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Menschen

«Ich kann weniger gut laufen als velofahren…»

Weil in seinen Augen in Thun für die Jugend zu wenig läuft, hat Jérôme Hunziker vor fünf Jahren den Swatch Rocket Air gegründet. Der Mountainbiker konnte zu diesem Zeitpunkt nicht wissen, dass der Erfolg des Anlasses ihn zum Unternehmer machen würde.

Jérôme Hunziker mit seinem Hund im Garten in Reutigen … … und bei der Planung eines Bikeparks am Arbeitsplatz in Thun.

Jérôme Hunziker, stehen die zwei Akzente auf dem Vornamen für einen etwas «verrückten Zeitgenossen»? (lacht) Nein, ich fühle mich absolut normal. Natürlich, der Bereich, in dem ich mit meinem Geschäft tätig bin, ist etwas aussergewöhnlich. Die Produkte «Action-Sport-Event» oder «Bike-Parkbau» sind nicht alltäglich.

Sind Sie über Ihr sportliches Hobby zum Beruf gekommen? Genau. Nach der Berufslehre bin ich intensiv Bike-Rennen gefahren. Aus Neugier und weil mir in Thun Action-Anlässe fehlten – der Pray4Snow-Event auf dem Mühleplatz wurde damals auch noch eingestampft –, kam mir 2010 die Idee, die besten Freestyle-Mountainbiker nach Thun einzuladen und damit der Thuner Jugend etwas zu bieten. Mein Bruder Ramon und ich waren an verschiedenen Bike-Events in der Schweiz unterwegs und dachten, es liesse sich auch in Thun etwas Cooles machen.

Wie sind Sie diese Herausforderung als damals Zweiundzwanzigjähriger angegangen? Zusammen mit einigen Kollegen haben wir hobbymässig begonnen, damals ohne jeden Gedanken an eine spätere Firma. Die Eishalle bot sich dafür an und dank der Unterstützung aus Tourismus und mit lokalen Sponsoren ging der erste Event über die Bühne. Dann hat es uns «den Ärmel reingezogen» und spätestens als der Veranstalter von freestyle.ch bei uns anfragte, ob wir so etwas in Zürich organisieren könnten, wussten wir, dass wir auf dem rechten Weg waren. Und die Idee der eigenen Firma war irgendwann mal da? Ja, im Dezember 2013 haben mein Bruder und ich die Flying Metal GmbH gegründet. Ramon ist bekannt durch seine athletischen Leistungen und das sportliche Aushängeschild der Firma. Er ist als aktiver Biker prädestiniert für den Kursbau – er kennt die Radien, die es braucht. Ich bin etwas mehr im Administrativen tätig, suche Sponsoren und mache die Kundenkontakte. Unser Vater Sam, selber ehemaliger Downhill-Weltmeister in der Masterkategorie, führt ein Bike-Geschäft in Thun, die acefactory. Er hat uns in die Bike-Szene reingezogen, er hat uns geprägt. Wir profitieren sehr von seinem unternehmerischen Denken. Er hat auch den ersten Bike-Park der Schweiz, jenen von Steffisburg, iniziiert. Dort haben wir mit viel Eigenleistung etwas gebaut, das uns Experimente ermöglichte. Auf dieser Piste haben mein Bruder und ich die ersten Erfahrungen gesammelt und sind immer noch oft dort anzutreffen.

Lässt sich mit dem «Rocket Air» auch Geld verdienen? Das wäre schön! Ich habe in den letzten fünf Jahren sehr viel investiert und dafür bescheiden und einfach gelebt, was mir jedoch nicht schwer fiel – zum Glück bin ich anspruchslos. Auch die Mitglieder des 12-köpfigen OKs arbeiten auf freiwilliger Basis und bewältigen so gewaltige Arbeitspensen in der Freizeit. Der Publikumsaufmarsch und die Rückmeldungen aus der Szene sind unsere Entschädigung, der Event muss jedoch kostendeckend abgeschlossen werden können. Für unsere Firma ist es aber gute Werbung, wir können viele für uns wichtige Leute einladen.

Wo sind Sie, neben dem Freestyle-Event in Thun, mit Ihrer Firma aktiv? Zum Beispiel in Gstaad, dort haben wir den Planungsauftrag für den Bike-Park erhalten – eine schöne Sache. Auch für den Zürcher Bike-Park sind wir an der Arbeit. Wir engagieren uns aber auch für die Region, für den Bike-Park Thunersee, der hoffentlich bald realisiert wird. Neben diesen Parks sind wir auch spezialisiert auf sogenannte Pumptracks, wellenförmige Trainingsstrecken, die entweder mobil oder fix eingesetzt werden können.

In Ihrem Palmares finden sich vor allem vordere Ränge bei Downhill-Races. Was reizt Sie daran, auf Teufel komm raus mit dem Rad talwärts zu brettern? Das ist Adrenalin pur. Biken ist eine Einzelsportart, das gefällt mir. Man kann aber diese Sportart auch mit vielen Leuten in sehr kollegialem, lockerem Umgang betreiben. Das schätze ich sehr. Normalerweise wird bei jeder Fahrt das Risiko kalkuliert. Leider gibt es auch in dieser Szene schwarze Schafe, welche die Grenzen nicht kennen. Risikoreicher als andere Sportarten empfinde ich das Biken nicht. Ich kann zum Beispiel weniger gut laufen als velofahren …! (lacht).

Mit Ihrer coolen Sportart sind Sie ein Vorbild für die Jugend. War Ihr Engagement als Botschafter der Jugendlichen in Thun gegen das Littering erfolgreich? Die Stadt Thun hat mich für eine Littering-Kampagne angefragt und ich fand es eine coole Sache. Persönlich bin ich einer, der jedes Papierchen in den Kehricht wirft. Ich finde es komplett daneben, wie heute der Kehricht auf dem Boden von Parks und Strassen landet, mit der Idee, irgend jemand sammelt ihn dann schon wieder ein. Ob die Kampagne etwas zur Problemlösung beigetragen hat, weiss ich nicht. Ich erhielt keine Rückmeldung.

JérôMe hUnzIKer – Der JUnGUnternehMer

Der 26-jährige Jérôme Hunziker ist in Steffisburg aufgewachsen, wo er auch die Schulen besuchte und bei der Firma Fritz Studer AG die Ausbildung zum Polymechaniker absolvierte. Als Mountainbiker fuhr er während fünf Jahren aktiv nationale und internationale Downhill-Rennen. Seit 2013 ist er Inhaber der Firma Flying Metal in Thun, wofür er zurzeit die Ausbildung zum Fachmann Unternehmensführung KMU besucht. Jérôme Hunziker ist die treibende Kraft im Organisationskomitee des Swatch Rocket Air in der Eishalle Grabengut, das bereits fünfmal durchgeführt wurde. Der sportliche Jungunternehmer geniesst das Leben auf dem Land, er lebt mit seiner Partnerin in Reutigen.

So kennt die Bikerszene den Überflieger Jérôme Hunziker – Action pur.

Was machen Sie, wenn Sie mal nicht auf dem Bike sitzen? Als Ausgleich habe ich die Natur. Weil mich der Stadtlärm stresst, verlegte ich mit meiner Freundin den Wohnsitz nach Reutigen. Dort geniesse ich mit Hund und Katze die Ruhe. Wenn die Zeit es erlaubt, mache ich einen Gleitschirmflug. Im Winter bin ich gerne auf den Skis unterwegs.

Haben Sie eine Traumdestination, die Sie mit oder ohne Bike aufsuchen? Wie gesagt, ich lebe sehr einfach. So konnte ich mir bereits mehrmals Bike-Ferien in Kanada, dem Ausflugsziel Nr. 1 der Biker, leisten. Wir leben hier in der Schweiz im absoluten Überfluss. Ich denke, wenn sich eine alleinstehende Person einen Traum nicht erfüllen kann, macht er oder sie etwas falsch, setzt die Prioritäten nicht richtig.

Was wünschen Sie sich für die nächste Zukunft? Dass ich ab und zu auf einem Berg sitzend die Aussicht geniessen und mich freuen kann, dass ich nicht runterlaufen muss. Wie gesagt, auf dem Rad fühle ich mich wohler! Zudem geniesse ich es, wenn ich meine Energie in die Gestaltung und Realisation möglichst vieler Bike-Parks für Städte und Tourismusorganisationen stecken kann.

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