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Berg und Bett 2.0 Erfahrungen aus einem Projekt im Toggenburg zur Koordination in der Beherbergungsbrache

Berg & Bett 2.0 – ein zukunftsorientiertes Geschäftsmodell

Michael Thomann

Die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit SGH setzt als Kompetenzzentrum die Hotelförderung des Bundes um. Im Zentrum steht dabei stets die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit der Beherbergungswirtschaft. Die Hotellerie zählt zu den wesentlichsten Ressourcen des touristischen Angebotes einer Destination. Das Geschäftsmodell ist dabei traditionell auf die professionelle und kurzzeitige Beherbergung von Gästen ausgerichtet. Das Angebot kann dabei weitere Dienstleistungen wie Restauration oder Wellness einschliessen.

Die heutigen Gästebedürfnisse gehen jedoch klar in Richtung Nutzung eines Gesamtangebotes, welches über eine Dienstleisterin oder einen Dienstleister konzentriert beansprucht werden kann. Dies führt dazu, dass in den Destina tio nen die Zusammenarbeit unter den Leistungserbringenden gebündelt werden muss. Es ergeben sich daraus Synergien für die einheimischen Unternehmen und die Chance, bestehende Strukturen untereinander wirtschaftlich zu gestalten.

Ein gelungenes Beispiel für eine solche Lösung ist die Berg & Bett AG im Toggenburg. Sie hat das Hotel Säntis zum Hub «Berg & Bett Säntis Lodge» transformiert. Michael Thomann, Präsident des Verwaltungsrates der Berg & Bett AG und der THOMANN Hospitality Management AG, zeigt in den folgenden vier Schritten die Entwicklung des Projektes auf.

Wieso

Das Toggenburg weist insgesamt mehr als 5000 Zweitwohnungen auf. Allein in der TourismusGemeinde WildhausAlt St.Johann liegt die Zahl bei über 1300 Objekten. Leider ist die Nutzung nicht optimal und kalte Betten sind für Toggenburg Tourismus störend bzw. schaden dem Bild einer belebten Ferienregion. Die Tourismusorganisation nahm sich nach der Zweitwohnungsinitiative dieser Heraus

Michael Thomann, VRPräsident Berg & Bett AG.

Kurzporträt der SGH

Die SGH ist eine öffentlich-rechtliche Genossenschaft und setzt als Kompetenzzentrum die Beherbergungsförderung als Teil der Tourismuspolitik des Bundes um. Mit Bund und Kantonen, Beherbergungswirtschaft und Tourismus sowie Banken als Genossenschafterinnen und Genossenschafter ist sie damit eine Public Private Partnership. Sie gewährt subsidiäre Darlehen an Beherbergungsbetriebe in Fremdenverkehrsgebieten und Badekurorten. Zudem bietet sie Beherbergungsbetrieben, Tourismusunternehmen, Banken, der öffentlichen Hand sowie weiteren Institutionen in der ganzen Schweiz Beratungsdienste an. Der Wissenstransfer zugunsten der Beherbergungsbranche rundet das Tätigkeitsfeld der SGH ab. Sie erfüllt ihre Aufgabe seit 1967, die Vorgängerorganisationen (Schweizerische Hotel-TreuhandGesellschaft (SHTG) und Schweizerische Bürgschaftsgenossenschaft für die Saisonhotellerie (HBG) sogar seit 1921 respektive 1955. Die Hotelförderung der SGH hat verschiedene Konjunktur- und Inflationszyklen erlebt und sie möchte auch im sich jetzt abzeichnenden Zyklus eine verlässliche Partnerin der Beherbergungswirtschaft sein. forderung an und gründete 2016 die Berg& Bett AG. Man war überzeugt, dass viele Besitzerinnen und Besitzer von Ferienobjekten gegenüber einer Vermietung offen sind, aber die dazu gehörigen Arbeiten nicht übernehmen wollen und/oder können. Das oberste Ziel von Toggenburg Tourismus war das Generieren von warmen Betten mit der daraus resultierenden Wertschöpfung für unterschiedliche Gewerbezweige.

Vorgehen

Die THOMANN Hospitality Management AG hat im Frühjahr 2020 den Auftrag erhalten, das Geschäftsmodell Berg & Bett weiterzuentwickeln. Der Ausgangspunkt war das Werteversprechen der einzelnen Kundensegmente. Daraus wurde das Geschäftsmodell nach der Methode «Canvas» entwickelt. Wir haben uns gefragt, was die «Pain Points» einer Familie sind, wenn sie in einer 2.5Zimmer Ferienwohnung Sommerferien verbringt und es vier aufeinanderfolgende Tage regnet.

Peter Gloor, Direktor Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit SGH. Es werden folgende Produkte und Serviceleistungen benötigt, um die Ferien trotz Regen zu geniessen: Erlebnis und Entertainmentwelten für Kinder dreier Altersgruppen, Erwachseneninsel «Adults only», einfaches familiengerechtes gastronomisches Angebot, Einkaufsmöglichkeiten für regionale Produkte und eine Social Area, wo auf Wunsch ein Austausch mit Gleichgesinnten erfolgen kann. Aufgrund der Volatilität der Nachfrage im Toggenburg muss die Kostenstruktur so flexibel wie möglich gehalten werden. Diese Vorgabe brachte uns zum Ansatz der Plattformökonomie (dynamische Netzwerkorganisation). Berg & Bett ist der Plattformeigner mit einem Hub, vermittelt und bewirtschaftet Flächen, arbeitet mit unterschiedlichen Produzentinnen und Produzenten zusammen, verbindet unterschiedliche Kundengruppen (B2C, B2B) und geht aktive Kooperationsbeziehungen ein.

Umsetzung

Das Hotel Säntis in Unterwasser war ein älteres Hotelprodukt an einer zentralen und gut zu erreichenden Lage, mit Parkplätzen und grosszügigen öffentlichen Flächen. Es war somit die ideale Ergänzungsleistung für das Geschäftsmodell Berg & Bett 2.0. Zusammen mit der Firma D&D Hospitality Projects wurde das Raumprogramm entwickelt. Aus dem Swimmingpool wurde ein Kino und Spiel

Berg & Bett – Fazit aus Sicht der SGH

«Toggenburg Tourismus hat mit der Gründung der Berg & Bett AG die Basis dafür geschaffen, dass die in der Destination schon vorhandenen touristischen Einzelteile zu einem Gesamtbild zusammengefügt werden konnten», erklärt Peter Gloor, SGH-Direktor. Es sei gelungen, die verschiedenen Interessengruppen, von den lokalen Anbieterinnen und Anbietern über die Besitzerinnen und Besitzer von Ferienwohnungen, vom Nutzen des Projekts zu überzeugen.

Heute ist das Hotel Säntis revitalisiert und dient einerseits als Plattform für die Buchung der Ferienwohnungen, andererseits als Dienstleister für die Gäste und die Eigentümerinnen und Eigentümer der Wohnungen. Ein Erfolg, meint Peter Gloor: «Für die gesamte Destination ist Berg & Bett ein Gewinn. Es zeigt sich, wenn alle an einem Strick ziehen, können Mehrwerte geschaffen werden, welche den hohen Ansprüchen der Gäste gerecht werden.»

Die SGH hat in diesem Projekt die Betriebsgesellschaft mit einem Darlehen unterstützt. Zudem diente ein Kurzgutachten der SGH der Berghilfe als Grundlage für die positive Beurteilung des à-fonds-perdu-Beitrages.

Raum, die Rezeption verwandelte sich in ein Willkommenszimmer für Ferienwohnungs und Hotelgäste, die alte Telefonkabine präsentiert sich als Instagram Spot #WOWTOGGENBURG, im ehemaligen Meetingraum entspannen sich heute die Erwachsenen unter sich auf gemütlichen Couches und das Restaurant erhielt eine CaféZone mit Kinderspielecke sowie einen Shop der ChääsWelt Toggenburg.

Finanzieren und kooperieren

Für die Finanzierung wurden Personen und Institutionen (Raiffeisenbank Obertoggenburg, SGH, Berghilfe etc.) gefunden, welche an die Innovationskraft glaubten und den Mut hatten, das Projekt zu unterstützten. Für die Transformation des Hotel Säntis zum Hub «Berg & Bett Säntis Lodge» war eine Investition von rund einer Million Franken notwendig. Als Entwickler des Geschäftsmodells war es für mich klar, dass ich Verantwortung in der Funktion als Präsident des Verwaltungsrates der neu gegründeten Betriebsgesellschaft übernehme.

Ein wichtiger Pfeiler des neuen Geschäftsmodells sind Kooperationen. Das gastronomische Angebot kommt von der jungen einheimischen Gastronomin und Hotelière Vivien Stump, welche den Skalierungseffekt und das Synergiepotenzial mit dem elterlichen Betrieb sofort erkannte. Im Bereich der Reinigung (Ferienwohnungen und Hotel) wird mit einem externen Partner zusammengearbeitet. Nebst den Ferienwohnungen vermietet Berg & Bett nun auch Hotelzimmer in der Säntis Lodge und bietet Ergänzungsleistungen für Besitzer von Ferienwohnungen im Bereich Unterhalt und Vermarktung an. Die Fixkosten von Berg & Bett werden von den diversen Geschäftsmodellen getragen und somit kann der Return on Investment (ROI) erwirtschaftet werden. Die Umsetzung erfolgte 2021 innerhalb von drei Monaten mit der auf Hotel projekte spezialisierten Firma Gastruum. Inszeniert wurde das neue Hotel von den jungen Innenarchitektinnen Ramona Bellagio und Soraya Kasper, welche die Kunden mit ihren Bedürfnissen ins Zentrum setzten.

Erfahrung

Die Eröffnung im letzten Sommer, inmitten von Covid19 und schlechtem Wetter, war alles andere als ideal. Seither schätzen sowohl Besitzer und Mieter von Ferienwohnungen als auch Hotelgäste die neuen Angebote. Gleichzeitig werden die Schwachstellen des Geschäftsmodells stetig optimiert und angepasst. Im Bereich OnlineVertrieb musste die Website neu erstellt werden, da die Kennzahlen im ECommerceBereich (Key Performance Indicators KPIs) zu schlecht waren. Auch die Organisation musste angepasst werden. Mit Dani Koller, ehemaliger CEO EDomizil Schweiz, konnte die richtige Besetzung für die Vorwärtsstrategie gefunden werden.

Der Gesamtverwaltungsrat hat entschieden, das Geschäftsmodell nach den getätigten Optimierungen horizontal (Erweiterung mit Gruppenunterkünften) wie vertikal (Ausbau Digitalisierung inkl. Nutzung Künstliche Intelligenz KI) voranzutreiben. So kommt die Berg & Bett Betriebs AG dem Grundauftrag des Eigentümers Toggenburg Tourismus nach, warme Betten und die daraus resultierende Wertschöpfung für unterschiedliche Gewerbezweige in der Destination zu fördern.

Konsequenzen aus der «Zeitenwende» für die Hotelförderung

Hilmar Gernet

Der Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit SGH, Prof. Dr. Thomas Bieger, erwartet anspruchsvolle Zeiten für die Hotellerie und ihre Finanzierung. Die Coronapandemie und der Krieg in der Ukraine hätten sowohl die Lieferketten als auch das generelle Vertrauen der Menschen beschädigt. Bieger erwartet, dass wir uns auf eine unbestimmte, aber längere Zeit mit Inflation – und damit auch starkem Schweizerfranken einstellen müssen –, wie er an der SGHGeneralversammlung erklärte. Wir zitieren hier Auszüge aus der Präsidialrede, die eine herausfordernde Zeit für die Hotellerie zeichnet.

«Die Infusionstherapie der Notenbanken für die globale und insbesondere europäische Wirtschaft wurde während Corona verstärkt fortgesetzt. Ungleichgewichte in Form von Staatsverschuldung oder Vermögenspreisinflation im Immobilienmarkt nahmen zu, im Tourismus insbesondere spürbar am massiven Wachstum bei den Preisen für Zweitwohnungen. Wir alle wissen, dass sich wirtschaftliche Ungleichgewichte lange und kaum merklich aufbauen können. Wie tektonische Platten, die sich lange Zeit ohne Erdbeben verschieben können, bis dann genügend Energie aufgestaut ist und das Erdbeben kommt. Aber langfristig setzen sich die ökonomischen Gesetze durch. Nur weiss niemand, wann ‹langfristig› ist.»

«Mit der Notenbankpolitik der inzwischen letzten 15 Jahre hat sich eine riesige Geldblase aufgebaut und damit die Grundlage für eine Inflation geschaffen, die irgendwann zu erwarten war.»

Wie lange wird die Inflation dauern?

«Preisstabilität herrscht dann, wenn die Menschen aufgehört haben, über die Inflation zu reden», zitiert Bieger den amerikanischen Ökonomen und ehemaligen Vizepräsidenten der USZentralbank (FED) Alan Blinder. Auf die aktuelle Situation übertragen sagte Bieger: «Das dürfte erst der Fall sein, wenn die Notenbanken und die Regierungen und die Supply Chains wieder Vertrauen aufgebaut haben. Und das dürfte nur der Fall sein, wenn eben die Notenbankgeldmenge und die Verschuldung zurückgefahren worden sind oder glaubhaft zurückgefahren werden. Das wirkt sich bremsend auf die Wirtschaft aus.»

Was bedeutet die Inflation für die Hotellerie?

«Die Inflation entwertet Kredite und zahlt so quasi Darlehen automatisch zurück. Vorerst führt die Inflation jedoch zu höheren Zinsen, die durch entsprechende Erträge finanziert werden müssen. Dies ist in einer Stagflation schwieriger. Die SGH hat die gesetzliche Auflage, Darlehen zu möglichst günstigen Zinsen anzubieten, was bei steigenden Zinsen wieder wichtiger wird.» Trotz der unerfreulichen Situation braucht es weiterhin Investitionen in der Hotellerie (Nachhaltigkeit, Produktivität, Attraktivität der Angebote etc.) und damit auch subsidiäre SGHFinanzierungen. So können im Tourismusmarkt allenfalls höhere Preise durchgesetzt werden.

Prof. Dr. Thomas Bieger.

Die Folgen des UkraineKrieges, «die sogenannte Zeitenwende» erfordert zudem höhere Verteidigungsausgaben; die Kosten für die Verzinsung der Staatsschulden oder die teurere Produktion von Schlüsselprodukten (Mikrochips, Masken etc.) wieder in der Nähe tragen nicht zu wirtschaftlichem Wachstum bei. «Damit wären wir dann bei der Stagnation, die sich dann eben zur Stagflation kombiniert. Kurzum, wir müssen uns auf eine unbestimmte, aber längere Zeit mit Inflation – und damit auch starkem Schweizerfranken einstellen.» «Stagflation wirkt sich insgesamt auf die Bewertung von Hotels aus. Die zukünftigen CashFlows sind diskontiert einfach weniger wert.» Der Unternehmenswert ist eine zentrale Grösse, um die Höhe von Kundendarlehen zu bestimmen. Heute dürfen SGHDarlehen – zusammen mit vorrangigen Fremdfinanzierungen – den Ertragswert eines Hotels nicht überschreiten. Die SGH hat dazu eine Studie in Auftrag geben, welche die gegenwärtig angewandte Bewertungsmethoden (auch vor dem Hintergrund der Inflation) überprüft. Autor der Studie «Überprüfung der Bewertungssystematik der SGH» ist Prof. Dr. Philipp Lütolf, Dozent am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern. Eine Kurzfassung der Untersuchung kann abgerufen werden unter www.sgh.ch.

«Letztes Jahr hätten wir unter normalen Bedingungen an unserer GV das 100JahrJubiläum gefeiert. Die Hotelförderung hat verschiedene Konjunktur und Inflationszyklen erlebt. Und die SGH möchte auch im sich jetzt abzeichnenden Zyklus eine verlässliche Partnerin der Beherbergungswirtschaft sein.»

Speisekarte und Patron sind mitentscheidend für Kredit

Hilmar Gernet

Den Mahnfinger erhebt die Fachstelle Hotellerie/Gastronomie der Bank WIR dann, wenn wieder einmal jemand seinen Traum erfüllen und eine Bar oder ein Restaurant eröffnen will. «Und das mit einem Konzept, das es noch nie gab», erläutert Christoph Känel, Leiter der Fachstellen, der zugleich «dipl. Hotelier SHV/VDH», Absolvent der Schweizer Hotelfachschule Luzern, langjähriger Hotelier und ebenso erfahrener Banker ist. Die Bank WIR ist schon seit einigen Jahren stark im HotelGastroSegment engagiert. «Da sind wir in Schweizer Franken, aber insbesondere auch mit der Komplementärwährung WIR engagiert, und zwar schweizweit», erläutert Patrick Treier, Leiter Kreditmanagement und Stellvertretender CEO der Bank WIR.

Herzblut und Risikobewusstsein

Die langjährige Erfahrung und die aufgebaute Sachkompetenz von Christoph Känel trug wesentlich zum strategischen Entscheid der Bank WIR bei, die professionellen Fachstelle zu schaffen. Dass dabei Herzblut mitschwingt, ist bei allen Beteiligten zu spüren. Patrick Treier aber ergänzt: «Selbstverständlich erfolgt diese Innovaton unter Wahrung unserer Risikopolitik. Es gibt klare interne Vorgaben, durch marktgerechte Bewertungen eines Hotels oder eines Gastronomiebetriebs, und zwar auf der Basis der DiscountedCashFlowMethode (DCF). Bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit und fähigkeit unserer Kunden machen wir keine Abstriche.»

Die Perspektiven Kreditgeschäft in der HotelGastroBranche werden als sehr aussichtsreich beurteilt. In den Himmel werden die Geschäfte aber auch nicht wachsen. Zumal die Bank WIR darauf achtet, «weiterhin eine ausgewogene Verteilung der Kredite nach Branchen in Relation zum Gesamtbestand zu halten», wie Treier sagt. Der Fokus der Bank WIR liegt dabei auf Schweizer Familienunternehmen, nicht auf internationalen Ketten. Zudem gibt es eine Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Gesellschaft Hotelkredit. Dazu Christoph Känel: «Mit der SGH gibt es einen offenen Austausch zu anstehenden Finanzierungen und Fachthemen der Branche. Ich weiss, dass sie diese Zusammenarbeit schätzt.»

«Auf Augenhöhe»

Die Aufgaben der Fachstelle finden sich in drei Feldern: • Fachsupport innerhalb der Bank für die Firmenkundenberatung und zentrale Ansprechstelle für Externe aus der Branche mit Finanzierungsfragen • Bewertung von gastgewerblich genutzten Liegenschaften • Netzwerkpflege, Marktbeobachtung

Die Fachstelle Hotellerie/Gastronomie der Bank WIR sei einzigartig in der Schweiz und werde von der Branche sehr positiv aufgenommen und geschätzt, führt Christoph Känel aus. Dem Mann mit zwei Seelen in der Brust – Hotelier und Banker, die Reihenfolge trifft wohl noch immer zu – ist denn auch der persönliche Kontakt mit den Hoteliers und Gastronomen ein grosses Anliegen. Tatsächlich kann er «auf Augenhöhe» mit ihnen sprechen. «So kann garantiert werden, dass die Fachberatung bei Finanzierungen in wirklicher Kenntnis und Wertschätzung der geleisteten Arbeit erfolgt», erzählt Christoph Känel.

Erfolgsfaktoren

Ein Teil seiner Arbeitsweise lässt sich mit zwei Beispielen illustrieren. Betrachtet er ein «riesige Speisekarte», frage er sich, wie frisch die Ware sein kann und ob sie selbst zubereitet wird. Entscheidend ist für ihn auch das «Gesicht» eines Betriebs. Von der Gastgeberin oder vom Gastgeber persönlich angesprochen zu werden, erachtet Känel als «sehr entscheidenden Erfolgsfaktor». Wenn er diese Präsenz quantifizieren muss, so schätzt er sie auf «etwa 40 Prozent des Konzepts». Weitere 40 Prozent machten das Essen aus. Der Rest falle auf das PreisLeistungsVerhältnis.

Die geschilderten Faktoren werden bei Besichtigungen und Gesprächen erhoben. Sie wirken sich direkt auf die Schätzungen und Beurteilungen für eine Kreditvergabe aus. Die Analyse aufgrund der Branchenkenntnisse von Känel sorgt dafür, dass die Kreditrisiken minimiert werden. «Tragbare Kredite, finanziert in Schweizerfranken und einem gewissen Anteil auch in WIR», so Känel, «sollen schliesslich für den Hotelier und die Bank eine WinwinSituation ergeben.»

Krux mit der Sprache

Christoph Känel, Leiter Fachstelle Hotellerie/Gastronomie, Bank WIR

Investitionsideen für den Betrieb wecken Finanzierungsbedürfnisse. Doch: Wie sage ich es meiner Bank? Sprache ist komplex. Nicht nur, wenn wir in einer Fremdsprache kommunizieren – auch «deutsch und deutlich» ist mitunter gar nicht so einfach. Sie kennen das bestimmt: Nebst inhaltlichen Unklarheiten besteht immer wieder die Gefahr von Fehlinterpretationen. Entsprechend ist das wissenschaftliche Feld der Kommunikation breit; Literatur dazu gibt es wie Sand an Meer.

Was aber, wenn Kommunikationsweisheiten, Duden oder modernste Übersetzungshilfen wie «deepl.com» nicht mehr weiterhelfen? Beispielsweise in Fällen, wo ein und dasselbe ausgedrückt werden will, man sich aber dennoch nicht versteht? Oder etwas konkreter: Wenn Hotellerie/ Gastronomie und Finanzbranche bei geplanten Investitionsvorhaben auf keinen gemeinsamen Nenner kommen, weil es am gegenseitigen Verständnis scheitert?

Christoph Känel. © Raffi Falchi Dann kommt der Übersetzer ins Spiel, der idealerweise Praxiserfahrung in beiden Bereichen mitbringt. Wie ich, der Sie an dieser Stelle künftig regelmässig begrüssen und mit wertvollen Tipps versorgen wird. Nach einer gastgewerblichen Lehre, der Hotelfachschule und einem Nachdiplomstudium der Hotellerie folgte bei mir die betriebswirtschaftliche Weiterbildung mit Finanzierungsgrundlagen der Bank.

Das Resultat ist ein hybrider Fachexperte (und neuerdings Kolumnist), der sich sowohl in den gastgewerblichen Betrieb hineindenken kann (Stichwort Abläufe, Produktion, Mitarbeitende) als auch die Betrachtungsweise der Finanzinstitute kennt; von der Projektbeurteilung bis zur Finanzierung. Idealerweise.

Nicht immer aber kommt es zur Finanzierung.

Das Gastgewerbe ist operativ getrieben – wir reden von einem «People Business». Gefragt ist konstante Qualität, der Gast will das Gesicht des Betriebs kennen, es regelmässig sehen, mit ihm sprechen. Zahlen sind lästig. Natürlich wird niemand deren Wichtigkeit bestreiten, aber der Fokus gilt dem Operativen.

Bei Banken ist dies – und hier liegt die Herausforderung – genau umgekehrt: Nackte Zahlen stehen im Vordergrund, Softfaktoren, wie die Betriebsführung, rücken in den Hintergrund. Als Übersetzer und Vermittler versuche ich, diese beiden Welten kommunikativ miteinander zu verknüpfen. Ohne Kommunikationsweisheiten. Ohne Duden. Ohne «deepl.com».

Es geht darum, dass der Bank der operative Gedanke des Betriebs vermittelt werden kann – dessen Stärken und Schwächen, aber auch die Chancen und Risiken. SWOTAnalyse, wie es im Fachjargon heisst. Gleichzeitig muss der Unternehmerin, dem Unternehmer die Wichtigkeit von Ergebnis und Kennzahlen und deren Wirkung auf die Bank vermittelt werden. Ein Thema übrigens, kleiner Cliffhanger, das wir in einer der kommenden Kolumnen beleuchten werden.

Die Knackpunkte in dieser Übersetzungsrolle liegen auf der Hand: Der GastroUnternehmer sehnt sich nach Wertschätzung für seine Arbeit im Betrieb, diejenige am Schreibtisch und das Abtauchen in ExcelDateien ist primär ein Störfaktor. Bei der Bank lösen hingegen gut aufbereitete Unterlagen und Zahlen einen ersten positiven Reflex aus – was aber noch nicht bedeutet, dass das Verständnis für den operativen Betrieb und die Leistung des Hoteliers oder der Gastronomin geschaffen worden ist.

Mit diesen Tipps kommen Sie dem gemeinsamen Nenner näher: Achten Sie darauf, dass die übersetzende respektive vermittelnde Person «beide Welten» kennt. Zögern Sie im Rahmen einer wertschätzenden Gesprächsführung nicht, auch fachspezifische Fragen zu stellen. Hören Sie bei den Bedürfnissen seitens Finanzinstitut zu. Denn nur gemeinsam lässt sich ein Konsens finden, der – vielleicht typisch schweizerisch – irgendwo in der Mitte liegt. Verschaffen Sie sich Klarheit über das weitere Vorgehen. Das Resultat ist eine gemeinsame Sprache.

wir.ch/hs