Wien Museum Katalog „DEPOT NEU Die Sammlung des Wien Museums zieht um“

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Ausgliederung als Impuls für Sammlungspflege Mit Inkrafttreten des Wiener Museumsgesetzes am 1. Jänner 2002 wurde die ehemalige Magistratsabteilung 10 mit allen bestehenden Außenstellen aus dem Organisationsbereich der Stadt Wien ausgegliedert und in eine „Wissenschaftliche Anstalt öffentlichen Rechts“ umgewandelt. Die Ausgliederung und die damit verbundene Übertragung des Sammlungsguts als Leihgabe der Stadt Wien an die wissenschaftliche Anstalt „Museen der Stadt Wien“ erforderten eine körperliche Erfassung – also eine Inventur –, aber auch die Inventarisierung des Sammlungsguts mit dem Ziel, die Übergabe der Sammlung bestmöglich zu dokumentieren. Der Ausgliederung folgte also einerseits die digitale Erfassung des Sammlungsguts durch händisches Übertragen von analogen Inventaren insbesondere der Inventarbücher und der Zentralkartei in ein digitales Sammlungsprogramm, andrerseits auch die körperliche Inventur der Sammlungsobjekte. Im Zuge dieser Inventur wurde das Sammlungsgut in sämtlichen Depots nicht nur auf Vorhandensein überprüft, es wurde auch der Zustand jedes einzelnen Objekts geprüft und anhand einer fünfstufigen Skala bewertet (1 = sehr guter Zustand; 5 = ungenügender Zustand). Schon bald wurde durch die Inventur bestätigt, was lange vermutet worden war: Die Aufbewahrung der städtischen Sammlung war nicht mehr zeitgemäß, entsprach nicht mehr den Anforderungen eines modernen Museumsbetriebs und gefährdete Objekte in ihrer Substanz. Bei der Inventur waren Möbelberge zu erklimmen und viele Objekte waren einfach nicht mehr zugänglich, verstellt, ineinander geschachtelt, teilweise von Schimmelpilzen befallen oder von Aussalzungen des feuchten Mauerwerks bedroht. Die Sammlung war zum Zeitpunkt der Ausgliederung 2002 bereits so stark angewachsen, dass das zum Zentraldepot umfunktionierte ehemalige Dorotheum-Gebäude im 15. Gemeindebezirk an der Ecke Kober­ weingasse/Schanzstraße aus allen Nähten zu platzen drohte. Das Gebäude, nach einem Entwurf von Architekt Michael Rosenauer in den 1920er-Jahren errichtet, galt als „einmaliger Sondertypus für einen repräsentativen Sonderbau“.4 Immerhin waren die niedrigen Raumhöhen zumindest in den Obergeschoßen vorteilhaft, weil die eingelagerten Objekte ohne technische Hilfsmittel von Hand zu erreichen waren. Was für das Auktions- und Pfandhaus möglicherweise als Vorteil galt, weil Objekte häufig mit dem Besitzer auch den Standort wechselten, war für das Museum mit seiner komplexen und ruhenden Sammlung zwar ein taugliches Provisorium, aber raumtechnisch nicht ideal. Außerdem mussten im Laufe der Jahre weitere Lager angemietet werden, um den ständig wachsenden Sammlungsbestand aufnehmen zu können. Das Wiener Museumsgesetz nennt in der Anlage A einzig ein „Depot, 1150 Wien Koberweingasse 1“, jenes Gebäude, welches die neu gegründete Wissenschaftliche Anstalt von der Stadt Wien zu Depotzwecken angemietet hatte. Tatsächlich war das Sammlungsgut in den Jahren ab 2004 aber bereits an bis zu acht Standorten über den Großraum Wien verteilt aufbewahrt: • Zentraldepot, Koberweingasse (u.a. Möbel, Bürgerliches Zeughaus, Gemälde, Kutschen, Lapidarium, Architekturpläne, Werke angewandter Kunst, Gipsmodelle, Skulpturen, Fahnen)

4 Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur, Bd. III/2, Salzburg 1990, S. 114.

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