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Editorial

Ausblick Hotellerie 2021: Wohin geht die Reise?

Es gibt fast täglich mehr Grund, optimistisch in die nahe Zukunft zu schauen. Denn die meisten Experten aus Wirtschaft, Tourismus, Wissenschaft und Politik gehen jetzt (Stand Ende November 2020) davon aus, dass wir die Covid-19-Krise bis spätestens Herbst 2021 im Griff haben. Bereits im Frühjahr, also in etwa drei bis vier Monaten, kehren wir (wieder) zu einer gewissen Normalität zurück. Den neuen Impfstoffen sei Dank!

Erholungsphase dauert bis 2024

Unter der Voraussetzung, dass ein Impfstoff ab Frühjahr 2021 einsetzbar ist (derzeit sieht es ganz danach aus), sind ab dem zweiten Quartal 2021 erste Erholungstendenzen möglich, die ab dem dritten Quartal 2021 nachhaltig werden und Ende 2023/Anfang 2024 dazu führen sollten, dass zu diesem Zeitpunkt das Marktniveau von 2019 wieder erreicht wird.

Eine Frage, die derzeit fast alle im Tourismus und im Gastgewerbe aktiven Menschen beschäftigt: Wie genau wird sich die Lage in ihren einzelnen Marktsegmenten mittel- und langfristig entwickeln? Welche strukturellen Veränderungen kommen auf Investoren und Betreiber zu? Wird sich das Gastgewerbe im Zeitalter nach Corona fundamental oder nur geringfügig verändern? Gelten die bisherigen Mega-Trends nach Corona überhaupt noch?

Ich versuche Ihnen, liebe «Hotelier»-Leserinnen und -Leser, an dieser Stelle so etwas wie einen kurzen Ausblick in die «Zeit nach Corona» zu geben. Dabei stütze ich mich auf die aktuellen Studien, Umfragen und Expertenmeinungen, die sich mit der Zukunft von Tourismus und Gastgewerbe ab 2021/22 auseinandergesetzt haben. Hier die Prognosen und Trends:

«Ferien- oder Resort-Hotels in den Bergen, an den Seen und im Tessin werden bereits ab Mitte 2021 in die ‹neue Normalität› zurückkehren, Stadthotels an ‹bester Lage› kommen ab Anfang 2022 wieder auf Touren …»

HANS R. AMREIN Auf dem Weg dahin muss die Branche die Folgen der Krise verkraften: Wird bis Ende 2021 ein Zustand erreicht, in dem direkte Auswirkungen der Pandemie Wirtschaft und Gesellschaft nicht mehr negativ beeinflussen, kann davon ausgegangen werden, dass die Hotellerie in der Schweiz im Jahr 2022 wieder 70 Prozent und bis Ende 2023 ca. 95 Prozent des Marktniveaus von 2019 erreicht haben wird. Dabei sind im Einzelnen folgende Entwicklungen möglich:

• Das touristische Reisen wird sich generell schneller erholen als der allgemeine Trend.

Da Ferien in der Schweiz beliebter werden, kommt es hier zu einer kurzfristigeren Erholungsphase. In der Ferienhotellerie wird es ein verändertes Nachfrageverhalten geben, das zu Immobilienwachstum führt. Die wichtige Zielgruppe der internationalen Gäste erholt sich langsamer.

• Stadthotels in Toplagen werden sich in Zukunft schneller bei den Kurz- oder Freizeitreisen erholen, hier werden spürbare Nachholeffekte erwartet.

Der Wettbewerb der Stadthotellerie wird weiter zunehmen, es werden temporäre Überkapazitäten in Städten wie Zürich, Genf oder Basel entstehen.

Klein- bzw. Privatbetriebe ohne klare Positionierung werden künftig beschleunigt vom Markt verschwinden.

• Das Segment der Geschäftsreisen wird sich langsamer erholen, da hier ein «neues Denken» einsetzt und jeder Business-Trip – auch im

Hinblick auf die fortschreitende Digitalisierung – kritisch hinterfragt wird. Das führt zu weniger und kürzeren Geschäftsreisen.

• Die Auswirkungen der Corona-Krise werden besonders die Messehotels zu spüren bekommen.

Ihr Marktsegment wird sich zwar langfristig erholen, aber nicht mehr das Vor-Pandemie-Niveau erreichen. Denn schon jetzt zeichnet sich ab, dass

Unternehmen Messeauftritte unter ökonomischen und ökologischen Einflussfaktoren kritischer betrachten und hybride Exhibition-Konzepte prüfen.

Das wird langfristig zu einem Rückgang der

Messeveranstaltungen führen. Gleichzeitig wird es auch eine Marktbereinigung im Kongress- und Tagungsbereich geben. Unter dem Strich werden Messe-, Kongress- und Tagungshotels dadurch an Bedeutung verlieren, wenn sie sich im

Zeitalter der Digitalisierung nicht langfristig

«neu erfinden». Das gilt auch für die Flughafenhotellerie, deren Auslastung durch weitere

Einschränkungen im Flugverkehr abnehmen wird.

Wie sieht die Zukunft für Investoren und Betreiber aus?

den Rahmenbedingungen seines Investments beschäftigen als zuvor, weil sich Zielgruppen, Standortfaktoren und die Anforderungen an Partner immer weiter ausdifferenzieren.

Kurz und gut: Ferien- oder Resort-Hotels in den Bergen, an den Seen und im Tessin werden bereits ab Mitte 2021 in die «neue Normalität» zurückkehren, Stadthotels an «bester Lage» kommen ab Anfang 2022 wieder auf Touren – dank internationalem Reiseverkehr. Tagungs-, Seminar- und Messehotels müssen sich «neu erfinden», das gleiche gilt für Flughafenhotels. Gesucht sind hier neue Geschäftsmodelle. Welche? Das lesen Sie ab Januar 2021 im «Hotelier».

Ich wünsche Ihnen im Namen der Redaktion und des Verlages nur das BESTE, viel Glück, Zuversicht und Erfolg in diesen herausfordernden Zeiten. Und denken Sie daran: Es gibt ein Leben nach Corona! 

Hans R. Amrein

In Zukunft werden Hotels generell als Assetklasse neu bewertet. Die Tendenz geht dabei wieder hin zu einer Bewertung als Risiko-Immobilie. Die Verkaufsfaktoren haben im Vergleich zum Jahr 2019 um 20% bis 30% nachgegeben. Die Neubauentwicklungen von Hotelimmobilien auf der Ebene Stand 2019 führen zu einem kurzfristig deutlich steigenden Angebot an Hotelimmobilien. Mittel- und langfristig gehen die Neubauentwicklungen von Hotelimmobilien zurück, zukünftige Hotelneubauten in Städten werden selektiv stattfinden. Verträge werden eine Pandemie-Klausel vorsehen.

Der Autor

Hans R. Amrein, Publizist, Hoteltester, Buchautor und Dozent, ist seit 2010 Chefredaktor der Fachzeitschrift «Hotelier». Er ist auch Mitglied mehrerer Fachjurys.

Bankenfinanzierungen werden schwieriger

Aktuell haben einige Grossbanken die Neufinanzierung von Hotels rigoros gestoppt, da diese Banken von einer Eintrübung der Investoren- und Mietnachfrage ausgehen. In Zukunft werden die Eigentümer von Hotels und Hotelbetreiber noch enger miteinander verbunden sein und die Ansprüche an die Qualitäten eines Betreibers und Investors noch anspruchsvoller ausfallen. Die Betreiber von Investorengesellschaften mit Hotelimmobilen werden besser positioniert sein, wenn ein höherer Eigentumsanteil und damit eine niedrigere Anzahl an Pachtverträgen vorliegt.

FAZIT: In der Hotelbranche wird es nach der CoronaPandemie keine Rückkehr zum «business as usual» geben. Wer die durchaus noch vorhandenen Marktchancen nutzen will, muss sich noch intensiver mit

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