1 minute read

Frühblüher im Hoch

Jemand wirft es in die Runde: Es riecht nach Frühling. Das Wetter ist mild, die Sonne scheint, bald muss ich Mütze, Schal und Handschuhe in meinen Rucksack packen, weil mir warm wird. Schon wieder bin ich am Üetliberg unterwegs, diesmal mit einer Gruppe. Zwar ist für den späteren Nachmittag eine Front angesagt, die stürmischen Wind und viel Regen bringen soll, alle Wetterdienste haben Windwarnungen herausgegeben, jetzt aber spürt man noch nichts vom kommenden Ungemach. Ein laues Lüftchen weht, mehr nicht.

Unsere Prozession gerät ins Stocken. Einer nach dem anderen zeigt aufgeregt auf weisse Punkte am Waldboden: Märzenbecher. Märzenbecher im Januar! Einige Schritte weiter dann erneut ein überraschter Ausruf – auch die Weisse Pestwurz streckt ihre Köpfe aus dem Boden. Die kleinen Dinger ähneln in diesem frühen Stadium Blumensträusschen, von viel Grün umfasst. Gleich daneben, hinter einem Baum versteckt, hat sich ein erstes Bingelkraut entfaltet. Und immer wieder leuchtet uns da und dort das Gelb der Waldschlüsselblume entgegen. Die Natur spielt verrückt. In den letzten Jahren führte ich am Üetliberg jeweils Anfang März eine Exkursion zum Thema Frühblüher durch, die fast immer zum Desaster wurde, weil Schnee lag und sich die Frühblüher im Boden versteckten. Nur dieses Jahr, in dem ich keine Frühlingsblumen-Exkursion plane, ausgerechnet in diesem Jahr zeigen sich die Frühblüher schon im Januar.

Zugegeben, Frühblüher sind klug. Sie blühen, bevor die ersten Bäume mit dem Laubaustrieb beginnen und den Waldboden beschatten. Sobald die dunkle, oberste Bodenschicht von der Frühlingssonne erwärmt ist, wagen sich die Frühblüher aus der Erde und haben die ganze Sonneneinstrahlung für sich. Wenn die Wärme dann endlich auch die Luftschichten erreicht, in der Bäume knospen, und die Waldriesen aus ihrem Winterschlaf erwachen, sind die Frühblüher oft bereits verblüht. Und wenn das Blätterdach des Waldes gegen Ende Mai voll ausgebildet ist und

This article is from: