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Michael Böhler: «Dank Digitalisierung können wir jetzt Kosten sparen»

«Hotelier»-Interview mit Michael Böhler, General Manager der Meili-Hotelgruppe

«Dank Digitalisierung können wir jetzt Kosten sparen»

Michael Böhler führt seit wenigen Monaten die fünf Boutique-Hotels der Meili-Unternehmungen, darunter die Hotels Ambassador und Opera in Zürich. Wie reagiert er auf die momentane Krise? Verdient er mit seinen Stadthotels überhaupt noch Geld? Kommt es gar zum grossen Hotelsterben in Zürich?

INTERVIEW Hans R. Amrein

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Michael Böhler, wie haben Sie die bisherige Covid-19-Krise in Ihren Stadthotels in Zürich erlebt?

Es entstand in kürzester Zeit eine völlig neue, bisher undenkbare Situation. Im März verloren wir innerhalb von nur sieben Tagen 100 Prozent der Belegung. Stellen Sie sich vor: Die Prognose lag für den März 2020 bei 97 Prozent! Bis jetzt (Stand Herbst) haben wir 55 Prozent der Belegung verloren. Die Zürcher Hotels Ambassador, Opera und Rössli mussten wir im März sofort schliessen. Das Ambassador werden wir erst im September 2021 nach einer Totalsanierung wiedereröffnen.

Wie war denn der Sommer in Zürich?

Besser als erwartet. Deshalb konnten wir das Opera und das Rössli im Juni wieder eröffnen. Und im September wurde unser neues Hotel Felix eröffnet. Wir erzielten in den Häusern eine Belegung zwischen 50 und 70 Prozent. Erfreulich!

Der Hotelmarkt Zürich verzeichnete andere Zahlen …

Richtig, da erreichten die meisten Hotels nur etwa 30 Prozent Auslastung, wenn überhaupt. Doch die aktuelle Situation jetzt im Herbst macht uns wieder stark zu schaffen. Deshalb mussten wir im November die Hotels Rössli und Seehof wieder schliessen. Die Häuser Felix und Opera sind noch offen, haben aber eine sehr schwache Belegung.

Kein Wunder, denn der internationale Markt ist ja komplett eingebrochen.

So ist es.

Bei welcher Auslastung erzielen Sie mindestens eine schwarze Null?

Unsere Berechnungen haben ergeben: Bei den grösseren Hotels benötigen wir eine Belegung von 30 Prozent, bei den kleineren 50 Prozent. Was darunter liegt, bedeutet Verlust. Natürlich sind die Raten auch noch wichtig, aber darüber müssen wir momentan gar nicht sprechen, da alle Hotels sehr tiefe Preise haben.

Ihre Hotels sind digital sehr gut aufgestellt.

Ja, das ist unser Glück! Dank Digitalisierung können wir in dieser schwierigen Situation Kosten sparen, vor allem beim Einsatz von Mitarbeitern. Wir sind in der Lage, sehr schnell zu reagieren.

Das Hotel Ambassador ist geschlossen und wird umgebaut. Was passiert dort konkret?

Das Ambassador soll das beste LifestyleBoutique-Hotel in Zürich werden. Wir wol-

Was steckt hinter den Meili-Hotels?

Die Meili Unternehmungen AG Zollikon wird heute in zweiter Generation von den Brüdern Yves und Raffael Meili geleitet. Nach dem Erwerb der Zürcher Hotels Opera und Ambassador im Frühjahr 2020 etablieren die jungen Unternehmer auf dem Platz Zürich eine Gruppe von fünf BoutiqueHotels. Bei den drei angestammten Betrieben handelt es sich um das direkt an das Hotel Opera angrenzende Hotel Seehof, das historische Hotel Rössli beim Hechtplatz (Oberdorf) und das Hotel Basilea an der Zähringerstrasse (Niederdorf), nahe beim Central. Dieses Haus wurde total erneuert und unter dem neuen Namen Hotel Felix (angelehnt an den Stadtheiligen) eröffnet. Die Meili Unternehmungen besitzen und betreiben seit Jahren in Klosters die bekannten Hotels Piz Buin und Sport.

Das Unternehmen wurde 1996 von Dr. Alfred Meili, früher Rechtsanwalt und Mitgründer der börsenkotierten Mobimo-Gruppe, gegründet. Meili ist ein bedeutender Immobilienentwickler mit Schwergewicht auf bevorzugte Lagen in der Wirtschaftsregion Zürich und am Zürichsee. Die Familie Meili fördert seit vielen Jahren mit hohem Einsatz die Juniorenbewegung im Tennissport, u. a. mit der städtischen Tennisanlage Lengg (Zürich) und dem Sportcenter Träff (Oberengstringen).

meili-unternehmungen.ch

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len für Städtereisende die erste Adresse sein. Wenn ich nach Amsterdam, London oder Barcelona blicke, entdecke ich coole Hotels, die mir Freude bereiten. In Zürich finde ich solche Häuser, die nicht zu ein er Kette gehören, eher selten. Zudem werden wir den öffentlichen Bereich im Ambassador der lokalen Bevölkerung im Seefeld zurückgeben.

Setzen Sie in der Gastronomie wieder auf «Fine Dining», so wie in den letzten Jahren?

Nein. Positionierungsmerkmale werden die hohe Bar-Kompetenz, ein spannendes Speiseangebot und die spektakuläre Dachterrasse «The View» sein.

Wie läuft eigentlich das umgebaute Hotel Opera?

Mit seiner «Flying Reception» kommt das Haus bei den Gästen sehr gut an! Dank der ausgebauten Digitalisierung im ganzen Hotel sind wir sehr viel flexibler als unsere Mitbewerber. Im Vergleich mit den Mitbewerbern ist unser STR Score doppelt so hoch.

Wird sich der Zürcher Hotelmarkt in Zukunft – aufgrund der CoronaKrise – fundamental verändern?

Gute Frage! Wenn ich die berühmte Glaskugel hätte, ja dann …

Zürich setzt jetzt vermehrt auf das Leisure-Segment, also Freizeitreisende.

Wir Zürcher Hoteliers haben derzeit das Gefühl, dass wir stärker als Leisure-Destination wahrgenommen werden. Aus meiner Sicht ist dies jedoch nur durch den markanten Rückgang der Geschäftsreisenden zu verstehen. Kommt hinzu, dass «Zürich Tourismus» in letzter Zeit sehr viel investiert hat, um als Freizeit-Destination wahrgenommen zu werden.

Ihre Prognose – trotz fehlender Glaskugel?

Nach der Covid-19-Krise, so ab Anfang 2022, werden wir in unseren Hotels Ambassador und Opera wahrscheinlich etwa 60 Prozent Leisure- und 40 Prozent Businessgäste haben. Das war übrigens 2019 schon so!

Gehend Sie davon aus, dass es in Zürich schon bald zum grossen «Hotelsterben» kommen wird?

Ich ging bis jetzt davon aus, dass etwa 10 Prozent der Zürcher Hotels verschwinden werden. Auch der Verband Hotelleriesuisse publizierte eine Prognose in diese Richtung. Zum Glück waren bis jetzt nur einzelne Betriebe wie das «Ascot» oder das «Swissôtel» in Zürich-Oerlikon betroffen. Sollte der angekündigte Impfstoff gegen das Virus schon bald zum Einsatz kommen, können wir die prognostizierten 10 Prozent vielleicht umgehen. Viel Respekt habe ich vor der Wintersaison. Derzeit sehe ich hier schlicht keine Nachfrage! Doch der Start der Saison rückt immer näher …

Schlussfrage: Haben Sie trotz Krise weitere Projekte oder Akquisitionen im Hinterkopf?

Wir halten Augen und Ohren offen! Natürlich sind wir interessiert, weitere Hotels in unser Portfolio aufzunehmen. Wir könnten dadurch unsere Kosten weiter optimieren. Ich denke an eine Hotelgruppe, die etwa zehn Häuser umfasst. 

[01] Hotel Ambassador, Zürich.

[02] Hotel Felix.

[03] Doppelzimmer im Hotel Seehof, Zürich.

[04] Hotel Rössli in der Zürcher Altstadt.

[05] Hotel Piz Puin, Klosters.

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