Der groSSe tinten-Rausch Tätowierungen. Früher Randgruppen-Branding, heute populärer Körperschmuck und Lifestyle-Phänomen. Was bringt Menschen dazu, sich Farbe unter die Haut stechen zu lassen ? Von Gert Damberger
Matrosen, Knackis, Rocker. Bis vor gar nicht so langer Zeit waren in die Haut gestochene Bilder und Symbole ein freiwillig gewähltes Bran-
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ding von Außenseitern. Typischerweise waren Seeleute tätowiert (noch heute kommt keine Matrosenkarikatur ohne Anker am Bizeps aus), Zuchthäusler, Zuhälter, Fremdenlegionäre oder auch die Mitglieder von Rockerbanden. Oftmals auch Schausteller oder Hilfsarbeiter. 29 Prozent Tätowierte. Heute ist das „Peckerl“ kein Randgruppenprogramm mehr. In Österreich sind Tätowierungen mittlerweile so flächendeckend verbreitet wie Dirndl und Lodenmantel. Laut einer 2013 vom Linzer IMAS-Institut durchgeführten repräsentativen Umfrage haben sich schon 19 Prozent der Österreicher ein
Tattoo verpassen lassen. In der Altersgruppe der 16- bis 29-Jährigen sind es sogar 29 Prozent, zwischen 30 und 50 Jahren 26 Prozent und nur die Generation 50+ ist mit „nur“ sieben Prozent TattooTrägern noch vergleichsweise abhold. Lust an der Nadel. Tattoos sind ein internationaler Trend – von dem vor allem die Arbeitgeber nicht immer hellauf begeistert sind. Sowohl die deutsche Bundeswehr als auch die US-Army weisen zu stark Tätowierte zurück und sahen sich gezwungen, diesbezüglich Richtlinien zu definieren. Nicht nur die US-Streitkräfte verbieten Verzierungen auf
normalerweise unbedeckten Körperstellen, auch die österreichische Polizei und andere Branchen, in denen Kundenkontakt eine Rolle spielt. Der großen Lust an der Nadel tut das keinen Abbruch. Da trägt die Supermarktkassiererin ihr „Tribal“ eben am Nabel, der Bankmensch den Tiger auf der Wade und der Polizist den China-Drachen auf der Hinterbacke. Die Ergebnisse kann man dann im Freibad und in der Sauna bestaunen. Tattoo-Moden. Da kreucht und fleucht jegliches Getier, da geben Runen und chinesische Schriftzeichen Rätsel auf, da blinken Sterne, Totenschädel und Sinnsprüche in
Fotos: istockphoto/thinkstock
ie deutsche Sprache ist nicht gerade reich an polynesischen Lehnwörtern. Eines davon hat jedoch eine steile Karriere hinter sich und ist allseits bekannt. „Tätowierung“, bzw. in seiner englischen Form „Tattoo“, leitet sich von „tatau“ her. Die Vokabel kam 1775 mit James Cook und seinen Matrosen nach England und hat sich von dort aus weiterverbreitet. Wie auch das „Tatauieren“ selbst.