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Accor Nordeuropa: Wachstum um jeden Preis?

Warum der Accor-Hotelkonzern in der Krise weiter stark gewachsen ist

Accor Nordeuropa: Wachstum um jeden Preis?

Accor, eine der grössten Hospitality-Gruppen der Welt und die

Nummer 1 in Europa, setzt sein strategisches Wachstum weiter fort.

Insgesamt 89 Vertragsabschlüsse (13 000 Zimmer) sind das be-

eindruckende Resümee für das Jahr 2021 in der Region Nordeuropa,

davon allein 25 im letzten Dezember. Im DACH-Markt konnte das

Development-Team 2021 Verträge für 15 Hotels zum Abschluss bringen.

Im Fokus von Accor standen 2021 die Economy- und Midscale-Segmente mit Hotels der Accor-Kernmarken ibis und Mercure und der neuen Marke greet sowie der Ausbau des Lifestyle-Bereichs unter der Leitung von Ennismore.

Duncan O'Rourke, CEO von Accor Nor-

thern Europe, fasst zusammen: «Das Tempo unseres Developments hat sich im Jahr 2021 beschleunigt und spiegelt sowohl un ser Vertrauen als auch das unserer Partner in die Rückkehr des Marktes wider. Das geografische Wachstum unserer Region und unseres Markenportfolios in den letzten Jahren hat das Unternehmen auf eine rasche Expansion vorbereitet, nun da sich die Welt wieder fest auf den Aufschwung zubewegt. Unsere Ziele und unsere Pipeline für 2022 und darüber hinaus bleiben ambitioniert, ebenso wie unsere Marken und Hoteltalente. In den Covid-Jahren ha ben wir uns auf zwei Dinge konzentriert: die Bewältigung der Auswirkungen der Krise heute und die Planung für den Aufschwung von morgen. Dieser Tag ist nun da, und unsere Erholung ist ebenso stark wie unsere Zukunft.»

Die Region Nordeuropa von Accor umfasst mehr als 1100 Hotels, über 20 Marken und 31 Länder von Irland bis Russland.

Neue Hotels in Deutschland, Österreich und der Schweiz

Die Marke greet wurde 2019 gegründet und steht für ein kostengünstiges, effizientes und zugleich ökologisch nachhaltiges Reiseerlebnis. Mit der erfolgreichen Vertragsunterzeichnung wird sie 2023 nun mit dem «greet Wien City Nord» auch in Österreich ihr Debüt feiern. Das im Stadtteil Floridsdorf gelegene Hotel wird von der tristar Hotelgruppe betrieben und soll 98 Zimmer umfassen. ➤

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«Wir sind zuversichtlich, dass wir 2022 an die hervorragenden Ergebnisse des vergangenen Jahres anknüpfen werden»

YANNICK WAGNER, VICE PRESIDENT DEVELOPMENT NORTHERN EUROPE DACH Im bayerischen Bad Tölz wird Accor künftig mit einem neuen Doppelprojekt vertreten sein: Ab 2024 sollen in dem Neubau je ein Mercure Hotel und ein ibis budget Hotel mit 142 und 102 Zimmer eröffnen. Franchisepartner ist ebenfalls die tristar Hotelgruppe.

Zu Ennismore, einem Joint Venture mit Accor, gehören zwei neue Projekte der Marken Mama Shelter und Hoxton, die 2024 in Zürich und 2026 in Hamburg eröffnen.

Darüber hinaus umfassen die 2021 erzielten Vertragsabschlüsse in Deutschland, Österreich und der Schweiz unter anderem ein ibis Styles Hotel in Bielefeld, das greet Berlin Alexanderplatz, das Mercure Hotel Geneva Airport und ein Doppelprojekt der Marken ibis Styles und ibis budget in Singen (Eröffnung jeweils 2022), sowie ein Mercure Hotel in Gera und das Fribourg Centre Remparts By Mercure, die kurzfristig 2021 in das Accor-Netzwerk integriert werden konnten.

«Trotz der Herausforderungen, die die Branche zu meistern hat, konnten wir 2021 unseren strategischen Ausbau weiter fortsetzen und in Deutschland, Österreich und der Schweiz insbesondere unsere Marken im Economy- und Midscale-Segment stär ken sowie den Ausbau des Lifestyle-Segments vorantreiben. Die Ergebnisse unserer Arbeit sehen wir schon in den nächsten Monaten, wenn unter anderem Projekte in Berlin, Genf und Singen eröffnen. Wir sind zuversichtlich, dass wir so gemeinsam mit unseren Partnern ein klares Zeichen für die Erholung der Hospitality setzen und wir 2022 an die hervorragenden Ergebnisse des vergangenen Jahres anknüpfen werden», resümiert Yannick Wagner, Vice President Development Northern Europe DACH.

Erfolgreiche DevelopmentStrategie in Nordeuropa

Auch im Hinblick auf den gesamten nordeuropäischen Raum verlief das Jahr 2021 sehr positiv: Deutschland, Polen, Russland und die Benelux-Länder sind weiterhin führend mit starken Signings in den jeweiligen Regionen. Auch Osteuropa weist eine starke Pipeline für die Gruppe auf mit mehreren Vertragsabschlüssen in Ländern wie Albanien, Kroatien, Georgien, Ungarn, Moldawien, Montenegro und Rumänien.

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89 neue Projekte zählte das Development- Team bis Jahresende 2021 über alle Segmente hinweg und mit starkem Wachstum der Kernmarken ibis (27 Signings bei ibis, ibis budget und ibis Styles) und Mercure (15 Signings, darunter ein Haus der Longer-Stay-Marke Mercure Living). Novotel unterzeichnete für sieben neue Projekte, zwei davon als Teil der Marke Novotel Living – sechs der Hotels sind Neubauten. Die beiden neuen Marken im Economy- und Midscale-Bereich, greet und By Mercure, gewannen an Dynamik und verzeichneten insgesamt zehn Neuabschlüsse. Die Entwicklung der Premiummarken blieb im Jahr 2021 mit 20 Hotels der Accor-Marken Mövenpick, Swissôtel und MGallery stark – 70 Prozent davon sind als ResortHotels klassifiziert. Resorts sind ein bedeutender Bereich für das Wachstum in der Region Nordeuropa, die bisher noch wenig von diesem zentralen Leisure-Produkt bestimmt wurde.

«2021 war ein phänomenales Jahr für Vertragsabschlüsse, das in einem starken Jahresende in der gesamten Region gipfelte. Accor hat seine starke Stellung in der Region beibehalten mit einem 39-prozentigen Marktanteil im Bereich gebrandete Hotels. Im Jahr 2020 haben wir Resilienz bewiesen – 2021 konnten wir bei unseren Vertragsabschlüssen zum Niveau vor der Pandemie zurückkehren. Unser Development ist klar zukunftsorientiert, und unsere starke Pipeline spiegelt unseren Glauben und den unserer Partner an eine Markterholung wider», so Camil Yazbeck, Senior Vice President Development, Accor Northern Europe. 

[01] Duncan O’Rourke, CEO von Accor Nordeuropa.

[02] Lobby im Mercure Hotel am Flughafen Genf.

[03] Novotel von Accor in Vladivostok (Russland).

[04] Mercure Hotel am Flughafen von Tallinn.

«Unsere Ziele und unsere Pipeline für 2022 und darüber hinaus bleiben ambitioniert, ebenso wie unsere Marken und Hoteltalente»

DUNCAN O'ROURKE, CEO VON ACCOR NORTHERN EUROPE

Hotelfinanzexperte Dr. Christoph Nussbaumer über Power Pricing in der Hotellerie

Wie Sie mit Preis-Strategie Ihren Gewinn steigern

Christoph Nussbaumer ist Wirtschaftswissenschaftler und führt

seit Jahren eine Strategieberatung mit Fokus Hotellerie.

Er gilt als einer der besten Hotelfinanzexperten im deutschsprachigen Raum. Jetzt hat der gebürtige Österreicher

ein neues Buch publiziert: «Power Pricing in der Hotellerie.» Hier ein

Auszug aus dem Kapitel «Den Stammgästen etwas Gutes tun».

TEXT Christoph Nussbaumer

Hotels leben von Stammgästen, insbesondere die Ferienhotellerie ist ohne Stammgäste kaum vorstellbar. Fast alle Hoteliers sind stolz auf einen hohen Stammgastanteil. Stammgäste werden geliebt, zumindest die meisten. Die persönliche Beziehung zu den Stammgästen ist eine herausragende Stärke von Familienbetrieben und tief verankert in der Unternehmenskultur. Einen Stammgast zu verlieren, weckt Verlustaversionen, ihn zu halten, ist daher oberstes Gebot. Diese Stammgastfixierung ist verständlich, aber nicht unproblematisch. Wenn wir alles tun, um den Stammgästen zu gefallen, dann verhindern wir auch Neuerungen, denn der Stammgast ist deshalb im Hotel, weil es ihm so gefällt, wie es ist, sonst würde er ja nicht kommen.

Mit den Stammgästen alt werden?

Ein Hotel, welches sich voll auf die Stammgäste fokussiert, läuft Gefahr, mit den Stammgästen alt zu werden. Es mag nun paradox anmuten, wenn ich die Hypothese aufstelle, dass es gar nicht so gut ist, in den Top-Zeiten ausschliesslich Stammgäste zu verwöhnen. Wie oft wollte ein neuer Gast über Weihnachten buchen, und wie oft haben Sie ihm absagen müssen, da die Stammgäste schon alle Zimmer reserviert hatten? Geben Sie auch neuen Gästen die Chance, zu Top-Zeiten zu kommen, damit Sie neue Stammgäste gewinnen. Achten Sie auf eine gute Gästedurchmischung, auch hinsichtlich der Altersstruktur, die zur Positionierung Ihres Hotelbetriebes passt. Signalisieren Sie Ihren Gästen die Knappheit Ihres Angebotes zu bestimmten Zeiten. Nun werden Sie vielleicht einwenden, dass Sie das ohnehin tun. Was soll man machen, wenn die Stammgäste so früh bu chen und neuen Gästen die Zimmer wegbuchen? Vielleicht liegt es am zu günstigen Preis, an den zu günstigen Bedingungen für Stammgäste, die manchmal sen sationelle Rabatte und Sonderkonditionen haben, die schon vor 20 Jahren von den Seniorchefs gewährt worden sind.

Dr. Christoph Nussbaumer: «Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten.»

Zu niedrige Preise für die Stammgäste?

Stammgäste sind Meinungsschwergewichte, von denen man lieber keine Kritik ernten möchte, schon gar nicht wegen einer vielleicht etwas zu kecken Preisanpassung. Lieber die Preis-Latte etwas niedriger halten, damit nur keine Kritik aufkommt. Die Angst vor der Stammgastkritik wegen zu hoher Preise ist allgegenwärtig und torpediert nicht nur die Preisfindung, sondern auch die Preisdurchsetzung. Man mag die Stammgäste und möchte ihnen etwas Gutes tun, und sei es einfach derselbe Preis für den Urlaub im nächsten Jahr, obwohl die Infation eine Preisanpassung um drei Prozent erfordert. In einem solchen Mo ment rächt sich auch die meistens viel zu späte Beschäftigung mit den Preisen für die nächste Saison. Neben der jährlichen Preisanpassung, die aufgrund der Infation für jeden Hotelbetrieb überlebenswichtig ist, sind Investitionen in das Unternehmen wesentliche strategische Effekte, die einen starken Einfuss auf die Preispolitik haben sollten.

Mehrpreis nach Investitionen?

Investitionen in den Gästenutzen sind er regende Momente eines jeden Hoteliers. Man stellt sich die freudigen Gesichter der Stammgäste vor, wenn sie die neuen Zimmer betreten oder wenn sie den neuen Infinity-Pool und den Panorama-Ruhebereich sehen. Die Schattenseite ist der Mehrpreis, den man für Investitionen verlangen sollte bzw. verlangen muss. Welchen Preis sollen wir verlangen? Welcher Preis ist für die Stammgäste akzeptabel? Und genau an diesem Punkt tritt das Meinungsschwergewicht Stammgast in Aktion. Man stellt sich ein paar Stammgäste bildlich vor, wie sie auf die neuen Preise reagieren werden. Herr Meier hat doch immer gesagt, dass er keinen Infinity-Pool braucht. Auch Frau Müller hat gesagt, dass ihr Lieblingszimmer in Ordnung ist. Was sollen wir tun, wenn die Stammgäste die neuen Preise gar nicht grossartig finden? Die manchmal zu starke Stammgastfixierung führt mitunter zu sonderbaren Preisentscheidungen. ➤

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