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Daniel Tschan: «Bauer ist der vielseitigste Beruf, den es gibt
from SI April 2021
by WEBER VERLAG
Auf der Blasenweid oberhalb Krattigen besitzt die Familie Tschan eines von zwei Maiensässen. Nicht nur die Bio-Landwirtschaft, sondern auch grossflächige Solaranlagen auf diversen Dächern tragen zur ökologischen Nachhaltigkeit bei.
Daniel Tschan ist einer der wenigen Landwirte auf Spiezer Boden – in Faulensee führt er einen grossen Bio-Betrieb. Der «Kreislauf der Natur» ist ihm wichtig.
Ein recht neues, aber traditionell gebautes Stöckli, rechts daneben das behäbige, sonnengebräunte Bauernhaus mit Ründi unter dem Dach, zwischen den beiden Häusern ein grosser Badeteich, am Weg eine Hoftafel für den Verkauf von Alp-Käse: So nimmt man das Anwesen der Bauernfamilie Daniel und Christa Tschan wahr, wenn man auf der Schüpfgasse von Faulensee Richtung Krattigen fährt oder wandert. Wer sich etwas weiter vorn auf die Aussichtsbank setzt, sieht nicht nur auf den Thunersee hinunter, sondern auch direkt auf das grosse, moderne Betriebsgebäude – ein Giebeldachbau, dessen Dachfläche grossflächig mit Solarzellen bedeckt ist. Zu jeder Jahreszeit sieht man von hier aus Kühe, Rinder und Kälber, die selbständig zwischen Freilaufstall und diversen Vorplätzen zirkulieren oder liegen. «Die Liegeplätze mit der schönsten Aussicht im Oberland», wird Daniel Tschan auf dem Rundgang sagen. Nun aber sitze ich beim 65-jährigen Landwirt am Stubentisch, im Hintergrund der mächtige grüne Kachelofen. Meine Fragen beantwortet mein Gastgeber wohlüberlegt und in einem herzlichen Tonfall, oft mit einem gewissen Schalk im Gesicht.
Daniel Tschan, du hast eine Rindviehherde von etwa 65 Tieren, davon 30 Milchkühe. Wie lange hattest du heute Morgen, bis sie alle gemolken waren?
Keine Minute! Seit einem Jahr habe ich einen Melkroboter, den ich relativ günstig als Occasion kaufen konnte. Er gibt mir und meiner Frau ganz neue Freiheiten – wir können sogar am Sonntag etwas länger liegen bleiben. Natürlich gibt es immer noch viel zu tun. Die Fütterung, die Stallreinigung und vieles andere läuft nicht automatisch.
«Es geht mir niemals aus dem Sinn, dass ich nur als Gast auf Erden bin.»
Leitspruch der Familie Tschan auf der Fassade des Maiensässes auf der Blasenweid.
Du hast einen Bio-Betrieb. Wie kam es dazu?
Obwohl ich kein Bio-Bauer der ersten Stunde bin, fühlte ich schon lange fast eine Verpflichtung, auf Bio umzustellen. Zudem überzeugt es mich, im Kreislauf der Natur zu produzieren. Ich stellte 1995, als das Bio-Label vom Kanton gefördert wurde, um.
Wir führen ein Landwirtschafts-Unternehmen mit Naturwiesen und Weiden auf drei Höhenstufen: auf einem Talbetrieb und zwei Maiensässen. Wir pflegen und nutzen das Land nachhaltig, indem wir Tiere halten, die sowohl Milch wie Fleisch liefern. Es sind nicht Hochleistungstiere. So produzieren wir hochwertige Lebensmittel. Ausser bei schweren Krankheitsverläufen verwenden wir vorwiegend homöopathische Substanzen. Wir ziehen dabei oft einen schweizerischen Beratungsdienst bei.
Du bist einer der wenigen Spiezer Landwirte. Fühlst du dich gegenüber der übrigen Gesellschaft als Aussenseiter?
Nein, überhaupt nicht. Ich fühle mich gut integriert, auch weil ich in diversen Vereinen und Organisationen mitmache – etwa beim Jahrgängerverein der 1955er und in der ländlichen Bildungsgruppe. Dabei versuche ich oft, den Leuten zu zeigen, dass Bauer ein wunderschöner Beruf ist. Der vielseitigste, den es gibt!
Und wie steht die Bevölkerung ihrerseits zu den Bauern?
Allgemein positiv, davon bin ich überzeugt. Wenn sich Städter und Landwirte nicht verstehen, dann am ehesten, wenn von den sogenannten Subventionen die Rede ist. Dann heisst es, «ihr bezieht ja Geld von uns».

Das ist doch eine Tatsache!
Ja, aber der Begriff Subventionen gefällt mir nicht. Ich muss etwas ausholen: Erstens gibt es die Direktzahlungen. Mit ihnen will der Bund verhindern, dass sich die ländlichen Gebiete entvölkern, dass die Kulturlandschaft erhalten wird, dass Weideflächen nicht verbuschen und ökologisch wertvolle Flächen geschützt werden. Zweitens übernimmt der Bund oder der Kanton einen Teil der Baukosten, wenn ich im Berggebiet ein landwirtschaftliches Gebäude erstellen will. Solche Beiträge sind zweckgebunden und fliessen wieder in die Wirtschaft. Ähnlich bei den Direktzahlungen: Wenn ich unter bestimmten Voraussetzungen Beiträge an meine Bewirtschaftung erhalte, bleiben die Preise für die Produkte tief. Dies kommt wiederum den Konsumenten zugute.
Und wie ist andererseits dein Verhältnis gegenüber der übrigen Bevölkerung?
Mir ist bewusst, dass sie Konsumentinnen und Konsumenten meiner Produkte sind. Nicht zuletzt deshalb nehme ich so weit als möglich Rücksicht auf andere. So trage ich meine Bschütti nicht einfach am Samstag aus. Seit Jahren machen wir das mit diesen bodennahen Schleppschläuchen, auch weil der wertvolle Dünger so viel besser in den Boden gelangt.
Erhältst du auch hin und wieder Anerkennung?
Ja, durchaus. Gerade vor ein paar Tagen habe ich mich gefreut. Da spazierte ein Ehepaar vorbei, und ich hörte die Frau sagen: «Eh, das ist jetzt schön, wie diese Kühe und Kälber draussen sein dürfen!» Die beiden gingen dann zu unserem Kühlschrank am Strässchen und kauften ein Stück Käse.
Nach dem Motto, Maschinen so lange zu verwenden, wie sie sicher funktionieren, steht dieser «Muli»-Transporter von 1974 auch heute noch im Einsatz. Hier mit dem damals 19-jährigen Daniel Tschan am Steuer.

Daniel Tschan: «Ich möchte, dass sich die Tiere jederzeit wohl fühlen.»
Die beiden wussten zu schätzen, dass sie die Tiere beobachten können...
Entsprechend haben wir unsere Freilaufställe vor vielen Jahren angepasst. Im Frühling bin ich einer der ersten, der die Tiere weiden lässt, danach bis weit in den Herbst hinein. Auch in der übrigen Zeit können sie jederzeit ins Freie vor den Stall. Ich möchte, dass sich die Tiere jederzeit wohl fühlen.
Welches Verhältnis hast du selbst zu den Tieren?
Im Alltag gibt es sehr viele schöne Momente – etwa wenn alle zufrieden am Fressen oder am Wiederkäuen sind. Oder wenn ein Kalb zur Welt kommt. Es gibt aber auch die andere Seite, emotional kann innert Stunden vieles ändern. Zum Beispiel wenn ein geliebtes Tier plötzlich stirbt. Oder wenn ich eine alte Kuh zum Metzger bringen muss. Wir haben unsere Kühe möglichst lange, sechs bis zehn Jahre, oder länger. Wenn ich aber eine Kuh geben muss, sage ich mir, nun ist es halt so – sie frisst vielleicht nicht mehr, gibt keine Milch mehr, wird nicht mehr trächtig. In jungen Jahren nahm mich so etwas noch viel mehr mit. Vielleicht weil wir weniger Tiere hatten. Aber wir selbst sind ja auch endlich. Je länger je mehr wird einem bewusst, dass man auch wird Abschied nehmen müssen.
Was nehmen diese Tiere eigentlich alles wahr?
Sie sind sehr aufmerksam, sie bekommen viel mit. Sie spüren in der Regel, wenn man ihnen helfen will. Sie sind auch sehr «besinnt». Sie wissen beispielsweise haargenau, wenn wir an einem anderen Ort «vorbeizügeln», um auf die Alp zu gehen. Dann haben sie ein Problem und wollen zuerst den alten Weg einschlagen.
Gibt es in deinem Alltag so etwas wie Freizeit?
Ich versuche schon, meine Freizeit zu haben. Schön ist, dass wir Bauern unsere Arbeit selbst einteilen können. Mein «Problem» ist eher, dass ich halt auch gerne Handwerker bin. Ich führe vieles selber aus, vor allem Maurer- und Plättler-, Schreiner- und Zimmermanns-Arbeiten, auch den Unterhalt der vielen Gebäude, bis hin zu Sanitärarbeiten. Das ist für mich eine grosse Abwechslung. Ich baute recht viel in meinem Leben, an unserem Stöckli machte ich vieles selber. Diesen Winter versuchte ich, auch wegen Corona, dass Christa und ich jeweils an einem Tag pro Woche etwas zusammen unternehmen konnten. Nun sind wir, auch dank dem Melkroboter, flexibler. Ich gehe gerne skifahren, besuche in «normalen» Zeiten Schwingfeste und jasse gerne. Und ich reise gerne.
Wohin denn?
Ich bin schon rings um die Welt gereist. 1977, mit 22, musste ich den Rücken operieren. Ich konnte nicht mehr gerade laufen und wusste nicht, ob ich meinen Beruf weiter ausüben könnte. Das war ein entscheidender Punkt in meinem Leben. Im Herbst 1978 reiste ich mit einem Kollegen drei Monate nach Amerika, zuerst nach Kanada. Wir schauten auch Farmen an. Wir wären nach der Landung beinahe zurück geschickt worden, denn wir hatten zu wenig Geld für drei Monate. Da wir hohe Arbeitsschuhe trugen, weckten wir den Verdacht, dass wir illegal arbeiten könnten. Von Kanada reisten wir in die USA, in den Süden der Westküste, wo ich recht viele Verwandte habe – in Holtville, an der Grenze zu Mexiko.
Du sagtest vorhin, du seist rings um die Welt gereist...
1990, kurz vor der Heirat, reiste ich nach Australien, aber alleine, um wirklich Kontakt aufnehmen zu können mit der Bevölkerung. Ich reiste via Singapur, West-Australien, Perth – und mit dem Zug quer durch das Outback, später nach Neuseeland und via Hawaii und die USA zurück in die Schweiz. Davon könnte ich stundenlang erzählen. Ich genoss es sehr, hatte viele gute Kontakte zu andern, die auch unterwegs waren. 2016 reiste ich allerdings nochmals nach Neuseeland. Dort kenne ich einen Farmer, der bereits mehrmals bei uns zu Besuch war. Christa kam leider nicht mit. Aber ich sagte mir, wenn ich jetzt nicht gehe, wann dann?
Wart ihr auch mit den Kindern unterwegs?
Ja, denn wir wollten die Kinder bewusst ähnlich aufwachsen lassen wie in nicht bäuerlichen Familien auch. Jedes Jahr fuhren wir eine Woche in die Ferien. Meist in der Schweiz, zwischendurch fuhren wir auch ins Ausland, etwa nach Dänemark, Italien, Spanien.
Zum Schluss unsere erste Standardfrage: Was gefällt dir besonders an Spiez?
Für mich ist der See sehr wichtig, das merkte ich immer, wenn ich weg war. Wenn ich irgendwo Wasser sehe, gehe ich gerne schwimmen, deshalb habe ich diesen Schwimmteich neben dem Haus. Ich baute ihn weitgehend selber. Wichtig an Spiez ist mir auch der zentrale Standort, man ist hier in einer guten Ausgangssituation für Ausflüge. Die Bucht ist schön, aber ich bin zu selten dort.
Wenn du wünschen könntest: Was sollte man ändern in Spiez?
Ich bin noch heute der Meinung, Faulensee mit seinen 1300 Einwohnern bräuchte einen grossen Mehrzweckraum. Der wurde vor vielen Jahren in einer Volksabstimmung knapp abgelehnt. Wir sind eine Bäuert, und wenn man in einer solchen Gemeinschaft lebt, fehlt das einfach. Wenn wir Anlässe haben, müssen wir die im Kirchenraum durchführen, der ist aber zu klein. Wenn man Faulensee mit einem andern Dorf vergleicht, fehlt so ein Raum einfach.
Interview und Fotos: Jürg Alder Foto mit Muli: zvg
Hof gehörte einst zum Schloss Spiez
Noch zirka 35 Landwirte – haupt- und nebenamtliche – gibt es im Gemeindegebiet Spiez. Einer von ihnen ist der Faulenseer Daniel Tschan, 65, der mit seiner Frau Christa an der Schüpfgasse einen Bio-Betrieb mit Milch- und Alpwirtschaft führt. Von seiner Rindviehherde von 65 Tieren sind 30 Kühe. Das rund 300-jährige Wohnhaus mit hohen Innenräumen war einst Sommersitz des Schlosses Spiez. Der Hof ist seit 1864 in Familienbesitz. Hier wuchs Daniel Tschan mit vier Geschwistern auf. Nach der Ausbildung zum Landwirt mit Meisterprüfung übernahm er 1984 den Hof. 1995 stellte er auf biologische Landwirtschaft um. Daniel Tschan bildete auch Lehrlinge aus. Der Betrieb umfasst 39 Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche, davon fast zwei Drittel auf zwei Maiensässen ob Krattigen und im Suldtal. Das eigene Land reicht bis hinunter zum See. Im Justistal und im Gebiet Latreien hat Daniel Tschan zudem Alprechte. Die vier Kinder, heute zwischen 23 und 28 Jahren alt, sind als Ingenieurin Agronom, Lehrerin, Betriebsökonom und Bauingenieur tätig. Bei hohen Arbeitsbelastungen helfen sie immer wieder auf dem Hof mit.
Ab 1979 arbeitete Daniel Tschan während 15 Jahren im Nebenerwerb auch ausserhalb des Betriebes: Nach Abschluss der Berntor-Handelsschule war er Treuhand-Mitarbeiter bei der «beowa treuhand ag» und Futterberater. Während acht Jahren präsidierte er die Landi Spiez und weitere acht Jahre die Alpschaft Latreien. Christa Tschan, ausgebildete Krankenschwester, war 2010 bis 2020 Teilzeit-Spitex-Mitarbeiterin. Seit einem Jahr erleichtert ein Melkroboter die Hof-Arbeit. Tschan montierte in vier Anlagen auf diversen seiner zehn Gebäude grossflächig Solarzellen, die Strom für etwa 40 Haushalte produzieren. In seiner Freizeit singt Daniel Tschan seit rund 40 Jahren bei der Jodlergruppe Alpengruss in Aeschiried. Auch handwerkliche Arbeiten aller Art, Skifahren und Reisen gehören zu seinen Hobbies – 1978 war er in den USA und Kanada, später in Australien und 2016 in Neuseeland.
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