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Kolumne: Ohne Strategie geht nichts (mehr)

Professor Axel Gruner über Erfolgsfaktoren, die nicht nur in Krisen-Zeiten gelten

Ohne Strategie geht es in der Hotellerie nicht (mehr)

Ganz unabhängig von der Corona-Krise: Es werden nicht die Grössten und Stärksten der Branche überleben, sondern diejenigen, die sich an die kontinuierlich ändernden Rahmenbedingungen am besten anpassen. Ein gutes Beispiel ist die deutsche Otto Group, die mittlerweile über die ECE-Group unter anderem an den Ruby Hotels beteiligt ist, als einer der drei grössten Entwickler von Hotelimmobilien im deutschsprachigen Raum gilt und auch sonst im Rahmen der Diversifikation unterschiedliche Unternehmensbeteiligungen hält.

Nun lassen sich Konzerne nicht unbedingt mit Einzelunternehmern vergleichen. Was von erfolgreichen Konzernen in jedem Fall gelernt werden kann, ist, dass die Strategie vor operativen Massnahmen stehen muss. Selbst wenn die Hotellerie aufgrund der Corona-Krise mit nie dagewesenen Herausforderungen konfrontiert ist, sollte sich die Führungsebene Zeit für die Erarbeitung einer zukunftsweisenden Unternehmensstrategie nehmen. Auch wenn die aktuelle wirtschaftliche Situation oftmals zum schnellen Handeln drängt: Wenig überlegtes, hektisches Agieren ist trotz der Not fehl am Platz, da unter Umständen wertvolle Ressourcen vergeudet werden.

Spätestens die Corona-Pandemie hat die Branche zum nachhaltigen und effizienten Arbeiten verpflichtet. In Bezug auf die neue Unternehmensstrategie sind ökonomische, ökologische und soziale Massnahmen gleichermassen zu berücksichtigen. Die wichtigsten Punkte:

Den Teamgeist optimieren!

Es geht darum, die Werte und Ideen der jungen Generation aufzugreifen, die zwar anders gelebt werden, sich aber nicht fundamental von denen der älteren Generation unterscheiden. Einerseits rückt die sinnhafte persönliche Entwicklung stärker in den Fokus, andererseits herrscht ein grösserer Gemeinsinn, der die Unternehmenskultur prägt. Hinsichtlich der neuen Technologien sind die nachfolgenden Generationen sowieso meist auf dem neuesten Stand und können nicht nur diesbezüglich im Rahmen von Innovationsprozessen einen wertvollen Beitrag leisten.

Einsparpotenziale überprüfen!

Falls es in den vergangenen Jahren versäumt wurde, regelmässig Konkurrenzangebote einzuholen, ist es jetzt an der Zeit, die Konditionen von Zulieferern, Versicherungen, Energieversorgern und Telekommunikationsdienstleistern auf Einsparmöglichkeiten hin zu untersuchen und Verhandlungen zu führen. Eventuell bietet sich der Anschluss an eine branchenspezifische Einkaufsgemeinschaft an.

Markenwelt schaffen, an der Marke feilen!

Kunden kaufen Produkte nicht mehr ausschliesslich ihres Nutzens wegen, Gäste besuchen Restaurants nicht mehr, um satt zu werden – und bei der Buchungsentscheidung für ein Hotel spielt die Lage nicht zwingend die wichtigste Rolle. Häufig bucht der Gast vielmehr den markenspezifischen Lifestyle, den ihm die Medien schmackhaft machen. Gäste wollen erleben, inspiriert werden und die Lebenszeit mit ähnlich denkenden Menschen verbringen. Gastgewerbliche Marken werden zu Tribal Codes, die bestimmten Lebensstilgruppen zur Identifizierung sowie Orientierung dienen.

Der Trend zum Eskapismus, also der Flucht aus dem privaten und beruflichen Alltag, wird sich in den nächsten Jahren verstärken. Gastgewerbliche Unternehmen, die diesen Trend erfolgreich bedienen, berücksichtigen vor allem die drei Erfolgsfaktoren Attraktion, Imagination und Perfektion.

Basierend auf der Erkenntnis, dass perfekt inszenierte Erlebnisse für begeisterte Kunden und damit einhergehend für höhere Umsätze sowie Reputation sorgen, sollte sich mit der internen Darstellung, Analyse und Optimierung der sogenannten «Kundenreise» (Customer Journey) und instagram-gerechten Motiven beschäftigt werden.

Die Customer Journey analysieren

Das Visualisieren und Analysieren der lebensstilspezifischen Customer Journey hat zum Ziel, Dienstleistungen marktgerecht zu optimieren. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Erkenntnis, dass Kunden oder Gäste je nach Lebensstilsituation

andere Bedürfnisse haben und demzufolge die Begeisterungsfaktoren darauf abgestimmt werden müssen. Ein Gast, der als Tagungsteilnehmer das Hotel besucht, hat andere Anforderungen, als wenn er als Referent diese Veranstaltung leiten würde. Der Familienvater mit drei Kindern erwartet eine andere Dienstleistung, als wenn er mit seinen Motorradfreunden in diesem Hotel absteigen würde. Und ein Rendezvous wiederum bedarf einer anderen Inszenierung sowie Ansprache seitens des Personals als das Geschäftsessen.

Die Customer Journey gestalten

Gäste führen ihre Entscheidungshilfen stets mit sich: Smartphones und Tablets. Technische Innovationen verändern Märkte; Hoteliers und Gastronomen müssen damit Schritt halten, denn Gäste und Mitarbeiter erwarten das. So sind digitale Bestellungen über die Webseite nicht nur für Hoteliers, sondern auch für Gastronomen und die Kunden wesentlich effizienter. Zudem gilt es, die Online-Präsenz mittels SEO-optimierter Einträge über Google zu erhöhen sowie Facebook, Instagram & Co. zu bedienen. Um den hybriden, multioptionalen und vielgereisten Gast zu begeistern, ist ein ganzheitlicher Ansatz zu verfolgen, der den umfassenden Einsatz der neuen Medien berücksichtigt. Die lebensstilspezifische Customer Journey will hinterfragt und designt sein. in diesem Zusammenhang ein weiteres Mal das strategische, prozessorientierte Handeln unter Berücksichtigung einer Corporate-Identity-Strategie. 

Auf neue Nachfrage reagieren!

Der Homeoffice-Trend führt auch langfristig zu einem stark rückläufigen In-HausMittagsgeschäft, welches durch einen (automatisierten) Abholservice sowie der Kooperation mit Lieferdiensten kompensiert werden kann – unterfüttert mit entsprechenden Kommunikationsmassnahmen.

Auch könnte über die Etablierung einer «Ghost Kitchen» nachgedacht werden, ein Restaurant ohne Gastraum. Diese Restaurants sind nur online sichtbar und können vom Gast nicht besucht werden, was dieser in der Regel nicht weiss. Sie sind ausschliesslich auf das Beliefern des Kunden oder die Abholung ausgerichtet. Der Gast bestellt und bezahlt sein Essen online – also via App oder Webseite. Mit dem richtigen Konzept und der Flexibilität einer Ghost Kitchen lassen sich leicht Standorte erschliessen, ohne ein Restaurant zu eröffnen. Zudem ist es möglich, unterschiedliche Restaurantkonzepte und -marken aus einer Küche zu bedienen. Wichtig ist

Der Autor

Professor Dr. Axel Gruner ist Dozent an der Hochschule für Tourismus in München. Seine Fachgebiete und Schwerpunkte: Betriebswirtschaftslehre Hotellerie und Gastronomie, Hotel Operations Management und F&B-Management. Gruner hat auch zahlreiche Fachbücher herausgegeben.

Diese Kolumne wurde als Erstveröffentlichung in der deutschen AHGZ publiziert (Nov. 2020).

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