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Editorial

Nach der Covid-Pandemie: Das sind die 7 Megatrends

Am 17. Februar – schon fast ein historisches Datum für den Schweizer Tourismus – hat der Bundesrat fast alle CoronaMassnahmen abgeschafft. Maskenpficht im Restaurant, Zertifikatspficht, Quarantäne, Homeoffice-Pficht und andere Einschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens – alles vorbei. Vergangenheit. Wir leben jetzt schon seit gut drei Wochen in der «neuen Normalität». Zwar sorgt die Omikron-Virusvariante nach wie vor für hohe Infektionszahlen, aber die Lage in den Spitälern hat sich weitgehend normalisiert.

Und wie sieht die nahe Zukunft der Hotellerie und des Tourismus aus – in Post-Co rona-Zeiten? Sie werden vielleicht staunen, liebe «Hotelier»-Leserinnen und -Leser: Es wird sich gar nicht so vieles verändern in den nächsten Monaten. Die grossen Trends aus der Vor-Corona-Zeit sind immer noch aktuell – oder werden jetzt, durch die Pandemie bedingt, noch aktueller.

Also, was sollten Hoteliers dringend be achten, wenn es um die Post-CoronaZukunft ihrer Häuser geht? Ich erhalte laufend die neusten Studien, Analysen, Zahlen und Reports zur Zukunft des Tourismus und der Hospitality-Branche. Hier eine kurze, aktuelle Zusammenfassung der jüngsten Trend-Studien für die Jahre 2022 bis 2030.

Noch etwas: Trends beeinfussen das komplette Produkt «Hotel», von der Hardware angefangen, bis hin zu den Mitarbeitern und Gästen. Denn eine Orientierung in die eine oder andere Richtung kann letztendlich über das Fortbestehen des Betriebes entscheiden. Modeerscheinungen und Trends sind Veränderungs- und Wandlungsprozesse im Nachfrage- sowie Angebotsverhalten. Während Modeerscheinungen von relativ kurzer Zeitdauer sind, spricht man von Trends, wenn davon ausgegangen werden kann, dass sie länger als ein Jahr existent sind (Beispiel: Regionalität). Von Megatrends spricht man, wenn die Marktentwicklung höchstwahrscheinlich mehr als 30 Jahre andauern wird (Beispiel: Internet für Hotelgäste). Hier sind also die 7 übergeordneten, langfristigen Trends in der Hotellerie:

Globalisierung: Der Megatrend Globalisierung ist unaufhaltsam. Die vielen verschiedenen Kulturen und Volkswirtschaften der Welt sind untereinander vernetzt. Dafür verantwortlich sind technologische Innovationen, die Liberalisierung des Handels und eine fortschreitende Mobilität: Das Reisen ist einfacher geworden. Auch die Nachwirkungen der Pandemie werden diese Entwicklung kaum beeinfussen.

Demografischer Wandel: Der demografische Wandel ist schon jetzt spürbar, denn durch niedrige Geburtenraten und eine immer längere Lebenserwartung der Menschen ist die Verschiebung der Altersstruktur im Gange. Der Markt der «Best Ager» oder auch «50plus-Gäste» wird bald einer der grössten sein. Corona hin oder her!

Digitalisierung: Portale wie Booking, Tripadvisor und Expedia sind heute die wichtigsten Informations-, Kommunikations- und Buchungsplattformen; hier ist die richtige Mischung wichtig. In vielen Hotels werden einzelne Prozesse wie Check-in und Check-out gänzlich elektronisch abgewickelt. Für Hoteliers sollte als Devise lauten: Die Auffindbarkeit bei Google ausbauen, die eigene Website ansprechend gestalten, Präsenz in Social-Media-Kanälen erhöhen und Bewertungsportale beobachten. Und: Das Hotel muss über die eigene Website buchbar sein. Und noch etwas: Die Digitalisierung im Backoffice führt dazu, dass die meisten Prozesse nur noch digital oder elektronisch ausgeführt werden.

Erlebnisökonomie: Zurzeit kann ein kontinuierlicher Wertewandel hin zu weichen Faktoren wie Selbstentfaltung, Abwechslung und Emotionalität verzeichnet werden. Die Pandemie hat diesen Wandel stark beschleunigt. Die Menschen sehnen sich nach Wohlstand, welcher nicht nur ma teriell verstanden werden darf, sondern auch Lebensqualität beinhaltet. Dadurch gewinnen Erlebnisse in der Freizeit im Kontrast zum Alltag an Bedeutung. Die Nachfrage an Reisen mit Spiritualität und Authentizität nimmt zu, es gilt, Angebote zu machen, die diese Bedürfnisse befrie-

digen; zum Beispiel Yoga, Meditation, ayurvedische Anwendungen. Erlebnisreiche Hotelaufenthalte werden immer ge fragter.

Individualität: Insbesondere der reiseerfahrene, kaufkräftige Gast sucht nach einem auf ihn zugeschnittenen Angebot. Er möchte sein Ferienprogramm selbst zusammenstellen. Durch die individuelle Zusammenstellung hofft der Gast, seiner Orientierung nach innen hin zu Selbstentfaltung, Einzigartigkeit und persönlicher Weiterentwicklung besser gerecht zu werden.

Gesundheit und Wellness: Der Megatrend «Gesundheit und Wellness» wächst und wurde in Corona-Zeiten stark be schleunigt. Dabei steigt die Nachfrage nach Gesundheitsvorsorge und Entspannung. Neue Nischen bieten im WellnessBereich klassische Naturheilverfahren sowie Medical-Wellness-Programme. Der grosse Trend lautet «Selfness» (Wohlbefinden für Körper, Geist und Seele). Jedoch sollte immer kritisch hinterfragt werden, ob ein bestimmter Trend auch zum eigenen Konzept passt. Auch sollten Hoteliers bei aller Trendverfolgung nie die Orientierung am Gast vergessen. Die Bedürfnisbefriedigung der Gäste in ihren spezifischen Lebensstilsituationen sollte immer oberste Priorität haben.

Laut einer in England publizierten wissenschaftlichen Studie über die Hotellerie der Zukunft sind weitere Trends absehbar: Die Preissensibilität nimmt in allen Segmenten zu. Über 80 Prozent der Gäste (Business und Freizeit) achten bereits heu-

Der Autor

Hans R. Amrein, Publizist, Hoteltester, Buchautor und Dozent, ist seit 2010 Chefredaktor der Fachzeitschrift «Hotelier». Er ist auch Mitglied mehrerer Fachjurys. te auf die beste Rate, wenn sie ein Zimmer oder Ferien buchen. Erfolg werden künftig vor allem Markenhotels und klar positionierte Betriebe haben. Einzigartige Hotels mit einem klaren Brand oder Image. Das gilt auch für eher kleine Privathotels. Ein weiterer Trend: Businessgäste verlangen immer mehr auch Freizeitangebote. Das reine Businesshotel ist out, gefragt sind Häuser, wo der Geschäftsreisende auch Vergnügen und Erholung findet (Stichwort: City-Resorts).

Der Wettbewerb unter den Hotels

nimmt zu. Die Folge: Innovations- und Investitionsdruck. Hotels werden deshalb vermehrt kooperieren. Und in der Kettenhotellerie kommt es zu Fusionen. Weiter gehen die Trendforscher von einer wachsenden Segmentierung aus. Es geht also darum, die für das Hotel relevanten Zielgruppen durch gezieltes Marketing an zusprechen. Und ganz wichtig: Hotels, die sich von ihren Konkurrenten abheben wollen, müssen mehr bieten als «ruhige Zimmer mit Frühstück». Der Gast erwartet Mehrwert in Form von Service oder Zugaben.

Der Einfuss der digitalen Medien und Plattformen auf die Hotellerie nimmt weiter zu. Vor allem wenn es um Auswahl, Buchung und Bewertung geht. Keine Frage, die eigene Website ist einer der Erfolgsfaktoren. Und der Gast verlangt Preistransparenz und eine gewisse Preistreue.

Fazit: Die Hoteliers müssen artikulieren und beweisen, weshalb ihr Angebot den ausgewiesenen Preis wert ist. Social Media ist zwar ein grosses Thema, aber die wenigsten Hoteliers nutzen die Social-Media-Kanäle (Facebook usw.) richtig und sinnvoll. Das wird in Zukunft anders sein. Und: Bu chungen über mobile Applikationen (Apps) nehmen rasant zu. Die Smartphones werden das Gästeverhalten weiter revolutionieren. Kurz und gut: Der Gast sucht in Zu kunft bewusst das passende Hotelkonzept für seinen Bedarf.

Sie sehen, liebe Hoteliers, die Zukunft wird spannend und herausfordernd. Abgesehen vom sogenannten Fachkräftemangel, der uns aktuell stark beschäftigt und auch in naher Zukunft (nach Corona) eine der grössten Herausforderungen sein wird.

«Erfolg in der Post-Corona-Zeit werden vor allem Markenhotels und klar positionierte Betriebe haben. Einzigartige Hotels mit einem klaren Brand oder Image»

HANS R. AMREIN

In eigener Sache: 13 Jahre lang habe ich – mit einem Unterbruch – die Redaktion des «Hoteliers» betreut. Nach dieser Ausgabe werde ich mich neuen Aufgaben innerhalb der Branche zuwenden. Ich bedanke mich bei Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, für Ihre Treue und Verbundenheit. Und beim Weber Verlag bedanke ich mich für die gute Zusammenarbeit. 

Hans R. Amrein

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