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spr ach
spuren
v o n G i l l es F o n t o l l i e t ( Te x t ) und M i c h H o d l er ( I l l us t r a t i o n )
Eselsbrücken aus der Holzwerkstatt
v o n J ü r g n i eder h a user
Holz wird von alters her als Rohstoff genutzt, sei es als Werk- oder Brennstoff. So gibt es etliche Redensarten mit «Holz»; das Wort wird auch im übertragenen Sinne verwendet. Wegen der grossen wirtschaftlichen Bedeutung wurde es auch in alten deutschen Rechtsregeln behandelt. So verbietet die Regel «Mein Holz kann mir niemand verbrennen» das Abholzen auf fremden Grund und Boden – andere Regeln erlauben das Abholzen zum Eigenbedarf: «Dem reichen Walde wenig schadet, wenn sich ein Mann mit Holz beladet» oder «Holz und Unkraut wächst für alle Menschen». Das deutsche Wort «Holz» ist verwandt mit dem griechischen «kládos» (Zweig). Die ursprüngliche Bedeutung ist das Abgeschlagene, das, was im Wald abgeschnitten oder abgeschlagen werden kann. Dies weist schon darauf hin, dass «Holz» neben der Stoffbezeichnung auch in der Bedeutung von «Gehölz» und «Wald» verwendet wurde: «Da ritt der Graf ins nahe Holz» schrieb Friedrich Schiller. Und Goethe beschreibt einen abgelegenen Bauernhof, der «mitten im Holze gar vertraulich lag». Diese Verwendung ist heute veraltet. Erhalten hat sie sich im Ausdruck «Holzweg». Das ist ein Waldweg, der nur zur Beförderung des Holzes angelegt ist, nicht aber zu einer Ortschaft oder einem anderen Ziel führt. Es liegt nahe, dass sich daraus die Redensart «auf dem Holzweg sein / sich auf dem Holzweg befinden» (im Irrtum sein, fehlgehen) entwickeln konnte. Andere Redensarten beziehen sich auf den Werkstoff Holz. Je nach Sorte ist Holz unterschiedlich zu bearbeiten und weist unterschiedliche Materialeigenschaften auf. Das wird auf die Charakterisierung von Menschen übertragen, wenn man etwa sagt, diese seien «aus gutem Holz geschnitzt» oder «aus anderem Holz geschnitzt». Einer kann auch «des holzes sein, da man die bischoff ausschnitzelt», wie es in frühneuhochdeutscher Zeit hiess, oder «aus dem Holze sein, aus dem man die Minister macht». Weniger schmeichelhaft ist es, wenn jemand hölzern daherkommt, einen hölzernen Verstand hat oder gar ein Holzkopf ist. Er oder sie ist dann offenbar so steif und unbiegsam wie ein Stück Holz. Fehlt nur noch, dass er «Holz in den Wald trägt», also Überflüssiges tut, um es mit einer Redensart aus dem 16. Jahrhundert auszudrücken.
zugespitzt
WERKSPUREN 1|2014
Werkzeuge, Materialien und Menschen haben bekanntlich Namen. Und es gibt Lektionen, wo das Benennen von Werkzeugen einfach ignoriert wird. Alle Werkzeuge und Materialien heissen dann plötzlich Dings-da. Ich bestrafe die Schülerinnen und Schüler dann immer mit einer Prüfung, bei der sie alle Werkzeuge und Materialien in der Werkstatt benennen müssen. Neulich machte ich wieder so eine Prüfung. Und weil jede gute Schule und jede moderne Lehrperson von ihren Schülerinnen und Schülern verlangt, dass sie ihr Lernverhalten reflektieren, müssen sie das gesuchte Werkzeuge nicht nur benennen – sie müssen auch noch ihre individuelle Eselsbrücke notieren. Als ich dann am Korrigieren war, habe ich gestaunt, wie viele Werkzeuge sie korrekt benennen konnten. Und bei den Eselsbrücken habe ich dann auch wirklich lachen müssen. Ich habe ganz vergessen wie Eselsbrücken funktionieren. Je absurder sie sind, je besser. Die Ahle zum Beispiel – da stand: «Nicht in die Steckdose stecken – ansonsten Zitterahl.» Mein Favorit war aber die mitteldichte Holzfaserplatte, auch MDF-Platte oder kurz MDF genannt. Die Eselsbrücke dazu lautet: «MaDerFucker».