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Editorial
from Hoteliere 09/10 2021
by WEBER VERLAG
Ja, wir haben Grund zum Optimismus!
Es gibt Grund zum Optimismus: Unser bisher durch Covid-19 geprägtes Leben wird immer «normaler», die Pandemie ist zwar noch ein Thema, aber dank Impfungen und Zertifikatspflicht leben und reisen wir wieder in einer gewissen Normalität, wie wir sie im letzten Herbst noch nicht hatten. Ende 2021 machten uns die Massnahmen gegen Covid-19 (Lockdown) arg zu schaffen, auch wenn wir uns im Winter/Frühjahr 2020/21 noch einigermassen frei be wegen und Hotels besuchen konnten.
Die Situation hat sich seit vergangenem Sommer komplett verändert. Reisen sind wieder möglich, die Restaurants und Bars sind offen, auch Museen, Konzertsäle, Ausstellungen, Konferenzen oder Kinos sind wieder aktiv – fast so wie 2019.
Und die Hotellerie? Den Schweizer Ferien- oder Resort-Hotels geht es gut bis hervorragend, sie haben die «Krise» mehrheitlich sehr gut überstanden. Hotels wie The Chedi Andermatt (vgl. Talk in dieser Ausgabe) haben sogar Rekordzahlen erzielt. Selbst Stadt- und Konferenzhotels befinden sich seit August wieder im Aufwind, denn das Business kehrt langsam zurück. Die eher pessimistischen Prognosen vom Frühjahr 2021 haben sich als zu pessimistisch erwiesen. Ich hätte nie gedacht, dass der Tourismus in der Schweiz und in den meisten Ländern Europas so schnell und so intensiv wieder «auf Vordermann» kommt, auch wenn die Rekordzahlen von 2019 noch nicht erreicht sind.
Ich weilte in den letzten Wochen an mehreren Hotelkongressen und Branchenanlässen. Fazit: Die Branche zeigt sich optimistisch und setzt voll auf Normalisierung und Wachstum. Fast alle international ak tiven Hotelgruppen wie Marriott, Accor, Hilton, Intercontinental oder Hyatt wachsen kräftig und eröffnen laufend neue Hotels. Nur ein Beispiel: Intercontinental eröffnet weltweit täglich ein neues Hotel – Covid-19 hin oder her.
Und das Konsumverhalten? Laut jüngsten Zahlen, Fakten und Prognosen der wichtigsten Forschungsstellen (ETH, Seco, BAK Basel) liegt der Konsum in der Schweiz 10 Prozent über dem Niveau von 2019. Und das Reiseverhalten der Menschen? Die letzten Monate zeigen: Die Menschen sind wieder unterwegs, die Mobilität nimmt markant zu, will heissen: Man fliegt wieder in die Ferien nach Griechenland, verbringt Wochenenden in der Toskana oder in Paris. Und natürlich in den Schweizer Bergen oder im Tessin. Und noch etwas: Die Logiernächte in Schweizer Hotels liegen aktuell nur noch 10 Prozent unter 2019.
Ganz klar: Die Pandemie wird uns noch einige Monate beschäftigen – solange die Impfquote in der Gesamtbevölkerung nicht bei 80 Prozent liegt. Aber auch dieses Ziel werden wir wahrscheinlich bis Ende Jahr erreichen – trotz Impfgegnern und Corona-Skeptikern.
Freude herrscht, würde Altbundesrat Adolf Ogi sagen. Ja, ich sage es nochmals: Wir dürfen zuversichtlich sein, denn schon bald gehört diese Pandemie mehr oder weniger der Vergangenheit an, und unsere Hotels – in Städten und auf dem Land – werden wieder gute Auslastungen und einigermassen positive Finanzzahlen ausweisen. «Nur klar positionierte Häuser, die sich deutlich von den Mitbewerbern differenzieren und eine einzigartige Infrastruktur sowie unverwechselbare Produkte bieten, werden künftig Erfolg haben.»
HANS R. AMREIN
In der vorliegenden «Hotelier»-Doppelausgabe berichten wir – im Hinblick auf das neue Jahr 2022 – über die jüngsten Trends und die wichtigsten Themen der Branche. Meine persönliche Einschätzung lässt sich etwa so formulieren: Ferien- und Resorthotels, die bisher primär auf den Schweizer Markt gesetzt haben, werden auch 2022 gute bis hervorragende Zahlen erzielen, in den Städten wird das Niveau 2019 spätestens 2023 wieder erreicht. Der sogenannte Strukturwandel im Gastgewerbe wurde durch Covid-19 etwas gestoppt, wie Prof. Norbert Hörburger von der Tourismushochschule Chur sagt (vgl. Beitrag). Nicht mehr marktfähige Hotels und Gastronomiebetriebe haben die Krise – dank Kurzarbeit, Liquiditätshilfen und Härtefallgeldern – einigermassen gut überlebt. Die noch im Frühjahr 2021 von gewissen Gastronomiekreisen prognostizierte Konkurswelle ist ausgeblieben. Im Gegenteil: Laut ETH-Zahlen wurden in den letzten «Krisen-Monaten» sogar viele neue Restaurants und Hotels eröffnet. Von «Pleitewelle» und «Massenarbeitslosigkeit» im Gastgewerbe keine Spur.
Zu schaffen macht der Branche vielmehr der akute, sogenannte «Fachkräftemangel» – kurz: Hoteliers und Gastronom:innen finden schlicht keine Leute. Köch:innen, Rezeptionist:innen oder Kellner:innen sind Mangelware geworden. Es bahnt sich ein «Kampf um die Mitarbeitenden» an. Lesen Sie dazu die Kolumnen von SorellHotel-Chef Thomas Kleber und Daniela Hubert Schläppi in dieser Ausgabe. Klar, Corona hat den «Fachkräftemangel» verschärft, doch das Thema beschäftigt das Gastgewerbe schon seit Jahren. Und es wurden viele «hausgemachte» Fehler ge macht, die jetzt dazu führen, dass es der Branche nicht mehr gelingt, genügend (junge) Leute für Hotellerie und Gastronomie zu begeistern.
Was erwartet uns 2022? Wie lauten denn die jüngsten Trends und Entwicklungen? Nur so viel: Die Digitalisierung geht weiter und spielt – auch im Zusammenhang mit dem «Fachkräftemangel» – eine immer wichtigere Rolle. Wer digital gut aufgestellt ist und sein Hotel laufend weiterentwickelt, wird überleben und Erfolg ha ben. Oder mein Lieblingsthema: die Positionierung. Ich sage: Nur klar positionierte Häuser, die sich deutlich von den Mitbewerbern differenzieren und eine einzigartige Infrastruktur sowie unverwechselbare Produkte bieten, werden künftig Erfolg haben.
Ja, die Hotellerie muss in weiten Teilen neu «gedacht» oder gar neu «erfunden» werden. Es reicht längst nicht mehr, Zimmer und Frühstück zu verkaufen. Christoph Hoffmann, Mitgründer und CEO von 25hours Hotels, hat es am «Hospitality Gipfel 2021» in Zürich auf den Punkt gebracht: Das Hotel der Zukunft – egal, ob Stadt- oder Ferienhotel – ist ein Erlebnisraum, wo der Gast nicht nur Erholung sucht, sondern Inspiration, Emotionen, Überraschungen, Romantik, Liebe, menschliche Kontakte. Das Hotel wird immer mehr zum «Lebensraum auf Zeit».
Der Autor
Hans R. Amrein, Publizist, Hoteltester, Buchautor und Dozent, ist seit 2010 Chefredaktor der Fachzeitschrift «Hotelier». Er ist auch Mitglied mehrerer Fachjurys. In der vorliegenden «Hotelier»-Doppelausgabe erfahren Sie eine ganze Menge zu diesen Themen. Ich wünsche Ihnen viel Spass bei der Lektüre und wünsche Ihnen schon jetzt viel Glück, Erfolg und viele tolle Ideen im 2022. Es lebe das empathische Hotel!
Hans R. Amrein
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