Kanu = Eigenantrieb + klein

08./09. Juli 2011

Geburtstag!

Das besondere Highlight des heutigen Tages ist das geplante Elders Lunch. Wir haben gelernt, mit den Stammesältesten sehr diplomatisch, ruhig und zurückhaltend umzugehen. Es wird für uns gesungen, und später erfahren wir sogar, dass eines der Lieder das erste Mal seit 20 Jahren wieder für Gäste gesungen wurde. Es war also eine große Ehre, welche wir jedoch nur mit einem fast schon beschämend einfachen »Spann den Wagen an« und »Ein kleiner Matrose« erwidern konnten.

Für mich ist das nicht irgendein beliebiger Tag, sondern mein 16. Geburtstag. Wir fahren nach Chemainus, einer kleinen Stadt an der Westküste von Vancouver Island. Aber diese Stadt ist nicht einfach irgendein unbedeutender Ort hier in Kanada, sondern eine Art Pfichtpro-

gramm für jeden Touristen. Im Jahr 1858 wurde die Gemeinde, damals eine Ansiedlung von Holzfällern, gegründet und seitdem lebt sie von der Forstwirtschaf . Etwas, wofür Chemainus berühmt ist, sind die riesigen Wandmalereien, die im gesamten Ort zu fnden sind und die das historische Leben vor über 200 Jahren darstellen. Ebenfalls spannend ist, dass Chemainus eine eigene Währung hat, den Chemainus Dollar. Bei unserer Rückkehr nach Duncan erwartet uns bei Nathan zu Hause eine Überraschungsgeburtstagsparty! Es wird gegrillt, und wir haben alle zusammen einen schönen und lustigen Abend.

Momo, 15 Jahre und Hannes, 16 Jahre

Notizen

Elders Die Ältesten eines Stammes, bekleiden oft hohe Ämter und haben ein umfangreiches Wissen zu kulturellen und naturellen Themen.

Auf Grund ihrer Vergangenheit teilen sie dieses Wissen jedoch nicht so gerne mit »Weißen«.

Chemainus

10. Juli 2011

Wie die Wissenschaftler

Nach einem äußerst leckeren Frühstück mit Wafeln, kombiniert mit Schlagsahne, Him-, Brom- und Erdbeeren trif sich die ganze Rasselbande um 10 Uhr am Youth Center. Dort lernen wir auch unseren neuen Kameramann, Boas, kennen. Nach einem großen Hallo packen wir unsere Drysacks in den alten Schulbus, und auf geht die Fahrt nach Koksilah.

Nach 45 minütiger Fahrt erreichen wir zunächst den sehr erschütternden Kahlschlag, wo alle schockiert feststellen müssen, dass Wilderness International eine Riesenaufgabe hat. Kai und David erklären uns, wie, wozu und weshalb es zur Vernichtung des Regenwaldes kommt und wie man das Ganze ändern könnte. Doch eigentlich wollten wir ja nach Koksilah, also marschieren wir nun eine Stunde auf einem schmalen Pfad

entlang, mit gefühlten Tonnen auf dem Rücken, und erreichen schließlich den mückenüberfuteten Erlenwald, wo wir kampieren werden.

» Als alle Zelte stehen, geht es durch den Zedernwald zu den Wissenschaflern (…), um Motten, Nachtfalter und Pfanzen zu untersuchen.«

Wir befnden uns an einem wunderschönen Fluss, der an manchen Stellen »Pools« besitzt, also ist es völlig logisch, dass man dort baden geht. Außerdem gibt es eiskaltes, glasklares Wasser zum Mittagessen. Anschließend werden wir in die drei Gruppen: Media-, Explorerund Forestgroup eingeteilt. Ich bin in

der Mediagroup, wir drehen mithilfe des Kamerateams umweltbildende Videoclips.

Als sich alle wieder zusammenfnden, gibt es Abendessen, und dieser lange Tag wird mit angebranntem Chili con Carne und Knoblauchbrot abgerundet.

Gina, 17 Jahre 10. Juli Tag 12

Start Duncan — Ziel Koksilah Old Growth Forest

Juli

Ein Dreieck ist ein gutes Quadrat

Zweiter Tag in Koksilah. Wie jeden Morgen werden wir mit Trommelschlag und Gesang geweckt.

» Hermann hat seine Hand schon am Bärenspray.«

Heute lernen wir, was Hermann schon die ganze Woche gemacht hat: Quadrate mit einer Schnur abstecken, Bäume vermessen und dies alles ganz genau notieren. Dafür überqueren wir den Fluss an unserem Camp und kämpfen uns durch den Jungwald, der von Gestrüpp dominiert wird. Irgendwann fnden wir endlich eine Fläche, auf der sich die Durchmesser der Bäume gut messen lassen. Doch bevor es soweit ist, müssen wir erst einmal ein Quadrat abstecken, was gar nicht so einfach ist, und ich kann gut nachvollziehen, woher der eine oder andere Kratzer in Hermanns Gesicht stammt.

Aber jetzt wird gemessen. Luka notiert alle Werte und Hannes fertigt eine Skizze an. Als wir dann fast fertig sind und Hannes schon ein paarmal verwirrt auf seine Zeichnung geschaut hat, stellen wir fest, dass wir gar kein Quadrat, sondern ein Dreieck abgesteckt haben! Aber wir können sehr herzlich darüber lachen. Ein paar Minuten und einige Bäume später höre ich es auf einmal rascheln. »Pssst, da ist irgendetwas!!!!« Gespannt

und wie erstarrt lauschen wir dem Geräusch, das immer näher kommt. Hermann hat seine Hand schon am Bärenspray. Und plötzlich kommt der Übeltäter zum Vorschein, ein Stativ über der Schulter und eine Kamera in der Hand: Boas als einsamer Waldläufer. Und wieder müssen wir über uns selbst lachen. Am Abend gibt es noch eine kleine Geburtstagsüberraschung für Hannes, Hermann und Richard. Es gibt für jeden der drei eine Trinkfasche im Cowichan Style und ein Geburtstagsständchen. Alle drei sind sichtlich gerührt, was den Abend noch schöner macht.

Wenn es dunkel wird, beginnt die Arbeit für die Insektenjäger, die die Nächte vor weißen, beleuchteten Tüchern verbringen und auf einzigartige Falter warten. Für uns ergibt sich daraus die Gelegenheit, den Biologen bei ihrer Forschungsarbeit auf die Finger zu schauen, aber viele von uns gehen schnell ins Bett, weil wir wirklich müde sind von dem anstrengenden Tag.

Uta, 17 Jahre

Notizen

Bärenspray ist meist nur gewöhnliches Pfefferspray.

Bei der Benutzung sollte man besonders auf den Wind achten, da das Spray sonst schnell nach hinten losgehen kann.

12./13. Juli 2011

Start Koksilah Old Growth Forest — Ziel Duncan

»I have no song for you… Parampampampam« – »Me and my drum…«

Mit diesem durchaus unterhaltenden

Ständchen weckt uns…? Wir alle können es sofort erraten, nein, das ist nicht Hwiemtun, sondern Keith, der da munter auf einem Topf schlägt und versucht, uns aus den Zelten zu holen.

»…denn mit ihm werden wir uns alle in ein schweißtreibendes Erlebnis stürzen… «

Nach dem Frühstück geht es dann auch sofort los zur Aufgabenverteilung, denn jeder muss etwas dazu beisteuern, dass wir den Wald auch wieder so verlassen,

wie wir ihn vorgefunden haben. Mein Job ist es, mit Richard und Hermann die Markierungen abzunehmen. Dabei bleibe ich an einem aus der Erde ragenden Ast hängen und hole mir eine Wunde am Oberschenkel. Natürlich eilen mir sofort alle zur Hilfe, und nach zehn Minuten bin ich ausreichend verarztet. Mit neuer Kraf und einem leckeren Mittagsessen im Bauch, das Bernd, einer der Wissenschafler, zubereitet hat, müssen wir uns dann leider auf den Rückweg machen. Unter Tränen verabschieden wir uns am Youth Center von den Forschern. Zu der Zeit wussten wir noch nicht, dass wir

uns alle sehr bald wieder sehen würden! Mit viel Trinkwasser und Badeanzügen bewafnet, machen wir uns früh morgens auf den Weg zu Hwiemtun, denn mit ihm werden wir uns alle in ein schweißtreibendes Erlebnis stürzen, eine traditionelle Schwitzhütte wartet auf uns. Eine Schwitzhütte muss man sich ungefähr so vorstellen: eine Holzkonstruktion in Form eines Iglus, die außen mit Decken belegt ist. Drinnen sitzt man im Kreis um die Mitte herum, in der heiße Steine liegen. Als die Zeremonie beginnt, sind wir alle ziemlich aufgeregt. Mit jedem weiteren Stein, der hereingebracht wird, spüren wir, dass das eine ganz schön schwitzige Angelegenheit wird. Doch als Hwiemtun anfängt zu singen, fühlen wir uns alle wieder super wohl und genießen den Zusammenhalt der Truppe in dieser kleinen Hütte. Dabei gedenken wir unserer Vorfahren und Verwandten und danken ihnen, heute hier sein zu können.

Nach den nächsten beiden Runden haben sich unsere Reihen deutlich gelichtet und »die letzten Überlebenden « genießen die vierte Runde mit schließlich 28 Steinen in vollen Zügen!

Kristin, 16 Jahre

14./15. Juli

Tag 16-17

14. /15. Juli 2011

Ganz anders als geplant

Mit unserem knallgelben Schulbus der Cowichan fahren wir zur Westküste Vancouver Islands Group. Dort wollen wir mit unseren Kanus starten und zu den Inseln der Broken Islands paddeln, wo wir die nächste Woche verbringen werden. Während einer Pause schauen wir uns einen Park (Cathedral Cove) mit riesigen Bäumen an. Faszinierend! Die gesamte Gruppe (18 Mann!) passt in einen riesigen ausgehöhlten Baum.

An der Westküste angekommen müssen wir feststellen, dass die Kanus nicht da sind. Inzwischen fängt es an zu regnen. Als die Kanus endlich ankommen, ist es schon zu spät, um noch sechs Stunden zu unserem Ziel zu paddeln. Wir beschließen, uns ein Boot zu nehmen, das uns zu unserem Camp fahren soll.

» Über dem Pazifk liegt dichter Nebel und einzelne Inseln tauchen geisterhaf aus dem Ozean auf –eine gespenstische, wunderschöne Stimmung umgibt uns.«

Außerdem sehen wir unseren ersten Schwarzbären vom Boot aus. Er läuf am gegenüberliegenden Strand entlang und ist relativ klein.

Start Duncan — Ziel Broken Group Islands

Als wir an unserem Campplatz ankommen ist es bereits dunkel, kalt und es regnet noch stärker. Auf dem Gelände, wo wir übernachten wollen, ist kein einziger Platz mit ebener Fläche für ein Zelt. Also bauen wir unser Camp schließlich an Hängen, zwischen Bäumen und unter umgefallenen Stämmen auf. Um nach dem Abendessen in unsere Zelte zu kommen, müssen wir, da die Flut so hoch gestiegen ist, durch kniehohes Wasser waten. Auf die Wildnis! Oh nein! Das darf doch nicht wahr sein! Ich höre… Regentropfen! Und wir haben gedacht, dass der Schlamm und Dreck, durch den wir gestern Nacht stapfen mussten, nur ein Albtraum war… Die Pullover sind feucht, Strümpfe und Schuhe das Gegenteil von trocken, aber unsere Laune hat sich nach drei Mal tief Luf holen wieder auf neutral eingependelt. Zum Glück hat die Ebbe schon eingesetzt und wir müssen nicht durch das Wasser zum Feuer laufen. Halt, Feuer? Von wegen! Zu sehen ist nur eine Rauchfahne, die außerdem stinkt. Aber gerade heute haben wir die Möglichkeit, etwas aus dem immensen Wissenstopf von Tim, einem Meeresexperten, zu schöpfen, der leider nur diesen einen Tag da ist. Wir versammeln uns

also um ihn herum, versuchen es mit Lächeln und hören ihm zu. Anschließend paddeln wir unter Tims Anleitung in eine nahe gelegene Bucht, um dort Muscheln, darunter Miesmuscheln und Austern, zu »ernten«. Es gibt ein paar Freiwillige, die sich das schleimige Innere einer Auster direkt in den Gaumen kullern lassen und unter Würgerefexen runterschlucken. Guten Appetit!

Luka, 15 Jahre und Blanka, 16 Jahre

»Oh nein! Das darf doch nicht wahr sein! Ich höre… Regentropfen!«

Luka, 15 Jahre und Blanka, 16 Jahre

16./17. Juli 2011

Broken Group Islands

Paradies entdeckt!

Der zweite Tag auf Rain Island und ja, es regnet mal wieder. Doch die noch etwas verschlafene Stimmung wird kurz nach dem Frühstück sehr schnell um einiges munterer, denn wir werden von einem Schwarzbären besucht. Der etwa mittelgroße Bär ist wahrscheinlich auf seiner Frühstückssuche und läuf an unserem Strand entlang, geht zielstrebig auf unsere Zelte zu, und ja, es befnden sich noch Leute in den Zelten. Doch da Schwarzbären nicht aggressiv sind, können wir ihn mit Paddel- und Trommelschlagen vertreiben. Nach dieser Aufregung wollen wir ein Stückchen paddeln. Sobald wir uns auf dem Wasser befnden, legt sich der Regen und wir entdecken Seerobben, die auf Steinen faulenzen und uns beobachten. Die Hauptattraktion kommt aber noch, denn nach einer Weile entdecken wir Birthday Island (heute ist Kais Ge-

Notizen

ffziell hei t da Gebiet um Birthday und Rain Island Pacifc Rim National Park Reserve. Die offziellen Namen wurden je nach Anlass durch die Stipendiaten 2011 ersetzt. Auch im Jahr wurden die inoffziellen Namen beibehalten.

burtstag), das Paradies auf Erden: weißer Sandstrand, herrliche Campsites, ein fertiges Klo und Tonnen von Tidepools. Einstimmig wird beschlossen: Wir wechseln morgen unseren Standort! Von der Trommel geweckt, kommen wir alle hoch motiviert aus unseren Zelten –Umzug ist angesagt!

» Auf nach Birthday Island!

Unser Paradies! «

Das Wetter ist besser, es regnet nicht mehr, und auch wenn der Himmel noch grau ist, kämpf sich schon an einigen Stellen die Sonne durch und es ist wärmer als die Tage zuvor. Nach ein paar Stunden liegt vor uns eine kleine idyllische Insel mit Wald, Felsen, Schwemmholz, keinem Bären, einer richtigen Toilette (welche später jedoch noch in sich zusammen fallen sollte),

16./17. Juli Tag 18-19

mit Badezimmer und einem riesigem Platz für eine Küche mit Bufet zwischen zwei breiten Ästen, und am allerwichtigsten: einem großen Sandstrand. Sehr glücklich und zufrieden bauen wir unsere Zelte auf dem so schön ebenen und weichen Sand auf und lassen sie trocknen. Die Wurzeln und Stämme, welche am Strand liegen, sind bald von unseren zum Trocknen aufgehängten Kleidern belegt. Der Strand wird richtig bunt. Als dann alles trocken und sauber in den Zelten verstaut ist, fängt es wieder an zu regnen. Aber dieser Regen kann die gute Laune nicht trüben. Glücklich sitzen wir abends erst am Feuer und liegen dann müde in unseren Zelten, die immer noch sehr stark nach Regen, Erde und purer Wildnis riechen. Was für ein Tag.

Gina, 17 Jahre und Luka, 15 Jahre

Notizen

Tidepools sind kleine Becken, die sich während der Flut mit Wasser füllen, bei Ebbe jedoch vom Meer abgeschnitten sind. Das Meerwasser verbleibt in den Tidepools, so dass sich dort zahlreiche Meerestiere bis zur nächsten Flut aufhalten. können.

Das nennt man Abenteuer!

Dieser Tag wird für mich persönlich der Tag werden, welcher mir von allen am längsten in Erinnerung bleiben wird. Heute wollen einige von uns mit dem Kanu raus in den Pacifc Rim National Park paddeln!

» Durch Schokoladen- und Studentenfuttersnacks angetrieben, vergeht die Zeit sehr schnell…«

Da wir einen weiten Weg vor uns haben, stehen wir schon früher als gewöhnlich auf. Nach einem schnellen Frühstück werden ein paar Sachen zusammengepackt (auch extra warme Unterwäsche und ein paar Schlafsäcke, falls wir vor Einbruch der Dunkelheit nicht rechtzeitig zurückkommen). Dann geht es los. Bis zum Mittag paddeln wir fast ohne Unterbrechung zwischen den Broken Islands hindurch. Schließlich suchen wir uns eine geeignete Insel, um dort Mittag zu essen. Danach nehmen wir begeistert die Artenvielfalt der Insel genauer unter die Lupe. Wir fnden ein paar sehr interessante Tidepools mit einer bunten Auswahl an Seesternen, Annemonen und verschiedensten Krebsen. Wir würden zwar gerne noch länger auf dieser

atemberaubenden Insel bleiben, doch schließlich ist unser großes Ziel heute auch der Besuch einer Seelöwenkolonie. Und bis dahin ist es noch ein langer Weg. Durch Schokoladen- und Studentenfuttersnacks angetrieben vergeht die Zeit sehr schnell und bald sind es nur noch ein paar hundert Meter bis wir die Seelöwenkolonie sehen werden.

Dass der Tag relativ windig ist hat uns bis jetzt – geschützt zwischen den kleinen Inseln paddelnd – nur wenig gestört, doch um zu den Seelöwen zu gelangen müssen wir ein Stück auf den ofenen Pazifk hinaus paddeln. Mit höchster Anstrengung geht es jetzt nur noch langsam voran, doch von Weitem können wir die riesigen Tiere jetzt schon sehen. Trotz der hohen Wellen und der Anstrengung wollen wir noch näher ran.

Letztendlich haben wir einen super Ausblick auf die Tiere. Wir können Männchen von Weibchen und Alt- von Jungtieren unterscheiden. Der Anblick ist unglaublich!

Leider können wir ihn nicht in Ruhe genießen, da die Wellen immer höher schlagen. Mittlerweile sind alle pitschnass und die Arme fangen an zu protestieren. Wir paddeln daher wieder zurück

18. Juli Tag 20

zu den schützenden Inseln, doch der Weg ist länger als er aussieht. Endlich haben wir es geschaf und wir halten an der ersten kleinen Insel. Unter viel Tauschen und Improvisieren schlüpfen wir in die mitgebrachten Wechselkleider und teilen uns den letzten Rest Schokolade. Total erschöpf machen wir uns auf den Heimweg auf dem wir glücklich, aber müde, unsere Eindrücke austauschen.

Kurz bevor wir wieder »Zuhause« ankommen, nehmen wir uns noch mal 10 Minuten Zeit und beobachten die wunderschöne Sonne, welche gerade über dem Meer untergeht. Jeder lässt sich durch den Kopf gehen, was wir an diesem Tag erlebt haben. Die einzigartigen Eindrücke in der atemberaubend schönen, unberührten Natur und die gemeinsame Anstrengung haben uns als Gruppe noch mal mehr zusammenwachsen lassen – unvergleichlich, unvergesslich!

Momo, 15 Jahre

19./20. Juli

Tag 21-22

19./20. Juli 2011

Endlich etwas an der Angel

Nach einem stärkenden Frühstück arbeiten wir an unserem Projekt weiter und sammeln ein paar Algen.

» …wie ein kurzes Abschiedswinken der Wildnis.«

Mit einer Sondererlaubnis dürfen wir auf der Insel bleiben, um damit weiter zu machen (es ist gerade Ebbe), während die Anderen Wasser und Feuerholz holen gehen. Unsere feißigen Angler bleiben den ganzen Vormittag über erfolglos – was ganz bestimmt an den Fischen liegt…Doch trotzdem wollen wir es zumindest für die Nachwelt so aussehen lassen, als hätten wir die Fische selbst gefangen: einmal mit einer Angel, (diese Ehre haben Haley und Momo) und einmal traditionell mit einem Speer (Nathans Aufgabe). Diese Aktionen werden eifrig dokumentiert. Oder viel-

leicht wird auch nur gefscht, um es zu dokumentieren, dies lassen wir hier mal ofen… Jedenfalls haben wir alle einen Riesenspaß! Mein persönlicher Höhepunkt des Tages ist es, den Speer, den Nathan während der Filmarbeit in den Ozean entlässt, wieder aus dem tiefen Wasser zu holen. Denn den Speer brauchen wir noch, da die Szene noch nicht fertig ist und es doch allzu verdächtig aussähe, wenn er im Film plötzlich einen anderen Speer in der Hand hielte. Tja, da kann man nicht viel mehr sagen als »kalt«!!!

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge sitzen wir am nächsten Tag alle im Bus und lassen die Erlebnisse der vergangenen Tage noch einmal vor unserem inneren Auge Revue passieren. Jeder ist in seiner eigenen Gedankenund Traumwelt gefangen. Wir alle sind dankbar für all das, was wir in unserer

Erinnerung mitnehmen dürfen.

Als wir alle schon im Halbschlaf sind, schreit plötzlich jemand auf: »a bear«! Und so sind wir plötzlich wieder hellwach und schauen begeistert auf den Bären, der uns auf dem Weg entgegenläuf und kurz vor unserem Bus in den Wald abbiegt wie ein kurzes Abschiedswinken der Wildnis.

Johanna, 15 Jahre und Kristin, 16 Jahre

Notizen

»Bear = Vegetarian« – Ein Video auf Vimeo: http://vimeo.com/45370630

21. Juli Tag 23

Notizen

Aus dem Flugzeug konnten wir wieder den Koksilah

Forest sehen, einen Teil der letzten 2% des temperierten Regenwaldes auf Vancouver Island.

Diesen Tag vergesse ich nie!!

Der 22.07.2011 ist ein ganz besonderer Tag und wird immer einer der schönsten in meinem Leben bleiben. Heute ist der 17. Geburtstag von Claudi und mein 18. sowie unser letzter vollständiger Tag in Duncan. Geweckt werde ich liebevoll von meinen beiden Schwestern für die Zeit in Kanada, Kristin und Kenzy. Zum Frühstück gibt es leckere Wafeln mit Erdbeeren und Schlagsahne – traumhaf! Im Youth Center werden wir sofort von den ersten Gratulanten überfallen. Fliegen und Feiern steht heute auf dem Tagesprogramm.

» Zu dritt oder zu zweit besteigen wir nacheinander ein

Wasser fugzeug und heben ab.«

Uns bietet sich ein gigantischer Ausblick! Leider wird das idyllische Landschafsbild immer wieder von Kahl-

schlaggebieten unterbrochen. Aber dennoch ist es ein einmaliges Erlebnis und ich bilde mir sogar ein, unsere Campingstelle in Koksilah zu sehen; Andere wiederum können einen Bären aus der Vogelperspektive beobachten.

Nach diesem wunderbaren Flugerlebnis fahren wir wieder zurück und bereiten uns auf die Farewellparty vor, die heute noch bei Nathan zu Hause stattfnden wird. Dort versammeln sich noch einmal fast alle, die wir während der ganzen Zeit kennenlernen durfen. Es gibt noch so einige Geburtstagsständchen auf Deutsch, Englisch und Hul'q'umi'num', der traditionellen Sprache der Cowichan. Aber das schönste wird von Momo und Claudi gesungen, die für den Abend sogar ein Lied selbst gedichtet haben. Es ist, um es kurz zu sagen, ein wunderschöner und gelungener Abschieds-

abend, der auch sehr herzergreifend und emotional bewegend ist. Für deutsche Verhältnisse wahrscheinlich relativ früh, aber das ist in dem Fall auch gut so, fahren wir dann nach Hause und packen unsere Sachen, denn morgen ist Abreisetag. Bevor wir aber ins Bett fallen, gibt es noch eine sehr schöne Überraschung. Kristin und Kenzy kommen singend mit Kuchen und Geschenken ins Zimmer und überreichen mir noch ein Geschenk: ein Wildernes International T-Shirt, auf dem alle unterschrieben haben. Dieses TShirt und das Lied von Momo und Claudi und dieser schöne Tag sind die besten Geburtstagsgeschenke, die ich mir niemals erträumt hätte. Aber das größte Geschenk sind die ganze spannende Kanadareise und die Freundschafen, die daraus entstanden sind.

Uta, 18 Jahre

Dankeschön

Wake up — Sun is shining

Wake up — Sun is shining

We shake our bodies and eat instant oat, We look quick in the mirror and jump in the boat. Hurry up and keep looking, where is the paradise for awesome cooking. Grap a tortilla and swing your hips, evil cayenne pepper is burning your lips. Team awesome, you are so great, somewhere in the bush hides the bear for whom you wait.

Wake up — Sun is shining

Wake up — Sun is shining

Canada, your nature is what we enjoy, you give inspiration to girl and boy. Keep paddling — Keep paddling, the windy windy ocean allows no struggling! Eagle and seal say goodbye to us, tomorrow we will sit in the yellow bus and go back to Germany, with nerds and candy. Goodbye Canada we enjoyed it here!!

Mit diesem Rap bedanken wir uns für die schöne Zeit in Kanada!!!

23./24. Juli

Tag 24-25

23./24. Juli 2011

Schon vorbei ?

Der Tag beginnt mal wieder früh, sehr früh! Doch heute hat keiner Lust aufzustehen… Abfahrtstag! Wir trefen die müde Truppe am Youth Center, der Bus wird bepackt und dann geht es ans Verabschieden.

» Und ich erzähle und erzähle und schlafe irgendwann erschöpf ein…«

Es kullern viele Tränen, vor allem bei der weiblichen Besatzung. Wir merken, dass wir einander doch – trotz kleinerer und größerer Streitigkeiten und der kulturellen Unterschiede – sehr ans Herz gewachsen sind!

Als wir kurz darauf alle zum letzten Mal in unserem gelben Schulbus sitzen,

wird uns erst so richtig klar: Jetzt beginnt unsere Heimreise. Und wer weiß –haben wir uns nicht alle ein kleines Bisschen verändert durch all die Abenteuer, die nun hinter uns liegen? Schläfrige, nachdenkliche, wehmütige, aber auch glückliche Stunden liegen vor uns, nur die Zwischenstationen Vancouver und Frankfurt trennen uns noch von unseren Familien.

Von Frankfurt aus haben wir eine 6-stündige Zugfahrt nach Dresden vor uns. Im Halbschlaf tauschen wir noch mal das Erlebte aus, lachen, weinen, fallen uns in die Arme, fassen uns für eine halbe Stunde wieder und schlafen ein.

Die Energie, die wir durch all diese Emotionsausbrüche verloren haben, wird mit Studentenfutter und Co. wieder ersetzt.

Doch schon bald wird mir die stickige Zugluf zu viel und ich sehne mich nach der klaren Variante zurück, so wie wir sie im Wald, auf den verschiedenen Inseln oder auch im Garten der Gastfamilie einatmen durfen. Auch die Klänge der Adlerrufe, die Robbengesänge oder einfach nur die Stille vermisse ich schon jetzt. In der tiefen Nacht kommen wir dann in Dresden an. Uns wird klar, dass wir doch Einiges sehr vermisst haben. Und als ich mit meiner Familie auf dem Sofa sitze, will alles hinaus:

All das, was ich über die Postkarten und E-Mails einfach nicht ausdrücken konnte. Und ich erzähle und erzähle und schlafe irgendwann erschöpf ein…

Johanna, 15 Jahre und Blanka, 16 Jahre

Start Duncan, Kanada — Ziel Dresden, Deutschland

Tagebuch 2012 Expedition

»Riesendouglasien

und das Geräusch von Kettensägen«

11. Juli 2012 – 2. August 2012

Vancouver Island, Kanada

Riesendouglasien und das Geräusch von Kettensägen

"Irgendwo zwischen dem Nebel von gestern und den Wolken von morgen hatte ich die beste Zeit meines Lebens. Im Land des Ahornbaumes dachte ich das erste Mal weder an Vergangenes, noch an Zukünfiges. Ich lebte im Augenblick – und prägende Augenblicke gab es viele. Wir erlebten Natur, waren Teil einer uns fremden Kultur und lernten uns selbst besser kennen."

Expeditionsteilnehmer

EXPEDITIONSLEITUNG

Hannes Holtermann

Kai Andersch

Katharina Klauer

David MacDonald (Alberta, Kanada)

MEDIEN TEAM

Sami Fayed, Fotographie

Reinhard Mink, Unterwasserfotographie

Jan Wagener, Film

Shayla Snowshoe, Fotographie

FORSCHUNG

Tim Kulchyski, Meeresbiologe

PROJEKTPARTNER / STIFTER

Ellen Weiland, Stifungsratspräsidentin

Petra England, Stiferin

Klaus Weichbrodt, Globetrotter Ausrüstung

Ole Schulz, Globetrotter Ausrüstung

FIRST NATIONS / INDIANER

Hwiemtun, Fred Roland

Yut`xwam, Harold Joe Sr.

Qwustenuxun, Jared Williams

Tina Lewis

Jorge Lewis

Jacqueline Rodriguez

Gerald Jim

Megan

Umweltbotschafter – Deutschland

JAMIE SOMMER, 16 JAHRE / Frankfurt International School

Am meisten gefel mir auf unserer Kanada-Reise, das Schnitzen zu lernen und auf Birthday Island zu Hwientums morgendlichem Singen und dem Meeresrauschen aufzuwachen. Mein Patentier war der Buckelwal, eine Walart, die kein ständiger Bewohner an der Küste Westkanadas ist. Doch glücklicherweise konnten wir einen dieser Art auf seinem Weg in die Nahrungsgebiete im Norden beobachten.

THERESA NAACKE, 17 JAHRE / Gymnasium Dresden-Klotzsche

Andere Länder, Kulturen und Welten zu entdecken, ist mein Lebenstraum. Damit auch noch andere die Chance haben, sich diesen Traum zu erfüllen, muss all das bewahrt werden. Deshalb bin ich Umweltbotschaferin bei Wilderness International geworden. Als Patenorganismus für diese Reise habe ich die Echte Lungenfechte gewählt. Sie ist ein Indikator für sehr hohe Lufqualität und auf Vancouver Island weit verbreitet.

FINN VON MALTZAHN, 15 JAHRE / Anton-Philipp-Reclam-Gymnasium, Leipzig

Für mich stand bei dieser Reise vor allem im Vordergrund, dass ich die kanadische Wildnis auf Vancouver Island kennenlernen wollte. Aber auch sich mit mir noch unbekannten Menschen auf so ein Abenteuer einzulassen und Freunde zu fnden, ist eine tolle Erfahrung gewesen. Wie jeder andere aus unserer Gruppe hatte ich ein Patentier: die Anthopleura elegantissima (lat.), eine »elegante« Anemonenart. Und mit der Red Huckleberry hatte ich auch noch eine Patenpfanze, die sehr häufg zu fnden gewesen ist und außerdem echt gut geschmeckt hat.

ANTON KAMOLZ, 16 JAHRE / Humboldt-Gymnasium Radeberg

Die Reise nach Kanada hat mich besonders interessiert, da man dort die Natur und die Tiere noch in ihrer ursprünglichen, unberührten Form beobachten kann. Denn man muss sich auf der Welt schon sehr umsehen, um solche Flecken wie auf Vancouver Island zu fnden. Als Patentier habe ich mir das wahrscheinlich spannendste Tier des Meeres ausgesucht. Die Red Rock Crab ist wie die Ameise des Meeres, sie frisst besonders gern tote Fische und sorgt damit dafür, dass der Kreislauf des Ökosystems erhalten bleibt. Beim Schnorcheln ist sie leicht zwischen Seegras zu fnden.

MIRIAM HEYDUCK, 16 JAHRE / Lößnitzgymnasium Radebeul

Ich liebe Wälder, Regen, Sturm und hasse Shopping. Mein Patentier ist der Rote Seeigel, der wunderschön ist und stachliger aussieht, als er in Wirklichkeit ist. Ich habe mich besonders darauf gefreut, Bäume zu sehen, die so alt sind, dass sie Geschichten erzählen können - nicht solche 50 Jahre alten Zahnstocher wie in Deutschland. Mit meinem Engagement will ich helfen, alte Bäume zu schützen, damit auch künfige Generationen ihren Geschichten lauschen können.

EGON HÖFGEN, 18 JAHRE / Lößnitzgymnasium Radebeul

Hallo, mein Name ist Egon. Am Wochenende gehe ich gerne Klettern oder übernachte in Höhlen in der Sächsischen Schweiz. Deshalb wollte ich auch die Natur in Kanada kennen lernen und helfen, sie zu schützen. Mein Patenorganismus ist die Bartfechte.

CHRISTINA ARMSTRONG, 17 JAHRE / Frankfurt International School

Ich bin in der Canadian Cooks Gruppe und hatte das Glück, viele neue Sachen zu erleben und Essbares zu kosten! Es gab faszinierende Hintergrundgeschichten zu Zutaten und Traditionen der Cowichan, welche Respekt und Interesse in mir weckten. Das Erlebnis in Kanada war so einzigartig für mich, dass ich nicht versuchen werde, es in Wörtern zu beschreiben. Mein Patentier ist die Purple Shore Crab und die Nodding Onion (nickende Zwiebel), eine Sorte der wilden Zwiebel, welche gekennzeichnet ist durch ihre Blütenform, die aussieht, als würde sie nicken.

JENIN ZIEMENS, 15 JAHRE / Gymnasium Dresden-Bühlau

Meine Patentiere sind die Kegelrobbe und der Buckelwal, weil mich Meeressäuger schon lange interessieren und faszinieren. Ich bin Umweltbotschaferin geworden, weil das Wisdom Seekers – Knowledge Keepers-Programm mir die Möglichkeit bietet, aktiv zu werden. Durch das Projekt kann ich auf Probleme aufmerksam machen und etwas bewegen.

LYNN STUTE, 18 JAHRE / Lößnitzgymnasium Radebeul

Ich habe bei der Kanada-Expedition 2012 von Wilderness International mitgemacht. In diesem Rahmen habe ich Krebse und Krabben gefangen und untersucht und einige Wasserqualitätstests durchgeführt. Dies tat ich zusammen mit Anton und Finn, gemeinsam bildeten wir das Team Holy Crab. Ich hatte aber auch ein eigenes Patentier, den Sonnenseestern, oder wie er auf Englisch heißt, Sun Starfsh, welcher mit bis zu 18 (!) Tentakeln oder Armen einen eher exotischen kanadischen Meeresbewohner darstellt.

RONJA ZABEL, 15 JAHRE / Humboldt-Gymnasium Leipzig

Mich faszinierte an dem Projekt die Möglichkeit, mit den Cowichan in Kontakt zu kommen, direkt mitzuerleben, wie sie die Natur wahrnehmen und mich für die Erhaltung ihrer natürlichen Umwelt einzusetzen. Als Patentier hatte ich mir den Seeotter ausgesucht. Dieser ist leider sehr scheu und nicht of anzutrefen, doch wir hatten Glück und haben ein Tier kurz gesehen. Außerdem habe ich mir die Douglasie als Patenpfanze ausgesucht, auch weil der größte Baum Deutschlands eine Douglasie ist.

Nanaimo
Ladysmith
Ganges
Cobbie
Sidney
Leechtown
Sooke
River Jordan
Chemainus
Lake Cowichan
Cowichan Station
Westholme

11. Juli Tag 1

Dresden, Deutschland — Duncan, Kanada

Sieben Städte an einem Tag

Die große Reise nach Kanada beginnt für die Dresdner Stipendiaten bereits 4.30 Uhr. Es geht mit dem Zug über Leipzig nach Frankfurt. Am Frankfurter Flughafen fällt plötzlich einem Stipendiaten ein, dass er den Reisepass vergessen hat. Deswegen rennen Kathi und der Stipendiat innerhalb der nächsten 2 Stunden durch den Frankfurter Flughafen und versuchen, einen vorläufgen Pass zu beantragen. Währenddessen packen die anderen um und checken ein. Glücklicherweise geht mit dem Pass fast alles gut.

»…plötzlich fällt einem Stipendiaten ein, dass er den Reisepass vergessen hat…«

Inzwischen liegen lange Stunden im Flugzeug hinter uns, die nur gelegentlich durch atemberaubende Aussichten unterbrochen wurden. Schon als wir in Calgary zwischenlanden, bekommen wir eine erste Vorahnung, was uns erwarten würde. Wir stellen fest, dass die Landschaf Kanadas weitläufger ist, als jene, die wir aus Deutschland kennen. Auch der erste Eindruck von Vancouver City ist positiv. Diese Großstadt ist unerwartet grün. Bei aller Schönheit der Landschaf macht sich allmählich Müdigkeit breit. Aber das Sonnendeck der Fähre macht seinem Namen alle Ehre und entschädigt für alle Strapazen. Wir kommen in den Genuss eines postkartenreifen Sonnenuntergangs.

Die vom grünen Nebel verhangenen Berge schüren unsere Erwartungen, weitere spektakuläre Naturschauspiele zu sehen. Außerdem können wir Schweinswale und Seehunde beobachten. Als wir in Victoria ankommen, erwarten uns bereits Kai und Hwiemtun. Mit ihnen beenden wir den langen Weg zu unserem Basislager in Duncan. Ein anstrengender Tag geht zu Ende und trotzdem freuen wir uns auf den nächsten Morgen.

Notizen

Die Projektgruppe Brother Wolf (Jenin, Miriam und Ronja) will Geschichten über den Wolf und Erfahrungen mit ihm sammeln und vergleichen., sowohl in Deutschland als First Nations in Kanada.

Ronja

12. Juli Tag 2

Duncan

Totempfähle

Gleich am ersten Morgen, den wir in Kanada erleben, können wir Rehe und alle möglichen anderen Tiere sehen. Ein paar von uns sind auch von einem Tier aufgeweckt worden: einem Pfau. Der See und der sonnendurchfutete Wald geben ein wunderschönes Ambiente ab. Alle Stipendiaten schlafen gemeinsam in einem großen Raum und aus der einzigen Dusche kommt sogar warmes Wasser. Mit Jan, unserem Filmer, machen wir dann auch ziemlich bald die ersten Aufnahmen. Finally we switch over to English! Auch wenn es seltsam ist, unter Deutschen eine Fremdsprache zu sprechen und uns noch reichlich Vokabeln fehlen.

»Finally, we switch over to English!«

Nachmittags fahren wir mit Hwiemtun nach Duncan Downtown, wo er uns den Totempfahlweg zeigt, für den die Stadt bekannt ist. Zu jedem der Pfähle kann er uns viel erklären. Zum Beispiel, dass jeder Schnitzer seinen eigenen Stil hat und dass von den Cowichan traditionell nur die Farben rot und schwarz für die Bemalung verwendet wurden. Aber wir sprechen nicht nur über die verschiedenen Totem Poles, wie sie auf Englisch heißen, und ihre unterschiedlichen Bedeutungen, sondern auch über die Geschichte von Duncan und vor allem die Geschichte der Cowichan in der Stadt und der Region Cowichan Valley. Nach ein paar Stunden Freizeit fahren wir gemeinsam wieder zurück. Am Abend gibt es ein kleines Fest, bei dem uns einige der Cowichan Elders in ihrer Heimat willkommen heißen. Es ist ein schöner, aber auch anstrengender erster Tag hier in Kanada. Alle sind total müde und geplagt von Mücken.

Theresa und Miriam

3

Rosen aus Zedernbast

Heute sind wir endlich zu unserer ersten Kanuexpedition nach Sansum Narrows aufgebrochen. An der Cowichan Bay trefen wir David, der die zwei riesigen Kanus transportiert hat und unsere Fotografen, deren größter Feind das Wasser ist. Es ist sehr schön, dass auch Uncle Harold, Yut‘xwam, ein Elder der Cowichan, mit uns kommt. Zunächst müssen wir allerdings die Ausrüstung Sortieren und Einpacken:

Anton 13. Juli

»Wie stapelt man die Ausrüstung für 20 Personen am besten in nur zwei Kanus?«

Dann geht es endlich los. Wir haben zwar mit Windstärke 4 und leichten Wellen

zu kämpfen aber trotzdem sind alle hoch motiviert. Als kleine Belohnung sehen wir deshalb heute insgesamt vier Weißkopf - Seeadler, einige Quallen und sowohl lila, als auch rote Seesterne. Jetzt sind wir richtig in der Natur angekommen. Das Highlight des Tages ist die Inspizierung der Red Cedar, auf Deutsch: Riesenlebensbaum. Dieser Baum hat schon seit Bestehen der Cowchian eine sehr große Bedeutung – aus ihm wurden z.B. Totempfähle, und Hüte hergestellt. Harold macht dem Baum zuerst ein kleines Geschenk in Form von Tabak, dann schälen wir ein sehr langes Stück Rinde ab

und können aus dem Bast schöne Rosen oder kleine Körbe anfertigen. Als kleinen Anfang unseres Projektes (Holy Crab) haben wir heute Nachmittag einige verschiedene Krebse gefunden, aber sie waren leider zu klein um sie zu essen.

Duncan Samsun Narrows

Notizen

Die Projektgruppe Holy Crab (Anton, Finn und Lynn) untersucht die Wasserqualität der Gewässer und will so etwas über die Auswirkungen der Kahlschläge auf das Wasserökosystem und die Lachse erfahren.

14. Juli

Tag 4

Samsun Narrows

Samsun Narrows

Happy Birthday

Der Morgen beginnt mit Trommelschlägen von Hwiemtun und einem Happy-Birthday-Ständchen auf Hul’q’emi’num‘ für Ronja. Zum 15. Geburtstag darf natürlich der Kuchen auch nicht fehlen. Am Vormittag werden die Projekte vorangetrieben. Holy Crab ist eifrig am Krabbensammeln, während wir Harold befragen. Dabei lernen wir viel über die Kultur der Cowichan, zum Beispiel den Kreislauf des Lebens, Englisch der Sacred Circle, in dem alle Elemente des Lebens dargestellt werden. Tim, der Meeresbiologe, und Megan stoßen am Mittag zu uns. Tim und unsere zwei Fotographen gehen dann tauchen, um uns verschiedene Meeresorganismen im wahrsten Sinne des Wortes näher zu bringen, beispielsweise Seeigel. Tims Großvater konnte als kleiner Junge an einem Vormittag leicht drei Säcke davon sammeln. Deshalb und wegen der anderen, sehr zahlreich vertretenen Arten (Lachse im Wasser und Rehe in den Wäldern) war diese Gegend sozusagen die Kornkammer der Cowichan. Doch als Tim in den Neunzigern mit dem Tauchen begann, gab es von Crofon bis Cowichan Valley keinen einzigen Grünen Seeigel mehr. Bei der Insel Bariol Island wurden 5000 Eier ausgestreut,

um die Grünen Seeigel wieder anzusiedeln. In den ersten paar Jahren war nichts zu sehen, doch nun kommen sie sogar auf unserer Seite der Meeresstraße wieder vor. Tim bringt uns mehrere Exemplare Roter Seeigel und einen Grünen Seeigel mit, die sogleich verkostet werden.

Ähnlich wie den Seeigeln erging es dem Hering. Einst wimmelte es hier von Heringen. Durch Wasserverschmutzung verschwanden sie und damit die Nahrungsgrundlage vieler anderer Tiere.

»Doch dann erinnerte sich die Industrie, die nach neuen Fanggebieten suchte, an einen alten Trick der Cowichan.«

Der Trick zur Wiederansiedlung der Heringe bestand darin, kurz vor der Laichzeit an den Eiablagestätten der Heringe Bäume oder Äste ins Wasser zu legen und so eine künstliche Laichstätte zu schafen. Diese wurden dann samt der Eier hierher gebracht, wodurch der Hering nun auch hier wieder heimisch geworden ist. Ursprünglich erntete die Cowichan so den Rogen.

Egon

14. Juli Tag 4

Crofton Mil

Wir dürfen heute zusammen mit Reini und Tim zur Papiermühle in Crofon fahren. Tim, ein Cowichan mit einem unglaublichen Wissensschatz über die Tier- und Pfanzenwelt in und um Sansum Narrows, nimmt uns auf seinem Boot mit, damit wir die Mühle vom Wasser aus sehen können. Da der Weg dorthin ziemlich lang ist, erzählt uns Tim unterwegs einiges über die Geschichte der Cowichan und ihre Verbundenheit mit diesem Stück Land. In Samsun Narrows ist die Landschaf wirklich wunderschön, aber als wir dann in eine große Bucht einbiegen und die Papiermühle sehen, ist es ein großer Schock für uns, dass in dieser eigentlich so friedlichen, ruhigen Landschaf riesige Tanker und Fabriken in “DDRZustand” stehen können.

Schife, wie man sie sonst nur im Hamburger Hafen sieht, schwimmen nun direkt vor uns.

Wir sehen auch mindestens sieben riesige Container, so groß wie zwei Einfamilienhäuser, mit Holzspänen gefüllt, zu sehen. Außerdem schwimmen überall im Wasser große Baumstämme, die uns zum Überlegen anregen, wie alt sie wohl gewesen sein müssen, weil sie mehr als zwei (!) Meter Durchmesser haben. Wir fragen uns auch, wie viele Bäume gefällt wurden, um die Container zu befüllen. Tim erzählt uns zudem, dass man ein bestimmtes Mittel (anti sap stain treatment) nutzt, um die Rinde einfacher von den Bäume lösen zu können.

»Dieses Mittel ist nun in die Organismen der vor Ort lebenden Tiere gelangt und wird für mindestens 45 Jahre in den folgenden Generationen enthalten sein.«

Die Wasserproben, welche wir nehmen, haben erstaunlicherweise trotzdem eine gute Qualität, viel besser, als wir erwartet haben. Tim fügt hinzu, dass sich die Wasserqualität in den letzten Jahren enorm verbessert hat, aber leider immer noch gifige Chemikalien von der Papiermühle direkt in den Ozean geleitet werden.

Finn und Anton

Samsun Narrows

15. Juli

Tag 5

Gedanken zum Tag

10:30 Shayla

I felt like I didn‘t want to leave the camp because I really enjoyed the stay. I loved the camping, the nature and how clean it was. I will always remember this place because it is where I frst swam in the ocean, frst saw and touched a starfsh and frst ate sea urchin and kelp. And I plan to return someday.

14:00 Finn

Die Papiermühle war echt beeindruckend, weil der Kontrast zwischen unberührter Natur und dem rauchenden Schornstein beinahe auf eine unangenehme Art und Weise ergreifend war.

18:00 Lynn

Ein Reh lief circa zehn Meter vor unserer Nase auf der Wiese entlang, bemerkte uns und rannte nicht einmal weg! Es ist erstaunlich, wie zahm Tiere werden können, wenn sie in der Nähe des Menschen wohnen, aber ist es auch gut für sie?

23:45 Christina

Ich bin völlig fertig und glücklich wie nie. Mir laufen gerade die Tränen, weil ich so kaputt bin nach der heutigen Kanufahrt und den späten Nächten. Wir sind noch nicht einmal eine Woche hier und haben schon so viel erlebt. Die Kultur, die wir kennengelernt haben und die Natur, in der wir gelebt haben, sind fast surreal und komplett unfassbar.

16. Juli

Tag 6

Im Reich der Giganten

Heute machen wir uns auf den Weg nach Koksilah. Die lustig besungene Holperfahrt über Schotter und Stein endet nach ungefähr 45 Minuten Fahrzeit in einem engen Tal, welches reich bewachsen ist. Angeführt von Hwiemtun beginnen wir die Wanderung. Zwischendurch erklärt er uns die Bedeutung einiger Markierungen an den Bäumen: Wir befnden uns technisch gesehen in einem Gebiet, das „noch“ den Forstgesellschafen gehört. Wilderness International befndet sich in Verhandlungen. Die Berge werden hier durch zwei Maschinen, welche in einer Woche circa 150 Hektar Fläche von jeglichem Leben “befreien” können, ununterbrochen abgeholzt. Nach drei Kilometern endet unser Marsch in

einem Reich der Giganten! Man hat uns zwar gesagt, dass es in Koksilah sehr, sehr, SEHR große Bäume gibt, aber selber vor ihnen zu stehen, ist eine ganz andere Sache. Viele unserer Teammitglieder ziehen ihre Schuhe und Socken aus, um den weichen Grund zu fühlen und den Ort nicht zu schädigen. So wird der Wald Schritt für Schritt erkundet. Manche von uns fühlen sich neben diesen bis zu 90 Meter hohen Bäumen winzig und auch unbedeutend; die Bäume sind bis zu 1000 Jahre alt und so kommt das Gefühl auf, jung und unerfahren zu sein. Andere sehen den Wald schon als ein zweites Zuhause an, sie verbinden Geborgenheit und Sicherheit mit den Bäumen. Wir gehen in einem „privaten“ Naturpool schwim-

men und schließen danach ein (fast) professionelles Foto-Shooting an.Am Abend, nachdem jeder seinen Schlafplatz gefunden hat, wird sich erschöpf auf die Matte gelegt und die Äuglein geschlossen. Manche schlafen im Freien, was durch die monströsen Schwärme von Minimücken allerdings etwas ungemütlich wird.

»Für den nächsten Morgen wartet viel Mückenspray!« Lynn

Duncan — Koksilah Old Growth Forest

17. Juli

Tag 7

Alles ist riesig

Kanada ist nicht nur ein großes Land mit weitläufgen Wäldern – wir bemerken, dass auch viele andere Dinge riesig sind: Ahornblätter, Rucksäcke, Mückenschwärme, Trucks, Superstores, Bäume, Spaß! Nach einer unruhigen Nacht sind alle sehr müde, doch wir werden durch das schöne Flötenspiel von Hwiemtun geweckt. Wir fangen an, unsere Videoclips zu planen und dann beginnen die umfangreichen Aufnahmen zu unseren Patenlebewesen.

»…wir bemerken, dass auch viele andere Dinge riesig sind: Ahornblätter, Rucksäcke, Mückenschwärme…«

Auch wenn sich hier alle sehr wohlfühlen verlassen wir Koksilah wieder, da wir als Menschen trotz aller Vorsicht Spuren hinterlassen, die dem Ökosystem schaden. Nach einem langen und heißen Fußmarsch kommen wir erschöpf beim Auto an. Obwohl dieser Tag anstrengend ist, hat er sich gelohnt. Wir haben nicht nur unsere ersten Videoclips im Kasten, sondern auch viel Neues über die Pfanzen von Vancouver Island erfahren.

Christina, Egon, Jamie und Theresa

Koksilah — Duncan

Notizen

Man wird nicht automatisch Elder, wenn man ein bestimmtes Alter erreicht hat. Dieser Status wird aufgrund persönlicher Verdienste für die Gemeinschaft und für den Erhalt der Sprache und Kultur verliehen.

18. Juli

Tag 8

Elders Lunch

Heute haben wir die Ehre, dem Elders Lunch beizuwohnen. Die Ältesten der Cowichan trefen sich zu einem gemeinsamen Mittagessen, doch es ist weitaus mehr als das: es ist gelebte Kultur. Wir sind alle sehr aufgeregt! Aber dort angekommen, ist alles halb so schlimm. Wir werden ausgesprochen herzlich willkommen geheißen. Den ersten Gänsehautmoment haben wir, als einige der Elders beginnen, zu trommeln und zu singen.

»Um auch unsere Kultur mit ihnen zu teilen, singen wir "Alt wie ein Baum" von den Puhdys.«

Es ist sehr ergreifend zu hören, wie diese Menschen über den Kahlschlag in ihrem Stammesgebiet sprechen. Wir können ihnen sehr gut folgen, denn alle sprechen Englisch. Gut für uns, schlecht für die Cowichan, denn die Zahl derer, die ihre Sprache Hul’q’umi’num‘ sprechen, wird immer kleiner. Es gibt zwar Initiativen, welche versuchen, die Sprache schriflich festzuhalten, um sie zu bewahren, doch das bedeutet in einer mündlichen Kultur immer auch einen großen Verlust.

Am Nachmittag haben wir noch Gelegenheit, Zeit in Duncan zu verbringen. Aber es wird noch eine ganze Weile dauern, bis wir die Eindrücke des Elders Lunchs verarbeitet haben…

Ronja, Jenin und Miriam

“The drum unites the heartbeats of the earth with the heartbeats of the people.”
–Jorge Lewis

18. Juli Tag 8

Duncan

Vom Tier zur Trommel

Heute haben wir die Chance, einen traditionellen Trommelbauer kennenzulernen. Jorge Lewis jagt die Tiere für seine Trommeln eigenhändig. Er zeigt uns Felle von Schwarzbären, Hirschen, Pumas, Robben, Seelöwen und Seeottern; für die Jagd auf Letztere besitzt er eine Sonderlaubnis.

Die Tiere werden gehäutet, die Felle gereinigt, aufgespannt und getrocknet. Durchschnittlich zwei Tage benötigen die Felle zum Trocknen, danach kann er die Häute enthaaren und zuschneiden. Nun werden sie mit Öl behandelt und geschmeidig gemacht, damit sie auf den Holzrahmen aufgezogen werden können. Der Prozess zur Herstellung einer Trommel dauert insgesamt etwa eine Woche.

Doch traditionelle Trommeln werden anschließend noch bemalt. Die Motive dazu stammen von seiner Frau Tina Lewis und haben meist eine spirituelle Bedeutung. In diesen Darstellungen sind of Adler, Lachse, Bären und Robben, seltener auch Menschen zu sehen.

Auch die drum sticks werden von Jorge hergestellt. Wir dürfen verschiedene Trommeln ausprobieren. Dabei stellen wir fest, dass zwei Trommeln gleichen Durchmessers unterschiedliche Klänge erzeugen können. Der Grund dafür sind die verschiedenen Häute. So klingt zum Beispiel eine Bärentrommel exakt eine Oktave tiefer als eine Robbentrommel.

Jenin und Miriam

19. Juli

Tag 9

Urwald und Kahlschlag

Heute ist alles ist auf die Vorbereitung für unseren dritten und längsten Aufenthalt in der Wildnis fokussiert. Morgen werden wir in den frühen Morgenstunden zu den Deer Groups Islands au frechen, eine Inselgruppe in der Nähe der Broken Group Islands: Dort werden wir neun Tage verbringen. Die Vorbereitung beinhaltet natürlich auch die Bescha f ung der entsprechenden Nahrung. Deswegen wollen wir heute die Kühlkammer unseres Koches besuchen. Doch am Shawnigan Lake angekommen, begutachten wir nicht etwa wie von Hannes groß angekündigt, die tiefgefrorenen Lachse!

Stattdessen drehen wir alle eine Runde mit einem Wasser fugzeug. Der Flug dauert zwar nur jeweils zwölf Minuten, dennoch sind die Eindrücke unglaublich intensiv. Das Fliegen macht Spaß, aber sobald man einen Blick aus dem

Fenster wir f, verschwindet das Lächeln aus den Gesichtern. Erst aus der Lu f kann man das volle Ausmaß der Kahlschläge erfassen.

Es ist berührend und schockierend, zu sehen, wie die Rodungsfächen allmählich den Urwald zerfressen. Aus der Lu f sehen sie aus wie Schlachtfelder mitten im Wald.

Diese Grausamkeit ist in Worten kaum zu beschreiben. Man kann einen klaren Schnitt sehen, Urwald und Kahlschlag. Besonders eindrucksvoll ist auch folgendes Bild: Eine komplett abgeholzte Fläche, in deren Mitte ein einzelner Baum steht. Einsam und traurig.

Jenin

20. Juli Tag 10

Duncan - Birthday Island

Reif für die Insel!

Um halb vier ist der Schlaf für uns heute zu Ende. Ein gelber Schulbus bringt uns in viereinhalb Stunden nach Bamfeld. Der „Highway” ist eine Schotterpiste, die Brücken sind gerade breit genug für unseren Bus und die Lodgetrucks (Holzlaster), die uns immer wieder entgegenkommen. Rechts und links des Weges sind Kahlschlagfächen zu sehen. Was aus dem Flugzeug wie kleine Reisighaufen aussah, sind in Wahrheit riesige Holzberge, teilweise ganze Baumstämme. Aber warum rodet man alles, jeden Baum, jeden Strauch wenn man dann die Hälfe nicht nutzt?

Keine Sonne, kein Regen, kein Wind –zusammen mit der passenden Temperatur haben wir optimale Bedingungen zum Paddeln, zumal wir dieses Mal zur Unterstützung ein motorisiertes Gepäckboot haben.

»Bei der Mittagspause im Rodgers Pass taucht hinter den Kanus plötzlich ein Buckelwahl zur Hälfe aus dem Wasser.«

Bestimmt noch fünf Mal kommt der Wal zum Luf holen an uns vorbei, bis er in der Ferne nur noch anhand der Blasfontäne zu erkennen ist. Ein atemberaubendes Erlebnis und für die Mehrheit von uns die erste Begegnung mit diesen majestätischen Tieren in freier Wildbahn. Dann geht es weiter durch einen kleinen Kanal mit wunderschöner Küste und vielen Höhlen und einem Tunnel darin. Unser Camp für die nächsten neun Tage wird eine kleine Insel, die von der Expedition 2011 Birthday Island getauf wurde. Sie hat einen kleinen Sandstrand mit silbernen Schneckenhäusern, aber auch viele Gezeitentümpel mit Anemonen, Seesternen, Krabben und kleinen Fischen.

Wir alle haben unsere Zelte im Sand aufgeschlagen, zum Abendbrot hat unser mitgereister Cowichan-Koch eine leckere Suppe mit Lachs, Reis, Gemüse, Bull Kelp (großblättrige Algen) und wilden Zwiebeln gekocht. Trotz des immer wiederkehrenden Nieselregens sind alle glücklich, endlich hier zu sein.

Egon

Birthday Island

Birthday Island

Hier ist eine kleine Rückenfosse, dort eine senkrechte Fontaine und da drüben eine riesige Brustfosse. Was wir sehen, sind Buckelwale. Ungewöhnlich, denn diese sind hier nicht heimisch. Sie befnden sich auf der permanenten Reise zwischen ihren nördlichen Fressgründen und südlichen Paarungsgebieten. Auch bei unserem kleinen Kanutrip zu einem nahegelegenen Fluss werden wir Zeugen dieses wunderbaren Naturschauspieles.

Dieser Fluss ist für uns sehr wichtig, denn wenn mehr als 20 Personen mit Kanus auf eine Insel fahren und dort länger als eine Woche bleiben wollen, kann man unmöglich genügend Trinkwasser mitnehmen.

Neben Trinkwasser bereichern wir unser Abendessen auch mit frischen Fischen und Beeren. Doch bevor es soweit ist, müssen wir unser kleines Zeltlager noch der Witterung anpassen.

»Beim Errichten trockener Plätze und beim Spannen von Wäscheleinen ist Teamwork gefragt.«

Wir arbeiten auch feißig an unseren Projekten: Wir konservieren Wissen in Form von Gesprächen und Interviews. Außerdem fnden wir einen Sonnenseestern, über den Lynn auch gleich ihr PatentierVideo dreht.

Zu unseren direkten Nachbarn gehören neben den Buckelwalen auch Kegelrobben. Sie sind hier wesentlich scheuer, als jene auf Helgoland. Aufgrund der intensiven Jagd haben sie das Vertrauen in den Menschen verloren. Auch die Wale leiden unter dem Einfuss des Menschen. Der Schifsverkehr stört nicht nur ihre Kommunikation und Orientierung, er stellt noch eine andere Gefahr dar: Häufg kommt es zu Zusammenstößen, die für die Wale nicht selten mit schweren Prellungen und Quetschungen enden…

Jenin

22. Juli

Birthday Island

Fantastischer Sonnenuntergang

Heute werde ich von den bezaubernden Tönen einer Flöte und einer Trommel geweckt. Während die Sonne scheint helfen alle mit Schwertfarne, Heidelbeeren und Feuerholz zu sammeln. Diese sammeln wir, um später mit einem traditionellen Pit Oven zu kochen. Der Pit Oven ist ein Bodenloch, an dessen Boden Steine liegen, die aufgeheizt werden. Darüber legt man das in Algen gewickelte Essen. Das Ganze wird mit Schwertfarnen zugedeckt, damit kein Sand in den Ofen rutscht. Zum Schluss wird das Loch mit Sand aufgefüllt.

Unser Mittagessen liegt nun am Strand vergraben. Währenddessen fangen einige von uns auch schon Fische, um das Essen zu komplettieren.

»Das Essen aus dem Pit Oven schmeckt jedesmal wunderbar, auch weil man weiß, dass unsere Vorfahren vor tausenden Jahren genauso gekocht haben.«

Ich schnitze auch eine Menge Zedernholz. Ich entscheide mich, einen Wolf und einen Adler zu schnitzen. Zuerst schnitze ich den Adlerkopf, denke dann aber an einen Wolf am anderen Ende des Adlers. Am Ende sieht der Adler aus wie der Schwanz des Wolfes. Mich überkommt der Gedanke, dass die Tiere schon im Holz waren, bevor ich anfng zu schnitzen. Es macht mich sehr glücklich, zu sehen, was ich nach so vielen Stunden mit einem Messer aus einem Stück Holz machen kann.

Gerald Jim (aus dem Englischen von Jamie und Christina)

23. Juli Tag 13

Birthday Island

Auf Tauchstation

Heute haben wir einen Tag im Camp, und so arbeitet jeder an seinen Projekten, schnitzt, genießt die Wildnis oder sucht sein eigenes Abenteuer.

Reinhardt (Reini) bricht zu einer Tauchtour rund um die Felsen von Birthday Island auf. Er wird von einer neugierigen Robbe begleitet und wir können beobachten, wie es unter Wasser immer wieder auflitzt. Später genießen wir gemeinsam seine genialen Bilder.

Gleichzeitig fangen ein paar von uns an, einen Jacuzzi, eine Art Hotpool, zu bauen. Dafür graben wir ein sehr großes Loch, das wir mit einer Folie auslegen und mit ein paar Steinen beschweren. Nachdem wir es gemeinsam mit Wasser gefüllt haben, machen wir uns daran, es auf traditionelle Weise zu beheizen: In einem zweiten Loch entfachen wir ein Feuer, um Steine zu erwärmen, die wir dann in den Pool legen. Was für ein angenehmer Luxus (zumal wir alle ein bisschen frieren).

»Und jetzt mal ehrlich, wer hat schon, wenn er in der Wildnis „ums Überleben kämpf”, einen warmen Jacuzzi am Strand, mit Blick auf Wale, Weißkopfseeadler und eine atemberaubend schöne Landschaf?«

Es geht uns echt ziemlich gut hier. Da viele von uns etwas müde sind, machen wir nach dem Mittagessen (Lachssuppe, gekocht auf ofenen Feuer) einen wunderbar gemütlichen Mittagsschlaf auf den Felsen an der Küste.

Ein Teil der Gruppe fährt mit dem Kanu Holz und Wasser holen. Unterwegs fangen sie auch gleich das Abendbrot: Makrelen und Steinfsche.

Als abendliches Highlight gibt es jetzt noch Stockbrot am Lagerfeuer auf den Felsen. Einige genießen den wiedererwärmten Jacuzzi. Gemeinsam warten wir auf die tiefe Nacht, um aus dem Kanu das beeindruckende Phänomen der die Biolumineszenz zu erleben.

Theresa

24. Juli Tag 14

Island

Birthday Island

Der erste Bär

Was bis jetzt bei unserer Expedition gefehlt hat, ist ein Bär. Daher begeben wir uns heute früh auf eine Bear-WatchingTour. 8:00 Uhr brechen wir mit dem Kanu auf, um bei Ebbe im Bärengebiet zu sein.

»Nach ca. zehn Kilometern sind wir in das Useless Inlet gefahren - zum Glück war es nicht sinnlos.«

Gleich in der ersten Bucht entdeckt Sami am Strand einen Bären. Sofort herrscht absolute Ruhe auf dem Boot und wir nähern uns langsam dem Bären. Er entdeckt uns, aber sucht weiter entspannt

unter Steinen nach Krabben. Nach zwei Minuten Fotogewitter füchtet der Bär schließlich doch in den Wald. Die Fahrt in das immer enger werdende Inlet geht weiter und nach einer halben Stunde sehen wir den nächsten Bären in der Nähe eines Fischerhauses. Er füchtet etwas zügiger ins Gebüsch, trotzdem können wir einige gute Aufnahmen machen. Wir paddeln weiter und gelangen in eine Bucht mit großen Austernfarmen. Die Erosion des Bodens aus den umliegenden Kahlschlaggebieten sowie die Austernfarmen trüben das Wasser . Auch die glitschigen Algen deuten auf Eutrophierung hin. Auf dem Rückweg sehen wir weder Bären noch Wale, vollbringen aber

mit insgesamt 23 Kilometern eine gute Paddelleistung. Nach dem Mittagessen reißt der Himmel auf und wir haben einen wunderschönen Nachmittag. Einige genießen die ersten Sonnenstrahlen, so wie ich, andere arbeiten weiter an ihren Schnitzwerken oder machen Filme über ihre Patentiere. Christina und Finn lassen sich dabei von ihrer Purple Shore Crab in den Finger zwicken. Es wird ein schöner gemeinsamer Abend mit einem unvergesslichen Sonnenuntergang und S’mores am Lagerfeuer.

Anton

Inselleben-Tag

Heute scheint die Sonne und nutzen wir für unsere Projekte. So führen wir Interviews mit mehreren Expeditionsteilnehmern zum Thema Wolf durch. Die Holy Crab Gruppe dreht ihren Projektflm. Das Highlight des Tages kommt jedoch erst nach dem Mittagessen: Wir wollen auf einer anderen Insel zu einer Wandertour aufrechen. Dort wandern wir einen Bach stromaufwärts. Dabei müssen wir einige Strecken durch den Urwald laufen und haben das Gefühl, von unberührter Natur umgeben zu sein. Kai und Hannes erklären uns aber, dass wir durch eine 80 Jahre alte Kahlschlagfäche laufen, bei der schon große Bäume nachgewachsen sind. Wir haben uns wie richtige

Entdecker gefühlt. Sehr enttäuscht sind wir, als das vermeintliche Ziel nur über eine Holzfällerstraße, die quer durch den Wald verläuf , erreicht werden kann. Endlich am See angekommen, gehen wir baden, was aber gar nicht so einfach ist: Das Wasser ist rotbraun und schlammig, da durch den Kahlschlag viel Erde in den See geschwemmt wurde. Auf dem Rückweg fallen uns die alten Baumstümpfe der Urwaldriesen erst richtig auf – es sieht sehr traurig aus. Zurück auf unserer Insel genießen wir ein leckeres Abendbrot von Jared. Nachdem alle gesättigt sind, führen wir den Cowichan mit Kathi eine Runde Wiener Walzer vor und tanzen schließlich alle zu den Klängen der Trommel.

Ronja
Birthday Island

Tag 16

Birthday Island

Die Sweatlodge

Wir lassen den Tag mit einer CowichanZeremonie ausklingen. Diese haben wir in einer traditionellen Schwitzhütte abgehalten, aber bis zu dieser ist es noch ein weiter Weg…

Denn zuerst muss das entsprechende Material beschaf werden. Darum brechen wir nach dem Frühstück mit dem Kanu zu einer benachbarten Insel auf. Für den Bau einer Schwitzhütte benötigt man neben ausreichend Feuerholz auch spezielle Zweige als Stützen für die Hülle. Außerdem sammeln wir Beeren und füllen unsere Wasservorräte auf. Währenddessen versuchen Andere, Aufnahmen der scheuen Kegelrobben zu machen.

Trotz stundenlangen Ausharrens auf einer der benachbarten Inseln, wird die Aktion nur mit mäßigem Erfolg beendet, denn diese Tiere kennen Menschen – aber nur als Jäger. Mehr Glück hat die Projektgruppe Holy Crab, die einige faszinierende Meeresbewohner fangen kann. Zurück im Zeltlager sind alle mit dem Errichten unserer Schwitzhütte beschäfigt. Das Loch muss gegraben, die Zweige traditionell angeordnet und das Feuer entfacht werden. Die Projektgruppen Canadian Cooks und Holy Crab liefern heute Beispiele, wie wir von und mit der Natur leben.

Erstere backen aus gesammelten Beeren kurzerhand kleine Kuchen, Letztere bereichern unser Abendessen mit einigen frisch gefangenen Krabben.

Da sitzen wir nun und sind Teil einer traditionellen Zeremonie. Wir lauschen der Trommel und den Gesängen, genießen die Wärme der Schwitzhütte, das Bad im fuoreszierenden Wasser und das Zusammensein.

»Nach fünf Tagen auf dieser Insel ist der Alltag in weite Ferne gerückt.«

Wir alle sind Teil eines Teams, einer Kultur und einer unbeschreiblichen Natur geworden… Jenin

Birthday Island

Ein anstrengender Arbeitstag

Für uns beginnt ein Tag, an dem alle versuchen, so viele Videos aufzunehmen wie möglich, da die Liste noch nicht ganz abgearbeitet ist. Jede Gruppe arbeitet an ihrem Projekt. Teamwork wird groß geschrieben: Wir helfen uns alle gegenseitig, wo wir können. Zum Beispiel sammeln wir eifrig die verschiedensten Kräuter und Pfanzen, um sie zu trocknen oder zu destillieren. Damit wir nicht nur die Pfanzen von unserer Insel haben, fahren einige von uns zu kleineren Nachbarinseln und suchen dort nach weiterem Material. Außerdem schreiben wir Texte für die Patentier-Videos und proben für die Aufnahmen, damit beim Drehen alles klappt. Inzwischen gehört auch das Tauchen, oder zumindest das

Schnorcheln, zum Alltagsprogramm und wir genießen das Erkunden der Unterwasserwelt. Das Wasser fühlt sich heute wärmer an als sonst, aber das liegt wahrscheinlich daran, dass die Luf ziemlich kalt ist. Am Nachmittag ist so ziemlich jeder damit beschäfigt, sich zu wärmen oder sich ein bisschen auszuruhen, da wir die ganze Zeit alles gegeben haben, um so viel wie möglich zu schafen. Jetzt geht jeder schnell ins Zelt, um möglichst viel zu schlafen, denn morgen früh geht es schon gegen 4 Uhr raus.

Finn

28. Juli

23. Juli

Tag 13

Tag 18 Birthday Island

Paddeltour auf Kanal 10

Der Tag beginnt früh um 5.30 Uhr Ortszeit. Wir paddeln drei Stunden nach „Mosquito Island“ und entdecken die ersten Wolfsspuren im Sand. Weiter geht es zur „Sealion Island“, wo wir Seelöwen, Robben, Touristen, Seeotter und einen Buckelwal direkt vor unserer Nase sehen. In der Mittagspause auf „Lunch-Island“ bauen die Jungs ein Segel an unser Kanu und die Paddel-/ Segeltour zurück über den pazifschen Ozean ist etwas leichter. Wir trefen auf eine Crew aus Trident-Isle, die uns nach einem kurzen Gespräch ganz herzlich eine große Tüte Shrimps schenkt. Das Abendbrot ist gesichert. Zitat des Tages:

»When Kai meets a bear, he won´t get his pepperspray, but the SANITIZER-SPRAY!«

Floating through crisp air, Is it just me or is this stench hideous? Thoughts if I’m awake or not.

My hands in an iron grip, Too stif to open and free.

Afer hours of matching a beat. Are we there yet? Slashing through thick water.

As a motorboat approaches, We become a tourist attraction. Camera and lights, But shouldn’t they face the other way.

Decision to look at fools or sea lions, Drifing away slowley. Belches and groans come from the lions. So from the back and front there are snorts and sounds, But not like those in a zoo, From behind bars.

These are free, Hardly ten meters from us. Alive, breathing and big as ever.

Thick fubbery bodies with an immense weight, Flapping away to reach the top.

One bumps his chest to look very large Out of breath but proud to be above.

So remember, The number one rule is: Enjoy the moment, Take pictures, Admire the bull And show him respect, And most importantly don’t look at the big guy’s girl seals.

But in the end, It is the moment of a life time, Nothing exactly like this will ever happen again, for any of us.

Christina Armstrong and Gerald Jim

Birthday

Island

– Duncan Abschied von der Wildnis

Alle sind etwas betrübt, dass wir die Insel verlassen müssen und uns auch von Einigen, die noch da bleiben, vorübergehend verabschieden müssen. Insbesondere von Hwiemtun, Kai und David, mit denen wir jetzt schon drei Wochen verbracht haben. Mit einer geplanten Verspätung von einer Stunde brechen wir zu unserer letzten Paddeltour auf – dieses Mal ohne Wal oder sonstige Ereignisse. In Bamfeld ankommenladen wir die Kanus auf den Anhänger und das Gepäck in den Bus und los geht es wieder nach Südosten.

»Es ist das erste Mal seit sieben Tagen, dass wir uns ohne Muskelkraf fortbewegen.«

Lunch gibt‘s im Bus, was auf der schlechten Straße eine echte Herausforderung ist. Der Bus scheppert so laut, dass unser Fahrer Ohropax trägt. Wieder geht es durch öde Kahlschlaglandschafen. Plötzlich springt ein junger Schwarzbär auf die Schotterpiste – der letzte Gruß der Wildnis.

Egon

29. Juli Tag 19

Nach vier Stunden Busfahrt sind wir zurück in der Zivilisation:

Finn

»Internet! Musik! Olympia! Schade, die Zeit ist schon vorbei.«

Lynn

»Lärm, Autos, Motorräder…

Mir fehlt das Rauschen vom Meer.«

Ronja

»Es ist schade, dass wir weg sind, aber ich freue mich auch, dass wir wieder fießendes Wasser haben.«

Miriam

»Wir haben sehr viele Sachen hier, die man eigentlich gar nicht braucht. Wir hatten eigentlich alles auf der Insel. Diese riesigen Supermärkte und so, dass brauchen wir alles gar nicht.«

Shayla

»I like the wilderness – it is where I feel most comfortable, like I am home. I felt sad leaving the island because it meant that our trip was coming to an end.«

Duncan

“Sharing is the heart of who we are”

Eine Expeditionsreise geht zu Ende. So nüchtern kann man die Tatsache beschreiben, aber was gerade in jedem Einzelnen vorgeht, kann man nicht in Worte fassen. Es gab so viele "Magic Moments".

Am heutigen Vormittag sollen wir aber noch einmal etwas sehr Besonderes erleben können. Uncle Harold hat uns eingeladen. Er wird aus einem Riesenlebensbaum ein Kanu schnitzen. Diese Bäume sind mittlerweile ebenso selten wie die traditionelle Schnitzkunst. Wir alle dürfen mit einer Axt den zeremoniellen, ersten Hieb machen. Wir schauen auch einen Film über Geschichte und Kultur der Cowichan, welcher eine komplett andere Lebensart bezeugt. Der Mensch ist weder Tieren noch der Natur übergeordnet. Respekt ist hier kein angestaubtes Ideal, sondern eine Lebenseinstellung. Aber vor allem: "Sharing is the heart of who we are."

Auf diese Fülle an Informationen folgt

noch etwas Freizeit in Duncan. Nach den Tagen in der Wildnis genießen es alle, durch die Stadt zu bummeln und Souvenirs zu suchen. Zuguterletzt gibt es noch ein großes Abschiedsessen. Ein letztes Mal versammeln sich alle Expeditionsteilnehmer. Mit einem Vorspiel typisch deutscher Volksmärchen von der Gruppe Brother Wolf, Rotkäppchen und der Wolf zum Beispiel, und dem Winer Walzer bedanken und verabschieden wir uns von unseren Freunden.

»Vor der Reise hatte jeder seine Geschichte, aber während der letzten drei Wochen haben wir unsere gemeinsame Geschichte geschrieben.«

Hinter uns liegen drei spannende Wochen und vor uns nur noch eine kurze Zeit in Kanada und ein langer Prozess der Aufarbeitung, denn wir dur kurzer Zeit so viel erleben.

Jenin

31. Juli

21

Duncan - Vancouver City

Die fünfte aber nicht letzte Abreise!

Morgens stehen wir wie gewohnt in unserem Basislager in Duncan auf. Ein paar von uns erwachen auf dem Trampolin im Garten, andere in einem dichten Knäuel aus Schlafsäcken und Armen. Jeder will die letzten Momente gemeinsam genießen. Nach einer fünfstündigen Reise von Duncan nach Vancouver mit sämtlichen Verkehrsmitteln und zu Fuß kommen wir erschöpf und alle ein bisschen traurig in unserer Jugendherberge an. Gleich geht es weiter zum Aquarium im Stanley Park.

»Uns kommt es seltsam vor, die Tiere hinter der Scheibe zu sehen, denn vor ein paar Tagen haben wir einige davon noch in freier Wildbahn erlebt.«

Währenddessen spazieren ein paar Stipendiaten mit Sami, dem Fotografen, am Strand entlang. Dort beobachten sie mit zahmen Waschbären. Diese haben ihre natürliche Lebensweise durch den Einfuss der Großstadt und des Menschen verloren. Am Nachmittag haben wir Freizeit und jeder geht seiner Wege, um Vancouver zu erforschen.

Abends gibt es eine Überraschung von Kathi, Hannes und Kaiwir gehen zu Tim Hortons! Wir genießen die Donuts in vollen Zügen und versuchen, diese Nacht vollkommen auszunutzen.

Für den Heimweg sind wir noch nicht bereit.

Theresa, Christine, Jamie und Egon

Vancouver City, Kanada – Dresden, Deutschland

Rückblick auf der Rückreise

Es sind noch 3.270 km bis Frankfurt. Gerade befnden wir uns über Grönland, und die Meisten von uns schlafen.

Den letzten Vormittag in Vancouver haben wir im Künstlerviertel Granville Island verbracht. Von Jamie, Christina, Kathi, Sami, Hannes und Hwiemtun mussten wir uns dann verabschieden. Es war eine wunderbare Zeit mit euch, wir alle vermissen euch. Trotzdem waren es schöne letzte Stunden in Kanada, welches uns mit seiner Natur, seinen Licht- und Schattenseiten ein großes Stück näher gekommen ist.

Erst jetzt im Flieger wird mir richtig bewusst, welch einmalige Erlebnisse wir hatten. Jeder hat viel mitgenommen. Besonders an (Lebens-)Erfahrung. Aber auch diese unglaublich vielen Eindrücke unberührter Natur und Wildnis nehmen wir mit.

Die Aufgabe – und ich denke, es ist eher eine Ehre, die jetzt auf uns zukommt – ist, das gewonnene Wissen, die Eindrücke und Erfahrungen, weiterzutragen: an Schulen, auf Wildnisläufen, in Ausstellungen und vielen interessanten Gesprächen mit anderen Menschen. Denn ohne unsere Hilfe wird diese untouched wilderness nicht mehr lange unberührt bleiben.

Anton Notizen

Film auf Youtube Umweltbotschafter-Expedition 2012 www.youtube.com/ watch?v=Kv9g92mPjpo

P.S.: Langeweile auf der Zugfahrt

Wir sitzen hier in Fulda fest, und warten seit geraumer Zeit darauf, dass der Zug endlich weiterfährt. Wir wollten schon umsteigen, aber das wäre ganz schön anstrengend geworden, weil unser ganzes Gepäck so viel wiegt – und keiner weiß genau, wie lange der Ersatzzug am anderen Gleis steht. Wir telefonieren mit unseren Eltern, damit die nicht vergeblich auf uns warten müssen. Und, oh Wunder, wir fahren wieder los! Dresden erreichen wir dann kurz vor Mitternacht – mit vier Stunden Verspätung.

“We live between the mists of yesterday and the clouds of tomorrow.” – Jenin
Miriam und Anton

Tagebuch 2014 Expedition

» Wölfe um uns herum «

4. Juli 2014 – 29. Juli 2014 British Columbia, Kanada

»Wölfe um uns herum«

»Gudrun, unsere Wolfsexpertin aus Österreich, sitzt am Waldrand und imitiert perfekt das Heulen eines Wolfes. Kurz darauf kommt die Antwort der Wölfe. Wolfsgeheul, das mir einen Schauer über den Rücken laufen lässt. Ich bin völlig fasziniert, spüre eine gewisse Erwartung in der Luf und kann nicht glauben, was ich da höre, denn es ist zu schön. Es ist ein tolles Gefühl zu wissen, dass die Wölfe um uns herum sind.«

Expeditionsteilnehmer

EXPEDITIONSLEITUNG

Hannes Holtermann

Kai Andersch

Katharina Klauer

Charlotte Voigt

Team Strathcona Lodge: Rye, Sebastian, Dave, Tessa

MEDIEN TEAM

Sami Fayed, Fotographie

Ronny Scholz, Fotographie/Ton

Robert Pohle, Regie

Boas Schwarz, Film

FORSCHUNG

Gudrun Pfüger, Wolfsexpertin

Prof. Dr. Bernd Klauer, Umweltforschungszentrum

PROJEKTPARTNER

Klaus Weichbrodt, Globetrotter Ausrüstung

Christian Schröder, Wikinger Reisen

FIRST NATIONS / INDIANER:

Jorge Lewis

Tina Lewis

Shawn Decair

Umweltbotschafter Deutschland

JOHANNES KAUL, 15 JAHRE / Gymnasium Dresden-Bühlau

Für mich war die Expedition einmalig. Wir standen auf einem Fleck Erde, wo niemand zuvor stand, nur Bären oder vielleicht Wölfe. Ich habe in der Zeit der Expedition gemerkt, wie wichtig es ist, solche Regionen für immer zu schützen, da die Wälder einmalig sind und die Artenvielfalt so groß ist. Für mich ist es im Nachhinein noch wichtiger mit Wilderness International weiterhin viel zusammen zu arbeiten, um weitere Quadratmeter solch einmaliger Natur für immer zu schützen. Wir waren eine tolle Expeditionsgruppe, jeder übernahm seine Aufgabe und so konnten wir auch Grenzerfahrungen gemeinsam meistern.

TOBIAS HÜRTEN, 17 JAHRE / St. Benno-Gymnasium Dresden

Als ich in Kanada vor einem über 800 Jahre alten Ahornbaum stand, in dessen Fuß eine Wolfsfamilie das letzte Jahr verbracht hatte, habe ich gemerkt, wie wild und unberührt diese Natur eigentlich ist. Dieses Erlebnis gab mir eine unglaublich intensive innere Motivation, mich weiterhin für den Schutz dieser einmaligen Natur einzusetzen!

FELIX

BÜTTNER, 16 JAHRE / Evangelisches Kreuzgymnasium Dresden

Ich beschäfigte mich in Kanada mit den Lachsen und deren Lebensraum. Kristallklares Gletscherwasser strömt reißend durch fast unberührte Natur. Unter einem tausend Jahre alten Riesenlebensbaum zu stehen, dessen Wipfel man nicht sehen kann, ist genial. Allein der Gedanke, was der Baum schon alles miterlebt haben muss, fasziniert mich. Wenn man dann am Abend den sternklaren Himmel betrachtet und die Milchstraße über einem ruht, dann spürt man andere Dimensionen. Im Toba Valley fühlt man sich winzig, wie auf einem neuen Planeten und doch geborgen.

HENRIETTE WESSEL, 17 JAHRE / Evangelisches Kreuzgymnasium Dresden

In der Natur fnde ich Herausforderung und Inspiration, und nur in der Natur kann ich wirklich zur Ruhe kommen. Sie ist unser Ursprung, unsere natürliche Heimat, und das einzige, was uns wirklich am Leben hält, wenn alle Stricke reißen. Wenn wir eine Zukunf wollen, müssen wir unsere Beziehung zur Natur wiederfnden. Das habe ich in der Wildnis gelernt, und ich wünsche mir, dass es noch viele junge Leute nach mir lernen können.

LINA VON WEDEL,15 JAHRE / Humboldt-Gymnasium Radeberg

Ein mächtiger Weißkopfseeadler zieht über unseren Köpfen seine Bahnen. Überall tummeln sich die kuriosesten Heilpfanzen für unser Projekt. Eiskaltes Gletscherwasser strömt über meine nackten Füße – Willkommen im Toba-Valley. All diese unzähligen, kleinen Wunder spielen hier Tag für Tag mit uns verstecken. Ich bin hergekommen, um sie zu fnden. Und das habe ich. Mehr als je zuvor wurde mir bewusst, wie wunderschön Natürlichkeit sein kann.

PASCALE EMONDT, 16 JAHRE / Frankfurt International School

Mein schönstes Kanada-Erlebnis ist der Abend, an dem wir das Heulen der Wölfe gehört haben. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir noch keine richtige "Begegnung" mit einem der Großsäugetiere. Natürlich hatten wir Spuren, wie zum Beispiel Kot, Fußabdrücke und Haare, gefunden. Obwohl wir die Wölfe nie zu Gesicht bekommen haben, kam es mir fast so vor, als würden sie uns willkommen heißen. In diesem Moment wurde mir erst richtig klar, dass wir hier nicht alleine sind, dass es noch Gebiete gibt, über die der Mensch keine Kontrolle hat, und dass dieses einzigartige Stück Land wesentlich wilder ist, als ich es mir jemals hätte vorstellen können.

PIA SCHIRRMEISTER, 17 JAHRE / Thomasschule - Gymnasium der Stadt Leipzig Nichts hat mich so sehr beeindruckt, wie die Schönheit und Kraf der kanadischen Wildnis – morgendliche Sonnenstrahlen über dem Toba Fluss, bemooste Baumriesen, die nächtliche Flut. Es war ein unheimlich schönes Gefühl, diese Natur auf sich wirken zu lassen und zu wissen: Hierhin wird nie eine Loggingmaschine vordringen können. Ich denke of an die Erlebnisse auf der Expedition zurück und bin glücklich, so viele lustige und spannende Momente mit einer tollen Wildnisschützer-Gruppe zu teilen.

THEKLA TRAUSEL, 15 JAHRE / Evangelisches Gymnasium Tharandt Durch diese Expedition habe ich viele neue gute Freunde gewonnen. Unter anderem die Natur, die ich plötzlich mit ganz anderen Augen wahrnehmen durfe und ich weiß, gute Freunde lässt man nicht im Stich.

Duncan Route

Dresden — Strathcona

A Strathcona — Elk River

B Strathcona — Burman River

C Strathcona — Toba Valley

D Toba Valley — Vancouver City

Vancouver City — Dresden

Cape Scott

QueenCharlotteStrait

Vancouver Island Zebulos
Winter Harbour
Port Hardy
Port Mc Neill
Estavan Point
Juan de Fuca Strait
Burman River
Courtenay
Comox
Ucluelet
Bamfield
Port Renfirew
Sooke
Duncan
Campbell River Strathcona Park Lodge
Toba Valley
Powell River
Port Alberni
Nanaimo

4. Juli

Tag 1

» Die Vorfreude ist bei allen trotz der Müdigkeit riesig.«

Dresden – Strathcona Provincial Park Lodge

Das Abenteuer beginnt...

Um sechs Uhr (früh!) trefen wir uns am Dresdner Hauptbahnhof, um die große Reise anzutreten. Mitfahren darf allerdings nur, wer Hannes’ Passkontrolle besteht, die während des Tages noch öfer vorkommen sollte. Tobi freut sich zunächst vielleicht noch ein bisschen mehr auf die Flugzeuge, vor allem die ganz Großen. Felix fndet es immerhin “besser als Schule”. Vorne und hinten mit Gepäck beladen holt uns Pascale in Frankfurt ab. Zum Glück hat sie Kekse dabei (sehr leckere und vor allem sehr, sehr viele Kekse), die uns den gesamten Weg durch den nicht immer entspannten Sicherheitscheck versüßen. Pascale ist sehr erleichtert, dass sie dieses Mal ausnahmsweise nicht zur Sprengstofontrolle muss, und auch Lina, die zum ersten Mal fiegt, meistert alles ohne Umstände. Danach stößt auch Gudrun zu uns („Hallo Gudrun, möchtest du einen Keks?”), die aus dem fernen Österreich angereist ist. Aber bevor Tobi noch vor Vorfreude platzt („Guck mal, da ist eine Boeing 747!!!”), steigen wir jetzt endlich ins Flugzeug nach Vancouver!

Deutschland liegt längst hinter uns, doch das Abenteuer hat gerade erst begonnen...

Nach 10-stündigem Flug und Autofahrt zum Hafen haben wir nun Vancouver City hinter uns gelassen und steuern direkt auf den Strathcona Provincial Park zu. Auf die Plexiglasscheiben der Fähre prasselt leichter kanadischer Regen, der uns neben vollständigem(!) Gepäck bereits am Flughafen Vancouver erwartet hat. Manche Personen knabbern an Pascales letzten Keksvorräten, andere lesen, Tobias schläf , von seiner Umgebung nur schwer zu unterscheiden, in einem Berg aus Rucksäcken. Die Müdigkeit hat uns alle überkommen - während es in Deutschland fast 6 Uhr morgens ist, ist der Abend hier noch jung und der Himmel hell. Trotzdem lohnt es sich, die Augen ofen zu halten, denn auf Pascales Hinweis hin konnten wir bereits die erste echte Walfosse sichten!

Lina, Pia und Thekla

Henriette und Pascale
»A fre is like a little baby!«

Strathcona Park Lodge – Elk River Delta

Raus aus dem Smog, rein in die Wildnis

„Ich will nicht aufstehen.” Das ist heute morgen mein erster Gedanke. Bis ich nach einem Moment des unmotivierten Liegenbleibens plötzlich realisiere, dass ich mich mitten im Strathcona Park befnde. Wir machen das Fenster unserer Lodge auf und atmen den reinen Duf von Wald und Regen ein. Draußen kann man weit entfernte Inseln und Berge erkennen, die halb hinter dem weißen Nebel verborgen sind. Staunend gehen wir zum Frühstück und stürzen uns auf die leckeren kanadischen Pancakes. Wir lernen die Ranger Rye und Sebastian kennen, welche uns in den nächsten Tagen in der Wildnis begleiten werden und

5. Juli Tag 2

paddeln mit ihnen über den noch immer vom Regen verhangenen See zu unserem ersten Ziel, dem Elk River Delta. Es ist schön, mit ihnen unterwegs zu sein, denn sie geben uns so viel – nicht nur Erfahrung und Wissen, sondern auch unendlich viel Inspiration und nette Gesellschaf . Sie zeigen uns, wie man ein Feuer macht und wie man die Stille der Natur genießt. Wir sitzen zusammen am Fluss, beobachten einen vorbeischwimmenden Biber und werden nun doch wieder von der gestrigen Müdigkeit eingeholt.

Ein schöner Regentag

Neben Sebastians Ruf werden wir von einem konstanten Trommeln gegen die Zeltwand geweckt - der Regen hat über Nacht leider nicht aufgehört. Trotzdem machen wir uns, vermummt in Regenhosen und -jacken, auf den Weg (bzw. Pfad) in Richtung der Mia Falls. Der Elk Trail führt uns entlang eines malerischen Flusses durch eine abwechslungsreiche Landschaf mit wunderschönen Blumenwiesen; riesigen, bemoosten Felsen und beinahe gespenstisch wirkenden Wäldern. Schließlich müssen wir den Fluss queren und es gibt nur einen Weg: ca. 30 Meter über einen umgekippten Baumstamm. Zum Glück ist er sehr breit, sodass wir nacheinander alle sicher an das andere Ufer gelangen. Nach einem Picknick

teilt sich unsere Gruppe. Während ein Teil den Aufstieg zu den Mia Falls wagt, erkundet der Rest die Natur auf dem Rückweg zum Camp.

Beim abendlichen Lagerfeuer wissen wir alle viel zu berichten – die “Erkunder-Gruppe” von Biberspuren an einem Sumpf und die Mia-Falls-Gruppe vom Erlernen toller Lieder. Mit Marshmallows und Stockbrot lassen wir den erlebnisreichen Tag ausklingen – inzwischen hat es sogar aufgehört zu regnen!

Rückkehr nach Strathcona

„It´s 7.30 and you have to get up!“

Mit diesen Worten weckt uns Rye auf. Nach dem Frühstück gehen wir in den nahe gelegenen Wald, um ein paar Gruppenspiele, die Rye und Seb vorbereitet haben, auszuprobieren. So leise zu laufen wie ein Fuchs oder so gut zu hören wie ein Wolf – gar nicht so einfach wie gedacht. Aber nach einer kürzeren Probephase hat sich jeder gut reingefunden. Nachmittags packen wir alles zusammen, bringen unsere Sachen zum Kanu (wer das Wort “Boot” benutzt, wird ins Wasser geworfen), und nehmen vor der Abfahrt zurück zur Lodge noch kurz Abschied von dem Platz, an dem wir unsere ersten drei wundervollen Tage in Kanada verbracht haben. Mit Gesang und viel Lachen fahren wir los in Richtung Lodge, inklusive Outperformance von Hannes im Wasser (er hat Boot gesagt). Aber der Tag ist noch nicht zu Ende...

Notizen

Das Lied „My roots go down, down to the earth“ wurde uns heute von Rye beigebracht. Es ist ein Zirkellied, bei dem jeder seine eigenen Strophen spontan mit einbringt. Das Lied hat uns die ganze Expedition über begleitet.

Elk River Delta – Strathcona Parkk Lodge
Pia
Tobi

6./7. Juli

Tag 3/4

Ein erlebnisreicher Kurztrip

Dank Tobis tennisballgroßen Augen, als er um einen kanadischen Truck schleicht, und Ryes Engagement, befnden sich Tobi und ich auf dem Beifahrersitz des Einheimischen Dave, der uns die Kahlschlaggebiete der Umgebung zeigt. Von der Forststraße blicken wir auf eine ältere Kahlschlagsfäche. Auf den gerodeten Flächen wachsen violett blühende Weidenröschen und zwischen dem lichten Wald liegen einige kleine Seen. Trotz vorangegangenem Holzeinschlag sieht es hier wunderschön aus. Aber uns schockieren die riesigen Holzhaufen, die aussehen, als wären sie für Hexenfeuer arrangiert worden. Es sind "Reste” des letzten Kahlschlags, erklärt Dave, denn für die Forstkonzerne lohnt es sich nicht, die Äste abzutransportieren. Trotzdem ist es verboten, sie mitzunehmen. Dave hat eine Überraschung. “Do you have a driver‘s license?” fragt er. Wir verneinen beide. Während ich nur denke “Oha!”, grinst Tobi mich an. Dave führt uns zu einem großen roten Skidder, einer Maschine, mit welcher man die gefällten Bäume aus dem Wald zieht. “You get in there“, sagt Dave und zeigt auf mich. Oh no! Leider werden meine Ausreden nicht geduldet, ich setze

mich auf den breiten Fahrersitz, ohne mich daran erinnern zu können, welcher Hebel wofür war. “Just try!”, ruf Dave. Nach diversen Versuchen schafe ich es, die Maschine zu drehen und sie mit einem Baumstamm im Schlepptau den Hügel herunter zu fahren (wenn auch in Schlangenlinien). Tobi, der nach mir an der Reihe ist, fährt sie souverän nach oben und kommt kurz darauf mit einem weiteren Baumstamm zurück – ich bin ein bisschen neidisch auf seine Schnelligkeit. Es ist viel zu einfach:

»Mit diesen Maschinen ist das Roden im Rekordtempo kein Problem!«

Tobi und ich sind uns darin einig, dass es ein sehr aufregender Ausfug war – sowohl aufgrund der vielen Informationen und Eindrücke, die uns in unserer Projektarbeit voranbringen werden, als auch wegen der einzigartigen und psychisch devastierenden Erfahrung, einen Skidder zu fahren.

Pia und Tobi

8. Juli Tag 5

Strathcona Park Lodge: Trommelbau

Gila Kasla

Morgens realisiere ich mit einem breiten Grinsen im Gesicht, dass ich mich in Kanada befnde. Die Anderen schlafen noch, während ich aufstehe, auf die Veranda gehe und mir die warme, glänzende Sonne aufs Gesicht scheinen lasse. Ich fühle mich im Einklang mit der Welt. Nach dem Frühstück trefen wir die beiden First Nations Tina und Jorge. Jorge ist ein kleiner, muskulöser Mann. Laut Kai hat er einen riesigen Daumen, der nach dem vielen Trommelbauen aussieht wie seine Fußsohle. Tina, seine Frau, ist smart und wirkt auf mich wie eine sehr weise und erfahrene Frau. Das Ehepaar übermittelt uns sein umfangreiches Wissen und klärt uns über die Bedeutung der Trommel auf.

»You respect your drum the way you use it

and give people their space.«

In Verbindung mit der Frau und in verschiedenen Zeremonien hat die Trommel einen besonderen kulturellen Wert. Ich sitze hier und fühle mich in den Worten der beiden irgendwie geborgen, verstanden und möchte sie einfach nur in den

Arm nehmen. Dieses Highlight des Tages wird von einem anderen, kleineren Highlight unterbrochen: Das Halbfnalspiel der Fußball-WM von Deutschland gegen Brasilien. Kai bebt, mit Inbrunst schreit er die ganze Zeit nur: „WHAT?!“ und auch alle anderen sind völlig fasziniert vom Torsturm der deutschen Nationalmannschaf . 90 Minuten später bauen wir unsere Trommeln weiter. Tina und Jorge nehmen uns sorgsam an die Hand und zeigen uns jeden einzelnen Schritt. Die Ergebnisse können sich echt sehen lassen! Nach einem Abendessen, das die Geschmacksknospen erneut explodieren lässt, gehen wir an den Strand und trefen Jorges Freund Shawn. Er erzählt uns von sich und seinem Volk: „Gila Kasla“, das bedeutet „Willkommen“ oder „Danke“ in seiner Sprache. Bis spät in die Nacht hinein singen wir gemeinsam viele schöne Lieder. Ich liege im Bett, schließe die Augen und denke an Shawns Worte:

»If the water dies, we will die as well.«

Thekla

Ein kleiner Abschied

Ich stehe erst um 9.00 Uhr auf, da ich mit den anderen Stipendiaten bis tief in die Nacht wach war. Eine Mäusejagd im Zimmer und der erlebnisreiche Tag haben uns bis in die frühen Morgenstunden unterhalten. Nach dem leckeren Frühstück geht es zurück zum Trommelbau, denn heute wollen wir unsere fast fertigen Trommeln bemalen. Das Motiv, das wir auf die Trommeln auftragen (eine Bärentatze im Stil der First Nations) ist etwas ganz Besonderes, da Tina es im Traum gesehen und für uns als Vorlage gemalt hat. Jeder kann außerdem noch sein eigenes Motiv hinzufügen. So habe ich zu der Bärentatze noch (passend zu unserem Projekt) einen Lachs gemalt. Ich betrachte meine Trommel und merke, wie stark ich in die Traditionen der First Nations eingetaucht bin. Ich fühle mich tief verbunden mit Tina und Jorge. Zum Abschluss signiert mir Tina meine Zeichnung noch, wie zuvor Jorge den Holzrahmen. Somit werde ich sie nie vergessen. Obwohl wir erst vier Tage hier sind, müssen wir uns dann zum ersten Mal verabschieden. Als Dankeschön für die zwei wundervollen Tage geben wir den beiden noch ein irisches Segenslied und ein signiertes Wilderness T-Shirt mit auf den Weg. Als Jorge sich eine Träne aus dem Auge wischt,

merke auch ich, wie gerührt ich bin. Ich spüre eine Gänsehaut am ganzen Körper und kann selbst die Tränen nicht zurückhalten. Ein kaltes Bad im See und das anschließende Abendessen mit dem köstlichen frischen Lachs, der am Seeufer über einem ofenen Feuer geräuchert wurde, muntern mich später aber wieder auf. Der Tag endet mit einem Trefen mit den Guides für die nächsten Tage, Tessa und Dave. Es werden ausführlich ten studiert und Packlisten besprochen. Das gemeinsame Packen dauert dann doch noch länger als gedacht. Schließlich falle ich müde und voll freudiger Erwartungen auf die nächsten vier Tage am Burman River in mein Bett.

Johannes

10. Juli Tag 7

Park Lodge – Muchalat Inlet – Burman River

Vom

Pazi k zum urman iver

Good Morning! Heute ist ein wundervoller Morgen, die Sonne scheint und keine Wolke ist zu sehen. Los geht es an die Westküste Vancouver Islands: Muchalat Inlet. Heute werde ich zum ersten Mal am Pazifschen Ozean sein! Meine Aufregung steigt, während ich mit den Anderen an vielen Trucks vorbeifahre, die mit Holz, aber auch mit riesigen Loggingmaschinen beladen sind. Unser Ziel ist das kleine Holzfällerdorf Gold River an der Westküste von Vancouver Island. Dort fnde ich mich leicht verwirrt neben einem riesigen Umschlagplatz der Holzindustrie wieder. Wir starten mit zwei großen und einem kleineren Kanu zum

Burman River. Keine Stunde später löst sich eines der zwei Verbindungshölzer, welche die zwei großen Kanus zusammenhalten. Obwohl die Wucht des Wassers mich am Erfolg des erneuten Zusammenbindens zweifeln lässt, gelingt es uns schließlich doch. Auf der weiteren Fahrt begutachten wir verschiedene Waldgebiete und ich lerne, wie man aus der Ferne Primärund Sekundärwald unterscheidet. Jetzt geht es noch ein Stück den Burman River hoch. Dieser birgt jedoch diverse Herausforderungen: Bei der ersten Stromschnelle müssen wir alle aussteigen und die Kanus ziehen. Die Strömung ist extrem stark und zieht

Lina und Pia ins Wasser. Doch dann gelingt es ihnen, sich am Kanu festzuklammern und alle können die Stromschnelle überwinden. Das Bad ist für beide trotzdem eine willkommene Abkühlung. Nach zwei weiteren fachen Stellen und einigen vorbeischwimmenden Lachsen landen wir auf unserer Kiesbank und bauen die Zelte auf. Im Sand sehe ich einige Bären- und Wapitispuren, was dem abendlichen „Geschäf“ eine gewisse Spannung gibt. Faszinierend ist auch‚ dass die traumhafe Campingstelle mit dem Gezeitenstand schrumpf .

Felix
»There are thousands of sounds, but only one silence.«

Forschung und S’mores

Ich wache von einem für den kanadischen Regenwald untypischen Geräusch auf: Tessa spielt auf ihrer Bambusföte. Ich trefe mich mit den Anderen und jeder von uns sucht sich einen ruhigen Ort, Silent Spot genannt, am Fluss. Dort angekommen setze ich mich hin, schließe die Augen und lehne mich zurück. Nach einer Weile schießt mir ein Gedanke wie ein Blitz durch den Kopf: Es gibt tausend Arten von Geräuschen, aber nur eine wirkliche Stille. Nach dieser Erkenntnis muss ich mich mit einem Frühstück stärken. Die ersten Messungen für unser Projekt bereiten wir vor, indem wir auf der gegenüberliegenden Seite des

Burman Rivers ein 25 × 25 Meter großes Planquadrat, auch Plot genannt, abstecken. Eine sehr anstrengende Arbeit, da man durch alles durchlaufen muss, was in den Weg kommt. Dabei falle ich dreimal hin - ich muss mich mehr konzentrieren! Die gigantischen und mächtigen Bäume ziehen mich einfach in ihren Bann. Während der Siesta gehe ich mit den Anderen schwimmen. Es ist bitterkalt, aber ich lasse mich mit einem Grinsen auf dem Gesicht treiben und genieße das Gefühl der Freiheit in der Wildnis. Nun gehe ich endlich mit den Anderen in unseren vorbereiteten Plot und wir vermessen die Bäume. Thekla

11. Juli Tag 8

fragt: “Should we note that in German or in English?” Felix antwortet: “Just write the numbers in English!” – allgemeines Lachen. Ich sitze am Feuer und lausche gespannt Daves S’mores-Rede (er denkt, dass wir gar nicht wissen, was Marshmallows sind). Ich grinse die Anderen an und bekomme ein breites Grinsen zurück. Sami, unser Fotograf, fragt bitter ernst, als er einen klebrigen Marshmallow in der Hand hält: „Can I eat that raw“? Sehr erheitert schlafe ich ein.

Tobi

12. Juli Tag 9

Wo akritz auf den äumen wächst

„Bzzz” – das erste Geräusch des Morgens. „Vielleicht hätte ich doch nicht unter freiem Himmel schlafen sollen?“, denke ich, während ich mit einer Hand mein Tuch tief ins Gesicht ziehe und mit der anderen versuche, die mich umkreisenden Mücken zu verscheuchen. Als Daves Wake-Up-Song erklingt, stehe ich schließlich auf. Das orangefarbene Morgenlicht lässt die Landschaf malerisch aussehen, mit dem wolkenlosen Himmel ist sie beinahe zu perfekt. Lina und ich sitzen auf den Steinen am Wasser und lassen das eindrucksvolle Bild auf uns wirken. Nach dem Frühstück im Schatten der gestern gespannten Plane machen wir uns auf den Weg zu einer blumenbewachsenen Wiese. Obwohl sie nicht besonders weit von unserem Camp entfernt ist, brauchen wir eine ganze Weile, um sie zu Fuß zu erreichen, da wir auf der Wanderung viele interessante Dinge entdecken. Am meisten beeindruckt mich der Lakritzfarn,

den wir auf einem großen Ahornbaum fnden. Er schmeckt süßlich, wenn man auf seiner Wurzel kaut. Der Geschmack erinnert mich allerdings eher an Sellerie als an Lakritze.

Nachmittags paddeln wir vom Camp aus zu einer Stelle, an der das Wasser tief genug zum Schwimmen ist. Ich bin sehr erleichtert, als wir schließlich in den kühlen Fluss springen können, denn an der Luf ist es (besonders in den Schwimmwesten) unglaublich heiß! Abgekühlt und mit Insektenspray präpariert, laufen wir noch ein kleines Stück in den Wald, um einen kurzen Film zu drehen. Danach wird schon der Großteil des Camps abgebaut und früh schlafen gegangen, denn die morgige Paddeltour beginnt um 4:30 Uhr – ehrlich gesagt bin ich nach der vorangegangenen Nacht noch ziemlich müde!

Notizen

Daves Wake-Up-Song an diesem Morgen lautet:

„Round and round the earth is turning, turning always round ‘til morning and from morning round ‘til night.”

Notizen

Der Burman River Song:

„River stream, Cedar Tree / howling of the wind´s gonna set me free / Eagle and Salmon (x2) / In my soul, in my soul (x2) / Wood, stone, feather and bone / rhythm of the ocean, guide me home / wolf and raven (x2) / In my soul, in my soul (x2)“

Burman River – Gold River – Strathcona Park Lodge

Abschied vom urman iver

Stille. Um mich herum liegt ein Tal mit tausend Jahre alten Wäldern, bedeckt vom Dunst. Unbezwingbar ragt ein schneebedeckter Gipfel in die Höhe. Lautlos gleiten unsere Kanus der noch unsichtbaren Sonne entgegen. Unterbrochen wird die Ruhe nur von zunehmendem Vogelgezwitscher. Gedankenversunken genieße ich die unvergleichliche Schönheit der erwachenden Natur, als plötzlich Flügelschläge meinen Blick nach oben wandern lassen. Ein Weißkopfseeadler begleitet uns hoch am Himmel ein Stück, bevor er sich auf einem Ast niederlässt.

Kurz darauf höre ich nicht weit entfernt ein leises Plätschern. Zwei Robben spielen im Wasser. Als ich ihnen zusehe, spüre ich mit einem Mal eine unglaubliche Dankbarkeit. Nicht nur dafür, dass ich es auf mich genom-

men habe, um drei Uhr morgens aufzustehen, um mit Kopfampe in die Dunkelheit zu paddeln. Sondern vor allem dafür, dass es solche versteckten, friedlichen Plätze noch gibt auf unserer Erde und ich hier sein darf. Ein tiefes Gefühl der Harmonie erfüllt mich und wird noch durch den Burman River Song verstärkt, den Tessa uns beigebracht hat.

»Der Gesang gibt mir das Gefühl, hierher zu gehören.«

13. Juli Tag 10

Seesterne, Raben und eine Rehmutter mit Kitz bestaunen uns auf dem weiteren Weg. Endlich bekomme ich meine Patentiere, die Napfschnecken, zu sehen, und hätte am liebsten welche als Haustiere mitgenommen. Sie erscheinen mir so niedlich mit ihren Fühlern und dem starken Saugfuß. Schließlich lassen die leichten Wirbel im Wasser erkennen, dass sich langsam aber sicher Salz- und Süßwasser mischen: Der Fluss endet und das Meer beginnt. Die Sonne steht inzwischen hoch am Himmel und von der morgendlichen Kälte ist in meinen Gliedern nichts mehr zu spüren. Schweren Herzens sehe ich noch einmal über meine Schulter, um mich vom Zauber des Burman Rivers zu verabschieden. Ablenkung bringen nur eine Abkühlung im klaren Wasser und das anschließende Finalspiel der FußballWM. Immer noch motiviert vom Sieg der Deutschen Nationalmannschaf , beginne ich meine Sachen für das nächste große Abenteuer zu packen. Auf ins Toba Valley!

14. Juli Tag 11

Into the Wilderness: Toba Valley!

Heute führt uns unsere große Expedition auf das Festland. Wir starten mit einem schnellen Boot in Campbell River.

Unsere Route führt uns von Vancouver Island durch die vorgelagerte Inselgruppe der Coastal Mountains. Aus dem Meer ragen steile Felsen, auf den Gipfeln glänzen Gletscher, der Schnee schmilzt in der gleißenden Sonne und Gebirgsbäche stürzen in den Ozean. Die Wasserfälle waschen gigantische Felsformationen frei. Braune Flecken (riesige Kahlschläge) stechen öfers und stärker als ich erwartet habe ins Auge und zerstören das idyllische Landschafsbild.

Beim Erreichen des Tobadeltas bin ich verwundert: Jetzt müssen wir einen

Helikopterlandeplatz fnden. Keinen befestigten, sondern einen an der Küste, im Wald! Der Weg in die Wildnis ist schwer und fast nur mit dem Helikopter möglich und sicher. Vom Boot aus schleppe ich mit der Gruppe gefühlte zehn Tonnen Gepäck an Land. Etwas Schatten am Rande unseres Landeplatzes lässt mich wegdösen, jedoch katapultiert mich das laute Dröhnen der Rotorblätter zurück in die Realität. Aufgrund des ausreichenden Platzes haben wir einen alten Holzverladeplatz als Landepunkt ausgewählt. Der Wind des landenden Helikopters lässt alle möglichen Holzteile um mich fiegen. Der Flug ist genial: Schneebedeckte Gipfel, die über 2000 Meter

hoch sind, ziehen sich entlang des sich schlängelnden großen Toba Rivers und es ist ruhiger als gedacht. Angekommen auf der Sandbank, einem alten Flussarm, bin ich komplett durchgeschwitzt, einerseits von der Hitze, andererseits von meiner Aufregung. Da hilf nur ein kühles Bad im Gletscherfuss. Im Sand sehe ich viele Hirschspuren, doch attackiert werde ich nur von Mücken, Moskitos und Bremsen… Der Abend klingt auf unserer Sandbank aus, die schrumpf , da der Wasserpegel des Gletscherfusses nach dem sonnenreichen Tag abends steigt.

Felix

Strathcona Park Lodge – Campbell River – Toba Valley (Camp 1)

Valley (Camp 1)

Eine erfolgreiche Pause

»Der erste ofzielle Ruhetag der Expedition beginnt, und zwar mit Ausschlafen!«

Nachdem wir vor zwei Tagen um 03.00 Uhr aufgestanden sind, nutze ich die ersehnte Chance zum Ausschlafen, bis die Morgensonne so auf unser Zelt knallt, dass es zu warm wird, um sich darin aufzuhalten. Das Zelt erinnert übrigens vielmehr an eine Mischung aus Tipi und Schloss und ich muss bei seinem Anblick immer an das Zelt von Arthur Weasley aus Harry Potter denken. Als ich dann das Tobatal sehe, das ich seit Monaten allen Bekannten auf Postkarten zeige, freue ich mich einfach, hier zu sein. Mit den schneebedeckten Bergen, dem plätschernden Wasser und den grünen Wäldern ist es nicht so schön wie ich es mir vorgestellt habe: Es ist tausendmal beeindruckender.Diesen Ort und diese Leute werde ich niemals vergessen. Ich schafe es tatsächlich, vor dem Mittagessen drei Liter Wasser zu trinken: Ein persönlicher ekord! Und eine der wenigen Methoden, mit der Hitze klarzukommen. Wir haben nämlich noch keinen richtigen Schatten und deswegen gibt es an unserem Ruhetag noch etwas sehr Wichtiges zu erledigen: Ein Tarp muss errichtet werden, damit wir (und auch unser Essen)

15. Juli Tag 12

einen kühlen, schattigen Ort haben. Gar nicht so leicht, bei den Mengen an Essen, aber mit Teamwork schafen wir es.

Das Mittagessen erinnert an zu Hause: Es gibt Kartofelsalat. Der Dosenlachs ist mir aber neu, und ich bin total verwundert, dass man die Gräten mitessen kann. Total super, weil ich die sonst immer verschlucke! Nach dem Mittagessen und einer kleinen Pause eröfnet Hannes eine Schlammschlacht, in der wirklich alle Teilnehmenden komplett mit braun-grauem, kühlem Schlamm bedeckt werden. Ich selber beobachte das Geschehen aus sicherer Entfernung: Der prallen Mittagssonne will ich noch etwas entkommen und außerdem bin ich beim Tagebuch schreiben noch ein paar Tage hinterher. Aber lange hält sich diese Absicht nicht, denn so langsam überträgt sich die riesige Freude der anderen auf mich. Ich denke mir: “Noch einen Satz, dann mache ich mit!” Pustekuchen. Nach zwei Worten schlafe ich über meinem Notizbuch ein und als ich aufwache sind alle anderen erschöpf , schon wieder sauber und knabbern genüsslich an einem Snack. Der Ruhetag hat uns allen wirklich gut getan, denn trotz des vielen Spaßes und der wunderschönen neuen Erlebnisse ist Kanada auch total anstrengend. Deswegen haben wir mit dem Ruhetag auch auf gar keinen Fall Zeit verschwendet.

Pascale

16. Juli Tag 13

Toba Valley (Camp 1)

Wie

aus zwei sechs werden können!

Ich schlüpfe aus unserem überhitzten Moskito-Paradies. Während ich meine angeschwollene Lippe betrachte, die aussieht, als hätte ich versucht mir im Dunkeln Botox zu spritzen, frage ich mich, wie sich eine einzige Mücke im Laufe der Nacht zu Tausenden fortpfanzen kann. Verwirrt über dieses Mysterium stolpere ich aus dem Zelt. Ich bin froh, dass ich mit zerstochener Lippe das Geburtstagslied für Kai singen kann, sodass ich am Nachmittag auch ein Stück des Kuchens genießen darf. Doch bis dahin haben wir noch viel vor uns. Wir sitzen an unseren Silent-Spots und lauschen der Natur. Plötzlich höre ich ein Knacken hinter mir, dicht gefolgt von einem intensiven Tiergeruch, der mich an ein Pferd erinnert. Ein Bär? Nein, zu leise. Ein Reh? Würde sich nicht so nah heran trauen. Langsam stehe ich auf und tapse zu der nächstgelegensten Person, die ich sehen kann: Pia. Zusammen schleichen wir zum „Ort der Gefahr“ zurück. Gespannt lauschen wir. Ein Knacken – Stille. Oder war das doch

der Atemzug eines lauerndes Tieres?

Irgendwie scheint Pia tiefenentspannt zu sein. Hat sie denn gar keine Angst, von einem Bären verspeist zu werden?

Doch bevor ich ihr meine Verwunderung mitteilen kann, werden wir zum Packen unserer Sachen für die Wanderung gerufen. Die Spannung verebbt, als ich mir kurz darauf denke: „Mist. Chance vorbei.“ Ich hätte gern noch länger in dieser angespannten Stille ausgeharrt, um herauszufnden, welches Tier uns beobachtet hat. Mehr Zeit, darüber nachzudenken, fnde ich allerdings nicht, denn es geht auf zur 2-stündigen (!) Wanderung, um den Plot der Baumvermessung des letzten Jahres zu fnden. Wir laufen, bis wir auf ein Haus trefen. Warte mal – ein Haus? Ein Auto? Fässer, Gläser, Bücher und Messer? Ich komme mir vor wie in einem Zukunfsroman: Wir sind die letzten Überlebenden, die sich hilfos durch die Wildnis schlagen und auf die Überreste der damaligen Menschen stoßen. Ich warte nur darauf, dass einer von uns beim hek-

tischen Fluchtversuch panisch “Leiche!” schreit. Aber selbst im Keller hocken nur einige fette Kröten. Wir fnden vieles und einige Dinge sind wirklich nützlich. Einerseits zur Verteidigung (“Hey, guck mal, ich bin Rapunzel!”, ruf Pascale und fuchtelt mit einer Bratpfanne vor meinem Gesicht rum), als auch zur Erleichterung unseres Camp-Lebens. Auf dem Rückweg fnden wir unerwartet doch noch das eigentliche Ziel unserer Wanderung: den Plot zur Baumvermessung. Nach 6 Stunden kommen wir endlich wieder im Camp an, wo der kühle Fluss und der Kuchen schon auf uns warten. Hier habe ich nun endlich wieder Zeit, um an die Begegnung von heute morgen zu denken. „Der Geruch von Kuhfaden und Pferd?”, fragt Sami, “Das ist ein Wapiti-Hirsch!” Wow. Heute Morgen stand dieses Tier nicht mal 10 Meter von mir entfernt im Wald.

Lina

17. Juli Tag 14

Toba Valley (Camp 1)

Das Heulen der Wölfe

Als ich meine Augen öfne, ist es schon hell. Ich verlasse unser Zelt und schaue auf die Berge rings um unser Camp, bevor ich mich zu meinem Silent Spot begebe. Die Natur wirkt auf mich und ich werde immer ruhiger. Doch diese Ruhe währt nicht lange, weil mich ein unbekanntes Geräusch unruhig werden lässt. Ein Knacken im Wald, das wahrscheinlich vom Wind verursacht wurde. Ich weiß es nicht genau, und das konstante, komische Geräusch macht mich wirklich nervös.

Gefasst auf alles drehe ich mich beim nächsten Mal in die Richtung, aus der das Geräusch kommt. Es ist Lina. Sie hat Schluckauf. Später schnappe ich mir die Angel und versuche mich im Fischfang, was kurz darauf mit einer 40 cm großen Regenbogenforelle belohnt wird. Das Grinsen auf meinem Gesicht verrät meine Freude.

Nach der Projektplanung am Vormittag mache ich mich mit meiner Projektgruppe „Forest Dump“ und Charlotte auf, um 25 m x 25 m große Planquadrate für die morgige Vermessung abzustecken. Ich kämpfe mich durch die dichten Sträucher, um die gerade Linien, welche die 4 Eckpunkte verbinden, beizubehalten, was einfach klingt, aber gar nicht so leicht ist.Es ist eine Mischung aus riesigem Spaß und großer Anstrengung. Zurück im Camp starten wir am Lagerfeuer – die atemberaubende Abendsonne geht bereits langsam unter – einen Stockbrotwettbewerb. Gerade als wir mittendrin sind werden wir unterbrochen, denn Charlotte hört Wölfe heulen. Mit einem schnell klopfenden Herzen schleiche ich mit den anderen zu Gudrun, unserer Wolfsexpertin aus Österreich, die be-

reits am Waldrand sitzt und das Heulen eines Wolfes perfekt imitiert. Kurz darauf kommt die Antwort der Wölfe. Wolfsgeheul, das mir einen Schauer über den Rücken laufen lässt. Der Lautstärke nach zu urteilen sind sie auf einer Sandbank, 100 m Luflinie von unserem Camp entfernt. Ich bin völlig fasziniert, spüre eine gewisse Erwartung in der Luf und kann nicht glauben, was ich da höre, denn es ist zu schön. Es ist ein tolles Gefühl zu wissen, dass die Wölfe um uns herum sind. Doch heute können wir sie nicht mehr sehen, denn sie haben uns schon entdeckt und „ausgecheckt“. Aber vielleicht haben wir ja Glück und können ihnen an einem anderen Tag begegnen. Ich bin gespannt.

Tobi

18. Juli

Tag 15

Toba Valley (Camp 1)

ezaubernder Nebel

Ich brauche keinen Spiegel an diesem Morgen: Die verschlafenen Gesichter der Anderen verraten, wie ich wohl aussehen muss. Zum ersten Mal, während unserer Zeit im Toba Valley, ist der Himmel dicht mit Wolken behangen und es ist deutlich kühler. Das hält das Forest Dump – Team jedoch nicht davon ab, im Wald weitere Messdaten aufzunehmen, sodass ich am Vormittag Zeit habe, mit Pascale unsererseits auch eine Bestandsaufnahme zu machen, nämlich von unserer bisherigen Projektarbeit. Allerdings werde ich unterbrochen.

»Hilfe!«

Ronny ist beim Angeln der Köder in einem umgestürzten Baum hängen geblieben. Und so folge ich Kais Herausforderung und tauche ins eiskalte Wasser, um ihn herauszuf-

schen. Aber Ronny schaf es dann doch selber. Noch bevor meine Haare trocknen können, beginnt es zu regnen. Daher verbringe ich den Nachmittag zumeist mit den Anderen in unserem fast schon schlossartigen Zelt, um Ideen für die geplante Wildnis-Version der “Supergeil”-Werbung zu machen. Der Dreh soll noch an diesem Abend beginnen und ist ein unterhaltsamer Abschluss dieses scheinbar trüben Tages. Selbst bei diesem Wetter ist es hier wunderschön. Besonders die Nebelschwaden, die Wind und Regen durch das Flusstal schweben lassen, sind atemberaubend.

Henriette

19. Juli Tag 16

Toba Valley (Camp 1)

Titanic mit Happy End

»... und dann kam die Flut...«

Ich werde von Tobi geweckt. Er sagt, es sei Wasser im Zelt. Ich schaue es mir genauer an und sehe nur eine kleine Pfütze im Vorzelt, aber das klitzekleine Problem ist, dass es immer noch weiter regnet. Ich denke, dass wir handeln müssen und wecke die Anderen. Kai, Kathi, Hannes und die Mediengruppe sind auch schon wach. Wir teilen uns auf. Ein Teil der Truppe baut die Zelte ab, um diese zu einem erhöhten und weit vom Fluss entfernten Wäldchen zu bringen und der zweite Teil verstaut die Nahrungsmittel und bringt sie zum selben Ort.

Nach einer Stunde haben wir alles im sicheren und trockenen Wäldchen untergebracht. Aber jetzt beginnt erst der richtige Teil der Arbeit: das Camp im engen, dichten Wald wieder aufzubauen. Ich bin ein wenig traurig, dass wir das alte Camp verlassen mussten, denn dort war alles so schön eingerichtet. Aber in dieser Situation hilf rumjammern nicht, also einfach anpacken, damit dieses Camp noch schöner wird als das Letzte.

Nach vielen Stunden und viel Schweiß haben wir es geschaf . Jetzt heißt es erst einmal Abendbrot machen: leckere indische Suppe. Beim Essen schmeckt es allen, was mich sehr

freut, da ich mit gekocht habe. Leider fängt es wieder zu regnen an, aber nach ein paar Minuten lässt der Regen nach und wir werden mit einem doppelten und farbintensiven Regenbogen für die harte Arbeit belohnt. Meine letzten Gedanken: Es war ein stressiger Tag, aber er war wundervoll, da sich der temperierte Regenwald von seiner besten Seite gezeigt hat und wir viele Naturschauspiele gesehen haben.

Johannes

Titanic mit Happ End ganz privat

Der 19. Juli war sicherlich einer der aufregendsten unserer Reise und so wollen wir an dieser Stelle ein paar Auszüge aus Pascales privatem Tagebuch einfügen: Es ist 5 Uhr früh, das Camp auf der Sandbank steht unter Wasser. Tobi bemerkt die Flut als Erster. „Ich wachte auf und mein Kopf war nass!“ Daraufin ruf er: “Wir stehen im Wasser! Aufwachen!“, während die Küchenbox gemütlich vorbeischwimmt. Mich selbst beschäfigen zuerst die Gedanken an mein Notizbuch (mit allen Insidern und Liedtexten der Expedition), das ich abends zuvor in der Campküche liegengelassen hatte. Nach einigem Suchen fnde ich es schwimmend neben den BearBarrels wieder! Jette vermisst das hochwichtige Pelicase mit der Technik, das sie ins Vorzelt gestellt hatte, nachdem sie am Vorabend mit Blog schreiben dran war. Später meinte sie: „Ich hatte in dem Moment richtig viele Schimpfwörter im Kopf.“ Zur gleichen Zeit wacht Boas „schwimmend“ auf und watet zu Ronny und Robert, um Asyl zu beantragen: „Ich will die anderen nicht aufwecken.” (Normalerweise ein netter Gedanke, jetzt jedoch nicht ganz so hilfreich!) Robert sagt später: „Ich wollte ihm Asyl gewähren… bis ich ihn sah. Er war dreckig und klatschnass.” In dem Moment fragt sich Boas, warum er eigentlich nicht Bankangestellter geworden ist… Gudrun und Charlotte sehen währenddessen noch lange keinen Grund zum Aufstehen. Als Gudy dann doch raus muss, stellt sie sich erst einmal die Frage: „Sandalen mit oder ohne Socken?“

Nachdem das Problem geklärt ist (ohne Socken war die besse-

re Entscheidung), hof sie sehnlichst, dass vor allem der Kaffee gerettet werden würde. Auch Hannes macht sich, nachdem er nach der Zeit geschaut hat (es war 5.15 Uhr, was ihm in dem Moment auch nicht geholfen hat…), Gedanken über Kleidungsstücke: Er sucht (mal wieder) seinen Hut, welchen er vorher schon einmal im Wald verlegt hatte. Kathi ärgert sich, dass es wieder nicht mit Ausschlafen geklappt hat. Geht uns das nicht allen so? Schnell setzt ihr rationales Denken wieder ein. Sie packt alles so trocken wie möglich zusammen und läuf , nachdem sichergestellt ist, dass alle in Sicherheit sind, in die Küche, um zu retten, was dort noch zu retten ist.

Kai berichtet: “Die Übelkeit der Seekrankheit überkam mich und ich erwachte schwimmend auf meiner Isomatte.“ Ich denke „Super, Kathi managed die Küche!” Tatsächlich konnten wir fast all unsere Sachen retten (sogar den Kafee!) und obwohl wir an diesem Morgen wohl alle lieber weiter geschlafen hätten, ist es ein echt abenteuerliches Erlebnis gewesen, das wir super gemeistert haben (an dieser Stelle ein Lob an das gesamte Team) und von dem wir sicherlich noch in vielen Jahren erzählen werden.

Pascale

20. Juli Tag 17

Toba Valley (Camp 1)

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen

Das Zwitschern eines Vogels, der, wie ich glaube, unbedingt will, dass ich aufstehe, weckt mich. Nach einer Weile gebe ich nach und stecke meinen Kopf der morgendlich kühlen Waldluf entgegen. Für einen Teil der Gruppe besteht der Tag heute aus Vermessen, Vermessen, Vermessen - für mich jedoch steht das „supergeile“ Filmen an erster Stelle. Gleich nach dem mehr oder weniger trockenen Frühstück laufen wir auf dem nun sehr matschigen Boden der Sandbank – das Wasser ist längst wieder verschwunden – in den Wald hinein. Dieser ruf mich mit seinen grünen, anmutig wirkenden Bäumen zu sich. Es ist erstaunlich, wie einfach man durch den auf den ersten Blick undurchdringlichen Wald kommt, wenn man sich auf die Höhe eines Wolfes oder Bären reduziert. Zusammen mit Tobi, Pia und der Filmcrew betrete ich den, wie ich fnde, magischsten und aufregendsten Ort des Waldes. An diesem Platz stehen ein altes Haus und Auto, welche vermutlich den Vorbesitzern gehörten. Das ganze Szenario sieht aus, als mussten sie den Ort fuchtartig verlassen. Es kribbelt in mir und der Wunsch, die Geschichte dieses Ortes herauszufnden, ist groß. Hier drehen wir einen kleinen Teil des „Supergeilflmes“; weitere Teile sollen im Camp entstehen. Später im Camp lege ich mich auf eine

Klippe unserer kleinen Insel und beobachte die Filmcrew, die sich während ihrer Arbeit Witze erzählt und auch mich dabei köstlich unterhält. Kurze Zeit später nehme ich ein ungewolltes Schlammbad, bei dem mir die braune Suppe in Strömen über das Gesicht läuf . Danach muss ich mich in das eiskalte Wasser des Kleinen Toba Rivers stürzen.

Am späten Nachmittag passiert etwas, das mich zutiefst berührt. Es ist das Heulen der Wölfe, das in meinem Ohr erklingt. Aber nicht nur in meinem Ohr, sondern auch in dem der Anderen, die im Wald waren und weiter vermessen haben. Dies gibt mir ein Gefühl der Verbundenheit unserer Gruppe, was hier draußen in der Wildnis das Wichtigste ist. Der Tag geht zu Ende. Wir lassen uns das exklusive Abendbrot schmecken und bei köstlichem Stockbrot von Lina belustigen. Sami: „Hier hab ich noch zwei Löfel gefunden, wem gehören die? Auf dem einen steht Lina.” Lina: „Der eine gehört, glaub‘ ich, mir.” Die Nacht ist schwarz und still, genau das, was ich zum Ausruhen brauche.

Thekla

21. Juli Tag 18

Toba Valley (Camp 1)

Camp Tag

»Niemals hätte ich gedacht, dass Holz leuchten kann, nun aber sehe ich es mit eigenen Augen.«

Während Tobi, Johannes, Charlotte, Kathi, Sami und Kai mit den Schlauchbooten zur Vermessung des Waldstückes auf der gegenüberliegenden Flussseite aufrechen, bleibe ich mit dem Rest der Gruppe im Camp, um ein bisschen Ordnung zu schafen und Filmclips zu drehen. Die Aufräumund Reinigungsaktion beginnt mit einer lang ersehnten Kleiderwäsche im Fluss – der Regen hat endlich aufgehört und der Inhalt unserer Rucksäcke ist klamm und mufg. Nachdem beinahe meine gesamte Bekleidung auf der Wäscheleine hängt und ich mich einen Moment darüber gefreut habe (tatsächlich ist es das erste Mal, dass Wäschewaschen einen gewissen Fanatismus bei mir auslöst), starte ich den Versuch, Müsliriegel aus dem übrig gebliebenen Frühstück zu kreieren – das Resultat kann zwar defnitiv nicht mit den selbstgebackenen “Granolabars” aus der Lodge konkurrieren, ist aber zumindest essbar. Am Nachmittag stiefeln Lina, Pascale, Gudrun, sowie das Filmteam und ich ein Stück in den Wald hinein, um unter einem riesigen Ahorn zu flmen –es ist sicherlich der Größte, den ich je gesehen habe! Ich

stehe am Fuß des dicken Stammes unter dem dichten Blätterdach, das nur vereinzelt von Sonnenstrahlen durchbrochen wird – der Blick nach oben ist überwältigend, wenn auch ein wenig einschüchternd. Ich fühle mich klein. Früher als erwartet kehren die Waldvermesser zurück, vom Ausfug schwärmend, wenn auch erschöpf . Besonders Johannes ist über die körperliche Auslastung begeistert: Während das Paddeln fussabwärts zu den Plots nur eine halbe Stunde gedauert hat, dauerte der Rückweg ganze vier Stunden. Sie erzählen von der beeindruckenden Natur auf der anderen Flussseite: von tiefen Wolfsspuren im Sand, der Begegnung mit einem schimpfenden Eichhörnchen, das das Markierungsband geklaut hat und von großen Lungenfechten. Kurz vor dem Schlafengehen zeigt uns Kathi etwas Erstaunliches: Holz, das in der Dunkelheit leuchtet! Wir schalten unsere Stirnlampen aus und bewundern das Phänomen, welches durch fuoreszierende Pilze im Holzinneren verursacht wird, wie Kai mir später erklärt. Ich bin zutiefst fasziniert. Pia

22. Juli Tag 19

Toba Valley (Camp 1)

My home is where my heart is

Aufstehen, Essen rein und auf geht‘s zur nächsten Plotvermessung. Jedenfalls für einen Teil der Gruppe. Einige, auch ich, bleiben im Camp, um noch letzte Arbeiten zu verrichten. Sowohl für die Filme, als auch zur Vorbereitung für morgen, wenn wir diese wundervolle Sandbank verlassen werden, die uns so viele schöne Erinnerungen geschenkt hat. Als die Vermesser zurückkehren, entnehme ich einem Interview mit Pia, dass die Plotsuche wirklich nur eine Suche war. Obwohl sich Kai alle 10 Minuten zu 100% sicher war, dass sie direkt vor dem Plot stehen, kamen sie doch nie an. Vielleicht lag es an dem Devil’s Club? Oder an dem riesigen, gifigen Tausendfüßler? Wer weiß. Doch Pia macht das alles nichts aus. Sie überquert den Fluss zurück ins Camp zwar nicht hochmotiviert, aber immerhin auch nicht niedergeschlagen. Aus der Ferne beobachten wir belustigt die Heimkehrer, die uns mit vollstem Körpereinsatz zu demonstrieren versuchen, wie man sich bei einer Bärenbegegnung NICHT verhält, aber ofensichtlich sehr viel Spaß dabei haben.

Nach dieser „lehrreichen“ Vorführung schnappen wir uns alle unsere persönlichen Sachen und räumen auf. Ich nutze die Zeit, um mein Projekt weiter voranzutreiben. Während ich also so über dem Heilpfanzenbuch sitze und vor mich hin döse, starre ich auf die Berge, die meilenweit von mir

entfernt zu liegen scheinen. Irgendwie kann ich es gar nicht glauben, dass ich direkt vor den Bergen sitze, die ich schon Wochen zuvor auf dem Foto bewunderte. Wunderschön und faszinierend.

Mir kommt auf einmal alles so unwirklich vor.

Es könnte sogar sein, dass die Berge nur mit Green Screen eingeblendet sind, denn es ist einfach unglaubwürdig, dass dieses Bild jetzt schon neun Tage zum Greifen nahe ist. Erst jetzt fällt mir auf, dass dies eine meiner letzten Möglichkeiten ist, in der ich die Berge und Bäume aus dieser Sicht betrachten kann. Und dass dies der letzte Tag ist, an dem ich mit dieser Gruppe, die ich über die vergangene Zeit so zu schätzen gelernt habe, am Lagerfeuer sitzen kann, bevor zwei Gruppenmitglieder morgen in die Zivilisation zurückkehren müssen.

So ergibt sich eine melancholische Abschiedsstimmung, welche dann noch in dem verzweifelten Versuch endet, die verbliebenen Marshmallows zu verspeisen, da wir sie bei der morgigen Wanderung nicht tragen wollen. Trotzdem genießen wir die letzten gemeinsamen Stunden.

Lina

23. Juli

Toba Valley (Camp 1) – Toba Valley (Camp 2)

Super Regen – trotzdem geil

Erster Gedanke am Morgen: „Ich will weiter schlafen.“ Zweiter Gedanke gleich danach:

»Ich will in unser neues Camp.«

Ich stehe also voller Motivation auf und verbrenne mir in meinem Elan erst einmal meine Finger am Feuer. Stopp. Ich muss klarer denken, egal wie sehr ich mich freue. Nach dem Frühstück packe ich den Rest und verabschiede mich an meinem Silent Spot von unserem Land. Kathi gibt uns mit auf den Weg, dass man sich bei den First Nations von einem Platz mit einem Geschenk, das man da lässt, verabschiedet. Ich werfe eines von zwei selbst geschnitzten Zeichen, welches mir persönlich sehr wichtig ist, ins Wasser. Damit verabschiede ich mich und sage „Danke“ für die wundervolle Zeit, die ich hier im ersten Camp genießen durfe. Ich lasse meinen Blick schweifen und schließe für mich innerlich mit dem Ort ab. Doch nicht alle nehmen wir mit in unser neues Camp: Robert und Charlotte verlassen uns. Ein letztes Foto,

eine Umarmung. Die Wanderung zum zweiten Camp ist deutlich kürzer als gedacht, und als wir den ersten Blick auf unser neues Zuhause werfen, stockt mir der Atem. Unser Camp liegt auf einer lang gestreckten Sandbank, die mit Büschen und weiter hinten auch mit kleineren Bäumen bewachsen ist. Der Fluss schlängelt sich daran vorbei, hinter uns eine Steilwand, rechts und links ragen die Berge hoch. Doch mein persönliches Highlight ist im Hintergrund zu sehen. Es sind zwei große Berge, die von einem Gletscher und unglaublich viel Schnee bedeckt sind. Ich bleibe stehen und lasse die Anderen vorbei. Mein Traum ist vollkommen. Ich habe ein Faible für schneebedeckte Gipfel und in diesem Moment bin ich völlig im Einklang mit der Natur um mich herum. Ich schaue hin, will den perfekten Moment mit meinem Blick einfangen, dann weitergehen, doch als ich wegschaue muss ich sofort wieder hinschauen, es ist zu schön.

Doch auch der schönste Moment geht irgendwann vorbei und so betrete ich das Camp, als unsere drei neuen

Gruppenmitglieder für die restlichen Tage ankommen. Es sind Bernd (Wissenschafler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung), Klaus (Globetrotterchef Köln) und Christian (Nachhaltigkeitsbeaufragter von Wikinger Reisen). Nach kurzer Begrüßung widme ich mich verstärkt dem Zeltaufau.

Dann gehen wir, da wir nicht alle unsere Sachen auf einmal tragen konnten, nochmals zu viert zu unserem alten Camp zurück. Dort angekommen hat es angefangen zu regnen und es ist gespenstisch:

Man sieht unsere Spuren, doch keine Menschen. Wir haben morgens schon Abschied genommen, sind nun aber wieder da. Diese Stimmung hält jedoch nicht lange, weil wir uns schon wieder auf den Rückweg machen. Der Regen dauert an und somit beenden wir unseren Tag im Regen unter unserer großen Küchenplane. Müde und glücklich gehe ich in mein Zelt – die Natur berührt mich immer noch.

24. Juli

Tag 21

Toba Valley (Camp 2)

Nicht schon wieder!

Stimmen – tiefschwarze Nacht – ich werde wach. Gleichmäßig trommelt der Regen auf die Zeltwand. Gestresste Stimme: „Flut“. Noch einmal müssen wir alle unsere Sachen in den Wald bringen. Sofort bin ich hellwach. Blitzschnell sind wir aus den Zelten raus. Ein Teil der Gruppe bringt das Küchenequipment in den höher gelegenen Wald, wo wir unser neues Lager aufschlagen, der andere Teil baut die Zelte ab und bringt sie zusammen mit allem Anderen ebenfalls in den Wald. Der Weg „ins Trockene“ ist dieses Mal deutlich weiter, denn wir müssen erst einen breiten, recht tiefen Flussarm überqueren, der gestern noch ein kleines, fast trockenes Rinnsal war. Die Dunkelheit – es ist kurz nach 3 – macht den Weg nicht leichter. Trotz der Schwierigkeiten sind wir schneller als bei der letzten Flut.

»Übung macht den Meister!«

So gut es zwischen den Bäumen und dem dichten Unterwuchs geht, bauen wir einige Zelte im Wald wieder auf. Wir ziehen uns trockene Sachen an und kriechen zurück in unsere gemütlichen, warmen Schlafsäcke. Wieder einmal hat uns die wilde Natur ihre raue Seite gezeigt, aber unser eingespieltes Team hat auch das perfekt gemeistert. Erst gegen Mittag wachen wir alle auf und versuchen, Feuer zu machen. Wir erholen uns alle bei einem leckeren Frühstück mit Bagels und Bacon. So langsam kommt sogar die Sonne wieder und das Wasser ist schon sehr weit zurückgegangen. Also heißt es: wieder zurück auf die Sandbank! Wir sind froh, wieder zurück zu können, denn dort ist es viel sonniger und trockener – und es gibt viel weniger Mücken! Au-

ßerdem ist zwischen den immer noch tropfenden Bäumen im Wald kaum Platz für die Zelte. Erst einmal müssen alle Sachen getrocknet werden: Wir hängen die nassen Zelte und Planen, die durchweichten Kleider und Schuhe in die Büsche auf der Sandbank und spannen Wäscheleinen. Es ist sehr mühsam, alle Zelte und Tarps wieder aufzustellen, die wir am Tag zuvor schon einmal aufgestellt hatten, aber nach ein paar Stunden ist es geschaf . Zum Glück kommt die Sonne heraus, um uns zu helfen. Wir machen eine Bestandsaufnahme – alles da! Zur Sicherheit lassen wir unsere Essensvorräte und Rucksäcke im Wald und bauen auch dort ein Tarp und zwei kleine Zelte auf. Falls uns wieder eine Flut heimsuchen sollte, wären wir dann noch schneller mit dem Umzug.

Den Tag lassen wir gemütlich am Feuer ausklingen – und schon wieder setzt leichter nicht. Wir sitzen im Trockenen am warmen Feuer, satt und zufrieden mit einer warmen Mahlzeit im Bauch und wissen: Im Notfall können wir schnell in den höher gelegenen Wald. Und in den inzwischen getrockneten Zelten warten die kuschelig warmen, frisch gelü Schlafsäcke auf uns!

25. Juli

Tag 22

Toba Valley (Camp 2)

Von ären und ratpfannen

Das Geräusch einer Trillerpfeife weckt mich auf. Im ersten Moment denke ich:

»Oh nein! Nicht schon wieder eine Flut.«

Kurz darauf merke ich aber, dass es keine Campevakuierung, sondern nur der Wecker ist. Als Teil der Küchencrew backe ich Fladen aus dem übrig gebliebenen Stockbrotteig von gestern Abend. Gar nicht so einfach, mit all dem Rauch und ohne Pfannenwender. Aber mit Stock, Löfel und Kathis Hilfe sind bald 36 Minibrote gebacken und alle anderen verspeisen sie genüsslich. Das Frühstück ist heute ein wahrer Luxus: Rührei, Fladen, Bananen und Müsli (liebevoll „braune Pampe“ genannt) werden dankbar angenommen. Während die Jungs später sage und schreibe sechs Fische fangen, kommen Kathi und Bernd mit einer Bratpfanne aus dem Wald zurück. Ja, es scheint fast so, als würden in Kanada Bäume wachsen, an denen gusseiserne Pfannen hängen, denn am letzten Toba Camp hatte ich ebenfalls so eine Pfanne aus dem Wald mitgebracht. Solche Bäume gibt es natürlich auch in Kanada nicht. Aber hier gibt es, wie auch beim letzten Camp, eine verlassene Hütte, in der sich allerlei Sachen fnden lassen. Nach dem Mittagessen gehe ich mit den Anderen zu dieser Hütte. Beim ersten Anblick muss ich an Rotkäppchen denken: Eine mysteriöse und fast magische Hütte steht verlassen im Wald. Es fehlt nur noch etwas Nebel und ein Wolf.

Stattdessen gibt es Anzeichen dafür, dass sich hier ein Bär aufgehalten hat, denn ich fnde Kratzspuren, Haare und sogar leichte Fußabdrücke. Über Bären wusste auch der Besitzer der Hütte Bescheid, denn an den Fenstern sind Nägel, die einen Bären daran hindern würden, reinzukommen. Auch die Hochwassersituation war ihm wohl bekannt, da die Hütte erhöht gebaut worden ist. Ich frage mich, wer wohl die Person war, die hier gelebt hat. Und ob überhaupt jemand hier gelebt hat. Ich male mir verschiedene Geschichten aus, aber welche davon stimmt, weiß ich nicht und werde es auch nie erfahren... Auf dem Rückweg zum Camp bietet sich uns ein Anblick der Landschaf , den ich nur schwer in Worte fassen kann. Hinter uns liegt Wald, vor uns schneebedeckte Berge. Die Sonne geht hinter zahlreichen verschleierten Wolken unter und taucht dabei mit ihren weichen Strahlen einen Teil der Felsen in ein Licht, wie es manchmal in Fantasyflmen vorkommt; nur dass es hier echt ist und nicht aufwendig animiert. Noch dazu regnet es leicht und das Aufeinandertrefen von Sonne und Regen lässt einen Regenbogen erstrahlen, der von einer Wolke zur anderen reicht. Wenn das hier in einem Film vorkommen würde, würde ich niemals glauben, dass es solch einen Anblick in Wirklichkeit geben könnte. Aber es gibt ihn eben doch und ich bin für den Rest des Tages glücklich, dass ich ihn miterleben durfe.

Pascale

26. Juli

Tag 23

Toba Valley (Camp 2)

Ein letzter wilder Tag

Die ersten Sonnenstrahlen scheinen auf die zwei Gletscher als ich aus dem Zelt komme und mich ausgiebig räkele: Der letzte volle Tag in der Wildnis bricht an. Ich mache mich mit den Stipendiaten und ein paar Anderen auf den Weg in verschiedene Wildnispatenschafsgebiete. Es macht sehr viel Spaß, mit wenig Gepäck durch das Unterholz zu spraddeln (= zu laufen, ein neuer Ausdruck, den Kai und Hannes gerne sagen und den wir übernommen haben). Heute schießt unser Fotograf Sami noch viele Fotos von uns, und unser Kameramann Boas nimmt kleine Sequenzen der Stipendiaten im Wald auf. Die Arbeit ist witzig, nimmt aber mehr Zeit in Anspruch als gedacht. Das Mittagessen fällt heute sehr prächtig aus, da die Nahrungsmittel aufgebraucht werden müssen. Zum Nachtisch gibt es frisch gebackene Pancakes mit Ahornsirup (an denen ich mich überesse). Am späten Nachmittag durchquere ich gemeinsam mit ein paar Anderen an einem gespannten Seil den Little Toba. Das Wasser steht kühlend bis zu meiner Hüfe, ohne Führung am Seil würde ich der Strömung des Gletscherfusses nur schwer widerstehen können. Am gegenüberliegenden Ufer angekommen, muss ich zuerst durch eine dicke Gestrüppwand, doch hinter dieser wartet eine Überraschung: Ich erblicke eine völlig neue Waldstruktur. Mit ofenem Mund starre ich

auf gigantisch große und alte Riesenlebensbäume, Douglasien und Ahornbäume.

Im Unterschied zu den bisher erkundeten Wäldern gibt es hier deutlich mehr Urwaldriesen. Ich will mir nicht vorstellen, dass das jahrhundertelange Wachstum der Bäume durch eine Kettensäge zunichte gemacht werden könnte. Auf dem Boden entdeckt Tobias Saprophyten, weiße Pfanzen ohne Chlorophyll, die die magische Stimmung des Ortes vervollständigen. Am Abend sitze ich mit der Gruppe noch sehr lange am letzten Lagerfeuer. Es sind sehr emotionale Stunden. Der Gedanke, dass es morgen aus der Wildnis wieder in die Zivilisation geht, betrübt mich. Später laufe ich etwas weiter an den Rand der Sandbank, lege mich in den Sand, hänge meinen Gedanken nach und sauge die ruhige Stimmung dieses Ortes auf. Der geniale Sternenhimmel hält mich vom Schlafen ab. Der Himmel spiegelt sich zudem in dem kleineren und ruhigeren Flussarm wieder. Ich habe noch nie so viele Sterne und eine so schöne Milchstraße gesehen. Erst spät gehe ich ins Bett.

Felix

27. Juli Tag 24

Ein letzter lick

Schon beim Aufwachen kreisen Bilder des gestrigen Sternenhimmels durch meinen Kopf. Ich denke daran, dass ich heute Abschied vom TobaTal nehmen muss und verfalle in eine melancholische Stimmung. Die klaren Flüsse, der mystische Wald, unsere Sandbänke und die „Rettungsinseln“ sind mir in den vergangenen Wochen ein zweites Zuhause geworden. Es gibt noch so viele Sachen, die ich machen möchte, bevor ich mich von diesem Ort trennen muss! Heute werde ich zumindest noch den Punkt “früh morgens die Natur beobachten und genießen” abhaken können, denn ich darf den Toba im Schlauchboot hinunterpaddeln. Ein letztes Mal schauen wir auf die Sandbank zurück, bevor wir zu acht in den dunklen Wald abtauchen. Wir passieren sowohl Wolfshöhlen, als auch Ahornbäume mit Lakritzfarnbewuchs, dann lichtet sich der Wald und gibt einen atemberaubenden Blick auf unser erstes Camp frei. Die ersten Sonnenstrahlen des Tages trefen auf den von Nebelschleiern umhangenen Fluss und verleihen ihm ein magisches Aussehen. "Mit diesem Bild wird mir Rescue Island in Erinnerung bleiben", denke ich, als ich vom Schlauchboot aus ein letztes Mal zurückschaue.

Dann jedoch, als sich der Nebel über dem Wasser bereits aufgelöst hat und wir uns der Flussmündung schon bedeutend genähert haben, vernehmen wir den Lärm einer Forststraße und erkennen einen riesigen Truck und eine Stromleitung mitten im Wald.

»Welcome back to civilisation!«

Es ist traurig, dass der Fluss immer nur in eine Richtung fießt und uns nicht umkehren lässt, zurück zu der geschützten Wildnis, an der wir noch vor wenigen Stunden vorbeigetrieben sind. Von der Flussmündung aus fahren wir mit Wassertaxi, Bustransfer und Fähre nach Vancouver – es gibt wohl kaum ein Verkehrsmittel, welches wir heute nicht benutzen… Es fühlt sich ungewohnt an, wieder von so vielen fremden Menschen umgeben zu sein, auch wenn wir sehr nette Personen trefen: einen Niederländer („Let’s not talk about football!”), einen Musiker und eine deutsche Frau, die sich vor wenigen Monaten auf eine Weltreise begeben hat. Faszinierend! Eine spaßige Angelegenheit wird das Aussteigen: Es gilt, alle Taschen möglichst schnell aus dem Bus zu laden, ohne dabei an Mitfahrende zu stoßen.

Wir bilden eine Reihe nach draußen, schmeißen Gepäckstück für Gepäckstück auf den Bürgersteig und werden dabei sogar geflmt! Erschöpf und ausgehungert kommen wir dann endlich in der Jugendherberge an. Charlotte hat die geniale Idee, Pizza zu bestellen und sich damit an den Strand zu setzten, von dem man die Skyline Vancouvers in voller Breite sehen kann. Es ist schön hier unter den Zweigen und dem Nachthimmel, auch wenn die Riesenlebensbäume klein sind und die Sterne nur schwach leuchten – verglichen mit dem Toba Tal, das ich schon jetzt vermisse.

Toba Valley (Camp 2) – Vancouver City
Pia

28. Juli

Tag 25

Vancouver City

ie ivilisation hat uns längst eingeholt

Nach einer erholsamen Nacht in der Jugendherberge stehe ich auf und stürze mich in das Getümmel, wobei die Frühstückscrew schon tatkräfig dabei ist, die leckersten Pancakes der Welt für die gesamte Gruppe zu backen. Es ist unser letzter Tag in Kanada und die Zivilisation hat uns alle schon wieder eingeholt. Nach dem Zusammenräumen der Zelte, die noch in der heißen Sonne trocknen mussten, fahren wir mit Charlotte auf Fahrrädern durch den Stanley Park: “Wie ein Urwald, nur aufgeräumt”, meint Kathi. Obwohl es kein kanadischer Urwald ist, macht er trotzdem schon etwas her. Kurz vor unserem Ziel platzt der Reifen von Johannes Fahrrad, doch davon lassen wir uns nicht beirren: Charlotte und er fahren los, lassen es reparieren und stoßen später zum Rest der Gruppe, der die Fahrräder bereits abgegeben hat und gerade Mittagspause macht. Nun geht es weiter nach Granville Island, dessen Einkaufsmeile bekannt für die dort verkaufe indianische Kunst ist. Während die Anderen in den großen Markt stürmen, um etwas zu Essen für heute Abend zu kaufen, gehe ich mit Lina und Ronny in einige Kunstgalerien und kleinere Läden und suche mit ihnen nach ein paar schönen Mitbringseln für unsere Lieben daheim. Auch eine andere wichtige Aufgabe wird in dieser Zeit erfüllt: Lina und ich führen eine Umfrage zum Thema Heilpf durch, um mehr Informationen für unser Projekt zu gewinnen. Während die Anderen nach Gastown gehen, suchen wir drei einen Laden auf der 4th Avenue. Leider endet diese Suche jedoch nach wenigen Minuten, als wir realisieren, dass alle Läden bereits ab 18 Uhr geschlossen haben. Wir verpassen die Bahn, nehmen

aber die Nächste, um zu unserem Trefpunkt zu gelangen, der sich ziemlich im Mittelpunkt von Downtown befndet. Diesen Teil der Stadt fnde ich besonders schön, da er für Autofahrer abgesperrt ist und sich einige Musiker und Künstler dort trefen, denen man entspannt auf der Bank sitzend zuhören kann. Zurück in der Jugendherberge bin ich ziemlich platt, trotzdem rappele ich mich noch ein letztes Mal für das abendliche Picknick auf. Die Auswahl an Essen ist bunt gemischt, denn jeder hat etwas Anderes zu der abendlichen Runde beigesteuert. Doch etwas überwiegt deutlich: BROT. Das genießen wir besonders.

»Erstaunlich, wie gut ein einfaches Brot doch schmecken kann!«

Auch Hannes’ Honey Smoked Salmon ist super lecker, obwohl einigen der Fisch nach den letzten drei Wochen zum Hals raushängt. Endlich ist es kurz vor 24 Uhr, wir zählen den Countdown runter und begleiten Jette in ihr 19. Lebensjahr. Einige erschöpfe Leute (mich eingeschlossen) gehen danach ins Bett, doch die Hartgesottenen bleiben noch bis tief in die Nacht wach. Morgen geht es nach Hause.

Vancouver City – Dresden

Ab nach Hause

Der Tag fängt früh an – Um Mitternacht singen wir alle „Viel Glück und viel Segen“ für Jette, die heute ihren achtzehnten Geburtstag feiert. Mit Kuchen und Donuts sitzen wir bis spät in die Nacht (früh in den Morgen?) im Park und lassen unseren letzten gemeinsamen Abend ausklingen. Wie schnell die Zeit doch vergeht, wenn man sie genießt und mit Freunden teilt. Im Gegensatz zum Schlaf kommt das Frühstück nicht zu kurz: Es gibt haufenweise Pancakes und Bagels. Noch etwas, weswegen ich Kanada vermissen werde. Doch auch dieser Morgen vergeht wie im Flug und auf einmal ist alles gepackt und wir sitzen zum letzten Mal in einem geschlossenen Kreis auf dem Gras, um eine Feedback-Runde zu machen. Die gute Kritik überwiegt, denn alle fnden, dass unsere Gruppe super funktioniert hat. Zum Abschluss stimmen Kathi und Bernd den irischen Segen an. Ich habe das gemeinsame Singen schon immer geliebt und merke, wie ich bei dem Gedanken daran, dass wir jetzt nicht mehr jeden Tag zusammen Melodien teilen werden, leichte Gänsehaut bekomme. Sobald wir am Flughafen sind, heißt es auch schon Abschied von Kathi und Bernd nehmen. Aber es bleibt gar nicht so viel Zeit zum Traurigsein, denn die Schlange am Check-In ist ewig lang und wir beschließen, eine Küche auf Rädern einzurichten. Ja, richtig gehört! Alle Bagels und Beläge werden herausgeholt und auf einem Wagen ausgebreitet, sodass sich jeder etwas nehmen kann, wir aber trotzdem in der Schlange bleiben. Eine typische Umweltbotschafer 2014-Idee:

Spontan, leicht verrückt, aber wahnsinnig praktisch! Im Flugzeug stelle ich glücklich fest, dass mich dieses Mal nur Felix vom Fenster trennt und ich somit alles sehen kann! Und dann heißt es auch schon: Auf Wiedersehen Kanada! Wir heben ab und beim Anblick der schneebedeckten Berge kann ich nur staunen. Sie werden immer kleiner, bis sie nach geraumer Zeit unter den Wolken verschwinden. Als ich das nächste Mal Land unter dem Flieger sehe, ist es eine fache, grüne Landschaf . Wir sind über den Niederlanden. Island und Grönland habe ich leider verschlafen, vielleicht wäre mir der Kontrast zu den hohen Bergen Kanadas sonst nicht ganz so extrem vorgekommen. Die Landung in Frankfurt erfolgt reibungslos. Natürlich hätte ich gerne noch mehr Zeit in Kanada verbracht, aber ich bin auch froh, wieder zu Hause zu sein. Als wir uns am Bahnsteig alle ein letztes Mal in den Arm nehmen, wissen wir, dass dies noch lange nicht das Ende ist. Zwar ist die Reise jetzt vorbei, aber unser Engagement und unsere Freundschafen haben gerade erst begonnen und ich weiß, dass ich alles tun will, um diese aufrecht zu erhalten.

»Danke Wilderness International, für eine wundervolle Expedition 2014!«

Pascale

4. Danksagungen & Impressum

4.1 Danksagungen

Unser Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sowie allen Ehrenamtlichen für ihr Engagement für dieses Buch. Ganz besonders danken wir an dieser Stelle Katharine Schwarzer sowie Brigitte Heyduck und Miriam Heyduck.

Wir bedanken uns herzlich bei allen Partnern und Förderern, die unsere Arbeit und die Expeditionen möglich machen.

Danke an Wilderness International Canada, Alberta für die inhaltliche und fotographische Mitarbeit.

Herzlichen Dank an den Freistaat Sachsen für die Förderung dieses Projektes.

Wir danken unseren

Naturschutzpartnern:

Air Canada

BOREAS Energie GmbH

Café Tirée Berlin

DIAMIR Erlebnisreisen GmbH

Fleischer Weine - Weingut der Stadt

Mainz

GERL Dental GmbH & Co

Globetrotter Ausrüstung GmbH

Sächsische Landesstiftung für Natur und Umwelt

NAU Travel

Nur Baute GmbH

SOULMAT

Storchenwiege Kaul und Dix GdR

unitrans Hauptvogel GmbH

Wikinger Reisen GmbH

WSR Cintinus Steuerberatungsgesellschaft mbH

Unser Dank gilt den

Kooperationspartnern:

a.s.t.i. GmbH Agentur für Computersysteme, -technik und Innovation

Artkolchose GmbH

Abenteuerpark Moritzburg GmbH

Air Canada

Amöba – Verein für Umweltbildung e.V.

APOGEPHA Arztneimittel GmbH

Asisi Panometer Berlin

Be berlin

BARMER GEK

Bionade GmbH

Bob-Barrel GdR

BOREAS Energie GmbH

Buchhandlung LeseLaune Taucha

Hertha BSC

iST internationale Sprach- und Studienreisen GmbH

Imperial Clothing

KINDERland

Canadian North

Chamäleon Reisen GmbH

Cowichan Tribes

CPAWS Canadian Parks and Wilderness

Society Yukon Chapter

DenkNachhaltig! e.V. der Katholischen

Universität, Ingolstadt

Deutsches Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft

DIAMIR Erlebnisreisen GmbH

DKT Skoda

Dresden Titans e.V.

Dresdner Verkehrsbetriebe AG

Dr. med. Steffen Kolschmann und Dr. med. Michael Günther Kardiologen am Fetscherplatz

Eberhard TRAVEL GmbH

Eigenbetrieb für Bildung, Kultur und Sport der Stadt Frankenberg

Elementarium Museum der Westlausitz

Kamenz

ewa-marine GmbH

FREDDY FRESH AG

GERL Dental GmbH & Co

Globetrotter Ausrüstung GmBH

Gwich'in Tribal Council

Hahmann Optik GmbH

Heißer Hirsch

Helmholtz Zentrum für Umweltforschung UFZ

HypoVereinsbank Member of UniCredit

Impericon

Institut für Kartographie TU Dresden

Johannes Gutenberg Universität Mainz

Katharinen Apotheke Frankenberg

Kletterwald Dresdner Heide

Klimaverhalten.de

Kulturinsel Einsiedel e.V.

Landesdirektion Sachsen

Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden

Leibniz-Institut für Polymerforschung

Dresden

museum für naturkunde berlin

Museumsdienst Köln

Naturkostherstellung Kornblume

Dresden

Neurochirurgische Praxis Dr. Andersch

Nur Baute GmbH

Obsthof Wöllmen

Olympiapark Berlin

Parkhotel am Taunus Oberursel

Phyllodrom Regenwaldmuseum Leipzig e.V.

Planetarium Radebeul

PLUS Warenhandelsgesellschaft

Rautenstrauch-Joest-Museum

Regenbogen Apotheke Bischofswerda

Robert Bosch Stiftung

Rotary International

Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt

SCA Deutschland

Schneider + Partner GmbH

SchokoLaden Taucha

Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden

Sidonien Apotheke Tharandt

4.1 Danksagungen

SOLARWATT GmbH

Sonnen-Apotheke Frankenberg

SOULMAT

Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Staatsbetrieb Sachsenforst

Stadtverwaltung Taucha

Storchenwiege Kaul und Dix GdR

Tablettenshop

TECCO GmbH

Technische Sammlungen Dresden

Toyota Fund For Europe

Travel Yukon

Tropical Island

URANIA Berlin e.V.

Verkehrsverbund Oberelbe – VVO

Wissenschaftsjahr 2009 Forschungsexpedition Deutschland

WSR Cintinus Steuerberatungsgesellschaft mbH

Yeti GmbH

Yukon Wide Adventures

Zoo Dresden GmbH

Zoo Leipzig GmbH

4.2 IMPRESSUM

. überarbeitete ufage

Deut che riginalau gabe Co right Stiftung Wilderne International, Dre den,

Fotos: Sami Fayed, J. L. Diehl, Ronny Scholz, Robert Pohle, Johannes Timpernagel, Reinhard Mink, Forian Reza, Ellen Weiland, Shayla Snowshoe, Kai Andersch, Hannes Holtermann, Katharina Klauer

Texte: Mitarbeiter und Ehrenamtliche von Wilderness International

Lektorat: Miriam Heyduck, Brigitte Heyduck, Astrid Gläsel, Hildegard Diehl-Bode, Katharina Klauer, Katharine Schwarzer, Hannes Holtermann

Gestaltung, Satz und Lithographie: Katharine Schwarzer, Artkolchose GmbH, Hannes Holtermann, Henriette Wessel, Kristina Schmid, Maria Kielb

Herstellung, Druck und Bindung: SDV Direct World GmbH

Alle Rechte vorbehalten. Reproduktion, Speicherung und jegliche Verwendung, auch auszugsweise nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Urhebers.

Alle Angaben in diesem Buch wurden zum Zeitpunkt der Erarbeitung sorgfältig recherchiert und überprüft. Für Änderungen, Auslassungen oder Fehler übernehmen wir keine Verantwortung oder Haftung.

Gefördert durch den Freistaat Sachsen

Printed in Germany lt a ier

4.2 Impressum

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