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Warum führen Sie nicht ein Traumhotel in Asien, Herr Müller?
Frage an Adrian K. Müller, Direktor und Gastgeber im Hotel Stern in Chur:
Warum führen Sie nicht ein Traumhotel in Asien, Herr Müller?
Er führte Luxushotels und Resorts in Thailand, auf den Philippinen und
in China, u. a. das Shangri-La-Hotel in Bangkok mit 800 Zimmern und
1100 Mitarbeitenden. Warum kehrte Adrian K. Müller (56), der in Asien
eine glanzvolle Hotelkarriere startete, ins beschauliche Chur zurück, wo er seit 2006 das kleine Hotel Stern führt und besitzt?
INTERVIEW Hans R. Amrein
Adrian Müller, Sie haben jahrelang in Thailand, in Manila und China Hotels geführt, unter anderem das Amari Airport-Hotel in Bangkok …
Ja, aber angefangen hat alles im Amari Resort in Phuket, dann folgte das AmariHotel am Airport in Bangkok. Später arbeitete ich in einem Shangri-La-Hotel in Manila, Philippinen. Dann wurde ich General Manager in Nordost-China, und die Krönung meiner Asien-Laufbahn war dann das berühmte Shangri-La in Bangkok, das ich vier Jahre lang als General Manager führen durfte. Insgesamt wirkte und lebte ich vierzehn Jahre in Asien.
Da haben Sie auch Ihre Frau kennengelernt. Sie kommt aus Thailand.
Jawohl. Sie stammt aus Bangkok. Ich sage immer: Ich ging mit einem Rucksack nach Asien – und kam mit einem Schiffscontainer mit zwei Kindern zurück.
Wie kommt ein Eidgenosse, der 1964 in Nepal geboren wurde, nach Asien?
Auswandern liegt wahrscheinlich im Blut unserer Familie. Schon mein Grossvater wanderte nach Amerika aus und lebte dort als Gutsverwalter, kam dann aber wieder zurück. ➤
ADRIAN K. MÜLLER
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Mein Vater ging nach der Ausbildung sofort nach Holland und England und siedelte sich später als Techniker in Nepal an. Er war dort im Brückenbau beschäftigt und baute eine Werkstatt für die Entwicklungshilfe auf.
Also, wie kommt ein in Nepal geborener Schweizer, der in Asien tolle Hotels führte, nach Chur ins kleine Hotel Stern?
Ich habe hier im Hotel Stern meine Lehre als Kellner gemacht. Ich hatte zum Hotel Stern und dem damaligen Eigentümer, dem legendären Hotelier Emil Pfister, stets eine freundschaftliche Verbindung.
Dann absolvierten Sie die Hotelfachschule Luzern und gingen hinaus in die weite Welt …
Ja, und viele Jahre später kam das Hotel Stern auf den Markt. Ich weilte in Bangkok und hatte überhaupt nicht die Absicht, in die Schweiz zurückzukehren. Im Gegenteil: Ich hätte sogar die Möglichkeit gehabt, als General Manager ins Shangri-La-Hotel nach Shanghai zu wechseln. Doch dann erfuhr ich vom Hotel Stern in Chur und dachte: Wow! Das wär doch was!
Warum hat Sie das Hotel Stern so fasziniert?
(denkt lange nach) Schwierige Frage. Vielleicht, weil das ein so authentisches und geschichtsträchtiges Haus ist. Die Wurzeln gehen ja bis ins Jahr 1677 zurück.
Am 1. Januar 2006 haben Sie das Hotel in Chur übernommen.
Richtig.
Das Haus verfügt heute über 70 Zimmer, wunderschöne, historische Räume wie die «Veltliner Weinstuben». Was war damals für Sie persönlich die grosse Herausforderung im Hotel?
Nach vierzehn Jahren in Asien musste ich mich wieder an europäische Verhältnisse gewöhnen. Das war die erste Herausforderung. Ich verfügte – dank meiner Zeit bei Shangri-La – über ein umfassendes Knowhow in Marketing und Verkauf, hinzu kam die Servicekultur Asiens, die man teilweise auch im Hotel Stern umsetzen kann, auch wenn hier nicht fünf Bellboys im Einsatz sind.

In Asiens Luxushotellerie herrschen Traumverhältnisse, wenn es um Personaleinsatz und Serviceaufwand geht. Im Shangri-La Bangkok führten Sie mehr als 1000 Mitarbeitende …
(lacht) Im Hotel Stern sind es ein paar weniger …

Die Servicekultur Asiens – ich denke da vor allem an Thailand – ist legendär. Was können wir Schweizer Hoteliers von den Asiaten lernen?
Aufmerksamkeit. Ich gebe Ihnen ein Beispiel aus dem Alltag: Der Gast kommt nach 14 Uhr ins Restaurant und fragt, ob er was essen könne. Wie reagieren viele Schweizer Gastronomen? Sie schauen auf die Uhr mit der Bemerkung: Sorry, leider ist die Küche … Das ist der falsche Ansatz!
Und wie sollten Schweizer Serviceleute reagieren?
Sie möchten was essen? Ja, bitte sehr! Nehmen Sie Platz! Dann frage ich den Gast: Auf was haben Sie denn Lust? Was kann ich Ihnen bieten?
Was, wenn der Gast nachmittags um 16 Uhr ein Frühstück wünscht?
Die meisten denken: Geht’s denn noch? Frühstück am Nachmittag? Ich sage: Wir haben Brot, Butter, Konfitüren, Müesli und all diese Dinge im Haus. Also muss die Antwort sein: Yes we can!
Im Hotel Stern in Chur können die Gäste also nachmittags um 16 Uhr frühstücken.
Ja, das wäre möglich. Nur kommt um diese Zeit niemand zum Frühstück. Aber genau um diesen Servicegedanken geht es mir.
Was macht Ihnen Spass als Gastgeber? Warum führen Sie gerne oder gar mit Leidenschaft ein Hotel?
Manchmal fühle ich mich ein wenig wie der Künstler auf der Bühne, wenn am Ende alles klappt und das Publikum applaudiert – zum Beispiel nach einem grossen Bankett. Und wenn man spürt, dass der Funke der Begeisterung beim Gast angekommen ist, so ist das sehr befriedigend.
Leider sollten wir auch über die aktuelle Covid-19-Krise sprechen. Städte wie Zürich, Basel oder Genf leiden extrem unter den von den Behörden verordneten CoronaMassnahmen. Wie ist das bei Ihnen in Chur?
Im Sommer hatten wir viele Schweizer Gäste, mehr als sonst. Vor allen Westschweizer. Ich musste noch nie so viel Französisch sprechen wie im letzten Sommer …
Sie haben hier normalerweise viele Engländer …
… ja, die kamen nicht. Das sind Leute, die gerne Bahnreisen machen, mit dem Bernina-Express, zum Beispiel. Chur ist der ideale Ausgangspunkt für solche Bahnabenteuer.
Sie haben, so wie die meisten Hotels in Ferien- und Bergregionen, vom Schweizer Sommerboom profitiert.
Ja, auch unser Restaurant war monatelang fast jeden Abend ausgebucht. Die Schweizer sind tolle Gäste, sie essen gerne gut und trinken gute Weine … ➤

ADRIAN K. MÜLLER
[01] Adrian K. Müller führt das Hotel seit 2006.
[02] Restaurant im Hotel Stern.
[03] Das Hotel Stern wurde 1677 erstmals eröffnet.
[04] Gastgeber Müller mit seinem Hochzeits-Oldtimer.
[05] Rezeption und Eingangsbereich im Hotel Stern.
Wer ist Adrian K. Müller?
Adrian K. Müller wurde am 2. Mai 1964 in Kathmandu (Nepal) geboren. Seine abwechslungsreiche Karriere als Hotelier-Restaurateur begann Müller Anfang der 1980er-Jahre mit einer klassischen Lehre im Hotel Stern in Chur, das er heute führt und besitzt. Nach der Lehre besuchte er die Hotelfachschule Luzern (SHL). Mit dem Abschluss des dipl. Hoteliers (1991) in der Tasche und der Erfahrung aus diversen Praktika in Chur, der Zentralschweiz und Genf (im heutigen Hotel Mandarin Oriental du Rhone) holte sich der Jung-Hotelier seinen Feinschliff als Vizedirektor bei Beat P. Zeller im Savoy und im Parkhotel in Arosa.
Dem Ruf der grossen weiten Welt folgend, schlug Adrian K. Müller seine Zelte für die nächste Zeit nacheinander in Phuket und Bangkok (Amari Hotels & Resorts) auf. Später wechselte er zur Shangri-La-Gruppe nach Manila und landetet danach in China, wo er als jüngster General Manager über drei Jahre lang das 460 ZimmerHotel Shangri-La-Hotel in Changchun führte.
Zwischenzeitlich (1996) heiratete Adrian seine Partnerin Sunantha Keawrit, aus dieser Verbindung gehen zwei erwachsene Söhne und die 13-jährige Tochter Ladina hervor. Von 2002 bis 2005 führte er das 800 Zimmer-Shangri-La-Hotel in Bangkok, ein luxuriöses Fünf-Sterne-Haus mit 8 Restaurants und einem Team von über 1100 Mitarbeitern.
Seit dem 1. Januar 2006 wirkt der «Heimkehrer» Adrian K. Müller nun als Miteigentümer und Gastgeber des Hotel Stern in Chur und fungiert ab 2013 als alleiniger Eigentümer der historischen Liegenschaft.
Von 2012 bis 2016 war Müller Präsident der Marketingorganisation «Romantik Hotels & Restaurants Schweiz» (28 Hotels).
Und wo lag die Zimmerbelegung im Sommer?
Auf sehr tiefem Niveau. Bei vielleicht 30 oder 32 Prozent. Normalerweise liegen wir zwischen 75 bis 80 Prozent! Und wissen Sie, was mich besonders ärgert?
Nein, sagen Sie es mir.
Wir hätten ein hervorragendes Jahr 2020 gehabt. Januar und Februar waren wir super-gut auf Kurs – und dann im März kam Corona.
Sie werden die Krise überleben.
Ich setze alles daran! Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und auch unangenehme Entscheide gefällt. Ich ging ja nicht an eine Hotelfachschule, um dort nur Schönwetter-Management zu lernen. Als Hotelier und Unternehmer müssen Sie auch in der Lage und fähig sein, Krisen zu bewältigen.
Mussten Sie Kündigungen aussprechen?
Wir mussten unsere Personalsituation der Krise anpassen, ganz klar. Vor allem beim Service in der Gastronomie.
Das heisst, Sie haben Leute entlassen?
Vor zwei Jahren baute ich so etwas wie eine Assistenzstelle auf. Der Mann war Vizedirektor und sollte mich entlasten und vertreten. Diese Stelle musste ich aufgrund der Krise leider streichen. Doch der Kollege hat bereits wieder einen guten Job.
Ihre Prognose für 2021?
Meine Kristallkugel sagt mir: Sobald ein Impfstoff verfügbar ist und bei den Leuten ankommt, wird sich die Corona-Situation rasch entspannen. Vor allem das europäische Geschäft wird sich schnell erholen. Die Leute wollen wieder reisen! Ich darf auch sagen: Wir waren vor der Krise sehr gut aufgestellt. Positionierung und Angebote waren erfolgreich. Da können wir nach der Krise wieder ansetzen.
Sie haben soeben die Positionierung erwähnt. Wie würden Sie diese kurz umschreiben?
Chur ist die Bahnstadt Graubündens, das Tor zum Bündnerland. Highlights sind Glacier- und Bernina-Express, die von hier aus starten.
Und wie ist Ihr Hotel positioniert?
Die Grundlage ist unsere Geschichte. Wir sind ein historisches Haus mit Wurzeln im 17. Jahrhundert. Und wir leben diese Historie noch heute aktiv. Das Hotel Stern ist ein authentisches Bündner Haus, wo die Kultur und Kulinarik Graubündens echt und leidenschaftlich gelebt wird.
Schöner Werbespot! Mal ganz ehrlich: Wie kann man mit so einem Hotel in Chur gutes Geld verdienen?
(lacht) Mit harter Arbeit!
16-Stunden-Tage und 6-TageWoche …
Das ist normal, wenn man selbständig ist. Wichtig ist, dass man es mit Herzblut tut. Es geht um gelebte Gastfreundschaft. Schauen Sie sich unsere Gäste-Bewertungen auf Tripadvisor an! Wir haben stets Super-Feedback für die Mitarbeitenden.
Herzliche Gratulation, Adrian K. Müller. Weiterhin viel Erfolg und
Spass!
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